DONNERBRUNNEN#

Neuer Markt
Donnerbrunnen

Die Zierde des Neuen Marktes war bisher der Donnerbrunnen, richtiger Name wäre allerdings Providentia Brunnen der in den Jahren 1737 bis 1739 von den bedeutendsten österreichischen Bildhauer und Medailleur seiner Zeit Georg Raphael Donner errichtet wurde.

Nun ist dieser schöne Brunnen abgetragen, verschwunden, denn man hatte die glorreiche Idee mitten in der Stadt unter diesem Platz eine Garage zu errichten, noch dazu wo man bereits mit dem Gedanken gespielt hatte, alle Autos aus dem ersten Bezirk zu verbannen. Nun lockt man die Autofahrer unverständlicher Weise direkt in die Stadt, das eigentlich vermieden werden sollte, noch dazu ein Projekt das auf einen derartig architektonisch umrahmten Platz äußerst unpassend ist und wirkt. Wien ist ja anders und sorgt immer wieder für Verunstaltungen in dieser einst schönen Stadt.

Eine Kammeramtsrechnung informiert über das Vorhandensein eines Brunnens im Jahr 1440. Später befanden sich auf Neuen Markt zwei Brunnen. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein vierstrahliger Springbrunnen vor dem Schwarzenberg Palais, der noch 1735 mit einer Säule und einem Adler an der Spitze verziert , aber 1737 demoliert wurde. In der Mitte des Platzes gab es einen Ziehbrunnen. An dieser Stelle ließ die Stadt Wien 1737 bis 1739 eine Brunnenanlage errichten

Von den Denkmälern, mit welchen die Barockzeit das damalige Wien unter dem kunstsinnigen Karl VI., schmückte, gehörte der Donnerbrunnen zu den bedeutendsten. Während die zu dieser Zeit errichteten Monumente Wiens auf kaiserlichen Befehl entstanden, fungierte beim Donnerbrunnen die Gemeinde Wien als Auftraggeberin.

1737 entschloss sich der Stadt Magistrat mit Genehmigung einer Hof Kommission, den auf dem Neuen Markt derzeit stehenden Röhrbrunn zum Nutzen der Stadt und der Gemeinde mit kopiosen Wasserzufluss zu versehen, denn alle gewesenen Pumpbrunnen zu transferieren, in größerer Form zu errichten und das hierzu erforderliche Wasser von Hungelbrunn und Mätzelsdorff hereinzuführen.

Wien
Donner Denkmal

Der in Pressburg tätige fürstlich Eszterhazy Baudirektor Raphael Donner, ein schon damals bekannter Künstler, sollte die Idee des Magistrats verwirklichen. Nach zweijähriger Arbeit war der Brunnen vollendet und am 4. November 1739 zur Bewunderung der Zeitgenossen enthüllt. Der Brunnen besteht aus einem großen steinernen Wasserbecken ovaler Form von zirka 13 Meter Länge und ungefähr 7 Meter Breite, in dessen Mitte sich ein reich gegliedertes Postament erhebt, auf welchem eine weibliche Figur, die Vorsicht (Providentia), in der einen Hand die Schlange, in der anderen den doppelten Januskopf, dargestellt ist. Im unteren Teil des Postamentes befinden sich auf vier vorspringenden Voluten Puttis mit wasserspeienden Fischen in den Händen; am Brunnenrand, von dem ebenfalls vier Wasserstrahlen in das Becken fließen, sitzen vier Figuren, zwei männliche und zwei weibliche in malerisch natürlichen Stellungen, welche als Personifizierung der vier hauptsächlichsten Nebenflüssen der österreichischen Donau gedeutet werden, und zwar die Enns mit der Neptun ähnlichen Greisen Gestalt, die Traun als kräftiger Jüngling, der mit dem Dreizack nach einem Fisch stößt, die Ybbs und die March als anmutige Frauengestalten.

