DIE FÜLLFEDER#

Die meisten Menschen halten die Füllfeder für eine Erfindung der Neuzeit, und viele glauben auch, in ihr ein Stück amerikanischen Fortschritts sehen zu müssen, weil seinerzeit die guten Füllfedern häufig aus Amerika zu uns gelangten.

Erfindung
Kielfeder, gemeinfrei
Metallfeder
Füllfeder, Foto Graupp

Aber die Füllfeder ist weder eine neue Erfindung, noch ist sie amerikanischen Ursprungs; denn schon vor nahezu 300 Jahren kannte man Füllfedern, und das Verdienst ihrer Erfindung gebührt einem findigen deutschen Kopf.

Die erste Beschreibung einer Füllfeder findet sich in einem Buch, das im Jahr 1636 erschien. „Erquickungsstunden“ heißt es, und sein Verfasser E. Schwenter, plaudert und berichtet darin über alles mögliche, unter anderem aber empfiehlt er auch ein schön secret, eine Feder zuzurichten welche Tinten hält. Sie sollte aus drei Kielen bestehen, deren unterster als Feder geschnitten war, während der zweite Kiel als Tintenbehälter diente, der durch ein kleines Loch die Tinte fließen ließ, und der dritte Kiel den eigentlichen Federhalter bildete. Jedenfalls war es nicht allzu schwierig, sich eine solche Füllfeder oder vielmehr „Reisfeder“, wie man sie damals nannte, da sie namentlich auf Reisen gute Dienste leisten konnte, selbst herzustellen, und so mögen denn tatsächlich schon im XVII. Jahrhundert Füllfedern bei uns im Gebrauch gewesen sein. Im gleichen Jahrhundert, und zwar nach den Forschungen von Feldhaus in einer im Jahr 1657 erschienenen französischen Reisebeschreibung, wird die Füllfeder noch einmal erwähnt. Es wird da von einem Mann erzählt, der eine „wunderbare Erfindung“ gemacht habe, „um bequem zu schreiben“. Statt der Federkiele, aus denen der deutsche Erfinder seine Federn zusammengefügt hatte, verwendete er aber bereits ein haltbares Material; er fertigte Feder und Tintenbehälter aus Silber, weshalb auch die Tinte nicht so rasch eintrocknete. Viel Tinte scheint der Behälter dieser Feder jedoch nicht gehabt zu haben, denn man konnte, ohne das Röhrchen frisch zu füllen, nur etwa eine halbe Hand breit schreiben.

Endlich enthält auch ein im Jahr 1727 erschienenes Buch die Beschreibung und Abbildung einer Füllfeder, die hier als „endlose Schreibfeder“ bezeichnet wird.

Obgleich nun die erste Idee zur Herstellung der Füllfedern von Deutschland ausging, dauerte es doch noch bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts, ehe eine deutsche Füllfeder in den Handel kam. Verkauft wurde diese erste deutsche Füllfeder vermutlich in Leipzig, wo der Mechaniker Scheller im Jahr 1783 „Reise Schreibfedern“ herstellte, die aus einem Metall- und Hornröhrchen bestanden, an dem unten die Feder befestigt und das zum Füllen mit Tinte bestimmt war. Da diese Federn verhältnismäßig billig waren, sie kosteten nur 10 Groschen, so dürften sie viel gekauft worden sein. 1791 erzählt auch der Idyllendichter F. X. Bronner einmal von seiner „perpetuierlichen messingen Schreibfeder, die im Oberteil zugleich die Tinte enthielt.

In England wurde das erste Patent auf eine Füllfeder im Jahr 1809 erteilt. Diese Feder bestand aus drei Teilen und ähnelt auch in mancher Hinsicht schon der modernen Füllfeder, wurde aber von der im Jahr 1919 von Scheffer erfundenen Füllfeder doch noch wesentlich übertroffen. Als „Nachtschreiber“ bezeichnete eine französische Patentschrift eine 1815 geschützte Füllfeder, mit der man bei gleichzeitiger Anwendung eines Lineals auch im Dunkeln bequem schreiben konnte. Die Feder bestand aus Metall und ließ sich auch auswechseln, was schon einen wichtigen Fortschritt bedeutete, da man bisher in den Füllhaltern fast immer nur die schwachen Kielfedern benutzt hatte. Die eigentlich praktische und dauerhafte Füllfeder ließ sich denn auch erst anfertigen, als man die Metallschreibfeder bereits in vollkommener Form herzustellen verstand, vor allem aber die Goldfeder, die sich für die Füllhalter am besten eignet.

QUELLE: Neues Wiener Journal ÖNB

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