DOMINIK AVANZO#
Dezember 1888: An dem Zisterzienserstift Lilienfeld, wurden seit Ende 1872 Restaurierungsarbeiten durchgeführt, mit der Architekt Dominik Avanzo betraut worden war. Nun verlieh ihm die Gemeinde das Ehrenbürger Diplom. Verdienste um das seit Jahrhunderten in innigster Wechselbeziehung zur Gemeinde stehende Stift, wie auch um die Gemeinde selbst gaben Anlass zu dieser Auszeichnung, denn Avanzo war es, der den größten und wichtigsten Teil aller Verschönerungen in Lilienfeld durchführte. Bereits 1873 begann er den Kreuzgang des Stiftes in seiner ursprünglichen Schönheit wieder herzustellen. Eine Arbeit mit der Avanzo bis 1877 beschäftigt war. 1875 nahm er den sehenswerten Kapitelsaal in Angriff, den er durch eigene Zeichnungsentwürfe mit prächtigen Glasmalereien ausschmückte. 1878 kamen durch Widmung der Stiftsmitglieder aus Anlass des siebzigsten Geburtsfestes des Abtes Alberik Heidmann die Glasmalereien, von Geyling hergestellt, in den östlichen, 1882 in den nördlichen Trakt des Kreuzganges (Tiroler). Im selben Jahr wurde das neue Stiftsportal hergestellt, der prachtvolle Vorsaal der Prälatur einer gründlichen Restaurierung, durchgeführt vom Maler K. Jobst und Bildhauer Ad. Szily, unterzogen, dem Abt selbst aber, der in diesem Jahr sein goldenes Priesterjubiläum feierte, ein schönes wertvolles, nach Avanzos Zeichnung gefertigtes Pedum als Widmung von Seite der Stiftspriester überreicht. Nach seinen Andeutungen wurde 1885 das Refektorium neu ausgemalt, 1886 Hochaltar, Kanzel und Chorgestühl der Stiftskirche in würdigem Schmuck wieder hergestellt und der Neubau der herrlichen Brunnkapelle im Kreuzgang nebst einer imponierenden Portal- und Stiegenanlage in Angriff genommen. 1887 wurde der in seiner Art einzig schöne Marmorbrunnen in der Brunnkapelle angebracht und diese selbst wie auch der West- und Südtrakt des Kreuzganges mit Glasmalereien geschmückt. Das in dieses Jahr fallende 25jährige Abtjubiläum bot den Brüdern neuerdings Gelegenheit, den Stiftsvorstand durch Widmung von künstlerisch wertvollen romanischen Leuchtern und einer originellen Lampe für das ewige Licht, wie auch eines Lumen zu erfreuen. All dieses wurde, wie auch die im selben Jahr erbaute, reizend am Stiftsteich gelegene Fischzuchthütte, nach Plänen und unter Leitung des Architekten Avanzo ausgeführt. Das Jahr 1888 endlich brachte Lilienfeld eine neue Friedhofanlage, nebst einer im Renaissance Stil edel und würdig gehaltenen, über der neu hergestellten Gruft der Äbte Ladislaus Pyrker und Ambros Berziczka erbauten Friedhofkapelle. Auch wurde das Brunnkapellengitter durch Polychromierung in diesem Jahr erst recht zur Geltung gebracht. Jeder neue Auftrag war ein Beweis der Zufriedennheit mit den bisherigen Leistungen, und nicht bloß die große Masse der Vergnügungszügler und Touristen, denen Lilienfeld mit seiner Kirche, dem Kreuzgang und den - auch nach Avanzo und Szilys Angaben ganz anmutend ausgestatteten - Melkerstübel seit langer Zeit wohl bekannt ist – auch Kenner äußerten sich wiederholt in anerkennendster Weise über die Leistungen Avanzos, der sich übrigens auch im Zisterzienserstift Zwettl und ganz besonders in Heiligenkreuz dauernde Denkmal seines Talentes gesetzt hat. In Wien ist die Staats Gewerbeschule am Hegelplatz und das Anatomische Institut, welches 1887 fertiggestellt wurde, sein im Staatsauftrag durchgeführtes Werk. Beim Justizpalast war Avanzo mitbeteiligt.