Der Brunnen ist in der Gesamterscheinung, in der Gruppierung wie im Detail ein wahres Meisterwerk, das durch seine natürliche Auffassung in der künstlerischen Komposition dem Zeitalter geradezu vorauseilt.

Über die Geschichte des Brunnens geben die an den vier Seiten des Postamentes angebrachten Inschriften Aufschluss sie lauten: „Raphael Donner, modelliert und in Blei gegossen 1739“- „Restauriert von Martin Fischer 1801“ - „Restauriert und in Bronze ausgeführt in der k.k. Kunst Erzgießerei von Röhlich und Pönninger 1873“ - Die Kommune Wien unter Bürgermeister Dr. Felder 1873“

Die Originalfiguren befinden sich gegenwärtig im Rathaus in Verwahrung. Laut Oberamtskammerrechnungen im Archiv der Stadt Wien erhielt Donner als Künstler Honorar Beträge von zusammen fast 4000 Gulden, eine für die damalige Zeit selbst für Werke dieser Art bedeutende Summe.

Aber wie dieser Donnerbrunnen der angesichts des fürstlichen Schwarzenberg Palais auf dem Neuen Markt in erneuter Pracht und Schönheit in hell funkelndem Bronzegüsse erglänzt, doch in den alten Formen, die er uns weist, das einst renovierte, so repräsentiert uns der Gabrielli Brunnen in den Gartenanlagen vor dem Garten Palais des Fürsten Schwarzenberg das Jetzt Wie bei dem Donnerbrunnen das Wasser nur die Staffage und die kunstvoll gearbeiteten Figuren das Hauptthema bilden, so tritt umgekehrt bei dem Gabrielli Brunnen eben das aus den steirischen Grenzbergen hergeleitete frische, kristallklare Wasser als die Hauptsache hervor und die technische Kunst, die das Wasser hierher vermittelt und zu der erstaunlichen Höhe empor treibt verbirgt sich mit schier mädchenhafter Scheu in das Innere der Leitung.

Wien
Neuer Markt um 1890

1899: Von den Straßen der Inneren Stadt ist heute wohl die Kärntner Straße der Liebling der Wiener geworden; die alte enge Kärntner Straße ist eine breite Straße und die neuen Häuser bilden eine stilistische Musterkarte. Am meisten haben die beiden Eckhäuser zu dem Donnergässchen und das durch eine französische Passage, die „namenlose Gasse“, geteilte Haus von sich reden gemacht. Für den Eingang zum Neuen Markt mit einem günstigen Ausblick auf den Donnerbrunnen war bekanntlich seinerzeit eine Konkurrenz ausgeschrieben, die Resultat los verlief. An dem Hotel von Meißl und Schaden und dem Zierer Haus vom Prof. Carl König im geschmackvollen Barock erbauten Wohnhaus vorbei gelangen wir zu der Passage. Hier ist der stilistische Standpunkt auch in den Fassaden am stärksten zum Ausdruck gekommen, doch ist die Anordnung der Stockwerke, Balkone usw. recht gefällig durchgeführt.

Das in der Bezirksvertretung der Inneren Stadt aufgetauchte und begünstigte Projekt der Verlegung des Donner Brunnens vom Neuen Markt auf die Gartenanlage Wollzeile-Stubenring ruft das lebhafteste Interesse der Öffentlichkeit hervor. Es ist ein erfreulicher Moment konstatieren zu können, dass sich die in solchen Fragen kompetente Künstlerschaft einmütig gegen eine Verlegung des Brunnens aussprach. In diesem Sinne hat die Zentral-Vereinigung österr. Architekten, die Wiener Bauhütte, der Ingenieur- und Architekten Verein, die Genossenschaft der bildenden Künstler und die „Sezession“ Resolutionen an den Bürgermeister gerichtet.

Die seitens der „Bauhütte“ dem Gemeinderats Präsidenten überreichte Kundgebung hat folgenden Wortlaut: Betreff: Donnerbrunnen am Neuen Markt, Belassung an Ort und Stelle Wien, am 14. Februar 1913. Der Brief richtet sich an das Präsidium...

