DER SCHLEIER#

Spitze
Schleier mit Spitze

Spitzen und Schleier bergen etwas Geheimnisvolles, malerisch und anmutiger Schmuck die die Trägerin mit wunderbarem Zauber umgeben. Immer wieder erscheint der Schleier als Schönheitsfaktor. Schleier bannen den Blick, der am Unverhüllten vielleicht desinteressiert vorüber gleiten würde.

Bereits Homer erwähnte den silberglänzenden Schleier und der römische Schriftsteller Tertullian nennt den Schleier einen Wächter, für die Jungfrauen.

In der Mythologie der einzelnen Völker figuriert der Schleier als Sinnbild der Frauenmacht.

Schon die Frauen des Altertums trugen ihn mit Vorliebe, teils wie die Römerinnen als stolze Zierde oder wohltätig verhüllt um die verblühte Schönheit zu verbergen. Die israelitische Frau muss in Befolgung gesetzlicher und religiöser Vorschrift Schleier tragen.

Eine Griechin des höheren Standes hätte sich Fremden gegenüber nie ohne Schleier gezeigt und wäre nie ohne diesen ausgegangen.

Seit einigen Jahren sind die Türkinnen befreit von ihrem Schleier. Jedoch in Indien, Teilen Asiens und in Afrika herrscht noch die alte Sitte.

In Europa liebten es die Frauen sich mit Schleier zu zeigen, je nach Rang und Reichtum mit kostbaren Stickereien, einer wunderschönen Goldborte oder auch mit Edelsteinen bedeckt, konnten sie sicher sein, aufzufallen.

Die Wandlungen des Schleiers war vielfältig und ebenfalls der herrschenden Mode unterworfen. Im 15. Jahrhundert trug man den „Henning“ diese sonderbare hohe Zuckerhut förmige Kopfbedeckung von deren Spitze der Schleier herab wallte.

Im 16. Jahrhundert wurde das Haupt mit einem Diadem oder Krone geschmückt an dem der Schleier festgehalten wurde.

Alle Novizen die erstmals bei Hofe erschienen mussten vorschriftsmäßig am Hinterkopf angesteckten lang herab fallenden Schleier tragen.

War man bei Seiner Heiligkeit dem Papst zur Audienz geladen so erschien der weibliche Teil stets in Schwarz und mit einem schwarzen Spitzenschleier über das Haupt gebreitet, diese Zeremoniell besteht noch heute. Die Italienerinnen besuchen die Sonntagsmesse nur mit Schleier auf dem Haupt.

Adelige Damen die das Pech hatten nicht von Schönheit gesegnet oder mit einem anderen Körperfehler behaftet, keinen Mann gefunden, waren für das Kloster bestimmt, daher der Ausdruck „Den Schleier nehmen“.

Paris
Spitzentuch 16. Jahrhundert um 300.000 Dollar versteigert

Noch eine weitere anmutige Sitte des Orients wurde übernommen die der Frau gebietet ihr Haupt zu verhüllen und bei allen Kultur Völkern und Nationen der alten und der neuen Welt rasch um sich griff – der Brautschleier. In Frankreich Schleier mit Myrten, in Italien mit Orangenblüten tritt die Braut vor den Altar., Angeblich der schönste Tag im Leben einer Frau sein soll. Doch es gibt Mädchen und junge Frauen die nur einmal und nie wieder eine Kirche betreten und das an ihrem Hochzeitstag , um sich zu zeigen, vor der Öffentlichkeit wichtig zu machen.

Eine sehr bedeutsame Rolle spielt der Schleier auch in der Sagenwelt und als Symbol, denn alles Hohe, Heilige, trug einen Schleier. Die alten Ägypter hatten ihr verschleiertes Bild zu Sais, die alten Inder den Mythen umwobenen Schleier der Maja. Der deutsche Götter Glaube stellte sich seine weibliche Hauptgottheit Fricka, als die Allmutter, die Göttin der Huld und der Liebe.

Die Maler aller Zeiten liebten den Schleier und verewigten ihn auf ihren Bilder: Madonnen, Heilige, Königinnen.

Er wurde auch oft aus Koketterie getragen, denn die weichen Falten des zarten Gewebes schmeichelten das liebliche Antlitz.

1916 bemerkte die Grazer Mittags Zeitung: „Der Schleier bleibt hochmodern. Er genügt sich nicht mehr mit dem klassischen Schwarz, sondern bringt auch dunkelblau, dunkelgraue, lila und braun.

Bild 'weiße mantilla'

Die schönste Schleier Trägerin ist wohl Spanierin. Wie so viele Überlieferungen aus der Araberzeit sich in Andalusien erhalten, so ist die Mantilla nichts als ein arabisches Tuch, welches den hinteren Teil des Kopfes nach dem Koran bedecken muss und christliche Reform hat nur die Gesichtsmaske fallen lassen.

Die Haltung des Kopfes und die ganze Behandlung dieser schönsten Tracht der Welt sind so echt national, so ganz im Blut und in der angeborenen Grazie dieses Geschlechtes begründet, dass es fremden Frauen fast unmöglich werden dürfte, sie nachzuahmen ohne Karikatur zu werden.

