DOMMAYER#

Hietzing
Dommayer Kasino, Gemeinfrei

In der Vergangenheit hatte Wien an Unterhaltung sehr viel zu bieten, besonders in musikalischer Hinsicht, denn in keiner anderen Stadt haben so viele Komponisten ihre einzigartigen Melodien, eine Vielfalt von Klängen aus Opern, Operette und vor allem der Wiener Walzer die Öffentlichkeit damit beglückt.

1887: Unter dieser reichen Auswahl an Tanzunterhaltungen befand sich der berühmte Dommayer. Unter diesen Namen kennen verschiedene Generationen der Wiener das Vergnügungslokal in Hietzing das sein hundertjähriges Bestehen nun feiert.

Im Jahr 1787 gründete an dieser Stelle des derzeitigen, 1 Joch und 60 Quadratklafter umfassenden Etablissements der Hietzinger Bürger Dick ein bescheidenes Kaffeehaus, das bald auch von manchen Wiener Ausflügler entdeckt und dadurch bekannt wurde. Dick war mit seinem Erwerb zufrieden und gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ging das Anwesen an seinen Nachfolger, einem gewissen Reiter über. Dieser wollte sich mit dem Kaffeeausschank allein nicht zufrieden geben und fügte noch eine Gaststätte hinzu. Nach Reiter übernahm dessen Tochter die mit einen Kammmacher Dommayer verheiratet war, das Objekt. Dieser sah die Chance seines Lebens, und widmete sich nur mehr dem Gasthaus. Das Renommee des Hauses nahm sichtlich zu, denn die Wienern fanden Gefallen an dem Aufenthalt und dem Gebotenen. Als 1833 noch ein Saal dazukam, trug er damit nur einem dringenden Bedürfnis Rechnung. In Dommayers Kasino kristallisierte sich der Name allmählich zur gängigen Bezeichnung und wurde ein Begriff, die Bälle die hier stattfanden wie die Bürgerbälle, die Mille fleurs-Bälle, die Rosenfeste und die Harmoniebälle waren weiterhin ein Anziehungspunkt. Doch der Unternehmer wusste, die vergnügten Wiener erwarteten immer wieder etwas Neues. Auch seine Musiker waren beliebt und hatten einen guten Klang. Es waren dies Gungl, Lanner. Morelli, Fahrbach und Johann Strauß sen. schwangen eifrig den Dirigentenstab zu ihren eigenen Kompositionen, und forderten zum beschwingten Tanz auf.

1836 gab es in der Ballsaison ein Florafest, der Mittelpunkt die Blumen die das Fest erst richtig verschönte.

1844 kündete Dommayer eine Sensation an. Johann Strauß jun. soll hier sein Debüt feiern. Das war wieder eine Jubelmeldung für die Zeitungen. Ein Ereignis außergewöhnlicher Brisanz bahnte sich an. Der Sohn wollte über seinen Vater triumphieren, ihm musikalisch beibringen, dass seine Zeit abgelaufen und eine neue Ära beginnen wird.

Auch die Besucher wollten sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen, es gab ein Gedränge, denn auch Freunde des Vater Strauß waren zugegen und wollten es dem Jüngling heimzahlen.

Der Herausforderer schlank, schwarz elegant gekleidet das ihm etwas Dämonisches verlieh und begann mit der Ouvertüre „Die Stumme von Portici“ und ein Beifallssturm braust auf der an diesem Abend nicht enden wollte.

Komponist
Johann Strauß Vater

Der alte Strauß hatte einen Freund als Spion zum Dommayer gesandt um zu erfahren wie sein Sohn beim Publikum angekommen war.. Eintrittskarten waren zu 30 Kreuzer bei Gabesam auf der Mariahilfer Straße oder in der Musikalienhandlung und an den Kassen zu 50 Kreuzer zu haben.

