BADENS ARENA#
Am 16. Juni 1931 werden es 25 Jahre, dass die neue Arena im Kurpark dem Betrieb übergeben wurde. Sie steht bekanntlich auf historischen Boden; auf welthistorischem, weil genau an dieser Stelle die römischen Legionen vor 1900 Jahren ihr Lager aufgeschlagen hatten, auf Theater geschichtlichem, weil dort anno 1841, also vor 90 Jahren, der damalige Badener Theaterdirektor Franz Pokorny das erste Sommertheater, das „k. k. Privilegierte Tagestheater der Stadt Baden“ errichten ließ.
Es war ein einfacher Holzbau mit sehr primitiven technischen Behelfen. Nach Pokorny bezogen Anton Roll, J. Neufeld und Leopold Kottaun Sommer über mit ihren Truppen das luftige Musenheim. 1865, noch unter Kottaun ließ die Stadtgemeinde, da das alte Haus schon mehr als reparaturbedürftig war – tatsächlich ging einmal die linke Galerieseite nieder, glücklicherweise ohne Folgen für die Zuschauer – an der selben Stelle eine neue Arena erbauen, die schon geschmackvoller ausgestattet war. Sicher werden sich noch viele ihres gefälligen Hauptportales erinnern mit der Aufschrift „Arena“. Ursprünglich waren auch die Namen der neun Musen angebracht, die vermutlich gelegentlich einer späteren Renovierung verschwanden. Direktor J. B. Kleer sorgte während seiner Direktionszeit 1869 bis 1875 durch Rückverlegung der Bühne für eine Vergrößerung des Zuschauerraumes und Vermehrung der Logen.
In dieser zweiten Arena, die wie ihre Vorgängerin ein Holzbau war, regierten die Direktoren Schreiber, Straßmayer und Heißinger. Weniger die Baufälligkeit des alten Hauses als der längst gehegte Wunsch, endlich eine Sommerbühne zu besitzen, in welcher der Verlauf der Vorstellungen nicht mehr von den Launen des Wetters abhängig war, brachte den seit Jahren gehegten Gedanken eines Arenaneubaues mit einem verschiebbaren Dach zur Verwirklichung.
So anheimelnd die alte Arena war mit dem natürlichen mit dem natürlichen Laubdach der alten Linden an warmen, sonnigen Tagen – Paul Lindau widmete dem eigenartigen Reiz dieser Tagesbühne einmal ein begeistertes Feuilleton - so böse stand die Sache, wenn Regen eintrat. Dann wurde unter Regenschirmen auf der Bühne und im Zuschauerraum weiter gespielt, so gut es eben ging und im beschleunigten Tempo. Galt es doch den zweiten Akt zu erreichen. War dieser einmal begonnen und wollte die Flut von oben nicht aufhören, dann wurde Schluss gemacht und die Zuschauer konnten nach Hause gehen. Musste aber schon während es ersten Aktes „Regens wegen“, wie ein altes, ehrliches Hausmöbel von einem Inspizienten regelmäßig zu „annoncieren“ pflegte, die Vorstellungen abgebrochen werden, dann wanderte alles, Schauspieler und Publikum, ins Stadttheater, wo um sieben Uhr von neuem begonnen wurde. Man kann sich die „Annehmlichkeiten“ einer derartigen Übersiedlung mit dem ganzen Um und Auf des Thespiskarrens vorstellen. Die geschminkten und kostümierten Mimen standen vor der Wahl sich entweder in den Zivilzustand zurück zu versetzen und für das Stündchen Pause das Theater Café aufzusuchen, oder aber, den Mantel umgeworfen, zu Fuß oder mit Wagen, ganz nach dem Stand ihrer Brieftasche, den Weg ins Theater anzutreten. Entschieden waren die Schauspieler von damals, allerdings aber auch Seine Majestät das Publikum viel weniger nervös wie heute.. Das Risiko eines nassen Abenteuers musste eben in Kauf genommen werden. Das gehörte sozusagen mit zum Vergnügen. Ein Arenabesuch glich damals in gewissem Sinne einem Lotteriespiel. Und doch, wie viele herrliche Treffer hatte so ein Sommer zu verzeichnen. Die Nieten vergaß man bald. Einen Sommer gab es freilich, welcher der Direktion schwere Schäden zufügte. Laut baukommissioneller Verfügung durfte damals das Stadttheater nicht benützt werden, und so musste, wenn Landregen eintrat, was ausgerechnet in jenen Tagen mehr als sonst der Fall war, eine Vorstellung mitunter dreimal verschoben werden, bis sie dann endlich gespielt werden konnte.
