DIE WELTREISENDE#
Wien ist um eine Notabilität ärmer geworden. Die berühmte Touristin Ida Pfeiffer hatte nach langwieriger Krankheit von 27. auf den 28. Oktober 1858 ihre letzte Reise angetreten, von der es keine Wiederkehr mehr gibt. Die Verewigte war eine merkwürdige, seltene und interessante Wienerin, ja man kann sagen, der ganzen europäischen Frauenwelt, seit ihrer zuletzt angetretenen Weltreise und ihrem Aufenthalt in Madagaskar, wo sie schwer erkrankt, und später auf der kleinen Insel St. Mauritius noch längere Zeit verweilt, nur spärliche Nachrichten gelangten nach Europa. Je nach ihren körperlichen Kräften wollte sie anschließend nach England reisen, von wo sie nach Wien heimkehren wollte. Erwähnenswert ist noch dass die seltene Festigkeit des Charakters, welche es einer im Grunde Schutz und waffenlosen Frau möglich macht, sich den größten Gefahren unerschrocken auszusetzen, keineswegs durch ein Aufgeben und Verläugnen ihrer Weiblichkeit erkauft wird, dass vielmehr diese letztere es ist, welche sie im edlerem Sinne des Wortes geltend machte, und damit mehr als eine drohende Gefahr besiegte. Sie war auch die erste Frau die allein um die Welt reiste und ihre Erlebnisse der sieben Reisen niederschrieb. Daraus entstanden insgesamt 13 Bände, die Bestseller wurden und in mehreren Sprachen erschienen. Außerdem war sie die erste Frau die Ehrenmitglied der Berliner und Pariser Geographischen Gesellschaft wurde.
Außerdem wurde sie dem Prinzen Wilhelm, dem nachmaligen Kaiser Wilhelm I., vorgestellt, der ihr die Goldmedaille für Kunst und Wissenschaft verlieh.
Weniger freigebig mit Ehrenpreisen war man in Wien, es fehlte dort sogar nicht an hämische und herabsetzende Angriffe und Kritiken.
Ida Pfeiffer, geborene Reyer, erblickte am 14. Oktober 1797 in Wien das Licht der Welt. Schon als Kind zeigte sie einen festen und starken Willen, eine mutige Unerschrockenheit und große Wissbegierde, Eigenschaften, die sich mit den reiferen Jahren immer mehr entwickelten. Einen Zug aus ihrer Kindheit, welcher ihre zähe Willenskraft in frühester Jugend ahnen ließ, können wir, da derselbe bekannt ist, mitteilen. Nur eine so energische, charakterfeste Natur, wie sie schon im Kinde ausgedrückt gewesen, erklärt die bei ihren späteren Weltreisen bewiesene Seelenstärke und Selbstüberwindung. Als Napoleon nach seinem Einzug in Wien in Schönbrunn residierte, begaben sich viele Bewohner Wiens, hinaus nach Schönbrunn um den großen Helden des Tages bei der abzuhaltenden Revue zu sehen. Ida, damals 11 Jahre alt, die sich aus dem, was sie bisher in Büchern gelesen und von patriotischen Leuten ihrer Umgebung gehört hatte, eine ganz aparte Ansicht über den Welteroberer gebildet, hasste denselben als Tyrannen und Unterdrücker ihres Vaterlandes. Sie hatte sich schon geweigert nach Schönbrunn zu gehen; endlich aber gehorchte sie der Mutter und ging mit. Le Mutter hatte einen Platz gewählt wo Napoleon mit Gefolge vorbei kommen musste. Als es hieß der Kaiser kommt drehte sich die kleine Ida um und zeigte den Rücken, doch es waren nur die Generäle. Als nun wirklich der Kaiser kam hielt die Mutter das Kind an den Schultern fest, um die Wiederholung zu vermeiden - Ida aber schloss die Augen und sah auf diese Weise den verhassten Napoleon nicht, der mit einer Eskorte glänzender Helden vor der zahllosen Menschenmenge vorbei zu sprengen.
Sie erhielt ihre erste Erziehung gemeinsam mit ihren Brüdern, mit welchen sie auch gleiche Kleidung trug; ihre Lieblingsstudien waren Geografie und Geschichte, in welcher sie zu damaliger Zeit, von einem Hauslehrer unterrichtet wurde, was auch viel zu ihrer später erwachten Reiselust beigetragen haben mochte.