Für den alten Dommayer wurde es allmählich Zeit den Biedermeierbau, mit den schönen antiken Fries aus der Schinkel Zeit, mit Halbsäulen zwischen den Fenstern und mit ehrwürdiger kaisergelber Fassade seinem Sohn zu übergeben. Der verstand es, dass der Dommayer weiterhin populär blieb und wusste neuen Glanz hinzuzufügen. Beliebt waren die jährlichen Hyazinthen- und Rosenausstellungen die stets zahlreiche Blumenfreunde aus Wien anlockten. Das alte Dommayer Ehepaar hatte durch ihren Sohn und den vier Töchtern tüchtige Hilfskräfte.

Im Laufe der Zeit waren ihnen Konkurrenten erstanden, die jedoch nicht die Lebenskraft hatten wie das Kasino Dommayer und Freunde die ihnen die Treue hielten.

Am folgenden Tag würde es festlich hergehen wenn das Kasino- Jubiläum von 1787 bis 1887 gefeiert wird. Eduard Strauß wird mit seiner Kapelle das Fest mit flotter Musik verschönern.

1905: Die Wiener waren es gewohnt, wenn Künstlern des Theaters oder der Oper mit der Eisernen Krone ausgezeichnet wurden. Als jedoch die Nachricht von der Dekorierung des Herrn Johann Fürnkranz im Jahr 1875 mit dem silbernen Verdienstkreuz ausgezeichnet wurde, überraschte sie das. Mehr als 50 Jahre diente er in Dommayers Kasino in Hietzing als Zahlkellner, an Sonn- und Feiertagen die Horde der Sommerkellner, Würstelbuben und sonstigen irregulären Aufwärter im Zaum gehalten, mehr auf dessen als auf den eigenen Vorteil bedacht. Darum waren die Wiener mit dieser Ehrung eines schlichten Mannes aus dem Volk einverstanden. Unter all seinen Kollegen hat diese Auszeichnung großes Aufsehen erregt.

Der alte Herr, die Gäste nannten ihn nicht Johann, sondern Herr Fürnkranz, schlüpfte unterdessen überall umher, in Küche, Keller, Gaststube und Salon, hatte auf alles uns jedes ein wachsames Auge, war den Gästen gegenüber ebenso weit entfernt von Unterwürfigkeit wie von zudringlicher Anmaßung. Er empfahl nie, was er nicht mit gutem Gewissen empfehlen konnte, stets stimmte alles, auch die Rechnung, ob sie klein oder groß war. Denn auch große Zechen wurden bei Dommayer gemacht, von Stammgästen und Herrschaften, die sich das vergönnen konnten. Diesen tischte der Gast kundige Johann auf, was gut und teuer war, während er Gästen mit bescheidenen Mitteln an der Hand des Speisezettels gute Ratschläge gab, damit auch diese in Bezug auf Speise,…... und Billigkeit, nicht zu klagen hatten.

Sein ausgezeichnetes Gedächtnis bewahrte größere und kleinere persönliche und örtliche Ereignisse aus Alt-Wien getreulich auf, so dass kulturgeschichtlichen Forschern die lästige Arbeit des Suchens und Nachschlagens erspart blieb. Im Jahr 1822 hatte Dommayer der Vater das kleine Kaffeehaus übernommen, welches seit 1787 an dieser Stelle bestand. Er erweiterte dasselbe durch Zubauten und richtete es elegant und behaglich ein. Eine noch größere Anziehungskraft auf die Wiener übte die vortreffliche Küche aus.

