DIE SONNENBLUME#

Öl
Sonnenblume

Die zur Familie der Korbblütler zählende Sonnenblume ist eine äußerst auffallende Erscheinung. Nicht nur durch ihren hohen Wuchs, von fast zwei Meter, vielmehr durch ihre leuchtend gelbe Farbe gewinnt sie jene Blumenfreunde die für sie die schönsten Plätze in ihren Gärten reservieren. Aus dem fernen Peru und Mexiko ist die freundliche Zierde der Blumenwelt einst nach Europa gebracht worden. Ihre Schönheit entfaltet sie so richtig im Juli und August. Ihre liebsten Gäste sind wohl die emsigen Bienen, die hier reichlich ernten können. Weniger beliebt dagegen waren die Nacktschnecken die sich gleichfalls mit Vorliebe hier einstellten. Außerdem ist die Sonnenwende, wie sie auch genannt wird, eine sehr nützliche Pflanze., denn ihre Blätter liefern einen Überfluss an angenehmen Futter für das Vieh.

1804 wurden die jungen Stengel der Sonnenblume zu verschiedenen Gerichten verkocht, desgleichen auch für die Samenscheiben. Das Öl des Samens gab den Gerichten einen vorzüglichen, wohlschmeckenden Geschmack.

Die amerikanischen Wilden kochten aus den Kernen ebenfalls Öl, womit sie ihre Haare einsalbten.

Ein Versuch die Sonnenblume als Färbemittel zu verwenden schlugen fehl,

Die Leipziger Gesellschaft spielte mit der Idee, aus den Fasern des Stiels Papier herzustellen. Auch wollte man die Stiele nach dem Trocknen das Innere wie Flachs behandeln.

Die Sonnenblumen Kerne reifen nach und nach und sind für die frechen Sperlinge ein Hochgenuss. Darum muss man so bald wie möglich den ganzen Kopf abschneiden und diesen an einem luftigen Ort aufhängen, eo der Reifung fortgesetzt werden kann.

Die Samen sind weiß, grau oder schwärzlich, aber diese Verschiedenheit der Farbe ist rein zufällig. Bis zu 100 reife Körner gewinnt man pro Sonnenblume. 1822 war man der Meinung, dass die gewonnene Menge an Öl viel zu wenig und daher kaum der Mühe wert war und die Sonnenblumen daher nicht in großen Mengen angepflanzt wurden. So überließ man die kostbaren Körner ebenfalls dem Vieh. Die trockenen Stiele brannten gut, lieferten sehr gute salzige Asche. Außerdem enthielten sie Salpeter und Pottasche, analysiert, zu chemischen Zwecken Verwendung fanden.

1856 verstand man es bereits aus dem kostbaren Öl der Sonnenblume ein beliebtes Schönheitsmittel herzustellen, die die Haut zarter und weicher erscheinen lässt, die Seife.

1874 schien man an Erfahrung bezüglich der Sonnenblume reicher geworden zu sein, denn man schwärmte, dass sie in allen ihren Teilen nutzbringend verwendet werden konnte. Ihr wahrer Wert wurde alsbald erkannt. Der starke Geruch der Blüte, diente der Gesundheit der Menschen und versorgte sie mit Sauerstoff. Die Pflanze hatte sich in Nordamerika bewährt, wo durch ihren riesigen Anbau Städte, in denen das Fieber herrschte, von dem Contagium befreit wurden. Auch in den Niederlanden lohnte sich der Anbau der beliebten Sonnenblume.In all jenen Gegenden wo miasmatisches Fieber die Gesundheit bedrohte, wirkte die Sonnenblume Wunder.

Professor Mantegazza an der Akademie der Wissenschaften zu Mailand dessen Grundsatz hieß, dass vegetabilische Öle als Vorbeugungsmittel gegen Malaria wirken, Daher sollte die Sonnenblume mit ihrem aromatischen Düften gerade in ungesunden Gebieten gepflanzt werden.

In den Jahren 1915, 1916 und 1917 wurde gefordert, dass man mehr Öl hältige Pflanzen anbauen sollte. So galt ihre Aufmerksamkeit vorerst dem Mohn, Lein und später Raps, im, während und nach dem Krieg.

Erst als in Deutschland der Anbau von Sonnenblumen einsetzte und eine Fläche von 750.000 ha dazu genutzt, wurde nun auch die „Österreichische Öl und Fettzentrale“ davon beeinflusst und aktiv. Fachmännische Kreise forderten nun ebenfalls den Anbau von Sonnenblumen.

In der Arbeiter Zeitung von 1910 wurde sie als Proletarierblume bezeichnet. Diese von Gabriel Max auf dem Bild „Helianthus“ dargestellte Proletarierblume blickt lichthungrig aus dem engen Arbeitergärtchen zur Herbstsonne empor. Sie tröstet auch die Einsamkeit des armen Eisenbahners auf der Strecke. Das Öl der Sonnenblume ist für Russland ein wichtiger Handelsartikel dessen Produktion sich vom Jahr 1885 bis zum Jahr 1895 von 1.1 Millionen Rubel auf 3.24 Millionen Rubel gesteigert wurde. Darum wird in Mittelrussland eine ausgedehnte Sonnenblumenkultur mit hohem Gewinn, betrieben. Das Öl erfreut sich in Russland als Backfett oder Speiseöl großer Beliebtheit. 1905 exportierte Russland nicht weniger als 3.28 Millionen Meterzentner Sonnenblumen die einen Wert von 200 Millionen Kronen entsprachen. Die Russen verstehen es alles an der Pflanze zu Geld zu machen, so zahlten die Pottaschefabriken für den Meterzentner dieser Asche 3 Kronen 80 Heller.

In Amerika bringt ein Acker 25.000 Pflanzen hervor.

In anderen Gegenden nützt man die Sonnenblume als Stütze der Stangenbohne, die ein hoher Nährwert auszeichnet und so entstehen die Sonnenblumen-Bohnen-Wände.

Die Maler bevorzugen das Sonnenblumenöl für ihre Bilder, da es viel schneller trocknet und besser deckt als das Leinöl. Auch ein anderer Künstler huldigt sie in einem Gedicht, Ferdinand von Saar, der Meister der Naturstimmungen.

QUELLEN: Der Wanderer, 3. April 1822, S 3, Landwirtschaftliche Zeitschrift f. OÖ. 1. November 1874, S 1, 2. Wiener Landwirtschaftliche Zeitung 30. Jänner 1918, S 3, Intelligenzblatt Salzburg, 2. Juni 1804, S 5 und 6. Arbeiter Zeitung 14. September 1910, S 1. Landheimat 15. April 1922, S 60.ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bild: I. Ch. Graupp

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