Im Jahr 1820 heiratete sie, gegen ihre Neigung, den um 24 Jahre älteren Advokaten Dr. Pfeiffer aus Lemberg stammend. Zuerst zogen sie nach Lemberg, da seine Stellung dort durch Probleme haltlos geworden war zogen sie wieder nach Wien: Statt eines harmonischen Ehelebens erwartete sie große Enttäuschung und Armut. Dieser Ehe entstammten zwei Söhne und eine Tochter, die bald nach der Geburt verstarb. Ab 1833 lebte Ida Pfeiffer von dem Ungeliebten getrennt in Wien.
Unterstützt durch eine kleine Rente aus dem Erbe ihrer Mutter und nachdem ihre Söhne Oskar und Alfred versorgt, konnte sie endlich mit 44 Jahren frei von allem, ihrer wieder aufgeflammten Reiselust nachkommen. Nun hatte sie das seit ihrer frühesten Jugend angestrebte Ziel erreicht, durch Mut, Selbstbeherrschung und Aufopferung. So zählt sie unzweifelhaft zu den interessantesten Frauen nicht nur zu ihrer Zeit.
Ihre erste Fernreise, es handelte sich um eine Pilgerreise, eine für Frauen akzeptierte Route. Außer Jerusalem führte diese Reise noch nach Konstantinopel, in den Libanon nach Damaskus, Ägypten und Palästina und dauerte von März bis Dezember 1842.
Die Erfahrung, welche Ida Pfeiffer gemacht, dass sie mit ihren mäßigen Geldmitteln, aber körperlich rüstigen Kräften noch weit mehr unternehmen könnte, die glückliche Überwindung aller, freilich noch nicht derart großer Gefahren ausgesetzt, so dachte sie bereits an die nächste Reise.
Für jede der Reisen bereitete sie sich gründlich vor so auch für die im Jahr 1845 unternommene Reise in den Norden nach Dänemark. Schweden, Norwegen und Island, durchwanderte sie kreuz und quer.
Ihr nächstes Vorhaben war bereits die erste Weltreise die sie im Mai 1846 startete und die bis 1848 dauern sollte. War sie am 18. September d.J., nach einer beschwerlichen Seereise glücklich in Rio de Janeiro angekommen; auf ihrer Reise nach Prag hatte sie eine überraschende Begegnung mit einem ihrer Bekannten, Graf Berchtold. Als er vernahm wohin sie reiste, kam er kurz entschlossen mit. Vorher musste er noch seine Geschäfte ordnen, er war Arzt in Prag, ein großer Kenner und Liebhaber der Botanik.
Auf einem Spaziergang unweit Rios waren Frau Pfeiffer und ihr Begleiter einer großen Lebensgefahr ausgesetzt, es stürzte sich plötzlich ein Neger mit größter Wut mit gezogenem Messer auf Beide los; sie hatten keinerlei andere Waffen bei als ihre Sonnenschirme. Glücklicher weise kamen zur rechten Zeit Landreiter daher gesprengt und vor diesen flüchtete der Unhold.
Nach längerem Aufenthalt in Brasilien fuhr Frau Pfeiffer um das Cap Horn durchwanderte Chilli. Otaheiti (Tahiti) die größte der Gesellschaftsinseln, vulkanischen Ursprungs. Durch die Seeluft war das Tropenklima etwas gemildert. Reich an Brotfruchtbäume, Kokospalmen, Yams. Segelte nach China, Singapur, Ceylon nach Kalkutta, ging zu Land nach Bombay, fuhr auf dem Tigris aufwärts zu den Ruinen nach Babylon und Riniweh, wanderte von da durch das Kurdenland nach Persien, überstieg den Kaukasus und gelangte über Konstantinopel und Griechenland wieder nach Wien.
Wenn man bloß die Ländernamen überblickt, so ergreift den Leser das Gefühl der Bewunderung für den Mut dieser Frau die so schutzlos in oft unwirtlichen Gegenden durchstreift. Durch all diese Länder wandte sie sich an Frauen, besuchte deren oft kärgliche Hütten erteilte ihnen wegen Reinlichkeit Ratschläge, reichte Kindern kleine Geschenke, und so merkten die Einwohner, dass von dieser Touristin keine Gefahr ausging.
Diese Reise war schon von ungeheuren Strapazen gezeichnet. Aber Ida Pfeiffer, diese mutige, zähe und rastlose Person scheute diese nicht und nahm jede Gelegenheit wahr in deren Einheimischen billigen einfachen Fuhrwerken, oder wie in anderen Ländern Kamele, Elefanten, Dschunken als Fortbewegungsmitteln zu akzeptieren.