Dommayers Frau, eine geborene Haunold, genoss den wohlverdienten Ruf, die erste Köchin im Weichbild der Kaiserstadt zu sein. Bei ihr die Kochschule absolviert zu haben, war für heiratsfähigen Töchter der feinsten Häuser die beste Empfehlung zur Führung eines tüchtigen Hausstandes. Vor Dommayers Küche und Keller hatte selbst der sonst alles bekrittelnde Humorist Saphir vollen Respekt, wie sein überschwänglicher, rhetorisch nicht gerade geschmackvoller Lobspruch auf Frau Dommayer bewies: Ein Dommmayer Schnitzel ist die geistreichste Schmeichelei für den Gaumen des Feinschmeckers, ein Dommayer welscher Salat Dante und Petrarka in Essig und Öl, eine Dommayer Mehlspeis der Götterhimmel in Magenformat. Aber selbst Grillparzer, der sonst nicht leicht, weil an sein Stammlokal im Matschakerhof gewöhnt, zufrieden zu stellen war hielt große Stücke auf Dommayers Wirtschaft. Oftmals hörte man ihn sagen, wenn man in dem einfachen vornehmen Saal saß, dessen Gewölbe auf Marmorsäulen ruhte, und den altväterlichen Wandschmuck betrachtet, belebte die Phantasie den anheimelnden Raum beiläufig mit ähnlichen Figuren und Bildern, wie sie in der „Galanten Ethika“, einem 1723 zum ersten Mal in Druck erschienenem Buch, worin gezeigt wird, wie sich ein junger Mensch sowohl durch manierliche Werke wie komplaisante Worte bei der gesitteten Welt rekommandieren solle, anschaulich beschrieben und wie sie desgleichen in der Schilderung der Wiener Damenwelt des Freiherrn von Pöllnitz, der um das Jahr 1730 europäische Höfe besuchte, der wissbegierigen Nachwelt vor Augen geführt sind.

Die Räumlichkeiten, in welchen seinerzeit die berühmten Harmoniebälle abgehalten wurden, machen auf jeden Besucher den Eindruck bürgerlicher Vornehmheit. Wie auch in der Inneren Stadt, bei Sacher, Faber, Reisleitner, Stipperger formenstreng, immer aber anheimelnd und hochanständig herging, waren wirklich eine Schule der guten Lebensart.

Josef Lanner, der Sohn eines bürgerlichen Handschuhmachers, geboren am 12. April 1801 in der kleinsten Vorstadt St. Ulrich, begann bei Dommayer seine musikalische Lauf- und Ruhmesbahn. Seine Konzert- und Ballabende hatten sich alsbald eines außerordentlichen Zuspruches zu erfreuen. Bald aber wurde Dommayer Kasino zum musikalischen Streitgebiet nicht zu seinem Vorteil. Im Jahr 1831 kam nämlich Johann Strauß sen. vom „Sperl“ in der Leopoldstadt herbei gewandert und eröffnete hier seine Reunionen in französischer Manier, Strauß geboren am 14. März 1804, war der Sohn eines Pächters des aus der Zeit Kaiser Joseph II., wohlbekannten Einkehrwirtshaus zum „Guten Hirten“ in der Leopoldstadt. Es kam ihm sehr zustatten, dass er an Bäuerle, dem Herausgeber der Theaterzeitung, an dem jovialen Castelli und dem aller Welt gefälligen Marinelli, dem ersten Direktor des Musentempels in der Leopoldstadt, Stammgästen seines Vaters, einflussreiche Gönner hatte.

Komponist
Josef Lanner, Gemeinfrei

Nunmehr begann zwischen Lanner und Strauß, dem blonden Pepi und dem schwarzen Schani, wie die Wiener sagten, ein künstlerischer Wettbewerb, der beide zu rastlosen Schaffen anspornte, sonst aber wenig Erfreuliches hatte.

Wien schied sich in das Lager der Lannerianer und in jenes der Straußíaner, von denen jedes die Leistungen seines Günstlings übermäßig emporhob, jene seines Gegners herabdrückte.

Lanner schrieb für das Dommayer Kasino die prächtigen „ Schönbrunner“ Walzer, Strauß die „Hietzinger Reunionsklänge“. Zu größeren instrumentalen Schöpfungen im klassischen Stil kamen aber beide nicht, obwohl besonders Lanner seine ausgesprochene musikalische Begabung auch auf diesen Weg gwiesen hätte. Eine der Ursachen, dass es nur bei flüchtigen Ansätzen blieb, mochte wohl in den unfreundlichen Familienverhältnissen beider gelegen sein. Beide waren nicht glücklich verheiratet. Strauß zudem viel auf Reisen, Lanner nur zu gern im Freien bei einem guten Trunk, so dass ein wohl bestellter Hausstand mit einer finanziell geordneten Wirtschaft nicht möglich war.

