DACHGÄRTEN#
1891: Im Süden Europas ist es allgemein üblich, Gartenanlagen auf den Dächern der Häuser anzubringen. Die günstigen Witterungsverhältnisse, welche große Schneefälle geradezu ausschließen, gestatten es, die Dächer der Häuser flach zu bauen, so dass die Anlage von Gärten möglich ist. Bei uns, wo wir im Winter regelmäßig auf starke Schneefälle rechnen müssen, scheint ein flaches Dach geradezu eine Gefahr, welches das Bauamt nie zulassen würde. Nicht bloß das Dach selbst, sondern das gesamte Gebäude könnte durch die Schneelast förmlich eingedrückt werden, wenn man ihm nicht die Gestalt einer schiefen Ebene gäbe. Für unsere Verhältnisse sind darum die verschiedenen Arten, die Dächer mit Gärten zu schmücken, kaum anwendbar, und im günstigsten Fall wäre es möglich, jene Anlagen zu schaffen, welche teilweise in New York angewendet werden.
Überaus üppige Gartenanlagen befinden sich auf den Dächern der Häuser in Marokko und sind daher oft Bäume zu finden, welche das sechste Jahrzehnt ihrer Existenz überschritten haben. Man sieht nicht bloß eine üppige Vegetation auf den Gartendächern Marokkos. Sie spenden kühlenden Schatten. Überaus üppig sind die Gartenanlagen in der Provinz Florida. Der Dachgarten ist in den Hotels von Florida eine Art Foyer und Promenade für die Gäste.
Anmutig und angenehm sind die Gartenanlagen in Palermo und Neapel. Wenn die Sonne untergegangen, beleben sich die Gärten mit den Bewohner der Häuser um hier inmitten von herrlichen Gewächsen die kühle Abendluft zu genießen.
Auch in Spanien sind Gärten auf den Dächern ganz allgemein auf kleinere Häuser in Andalusien. Die Gärten auf den Dächern machen öffentlichen Parkanlagen, teilweise wenigstens, überflüssig; sie verleihen den Wohnungen selbst der ärmeren Klasse einen unvergleichlichen Reiz und tragen nicht nur dazu bei, die Annehmlichkeiten des Aufenthaltes zu erhöhen, sondern sind auch von ganz hervorragendem sanitären Vorteile für die Gesundheitsverhältnisse in den Städten, wo die Institution möglich ist. Es wäre ernstlich zu empfehlen, nachdem die Dachgärten bei uns nicht möglich sind, in jenen Stadtteilen Groß Wiens, welche nach den Intentionen der Regierung vornehmlich für Villenanlagen in Aussicht genommen sind, Terrassengärten einzuführen, selbst wenn voraussichtlich die Grundstücke nicht so teuer sein werden, dass man bei der Anlage von Gärten im Terrain sich eine besondere Beschränkung wird auferlegen müssen.
Wie haben sich doch die Zeiten geändert, Die Klimaerwärmung greift auch in unseren Breiten um sich, in Wien gibt es warme Winter, kaum noch Schnee. Und so mancher mutige Hausbewohner hat auf seinem Dach ein Plätzchen gefunden wo er seine grüne Welt verwirklichen konnte.
Man ist nun bestrebt auch in Wien, spät aber doch, bunte, blühende Oasen die ihre Pracht auf unseren Neubauten entfalten , grüne, kühlende Gärten, hoch in den Lüften, die die Hitze vergessen lassen. Nur ein Traum?
QUELLE: Das interessante Blatt, 28. Mai 1891, Bild Terrassengarten in New York Seite 4, ANNO Österr. Nationalbibliothek
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