Ida Pfeifer brachte von überall Pflanzen im getrockneten Zustand mit nach Hause, oder schenkte sie verschiedenen Museen die sie unterwegs antraf., auch damit konnte sie umgehen.
Drei Jahre gönnte sie sich zur Erholung, als Vorbereitung oder zu Reiseaufzeichnungen .die dann als Buch erschienen
1851 war es dann wieder so weit. Ihre zweite Weltreise sollte über London um das Kap der guten Hoffnung nach den Sundainseln und Molukken, wo sie unter den wilden Dayak Stämmen unangefochten blieb und an den Höfen der Malayischen Fürsten gute Aufnahme fand, ging nach eineinhalb Jahren Aufenthalt in dieser Inselwelt über Australien nach Amerika, wo sie in Kalifornien die Spielhäuser das verwünschte Goldland kennen lernte. Hier hatte sie die schlimmsten Eindrücke von den verworfenen, unmoralischen, Geld süchtigen Menschen. Alles war prächtig ausgestattet um den Menschen zu verführen und ihn ins Verderben zu locken. Alles war mit teuflischer List hier vereinigt .Frau Pfeifer konnte sich nur mit Abscheu von diesen Szenerien abwenden. Weiter ging es nach Oregon, dann zurück nach Peru, Ecuador, wo sie in einem Fluss bald ertrunken wäre, und Neugranada und über den Isthmus von Panama nach Neu Orleans, von wo sie dann den Mississippi bis Minnesota aufwärts schiffte, die Binnenseen Nordamerikas durchdampfte und über Kanada nach New York und Ende 1854 in Wien eintraf. Sie brachte dem kaiserlichen Naturalienkabinett eine reiche Sammlung von Insekten, Reptilien und anderes mehr, zu diesen Zweck sie eine Unterstützung erhalten hatte.
Sie besuchte Gegenden die noch kein Fremder je gesehen hatte, auch mitten unter Kannibalen in beiden Hemisphären und am oberen Teil ihres linken Armes hatte sie ein Andenken davon, eine drei Finger breite Narbe die ihr von einem Kannibalen aus Patagoniens zugefügt wurde.
Im Mai 1856 verließ sie Wien neuerlich um ihre dritte und letzte Weltreise durchzuführen, sie ging über Berlin und Paris wo sie zum Ehrenmitglied der geographischen Gesellschaft ernannt wurde, nach Rotterdam und schiffte sich hier am 31. August ein, um die Insel Madagaskar und andere noch wenig erforschte Punkte des indischen Archipels zu bereisen.
Am 18. November 1856 in Kapstadt wohlbehalten angekommen und beabsichtigt das bereits segelfertig im Hafen liegende Schiff „Governoc Higginson“ zu nehmen.
Während Ida Pfeiffers Reisen fand man in den Journalen nur wenige Mitteilungen, doch 1857 war in der Triester Zeitung folgendes zu lesen: „Die Meldung war vom 23. Juni dem zufolge war die berühmte Reisende in Tananariva sehr zufrieden und sah sich wohl aufgenommen. Am Tag vorher war sie nach Hofe berufen worden, um Klavier zu spielen, und erntete dabei so viel Beifall, dass ihr die Königin eine Menge Geflügel und Eier als Zeichen ihres Wohlgefallens sandte. Bekanntlich behaupteten französische Blätter, dass auch Frau Pfeiffer von der gegen alle Fremden verfügten Ausweisung betroffen worden sei. Und das entsprach leider der Wahrheit, denn der österreichische Gast wurde in ein Komplott gegen die Königin Ranavalona verwickelt und musste eine von ihr verordnete 53 tägige Folterreise durch die Insel Madagaskar auf sich nehmen wo sie durch Sumpfgebiete geführt wurde und sie sich den Todeskeim holte. Ihr Buch „Verschwörung im Regenwald“ ist ein authentisches Dokument über die Ereignisse die sich auf der Insel abspielten.
