DIE PAPSTDENKMÄLER#

Vatikan
Papst Pius XI.

1910: Kein Friedhof der Erde umschließt wohl so welthistorische Denkmäler wie die alten vatikanischen Grotten, die sich als die letzten Zeugen einer großen Vergangenheit unter dem Riesenbau von Sankt Peter ausdehnen.

Sie allein erinnern noch an die Zeit, da Bramante, der gewaltige Zerstörer, die ehrwürdige tausendjährige Peters-Basilika, die allerdings schon dem Einsturz nahe war, abbrach, damit etwas Grandioses, an baulicher Schöpfung des neuen Petersdom an ihre Stelle folgte.

Diese Grotten die früher nur ganz Wenigen zugänglich waren, sind jetzt der Öffentlichkeit und damit auch der wissenschaftlichen Forschung erschlossen werden. Ihre bedeutenden Denkmäler, die ein reiches Museum der mittelalterlichen und vor allem der Frührenaissance Plastik bieten, beabsichtigt Ernst Steinmann, der bekannte Historiker der Sixtinischen Kapelle, in einem großen Werk zu veröffentlichen; über die Bedeutung dieser einzigartigen Grabstätten macht er schon jetzt in einem Aufsatz der Deutschen Revue interessante Mitteilungen.

Aus den hohen, Licht durchströmten Hallen der neuen Peterskirche führt am Kuppelpfeiler der heiligen Veonika eine schmale Treppe in das weihevolle Dunkel der stillen Grotten hinab, deren unterirdische Gewölbe von Clemens VIII., und Paul V., gegründet wurden.

Die Grotten waren bis vor wenigen Jahren mit einer fast unbegreiflichen Ängstlichkeit geheim und gehütet worden; den Frauen war sogar Jahrhunderte lang der Zutritt nur einmal im Jahr, am Montag nach Pfingsten, gestattet. Drang man doch nach vielen Mühen mit Fackeln und Kerzen in die geheimnisvolle Düsternis dieser großen Papstkatakomben vor, so erschien bei dem unsicher flackernden Lichtschein die hier begrabene Vergangenheit in ihrer pompösen, marmornen Pracht wie eine fantastische Vision , deren schier unerschöpflichen Reichtum man mit ehrfürchtigem Staunen betrachtete.

Heute ist es anders. Wo einst nur düsterer Lichterglanz eime undurchdringliche Finsternis wenige Schritte weit erhellte, da flutet jetzt die kalte Einförmigkeit des elektrischen Lichtes durch Gänge und Kapellen. Die Grotten sind seit kurzem, wie jedes andere Museum Roms, gegen ein Eintrittsgeld ohne große Formalitäten zugänglich gemacht worden.

Durch diese Erschließung der bisher so feierlich verdunkelten Kunstdenkmäler ist es auch möglich geworden, diese Monumente von Alt St. Peter für die wissenschaftliche Forschung ausgiebig zu verwerten. Mehr als 300 Päpste waren in der alten Peterskirche und ihrem Vorhof bestattet worden, und diese Reliquien einer mehr als tausendjährigen Vergangenheit sind nun hier und da verstreut, an den Wänden aufgestellt.

Auch ein Kaiser befindet sich überraschenderweise unter diesen Apostelfürsten. Es handelt sich um Kaiser Otto II., der selig gepriesen wurde, weil er unter den Nachfolgern Petri die letzte Ruhestätte erhalten habe. Aber sein prunkvolles Grabmal im Vorhof von Sankt Peter fiel wie so manches andere dem Neubau zum Opfer, die Trümmer des ersten Grabes sind zerstreut, und heute ruhen die Reste des deutschen Kaisers im Mittelschiff der Grotten unter einem riesigen Aufbau von porphyrfarbenem Deckel. Unweit dieses berühmten Grabes ist der altchristliche Sarkophag des einzigen deutschen Papstes, der in dieser heiligen Versammlung schlummert, eingemauert. Es war Gregor V., die wohlerhaltene Grabschrift erzählt davon, wie Bischof Bruno schön und jung den päpstlichen Thron bestiegen habe, den er nach zwei Jahren und 8 Monaten im Jahr 999 mit seiner letzten Ruhestatt vertauschte. Außer Gregor V., ist nur noch eines einzigen nicht italienischen Papstes Namen und Denkmal in den Grotten erhalten. Es ist der einzige Engländer auf päpstlichem Stuhl, Hadrian IV., der 1159 starb und sein Grab in einem antiken Sarkophag gefunden hat. Wie ein ungefüger Granitblock steht das Monument mit Masken, Bukranien und Fruchtgehängen verziert, fremd unter all den Werken der christlichen Kunst.

