DIE MEERSCHAUMPFEIFE#
Die Königin unter den Pfeifen ist die Meerschaumpfeife und poetisch nennt man sie „die weißen Göttinnen“.daraus ist zu erkennen dass sie etwas Besonderes ist. Nach wie vor dürfte sie ihre Liebhaber haben die sie in den Mußestunden bevorzugen.
Das Material dieser Auserwählten stammt aus der Türkei die von bester Qualität sein soll und in einer Tiefe von 80 Meter zu finden ist. In Afrika und noch anderen Ländern gibt es ebenfalls Vorkommen.
Meerschaumpfeifen zeichnen sich durch sehr geringem Gewicht aus. Die Qualität erkennt man an dem Volumen der Pfeife, je größer der Kopf desto ausgezeichneter die Wertigkeit, doch einen Nachteil gibt es auch bei dieser Favoritin, Meerschaum bricht sehr leicht.
GESCHICHTE
Die Verwendung des Meerschaums zu Pfeifenköpfen ist sehr alt und stammt aus der Levante. Später wurden dieselben in Deutschland Nürnberg im Großen gefertigt und oft kunstreich geschnitten. Dann wandte sich die Fabrikation nach Wien.
Den Abfall beim Schneiden warf man anfangs weg, bis im Jahr 1770 Christoph Dreiß in Ruhla auf die Idee kam, diese Abfälle wieder auf neue Pfeifenköpfe zu verarbeiten, welche unter dem Namen der unechten Meerschaum Köpfe und Zigarrenspitzen bekannt wurden. Auch die Meerschaumpfeife hat 1901 ihr 100jähriges Jubiläum gefeiert.
Der Meerschaum ist bekanntlich nichts weniger als ein Schaum des Meeres, sondern ein erdiges Mineral aus der Familie der Specksteine, eine Verbindung von Magnesia, Kieselerde und Wasser, die vermöge ihres geringen spezifischen Gewichts auf dem Wasser schwimmt.
Woher aber kommt der Name Meerschaum?
Wenn man dem Pariser Professor Guy Tomel Glauben schenken darf, so verhält es sich damit folgendermaßen: Die ersten Meerschaumpfeifen kamen Ende des vorigen Jahrhunderts aus Ungarn und wurden auf den Messen von Leipzig und Frankfurt a.M., verkauft; die Wiener machten daraus eine Spezialität und forderten um so höhere Preise, als sie allein sich das richtige Material zu verschaffen verstanden. Man glaubte damals, vielfach nicht, dass das Material ein wirkliches Naturprodukt sei, sondern man hielt es für das Produkt einer künstlichen Mischung, die ein gewisser Händler namens Kummer erfand. Die Mischung gelangte nach Frankreich, wo sie unter dem Namen „le Cummer“ bekannt wurde; bald vergaß man die Herkunft des Namens; man verstand jetzt „l'écume mer“ und schob der Richtigkeit wegen ein de ein, so dass man den veritablen „écume de mer“ bekam, der natürlich als „Meerschaum“ nach Deutschland zurückwanderte. Von der Kummer'schen Mischung ging der Name dann auch auf das echte Material über, das nicht gemischt, sondern natürlich gewachsen ist.
Diese Erklärung der Herkunft des Namens Meerschaum mag der genannte Gelehrte verantworten. Im Übrigen haben alle Versuche, das Meerschaum Material künstlich herzustellen, keinen dauernden Erfolg gehabt. Um den echten vom unechten Meerschaum zu unterscheiden, dafür gibt es, wie Kenner versichern, ein untrügliches Mittel: den echten kann man, wenn er erwärmt ist, mit einer Nadel durchstechen; zieht man die Nadel wieder heraus, so schließt sich die Einstichstelle sofort wieder. Das echte Material kommt bekanntlich aus dem Orient, und zwar besonders aus Kleinasien, dann aus Livadien und Euböa. Auch in der Krim, in Spanien und Mähren ist echtes Material schon gefunden worden, doch nicht so viel, um dem orientalischen Meerschaum Konkurrenz machen zu können. Merkwürdig ist, dass der Orient, wo der Meerschaum produziert wird und wo man so unendlich viel raucht, ihn nicht für Pfeifen verwendet; man macht allerlei Kleinigkeiten daraus, aber keine Tabakspfeifen. Der Grund liegt wohl darin, dass die Orientalen beim Tabak Genuss die langen Röhren vorziehen, die den Rauch kühlen und mildern, was die Meerschaumpfeife nicht leisten kann.In neuerer Zeit ist Paris ein Hauptplatz für die Meerschaum-Verarbeitung geworden. Früher war Frankreich in diesem Punkte von Wien und anderen deutschen Plätzen abhängig.
Im Jahr 1847 gelang es aber dem Franzosen Cardon, direkte Verbindungen mit dem Orient für den Bezug des Rohmaterials anzuknüpfen. Das legte den Grund zu der Pariser Meerschaum Industrie, deren Umsatz sich heute auf Millionen beziffert. Zur Feier des Jubiläums der Meerschaumpfeife wollen jetzt die Franzosen ihrem Landsmann Cardon ein Denkmal setzen. Heute ist freilich die Blütezeit der Meerschaumpfeife auch schon wieder vorüber.
Wer vor fünfzig Jahren in den Nachmittagsstunden ein Wiener Kaffeehaus betrat, der konnte sicher sein, daselbst eine Anzahl Besucher anzutreffen, welche aus weißen, sogenannten Kölner Pfeifen, die in einem armlangen, mit einer Federkielmundspitze versehenen Rohr staken, gemütlich Tabak rauchen.
