Die verpönte Schleppe#

Schleppe
Bild:Schleppe, gemeinfrei
Die Schleppe, auf die die Damenwelt nicht verzichten wollte, sorgte stets für Aufregung. Diese zweifelhafte Erfindung war dem ausschweifenden Geistes des 14., und 15. Jahrhundert zuzuschreiben. Zuletzt wurde sie in den Jahren 1875 bis 1880 wieder aktuell und feierte ihren Triumph. Die Witzblätter hatten jedoch ihren Spass daran. Bereits die elegante Welt von 1804 meinte dazu: „....aber majestätisch gehen doch die Damen mit einer Schleppe. Ein majestätischer Gang ist doch wohl etwas Schönes, und er wird offenbar dadurch gefördert...“ Und L. Schubert skizzierte in einem Feuilleton: „ ...Nun ist mit der Ballsaison die Glanzzeit der Schleppe wieder angebrochen. Denn das ist allgemein anerkannt, dass die Schleppe eines der vornehmsten Attribute jedes Balles ist. … Aber wie Frau Mode gerade auf den Gedanken kam, die Ballrobe mit der Schleppe zu vermählen, bleibt ein Problem...“ Besonders in den Kurorten sah man diese Modeerscheinung äußerst kritisch, denn bei Trockenperioden wurde dadurch zu viel Staub aufgewirbelt, und das konnte man den übrigen Kurgästen nicht zumuten. Betroffen davon, so die Kurverwaltung, waren vor allem die Kinder. Den Übelstand wollten so manche Kurverwaltungen nicht länger hinnehmen und verboten den Damen bei Strafe sich mit diversen Schleppen im Kurgelände aufzuhalten.

Die Schleppe wurde von Böswilligen als "Besenkehrer" bezeichnet,in Gedichten verwandelte sie sich in Versen die großen Anklang fanden.

Die Extravaganz der Mode eroberte schließlich auch das Brautkleid, nur wusste man sich zu helfen indem die Schleppe abzuknöpfen war und so der Bequemlichkeit diente.

Jede Modelaune brachte es mit sich, dass so manche Kreation der Schleppe bald übertrieben ausartete, um ja nur aufzufallen. Hatte so eine Dame damit ein Missgeschick konnte sie sich der Häme sicher sein.

Doch diese Mode so schön sie auch gewesen wünschten die Abschaffung und sich einer großen Beliebtheit erfreute, hatte auch eine unliebsame Kehrseite.

Sie verursachte Unfälle, nun immer häufiger, nicht nur geringe. Wenn ein Mann sich in dem Stoff Gewühl verfing und zu Sturz kam, eventuell über die Treppe, konnte es mit bösen Folgen enden. Die Schlepper Feinde wünschten die Abschaffung derselben. Ihnen reichte es, die Ausgaben dafür waren zu kostspielig.

Die Obrigkeit dachte anders. Sollten sie den Wünschen der Gegner nachkommen, gäbe es für den Handel und der Industrie, der Produktion von Seide und teuren Stoffen den Todesstoß. So ließ man den Dingen weiter seinen Lauf.

QUELLE: Das Interessante Blatt 10. September 1891 S 1, Mährisches Tagblatt 1902 18. Juni S 1, ANNO Österreichische Nationalbibliothek Bild: Graupp