Als mit Gemeindebeschluss, im Jahr 1887 aus Anlass des 40jährigen Regierungsjubiläums Sr Majestät die Herstellung eines würdigen Gemeindehauses und eines wohnlichen Heims für die Ortsarmen, endlich eines Kindergartens geplant wurde, da war es Architekt Avanzos, welcher mit Rat und Tat der Gemeinde an die Hand ging. Seinen uneigennützige, opferwilligen Bemühungen im Verein mit den hochherzigen Beiträgen an Baumaterial und baren Beträgen von Seite der Gemeinde Angehörigen und Stiftsmitglieder, wie auch der Grundabtretung seitens des Stiftes ist es zu verdanken, dass unter Vermeidung jedweder überflüssigen Geldausgabe das neue Gemeindehaus, wie auch der Kindergarten mit seiner schönen und praktischer inneren Einrichtung und gefälligen äußeren Form eine Zierde des Ortes bildet. Solche Verdienste wenigstens teilweise zu lohnen, beschloss die Gemeinde Lilienfeld in der öffentlichen Ausschusssitzung vom 5. November dieses Jahres, dem um Stift und Gemeinde gleich verdienten Architekten und k. k. Professor am Technologischen Gewerbemuseum zu Wien, Herrn Dominik Avanzo, das Ehrenbürgerrecht zu erteilen.
Ein sinniger Gedanke war es, das von dem bekannten Rudolf Berndt prächtig ausgeführte Ehrendiplom, den Schauplatz der Tätigkeit, wie auch die Hauptobjekte derselben dem Stift und der Gemeinde künstlerisch darstellen zu lassen. „Möge dem strebsamen Künstler ein immer weiteres Feld der Tätigkeit und seiner fachmännischen Durchbildung und Leistungsfähigkeit geboten werden“ so lautete der Wunsch, den Abt Alberik Heidmann nach Überreichung des Diploms den neuen Ehrenbürger von Lilienfeld entgegenbrachte.
Erzherzog Karl Ludwig und Ferdinand haben die Arbeiten des Prof. Avanzo in Lilienfeld im September dieses Jahres besichtigt und sich höchst lobend ausgesprochen. Auch hat Se. Majestät gestattet, dass das von ihm erbaute Versorgungshaus, sowie der nach seinen Plänen ausgeführte Kindergarten nach dem allerhöchsten Namen benannt werden.
Der so ehrenvoll Ausgezeichnete wurde am 4. Jänner 1845 in Köln, als Sohn einer Bürgerfamilie, die einen Papier- und Kunstverlag führte, geboren. Schon der Name zeigt an, dass sie aus südlichen Gefilden Südtirol stammen.
Durch den geschäftlichen Handel des Vaters mit Bilderbogen, Holzschnitten und bessere Kunstblätter der damals mächtig aufstrebenden rheinischen Kunstbewegung, wurde dem Sohn schon frühzeitig der Drang zur Kunst und zu künstlerischer Tätigkeit derart geweckt, dass er nach Abolvierung einer Oberrealschule und 4 Jahre Meisterlehre in der Baupraxis bei Meister Bolle, in das Atelier und die Schule des bekannten Architekten Withase 1866 bis 1870 mittelalterliche Kunst, eintreten konnte, wo er die Ausbildung als Architekt erhielt.
Über Empfehlung Withase kam Avanzo 1870 nach Wien und fand eine Stelle im Atelier des Professors Friedrich von Schmidt, speziell bei der Dombauleitung zu St. Stephan, wo er außer den Arbeiten am Dom und einigen Entwürfen besonders in Schöpfungen aus dem kunstgewerbliche Gebiet sich betätigen konnte. Besonders zu dem Kunstgewerbe fühlte er sich hingezogen, da er in Köln bereits in einer Kunsttischlerei gearbeitet hatte. Nachdem Avanzo 1873 bei Schmidt ausgeschieden war, fand er 1875 die Stelle des Bauführers am Bau des Justizpalastes in Wien im Verein mit dem hochbegabten , leider früh verstorbenen Architekten Paul Lange besonders für den inneren Ausbau des Gebäudes, da bis 1881 währte.