Denn gleichzeitig wurde auch der Kultus der Meerschaumpfeife betrieben, der namentlich in den Vorstädten sehr verbreitet war.
Die Meerschaum Industrie hatte damals blühende Zeiten und die Wiener Artikel in diesem Fache genossen einen weiten Ruf. Jeder Raucher bürgerlicher Sorte war stolz darauf, eine oder mehrere schöne, silberbeschlagene Meerschaumpfeifen zu besitzen. Man fand noch keine Belästigung darin, Pfeife und Tabaksbeutel mit sich zu führen. Entschädigte doch das Vergnügen, aus der schmucken Pfeife im Kreise seiner Bekannten nach Herzenslust zu rauchen.
Bis ins 20. Jahrhundert war Wien das beherrschende Zentrum für künstlerisch gefertigte Meerschaumpfeifen. Da zu dieser Zeit in der Bildhauer Szene eine schwere Krise herrschte, wandten sich die Künstler dem neuen Metier zu um ausgefallene Meerschaumpfeifen zu kreieren.
So verzeichnete man für die Meerschaumpfeifen Fertigung in Wien im Jahr 1872 die Zahl von 200 Meistern, die mit 1000 Arbeitern unmögliche 360 Tonnen (!) Meerschaum und 30 Tonnen (!) Bernstein verarbeiteten.
Die Kunstwerke nahmen übertriebene Formen an und taugten weniger dem, Rauchgenuss als Sehenswertes in einer Vitrine.
Die Firma Strambach und Bauer führten die Pfeifen aus dem außergewöhnlichen Material wieder zur Realität zurück.
TÜRKEI
Der Nachschub an Meerschaum Knollen versiegte nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Mit Gründung der Türkei übernahm Mustafa Kemal Pascha (Kamal Atatürk) die erste Präsidentschaft. Rohstoffe wie Meerschaum mussten ab nun im Lande bleiben. Um weiter Meerschaumpfeifen herzustellen wurden Schulen gegründet die das Schnitzhandwerk lehrten, ihnen fehlte jedoch das Fachwissen.
Die Meerschaumpfeifen die aus der Türkei hier eintrafen enttäuschten den verwöhnten Pfeifen Freund. Die Türkei-Touristen brachten Exemplare mit die nur als Schaustück Verwendung finden konnten,
Einer der die hohe Schnitzkunst beherrschte war Ekrem Koncak der bereits 1934 eine eigene Schnitzerei in Eskisehir besaß. Ab nun kamen auch von dort Spitzenprodukte, die Altinay Manufaktur eine der bekanntesten Firma für Meerschaumpfeifen befindet sich ebenfalls dort.
Die Gewinnung des Rohstoffes für die Fertigung der prächtigen Gegenstände werden immer schwieriger und knapper. Denn der weiße Meerschaum ist in einem Radius von etwa 20 Kilometer rund um Eskisehir und der Abbau wird immer mühsamer.
Daher hatten die türkischen Behörden den Anspruch an die Sicherheit massiv angehoben und die Vorgaben können kaum noch von Schürfern erfüllt werden.
Die Stollen waren tief und eng, in den meisten Gängen kann man sich nur in der Hocke oder krabbelnd bewegen. Durch die Feuchtigkeit werden die Arbeiter oft krank, mehr als 4 Stunden kann man es unten nicht aushalten.
MEERSCHAUMSCHNEIDER
Es war fast ein Wunder, dass man in Gumpendorf 1938 noch einen Meerschaum Schneider entdecken konnte. Meister Schweichat wusste so manches über dieses Spezialgebiet zu berichten. Früher war es sogar Mode eine kunstvoll geschnitzte Meerschaumpfeife zu rauchen.
Die Wiener Meerschaumpfeifen waren eine viel bestaunte Sehenswürdigkeit und Wien die Wiege der Meerschaumpfeifen Erzeugung. Das weiche, weiße Material kam aus Esch-Kisir in Kleinasien und im gereinigten Zustand erinnerte es an Porzellan. .Prachtvoll sahen die glatten runden Klötze aus aber auch sehr teuer. Ein halb so großes Stück kostete fast 70 Mark. Darum waren diese Kostbarkeiten in Baumwolle gebettet, damit sie ja heil blieben.
Mit einer zarten Handsäge zersägte der Meister einen dieser Klötze in viele kleine Teile, die dann im Wasser verblieben bis sie zum Schnitzen herausgeholt wurden. Wenn es dann so weit war, wurden sie angebohrt und gedreht, das geschah mit dem sogenannten „Debrecziner Messer“ und schließlich bekamen sie die Tabaköffnung und das Luftloch, ebenfalls mit einem besonderen Werkzeug durchgeführt.
Die Pfeife war nun in der Rohform fertig und wurde mit anderen in den Ofen gestellt um bei gleichmäßiger Wärme zu trocknen. War die Trockenzeit beendet wurden sie „monkiert“ und mit dem Stängel des Ackerschachtelhalmes geschachtelt, worauf sie bereits glatt und fein geworden sind. In flüssigen Wachs wanderten die Pfeifen jetzt, um eingelassen zu werden. Als letzte Prozedur mit Wiener weiß, nach dem die Pfeifen versandfertig waren und in schönen ledernen Etuis auf die künftigen Besitzer warten.
Die Meerschaumpfeife wurde Opfer der Modernisierung, aber einfache Modelle sind auch heute noch zu haben.
Quellen: Innsbrucker Nachrichten 1901 und weitere Zeitungen der ÖNB. Meerschaum Legenden
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