Das Spitzentuch, die Mantilla trägt man über den fein gearbeiteten Aufsteckkamm, welches zu beiden Seiten des Antlitzes nieder flutet und teilweise sogar das Kleid verhüllt. Zu besonderen Festtagen wird die weiße Mantilla getragen, welche den Kamm durchschimmern lässt. Das hochgesteckte Haar wird meist noch außer der Mantilla mit weiße oder rote Rosen aber auch mit den großen spanischen Nelken geschmückt und das ergibt ein zauberhaftes Bild.

Spitze
Mantilla Rückansicht

Susanne, in Mozart Figaros Hochzeit ist ebenfalls mit Mantilla zu bewundern.

Als dann der Bubikopf Mode wurde, und die Spanierin sich dieser Erscheinung anpassen wollte, passte kein Steckkamm mehr. Gerade der Steckkamm ist das Interessante an der Nationaltracht, ohne ihn verliert das Gesamtbild an Schönheit. Manche der Damen halfen sich daher mit Falschhaar um sich in gewohnter Weise in der malerischen Nationaltracht zu präsentieren. Gerade die Mantilla hebt die klassische Schönheit der Spanierin hervor und sich dessen bewusst, sowie der Tradition treu, sehen die Carmen in der Mantilla den wichtigsten Teil ihrer charakteristischen Toilette,. Ein weiteres Utensil der Spanierin ist der „Manton de Manila“ , eine feine Arbeit der bunten Seidenkunst.

Die Reichen Spaniens besaßen Mantillen von unschätzbarem Wert. Meisterwerke unnachahmlicher Kunst, die von der Mutter auf die Tochter, von Geschlecht auf Geschlecht übergingen und einen ansehnlichen Teil der Mitgift einer Braut bildete. Eine Madrider Schauspielerin, Dora la Cordobesita, hatte einst zum Geschenk eine Mantilla im Werte von sechstausend Pfund Sterling (2 Milliarden Schilling) erhalten. Da die Schönheit zum Film ging konnten. . die Menschen diese außergewöhnliche Mantilla via Film bewundern.

Filmstar
Dora la Cordobesita

Noch eine andere Persönlichkeit durfte sich rühmen eine berühmte Mantilla die ein Vermögen gekostet hatte, ihr eigen zu nennen. Die Madrider Opernsängerin Lidia de Rivera. Ihnen ist zu verdanken, dass die Mantilla immer wieder in Erinnerung gebracht wurde.

Österreich kann ebenfalls mit einer berühmten Schleier Legende aufwarten.

Markgraf Leopold III von Österreich hatte im Jahr 1105 die Tochter von König Heinrich IV., Agnes geheiratet und als das frisch angetraute Paar auf den Söller des Anwesens auf dem Leopoldsberg kamen um den herrlichen Ausblick zu genießen, empfing sie ein Windstoß, der der jungen Gemahlin den Brautschleier entführte. Sofort wurde mit der Suche nach dem kostbaren Brautschleier begonnen, doch er wurde weder gesehen noch irgendwo gefunden.

Inzwischen hatte Leopold versprochen an jener Stelle an der der Schleier doch noch gefunden werde, ein Kloster zu stiften.

Jahre vergingen ohne dass das ominöse zarte Gewebe zum Vorschein gekommen wäre.

Eines Tages befand sich Leopold wie so oft wieder auf der Jagd, als die Hunde unruhig wurden und laut bellend vor einem Hollunder Strauch anhielten. Zu seiner Überraschung war darauf der so lange gesuchte Brautschleier zu sehen. Hocherfreut brachte er diesen unversehrt gebliebenen Schleier seiner Gemahlin zurück.

Das Versprechen wurde eingelöst und es entstand das großartige Stift Klosterneuburg

Elisabeth
Kaiserin mit Schleier

Kommen wir nochmals zum Thema Verschleierung zurück. Hier muss noch eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit erwähnt werden: Kaiserin Elisabeth.

Sie, die schönste Kaiserin der damaligen Zeit, die sich nach dem Selbstmord ihres Sohnes Rudolf immer mehr von der Öffentlichkeit zurückzog und ruhelos von Land zu Land reiste war nun meist verschleiert, um die Zeichen ihrer verblühenden Schönheit vor allen zu verbergen. Der Dolch der ihr Leben beendete, erfüllte sozusagen ihren Wunsch. Statt in Vergessenheit zu geraten wie so viele der Prominenten, machte Kaiserin Elisabeth einen Höhenflug der Wiederauferstehung. Heute ist sie präsenter als je zuvor.

QUELLE: Das kleine Blatt 9. Oktober 1927 S 15, Österr. Bürgerblatt 23. November 1856 S 3,Morgen Post 30. Oktober 1856, S 2, Der Humorist 8. Februar 1840, S 1, Neuigkeitsweltblatt 12. Dezember 1883, S 7, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial aus dem Graupp-Archiv

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