Wie die Ost Deutsche Post im Dezember 1857 berichtete: Briefe an ihre hiesigen Freunde, die im Laufe dieser Tage hier eingetroffen, eröffnen uns den Blick in eine ununterbrochene Reihe von außergewöhnlichen Mühseligkeit und dringenden Gefahren, mit denen diese energische, man darf wohl sagen, tapfere Frau zu kämpfen hat. Über ihre Erlebnis in Madagaskar waren zuweilen nur unbestimmte Gerüchte in Umlauf, bis auch diese verstummten und über das weitere Schicksal der Reisenden in Unklaren blieb. Nach langer Zeit endlich traf ein Brief ein. Die Huld der Königin von Madagaskar die sie zum Klavierspiel eingeladen hatte, dauerte nicht lange an, man vermutete Ida Pfeiffer sei in die Verschwörung verwickelt und wahrscheinlich extra aus Wien hierher gesandt worden. Dass Frau Pfeiffer mit derlei dunklen Machenschaften zu tun hätte, ist ausgeschlossen, vielleicht ihr Reisepartner, dem wäre es zuzutrauen. Die herrschende Souveränin ist in jeder Hinsicht , wie es sich später zeigen wird, eine bitterböse Person. Der Verdacht von Hochverrat genügte die Personen hinrichten zu lassen. Ihr Sohn konnte das noch verhindern. Doch die Königin hatte noch eine andere Strafe parat um solche unerwünschten Gäste los zu werden. Sie ließ ihre Gäste in Gewahrsam nehmen die bereits an Fieber litten und von Soldaten und Offizieren langsam durch die ungesündesten Gegenden, an denen Madagaskar sehr reich war, eskortieren. Auf einer achttägigen Reisestrecke brachte der Zug nicht weniger als 53 Tage zu. Wo es besonders schlecht war hielt man bis zu zwei Wochen an um von der Fieberluft reichlich aufzunehmen. Trotzdem landeten Ida Pfeiffer und ihr Begleiter wieder auf Mauritius, was ein Wunder war. In welchem Zustand sie dort ankamen davon geben die letzten Zeilen des Briefes der vom 25. September datiert ist einen Begriff. „Seit den 24 Stunden, die wir hier in Mauritius zubrachten und während denen wir wieder gute Luft, Pflege und ärztliche Behandlung genossen sind wir schon um 100 Prozent besser, Ich kann schon mein Zimmer durchschreiten, ohne zusammenzubrechen, und ich schreibe, wie Sie sehen, diesen Brief, den ich bestimmt heute noch beende:“ Am 13. Mai 1858 wird gemeldet, dass sich die Wiener Reisende Ida Pfeiffer zur Heimreise von der Insel St. Mauritius entschlossen hatte.
Am 22. August 1858 meldet die „Pest-Ofner Zeitung“ Ida Pfeiffer die interessante Bürgerin Wiens welche auf Kosten des Senats in Hamburg im Hospital krank darnieder liegt, befindet sich auf dem Weg der Besserung und wird über Wien zu ihrem Sohn der als Förster in Kärnten lebt, begeben.“
Am 20. September 1858 hatte sie noch Alexander von Humboldt getroffen.
Ida Pfeiffer kam sehr leidend in Wien an. Sie hatte auf ihren Reisen mehr als 240.000 Kilometer zur See und 32.000 Kilometer zu Lande zurückgelegt
Ida Pfeiffer die am St. Marxer Friedhof vorerst ihre letzte Ruhe gefunden hatte. Frau Ottilie Bondy, Präsidentin des Wiener Hausfrauenvereines und des Frl. Kola vom Burgtheater und unter mehrfacher besonders schätzenswerter Beihilfe des Herrn Ludwig August Frankl eine Feier zu Ehren der Weltreisenden Ida Pfeiffer veranstaltet, deren schöner und würdiger Verlauf in der öffentlichen Meinung allseitige und warme Anerkennung fand, In den durch die Firma Haslinger & Backhausen schön geschmückten Saal gelangte eine Petition an den Gemeinderat der Residenz zur Verlesung, worin um die Überführung der gefeierten Toten in ein Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof angesucht wurde. Die Bitte fand Gehör, eine Aufforderung zur Zeichnung von Beiträgen für das Monument auf privatem Weg erlassen, brachte rasch die zur Herstellung des Denkmals erforderliche Summe ein und bereits Ende Juli Prof. Johannes Benk die Meisterhand ans Werk gehen und war Ende Oktober vollendet.
Nach Erfüllung aller gesetzlich vorgeschriebenen Formalitäten, fand am 27. Oktober die Exhumierung und Beisetzung der irdischen Reste Ida Pfeiffers am 5. November 1892 die Wiederbestattung und Enthüllung des Denkmals unter großer Beteiligung geladener Gäste .statt.
Es war das erste Ehrengrab, in welchem eine Wienerin neben unseren berühmten Männern ruhen soll, und für eine Frau in Anspruch genommen, die sich allerdings in merkwürdiger Art ein bleibendes Andenken in der ganzen weiten Welt gestiftet hat
QUELLE: Illustrierte Zeitung 23. Februar 1856 S 5, Neuzeit 10. Oktoner 1892 Seiten 145-148,Pest-Ofner Zeitung 22. August 1858 sowie Bilder ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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