Nach Ende der Sommersaison 1905 war die liebe alte Dach lose Arena endgültig erledigt. Im Frühjahr 1906 konnte man bereits den modernen Bau aus Beton und Eisen, der nach den Plänen des Architekten Rudolf Kraus von Stadtbaumeister Franz Schmidt mit einem Kostenaufwand von 200.000 Kronen ausgeführt wurde, erstehen sehen und am 16. Juni nachmittags 4 Uhr fand in Anwesenheit des Statthalters Grafen Kielmannsegg, Bürgermeister Franz Trenner und Vizebürgermeister Brusatti von Baden, Bürgermeister Josef Trenner und Vizebürgermeister Gall von Weikersdorf, der Spitzen der Behörden und Vertreter der Wiener und der Ortspresse und vieler hervorragender Kurgäste die feierliche Eröffnung des neuen Musenheimes mit den verschiebbaren Glasdach, die erste Konstruktion dieser Art in der ganzen ehemaligen Monarchie, statt.
Die Vorstellung wurde mit Beethovens Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“ eingeleitet. Am Dirigentenpult wirkte Karl Wiesmann. Dann sprach Flora Gavallo, die Heroine des Ensembles, einen Prolog, an welchen sich die Aufführung eines Einakters aus dem Französischen „Der dankbare Julien“ mit Maria Sewaroff und Hans Gregor schloss. Der zweite Akt der „Fledermaus“ stellte Lotte Salden als Rosalinde und Hermine Herma als Adele, Mizzi Schneider Orlofsky, sowie die Herren Schütz, den nachmaligen Direktor, den Eisenstein, Löscher Frank, und Langer Falke auf die Szene. Den Schluss bildete die Nestroyposse „Frühere Verhältniß“, worin Direktor Schreiber eine seiner Glanzrollen den Muffel, spielte und Franzi Frank. Hermine Herma und Anton Ott seine Partner waren.
Vierzehn Tage später sandte Schreiber den Weltschlager, Lehars „Lustige Witwe“, ins Treffen. Achtzehn ausverkaufte Häuser erzielte die Operette in diesem Sommer. Der Jubel, der Hermine Herma in der Titelpartie und Karl Gerhardt durch jede der Wiederholungen begleitete, war schier grenzenlos. Lotte Salden und Ferdinand Schütz wetteiferten mit einander in gesanglicher Beziehung und der „Weibermarsch“ konnte überhaupt nicht oft genug wiederholt werden. Die künstlerisch wie finanziell sehr erfolgreiche erste Saison im neuen Sommerhaus hatte als Novitäten außer der „Lustigen Witwe“ auch noch die Operetten „Das Schwalberl aus dem Wienerwald“, „Der Schatzmeister“ und „1001 Nacht“ aufzuweisen, doch gab es an den nahezu 100 musikalischen Abenden ganz ausgezeichnete Reprisen von „Schützenliesel“, „Vergeltsgott“, „Göttergatte“, „Rastelbinder“, „Wäschermädel“ und eine Anzahl alter Operetten wie „Bettelstudent“, „Blaubart“ usw. Werke die man nun auch im Radio zu hören bekommt.
Stimmungen und Frohsinn des Publikums waren und sind, in der Arena stets angeregter und lärmender als im Stadttheater. Damals, übrigens auch noch in späteren Sommern, dankte regemäßig spontaner Applaus jeder Funktion des Schiebedaches. Wenn der Motor zu knattern begann und die Laufbrücke mit der Glasdecke sich langsam nach vorne schob, begrüßte das Publikum stets den Triumph der Technik über das nasse Element.
Es ist Sitte, Geburtstagskindern und Jubilaren die besten Wünsche darzubringen. Vielleicht lassen sie sich für unsere liebe Arena am besten wieder mit den treffenden Schlussworten jenes Prologes ausdrücken, den vor 25 Jahren Flora Gavallo bei den Eröffnungsfeierlichkeiten gesprochen: „Neunhundert Personen fasst das Haus, nun mögen sie auch kommen.“ R. Calliano.
QUELLE: Badener Zeitung ÖNB, Bilder I.Ch.Graupp
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