Lanner dirigierte am 22. März 1843 sein Orchester zum letzten Mal in Dommayers Kasino. Wie den genialen Franz Schubert warf auch in ein Nervenfieber auf das Krankenbett, von dem er sich nicht wieder erholen sollte. Er verschied am Karfreitag, 14. April 1843 und wurde am Ostersonntag auf dem Döblinger Friedhof zur Erde bestattet. Die Kapelle des ersten Bürgerregimentes marschierte an der Spitze des unabsehbaren Trauerzuges mit Johann Strauß, seinem Rivalen, als Kapellmeister, der sechs Jahre später in nächster Nähe seine letzte Ruhestätte fand.

Im August 1833 hielt sich Lanner in Innsbruck volle vierzehn Tage auf, da er den Auftrag erhalten hatte, hier bei dem anlässlich der in Mailand zur feierlichen Krönung Kaiser Ferdinands in der Tiroler Hauptstadt veranstalteten Hofball die Tanzmusik zu besorgen.

Auch damals trat Johann Strauß mit ihm in Wettbewerb wegen der musikalischen Festlichkeiten in Mailand ausersehenwar, doch man entschied sich für Lanner und ließ ihn mit seiner Kapelle nach Mailand nachkommen, wo er den Hofball und zwei weitere Bälle dirigierte. Dadurch hatte sich Lanner ein kleines Vermögen erspielt und somit eine sorgenfreie Zukunft entgegensehen.

Johann Strauß der an erfinderischer Begabung an Lanner nicht heranreichte, verfügte dagegen über den glänzenden Schliff des internationalen Welttons, prickelnde Rhythmen und pikante Melodik, Reize, die durch ihre Neuheit fesselten. Er führte die fremden Tänze, Quadrille, Polka, Mazurka, verbrämt mit der symphonischen Kunst nicht nur in den Tanzsaal, sondern auch in den Konzertsaal ein und infolge der Verfeinerung und Steigerung der Reizmittel, an der noch jede wahre Kunst zugrunde ging, hörte die Tanzmusik allmählich auf. Mit 21 Jahren ging Johann Strauß eine vorzeitige Ehe mit einer Wirtstochter in Lichtenthal ein, schloss sich dann an eine Freundin an, welche eine glühende Verehrerin seiner Kunst aber auch seiner Einkünfte war und einen Luxus trieb, der dem Meister schwere Sorge und ein nichts weniger als behagliches Dasein bereitete.

Der brave Johann Fürnkranz hat das alles mit angesehen und dem Geiger-König mitunter aus de Klemme geholfen, Strauß hat wenigstens eine Musiker-Dynastie begründet. Am 15. Oktober 1814 führte er seinen ältesten Sohn gleichen Vornamens, der dann seinen Vater überragend, dem Wiener Tanz echtes Theaterblut einzuflößen verstand, bei Dommayer als Dirigenten ein. Dreißig Jahre des Aufschwunges dieser Pflegestätte guter Laune, wienerische Gemütlichkeit, welche in einem wohlhabenden Bürgerstand ihren Nährboden hatte, folgten nunmehr.

An das Ende dieser Zeit fiel das schöne Fest , welches 1875 zu Ehren des Johann Fürnkranz veranstaltet wurde. Emsig und umsichtig in altgewohnter Weise bediente der Jubilar, das rote Bändchen im Servierfrack, das froh gesinnte Publikum als seine werten Gäste zu bewirten.

Noch einmal fand sich eine kleine Schar ausübender Künstler und Sangesfreunde in Dommayers Räumen zusammen. Im März 1889. Der Glanz des Anwesens, dessen Lokalgeschichte der Schriftsteller J. Wimmer des 100jährigen Jubiläums seines Bestandes so interessant beschrieben hat, war längst erloschen.

Neue Vergnügungsstätten wie Schwenders Kolosseum und sodann desselben Unternehmers „Neue Welt“ in Hietzing lösten das Dommayers Kasino ab.

An Stelle des Dommayer Kasino erhebt sich nun der prächtige Bau des Parkhotels Schönbrunn.

QUELLEN: Neues Wiener Tagblatt, 29. Juli 1887, S 4, Innsbrucker Nachrichten 12. April 1905, S 1, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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