Protest
Schreiben

So können wir hoffen, dass diese drohende neuerliche Beeinträchtigung den leider ohnedies schon oftmals misshandelten Stadtbildes vorübergeht und das Denkmal auf dem Platz erhalten bleibt, für den es geschaffen ward.

Von unseren Mitgliedern haben Kollege Arch. Castellis in der Neuen Freien Presse, Arch. Baurat Fassbender und Schriftsteller und Redakteur Pötzl im Neuen Wiener Tagblatt über dieselbe Angelegenheit geschrieben.

In einem anderen Artikel heißt es: „Kaum war das letzte Wort des überaus interessanten Vortrages über den Neuen Markt verklungen, als die Tagesblätter die überraschende Kunde von dem gegen den schönsten Schmuck des Platzes geplanten Attentats brachten. Mit fadenscheinigen Argumenten wird die Notwendigkeit begründet, das Meisterwerk Donners von dem Platz, für den es der Meister schuf. Zu entfernen. Gewiss hat jeder Kunstfreund und Lokalhistoriker, geschweige dann der wirkliche Künstler, die schmerzliche Überzeugung, dass durch die Verunstaltung des Platzes und die Modernisierung des Verkehrs dem herrlichen Werke arg mitgespielt wurde; es ist müßig, heute zu untersuchen, ob nicht vieles hätte vermieden werden können. Es sei nur erwähnt, dass sogar die Beeinträchtigung der Wirkung des Brunnens durch die Aufstellung von Straßenreinigung Geräten als Grund zu dessen Entfernung herbeigezogen wird. Der Zustand des Straßenkörpers auf dem ganzen Platz macht nicht den Eindruck, als ob derlei Requisiten häufig verwendet werden würden. Sollten sie aber dennoch zweckgemäß gebraucht werden, so dürfte sich für sie auf den Neuen Markt gewiss irgend ein anderer Ort finden lassen als die Stufen um den Becken des Donnerbrunnens. Wer bürgt übrigens dafür, das auf dem neuen, nach Ansicht des Antragstellers besonders geeigneten Platz der Brunnen nicht ähnliche Schmuckstücke erhält? Bisher haben wohl einzelne warm fühlende Künstler in unzweideutiger Weise gegen diese beabsichtigte Barbarei Stellung genommen. Allein, die einmütige Auflehnung aller, die sich jederzeit um die Erhaltung der leider so spärlichen Reste des Wiener Stadtbildes ehrlich bemühen, jener die hierzu berufen sind und all jener , die sich gelegentlich als Hüter Alt Wiens gebärden, steht wider Erwarten noch aus. Soll damit gewartet werden , bis es wieder zu spät ist und die vollendet Tatsache nur mit eine Achselzucken über den Mangel an künstlerisch historischem Empfinden quittiert werden muss? .

Es gilt einen hohen Einsatz. Das Objekt gegen das sich der Angriff richtet, ist eines der schönsten Kunstgüter der Stadt. Gelingt es, den Brunnen, durch dessen Entfernung der Neue Markt seiner Charakteristik für immer beraubt werden würde, aus dem Weg zu räumen, dann wäre wohl kein Denkmal mehr gefeit und wer wollte sagen, wo in einigen Jahren die Pestsäule vom Graben, die Denksäule vom Hohen Markt und insbesondere der Moses Brunnen vom Franziskanerplatz neu aufgestellt sein werden!

Möge dem angeblichen Verkehrsbedürfnis geopfert werden, wenn es eine unabweichliche Notwendigkeit heischt, niemals aber dort, wo, wie am Neuen Markt, eine solche absolut nicht besteht und nur herostratische Laune mit der Faust gegen ein Kleinod aufholt.

