DIE TURF SCHÖNHEIT#
Karoline Földessy besser bekannt als „Turf Karolin“ kam mit 18 Jahren nach Wien. Zur Zeit der Weltausstellung 1873 war sie das Entzücken und der Mittelpunkt des geselligen Lebens der oberen Zehntausend, die sie umschwärmten.
Die Schönheit die im Milieu von Königen, Hocharistokraten, Finanzbaronen und Pferden mit viel, viel Champagner so berückend wirkte, weil sie mit echt wienerischer Schlagfertigkeit, Witz und Lebendigkeit verbunden war. Sie verstand sich vor allem auf die Kunst, der verschlossenen Brieftaschen große Banknoten hervorzuzaubern. Sie rauchte Zigaretten und sogar Zigarren.
Mit zwölf Jahren hatte sie im ungarische Jockey Club König Franz Joseph dekoriert. Dann war sie im österreichischen Jockey Club. Englisch hatte sie am Rennplatz gelernt, französisch in Paris, wo sie zweimal sechs Monate sich aufgehalten hatte, italienisch in Venedig in Wien, polnisch in Lemberg und Krakau, wohin sie Roman Potocky mitgenommen hatte.
Als Turf Karolin hatte sie jedem Derbysieger Pferd einen Riesenlorbeerkranz, um den Hals gelegt. Sie erhielt dafür 1000 Gulden, eine Toilette und einen Schmuckgegenstand. Sie, die Blumenverkäuferin, war bald das Wahrzeichen des Turf Platzes. Am Derbytag war sie in ihrem Element. Diese Derby Kleider der Turf Karolin bildeten eine Art Turf Sensation. Siegte das Pferd des Grafen Festetics dann bekam sie ein gelbes Seidenkleid und einen blauen Hut, den kostbare blaue Schleifen zierten. War das Turf Glück auf Seite des Barons Rothschild winkte ihr ein kostbares blaues Kleid mit gelbem Hut. Graf Esterhazys Derby Sieg brachte ein gelbes Seidenkleid mit blauen Nähten und einen blauen Hut, Baron Springer spendete ein schwarzes Seidenkleid mit roter Kappe, Graf Apponyi eine schwarze Toilette mit Goldschnüren und schwarzen Hut mit Gold farbigen Feder.
Hochkarätig war auch ihr Bekanntenkreis zu dem zählten: König Eduard VII., Kronprinz Rudolf, Erzherzog Franz Ferdinand, Otto, König Milan von Serbien, sämtliche Burgtheater Künstler. Mit den jüdischen Aristokraten verstand sie sich ebenfalls sehr gut. Sie lebte in einer Atmosphäre des Geliebt werden und des Reichtums, wie wenige Frauen zu ihrer Zeit. Das war die Zeit ihres Glückes und über diese Zeit hüllt sie sich in Schweigen.
Sie lebte in den glänzendsten Verhältnissen, ein Monatsfiaker war ihr ebenso unentbehrliche Notwendigkeit, wie die prunkvollen Kleider, die sie nicht nötig hatte, lange zu tragen. Sie zeigte sich gern in stets neuen und aparten Toiletten. Was sie nicht mehr trug, verschenkte sie. Sie schenkte gerne, denn sie hatte tiefes Mitgefühl mit denn Armen.
Wenn sie in einem Lokal, Restaurant oder einem Kaffeehaus saß, ging kein Bettler unbeschenkt von ihr, jedem kaufte sie etwas ab und zahlte reichlich. Auch Freunde die Hilfe nötig hatten half sie aus, und diese wussten wo man sie findet. Sie war Stammgast im Café Louis Klein in der Praterstraße nahe dem Carl Theater.
Zu ihrer Volkstümlichkeit trug nicht wenig der Umstand bei, dass sie die Kaiserin Elisabeth ähnlich war. Die Turf Karolin war nicht wenig stolz, auf diese Ähnlichkeit und um sie noch zu erhöhen, trug sie ihre Frisur genau so, wie sie damals von der Kaiserin getragen wurde.
Auch die Liebe kreuzte ihren Weg, denn so nebenbei lief eine Liebesgeschichte mit dem Neffen des Königs Eduard, den sie in Danzers Orpheum kennen lernte, dem Herzog von Malborough. Eine früh verstorbene Tochter entsprang diesem Verhältnis.
Der Glanz, der die junge schöne Turf Karolin umstrahlte, verblasste allmählich, zu rasch waren die schönen Jahre vergangen, ohne an die Zukunft zu denken. Die Schar ihrer Verehrer wurde immer kleiner, die oberen Zehntausend blieben mit oder ohne Abschied aus. Auch sie stieg hinab und heiratete einen Oberkellner, der sie seit langer Zeit verehrte. Er war ein guter Mann und ein guter Vater der Stieftochter und eines Sohnes der einem Verhältnis mit einem reichen, in Ungarn ansässigen Gutsbesitzers namens Dr. Haslinger entsproß.
Die beiden Kinder und ihr Mann gingen ihr voraus, geblieben waren nur die Erinnerungen an die schönen alten Zeiten. Als die Ersparnisse dahin, der Schmuck verpfändet, griff sie wieder zum Blumenkorb, wurde wieder das Blumenmädchen diesmal in Gabor Steiners Venedig in Wien. Sie wurde älter und älter, den 70er erreicht.
An Stelle des Glanzes war die Not, der schwere Kampf ums Dasein getreten. Von all den Schätzen die sie einst umgaben war nichts geblieben. Sie lebte mehr als bescheiden in einer eingerichteten Stube in der Mayergasse 11, nicht weit vom Praterstern. Schwerfällig und mühsam schleppte sie sich von einem Kaffeehaus zum nächsten und bot immer noch Blumen an.
Ihre nächste Station war das Lainzer Versorgungshaus
Ein Märchen nähert sich dem Ende und wird zur Tragödie. Sie starb 12. September 1935, zwei Tage später wurde sie am Zentralfriedhof begraben. Zum Muttertag am 11. Mai des Jahres 1936 kamen von der Zunft der Blumenhändler und legten an ihrem Grab Kränze und Blumen zu ihrem Andenken nieder.
Quelle: Verschiedene Zeitungen der ÖNB
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