Diesem Papst, der bettelarm geboren war, hatte einst Friedrich Barbarossa den Steigbügel gehalten, um dafür als Lohn die römische Kaiserkrone in Sankt Peter zu empfangen.

Nicht weit von Sarkophag Hadrian IV., hat ein bedeutendes, wenn auch arg verstümmeltes Monument der frühitalienischen Kunst Aufstellung erhalten. Es ist das Grabmal Bonifaz VIII., ein Hauptwerk des Arnoldo di Cambio, des Baumeisters am Florentiner Dom. Das Denkmal mit seinem unruhigen gotischen Aufbau hebt sich scharf ab von den Werken, in denen der Geist der Frührenaissance zum Durchbruch kommt. Das erste der Grabmäler. das in seinem architektonischen Aufbau das Nahen der Renaissance ankündigt, ist das Monument Nikolaus V. Die Statue des Papstes, der der eigentliche Begründer jener neuen Zeit wurde, hat nichts mehr von der königlichen Würde und dem heroischen Ernst, der noch dem Denkmal Bonifaz VIII., den Charakter verleiht, sondern sie ist ein stark individualisiertes Porträt; ein müder Völkerhirte scheint hier friedlich zu schlummern, und ein leises Lächeln umspielt seine schmalen Lippen. Damit ist die Reihe der wundervollen Frührenaissance Werke eröffnet, die aus der Grotte nuove das reichste und römische Museum an plastischen Werken dieser Kunstepoche machen.

Das Andenken eines Papstes, Pius III., ist sogar, eine Tatsache, die wohl in der ganzen Papstgeschichte einzig dasteht, in zwei Grabmälern verewigt worden, von denen das eine der Kardinal sich selbst, das andere die Nachwelt dem Papst gesetzt hat. Außer den Papstmonumenten sind in den Grotten auch noch Teile von zwei wertvollen Reliquienschreinen erhalten, nämlich von dem Tabernakel, das das Haupt des heiligen Andreas umschloss, und von dem Schrein, in dem die heilige Lanze aufbewahrt wurde.

So bieten die vatikanischen Grotten eine ganz außerordentlich reiche Ausbeute für die Kunstgeschichte, die uns eine Welt der Schönheit und historischer Größe erschließt.

1947: Das Grab Pius XI., in der Krypta von St. Peter wurde der Anstoß für eine Reihe höchst interessanter Grabungen und Entdeckungen in den „Vatikanischen Grotten“. Man nennt so einen Teil der Unterkirche des alten Petersdoms in Rom.

Derzeit befinden sich in den Grotten von über 90 Päpsten, einigen Monarchen darunter die Stuarts, Anwärter auf den englischen Thron, und verschiedenen kirchlichen Würdenträger die bis in das 10. Jahrhundert zurückreichen. Neben all den Grotten, Kapellen und Bauwerken befindet sich unter ihnen die Marmorstatue des thronenden Petrus, das Grabmonument von Calixtus III., die Grabstätte des heiligen Petrus und Reste des alten Petersdoms und soll, der von den Touristen, gegenwärtig meist besuchte Ort sein.

Der Neubau des Petersdoms und den päpstlichen Gräber und die Nekropole unter dem Bauwerk gehören, dauerten ungefähr 120 Jahre.

QUELLEN: Salzburger Kirchenblatt, 17. April 1947, S 2, Agramer Zeitung 5. September 1910, S 2. ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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