Armer Donnerbrunnen, warte nur bald wanderst auch du. Es ist im Leben hässlich eingerichtet, dass die Elektrische am Neuen Markt gehen muss. Doch genug mit den Zitaten. Wenn schon die halbe Welt verrückt ist, warum sollten es die Denkmäler nicht werden. Also zuerst kam der Vater Radetzky dran. Oder vielmehr zuerst waren die Heldenstandbilder, die jetzt die Rathaus Zufahrt flankieren, verurteilt, die Rolle der Wanderer zu spielen. Dann kam der Vater Radetzky . Jetzt ist der Donnerbrunnen an der Reihe. Einer, dem dies nicht passt, hat auf den schlechten Platz des Goethe Denkmals hingewiesen. Der nächste wird tot sicher für das Tegetthoff Denkmal eine Wanderung proponieren folgendes: Alle Plätze werden nummeriert, bitte alle Denkmäler und zu jedem Zins Quartal rückt jedes Denkmal um eine Nummer weiter, bis es der Reihe nach durch alle Plätze durch ist. Der Stephansturm wandert natürlich mit.

Hans Jörgel meint zu der Versetzung des Brunnens: …. Jetzt kommt das Kurioseste. Es soll der Donnerbrunnen ans Ende der Wollzeile verlegt werden, wodurch er aber um seine Wirkung gebracht würde, weil der neue Platz um ganze 16 Meter breiter ist als der alte. Und er ist auch um mehr als das Doppelte länger als der alte Mehlmarkt, da er seinen natürlichen Abschluss doch nicht bei der Ringstraße findet, sondern über diese hinweg sich fortsetzt, bis hinauf zur Landstraße...

1949: Eines der schönsten Baudenkmäler des barocken Wien der Donnerbrunnen auf dem Neuen Markt, begeht in wenigen Tagen, am 4. November, seinen 210. Geburtstag. Zwar nicht an diesem Tag, aber etwa zwei Wochen später, wird, wie das „Neue Österreich“ erfährt, der im Krieg zerstörte Brunnen seinen angestammten Platz wieder einnehmen. Das Marmorbassin wurde in der Endphase des Krieges teilweise zertrümmert, die Bronze Figuren erlitten durch zahlreiche Bomben und Artillerie Splitter empfindliche Schäden. Seit Wochen ist der Torso des Brunnens den Blicken der Vorübergehenden durch Holzwände entzogen. Hinter dieser Planke sind die Wiederherstellung Arbeiten inzwischen so weit fortgeschritten, dass der Brunnen schon in drei Wochen wieder sein früheres Aussehen zeigen wird. Die beschädigten Bronzen wurden in der Staatsgalerie im oberen Belvedere restauriert. Sie sollten noch diese Woche auf den Neuen Markt zurück gebracht werden. Die Hauptarbeit ist zweifellos von den Betonarbeitern und Steinmetzen zu leisten, da die Brunnenstube ganz neu aufgebaut werden muss. Über 20 m² Mauthausener Granit waren zur Neufassung notwendig. Der im Jahr 1739 von dem 24 jährigen Raphael Donner errichtete Brunnen hat ein wechselvolles Schicksal hinter sich. Um 1770 verletzten die nackten Bleiplastiken das ästhetische Empfinden Kaiserin Maria Theresia. Die Bronzen wanderten daher in ein Materialdepot des bürgerlichen Zeughauses, wo sie von den bekannten Bildhauer J. M. Fischer neu entdeckt und schließlich 1801 wieder auf ihren alten Platz gestellt wurden. Die Kosten der Reparaturen des Donnerbrunnens betrugen 250.000 Schilling.

In den Wiener Geschichtsblätter von 1959 werden die Figuren des Donnerbrunnens kritisiert: „Am Donnerbrunnen seien bei aller Genialität doch die Sünden jener Zeit die innere Leere und Mangel an Sinn für prägnante Charakteristik nicht spurlos vorübergegangen.“

Quelle: Radio Wien 1931 Heft 35,S 15, Hans Jörgl 1913 S 2, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial Graupp I.Ch.

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