Der Erfolg seiner sonstigen Arbeiten auf dem Gebiet des Kunstgewerbes veranlasste seine Berufung als Lehrer der Gewerbeschule des Technologischen Gewerbemuseums in Wien. Durch die Umgestaltung der Fachschule für Möbel- und Bautischlerei in eine Meisterschule des Detailzeichnens, wurde Prof. Avanzo in den letzten Jahren seiner Lehrtätigkeit eine wesentliche Erweiterung zu teil. Doch seine oftmaligen Krankheitserscheinungen zwangen ihn frühzeitig in den Ruhestand zu treten.
Zahlreiche Möbelentwürfe und Innendekorationen, sowie Gefäße und Beleuchtungskörper war Avanzo war er durch viele Jahre ein erfolgreicher Architekt. Mit Paul Lange schufen sie die Unterrichtsanstalt in der Hegelgasse im 1. Bezirk, das Gebäude des Anatomischen Institut im 9. Bezirk, Währingerstraße, ferner die berühmte Restauration „Zur güldenen Waldschnepfe“ in Dornbach, verschiedene Villen in Kaltenleutgeben. Auf dem Zentralfriedhof das sehenswerte Grabdenkmal Ghegas.
Besonders zeichnete sich Avanzo durch Restaurierungen der Klöster Heiligenkreuz und Lilienfeld in Niederöstereich aus. 1885 wurde er Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architekten Vereins. Die Sammlung , welche von Avanzo als Obmann des ständigen Fotografen Ausschusses durch viele Jahre geleitet, ist eine der Öffentlichkeit wenig bekannte Sammlung von Objekten aus der sogenannten Biedermeierzeit deren Wichtigkeit er schon frühzeitig erkannte.
Auch literarisch war er tätig durch Herausgabe von Musterblättern für Möbeltischlerei und Hausindustrie, welche seinerzeit zahlreiche Verbreitung fanden und ihm viele Auszeichnungen einbrachten.
Auch die Anlage des Döblinger Friedhofes ist Avanzo zu verdanken. Dieselbe umfasst ein unregelmäßiges Areal von zirka 73.200 m² Fläche, in dessen mittlerem Teil sich eine gestreckte, hufeisenförmige Arkadenhalle, zur Aufnahme von Gruften bestimmt, erhebt. Im Bogenscheitel ist ein Mausoleum angebracht. Die Arkaden haben Achsenweite von 3.35 m, die Tiefe von 4.40 m und 5.50 m Höhe; die Güfte sind so angeordnet, dass davor ein durchlaufender, freier Kommunikationsgang von zwei Meter Breite verbleibt. Die Kosten des Arkadenbaues belaufen sich auf zirka 23.000 Gulden.
Der Besuch des Friedhofes empfiehlt sich nicht allein der baulichen Ausführung wegen, sondern auch der prachtvollen Perspektive über Wien.
Nach den Klöstern widmete er sich den Restaurierungen der Schlösser Oslavan, Achleiten, Grünschitz und Thurm in Eschenau, Villa Pauer in Landshut, Villa Lövenich in Heidelberg und weitere Grabdenkmäler der Familien Wondrasch, Montleart, Salcher usw.
In den Abendversammlungen hielt Avanzo ins Detail gehende Vorträge über das abgelaufene Vereinsjahr 1887, über seine Tätigkeit, der Restaurierungen der Stifte Heiligenkreuz, Lilienfeld, Stukkarbeiten im Stift Altenburg und der Kapelle in Kroisbach in Wilhelmsburg.
Am 8.November 1910 verstarb Prof. Dominik Avanzo. Er war mit Viktoria Jandl verheiratet, seine Kinder waren Christine und Hildegard, sein Sohn Johann Babtist starb bereits 1900. Er hatte eine Bürogemeinschaft mit Lange in Wien 9. Berggasse 3.
QUELLEN: Monatsschrift Wiener Bauhütte 1911 Ausgabe 1, S 4 und Bild, Wiener Geschichtsblätte 1887 H 6, S 2, Die Presse, 19. Dezember 1888, S 13, Der Bautechniker 9. März 1888l S 4. ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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Hinweis:
- Dominik Avanzo (AustriaWiki)