EDMUND EYSLER#
Edmund Eysler, einer der letzten und besten Vertreter der Wiener Operettentradition, feiert am 3. April 1948 das seltene Jubiläum der goldenen Hochzeit.
Der Komponist führt mit seiner Gattin, Frau Leopoldine, geborene Allnoch, eine außerordentlich glückliche Ehe. Seine Frau die in guten wie in bösen Tagen zu ihm hielt und hat ihn in der Hitler Zeit in der aufopferungsvollsten Weise geschützt. Ist nicht nur eine vorbildliche Mutter und betreut außerdem voll Liebe den Urenkel des greisen Meisters.
Das Ehepaar Eysler wird seinen Jubeltag im engsten Kreis seiner Lieben begehen, Am 4. April findet im großen Musikvereinssaal die offizielle Feier zu Ehren Edmund Eyslers statt. Unter der Devise „Goldene Hochzeit Edmund Eyslers“ wird eine große Akademie veranstaltet, an der alle Wiener Theater sowie die prominentesten Künstler Wiens teilnehmen werden. Der Schriftsteller Philipp Munk hat zu dieser Feier einen Prolog geschrieben, den die junge Schauspielerin Ilse Ehmke vortragen wird.
Edmund Eysler ist einer der Begründer der Genossenschaft der dramatischen Schriftsteller und Komponisten. Er hat diese Genossenschaft, die von den Nazi aufgelöst wurde, zu neuem Leben erweckt und fungiert als ihr Vizepräsident. Auch hier zeichnet er sich durch seine rege Tätigkeit für die Wiener Komponisten aus.
Edmund Eysler wurde am 12. März 1874 in Wiener Vorort Hernals Telemanngasse 8 geboren. Das zweite Kind des aus dem mährischen Zwittau nach Wien übersiedelten Geschäftsmannes und großen Börsenspekulanten Bernhard Eysler und dessen aus Ungarn gebürtigen Frau Maria geb. Stern wuchs im typisch wienerischen kleinbürgerlichen Vorstadtmilieu auf. Bis zum Schulbeginn befand er sich oft in der Obhut seiner Großeltern die in der Neulerchenfelder Straße ein Lebensmittelgeschäft führten.
Die Großeltern väterlicher Seite besuchte Edmund in den Sommermonaten in Boskowitz. In dem Herrenhaus gab der Orchesterverein Konzerte der Meister Smetana und Dworschak. Edmund hielt sich als zwölfjähriger vor dem Produktionssaal auf um sich die wunderbaren Weisen anzuhören, denn hinein durfte er nicht. Onkel Emanuel war Goldarbeiter und Leihbibliothekar und verschaffte ihm die Möglichkeit bei einem tschechischen Oberlehrer in Klavierspiel zu üben. Er spielte fleißig Etüden von Mozart und Beethoven-Sonaten und Opernauszüge, mit Vorliebe Carmen. Allmählich wurde man auf den jungen Klavierspieler aufmerksam und lud ihn nach Zwittau um bei einem Konzert mitzuwirken. Als sie am nächsten Tag dort ankamen wütete gerade in der Nähe des Gasthofes in dem das Konzert stattfinden sollte ein Brand. Edmund beteiligte sich sofort an der Löschaktion und pumpte fleißig an der Handfeuerspritze.
Das Konzert begann dadurch mit einstündiger Verspätung, Edmund spielte trotz schwieligen Händen und erhielt lebhaften Beifall des Publikums. Auch der Boskowitzer Turnverein war an ihm interessiert und sandte ihm eine Einladung zu einem Konzertabend den er allein bestreiten sollte. Als Dank bekam er zwei Notenbände mit der Widmung “Unserem Retter in der Not – der Boskowitzer Turnverein“.
Schon in der Volksschule, die Edmund nach dem Umzug der Familie in ein größeres vornehmes Heim im 9. Bezirk in der Porzellangasse 5, besuchte war jene Schule in der Grüne Tor Gasse in der vor Jahrzehnten Franz Schubert als Hilfslehrer unterrichtet hatte. Edmunds Musikalität fiel alsbald dem Lehrkörper auf. Auch die Eltern waren davon erfreut und engagierten ein Fräulein Rosa, die dem Sechsjährigen in die Geheimnisse des Klavierspiels einweihte. Alsbald war zu merken, dass die schulischen Leistungen empfindlich nachließen, zu sehr war Edmund mit den Gedanken bei seiner geliebten Musik.
Doch dann ereignete sich im Jahr 1881 der Bontoux-Krach an der Börse. Der Vater bisher ein reicher Mann, verlor sein ganzes Vermögen. Nun kam der oftmalige Wohnungswechsel. Eine neue Existenz musste gegründet werden, die Brüder der Mutter hatten in Fünfhaus eine kleine Delikatessenhandlung für das Ehepaar eingerichtet und übersiedelten in die Mariahilfer Straße 139, bewohnten nun eine Zimmer Küchen-Wohnung und Edmund besuchte in der Thalgasse die fünfte Volksschulklasse. Der Klavierunterricht blieb Edmund wenigstens erhalten, die mit Therese Fleischmann eine Fortsetzung fand.
Edmund war inzwischen Schüler der Realschule am Henriettenplatz geworden, ein Wunsch seines Vaters. Die Wohnungen wurden wieder gewechselt. Nach der Thalgasse folgte die Palmgasse und dann die Kohlenhofgasse. Die Realschulzeit verlief ebenfalls nicht glanzvoll, daran schien wohl auch das schöne Geschlecht Schuld gewesen zu sein. Er hatte sich als 11jähriger verliebt in eine mollige Schöne die ebenfalls noch Schülerin war. Durch die Bekanntschaft ihres Bruders lernte er auch die Eltern kennen. Doch bald musste er auch von seiner Liebe, Annerl verabschieden, denn seine Eltern übernahmen eine Kaffeebrennerei in der Leopoldstadt und übersiedelten daher in die Obere Augartenstraße 52.
Nur hin und wieder konnte er sein Annerl sehen. Die Jahre eilten dahin und Edmund nun 17 Jahre alt, im Konservatorium, Annerl an einer Kassa in einem großen Kaffeehaus. Jeden Sonntag besuchte er ab nun das Kaffeehaus um sie zu sehen. Viele Jahre vergingen ohne, dass er etwas von Annerl hörte. Erst 1910 im Bürgertheater wurde Eyslers „Der unsterbliche Lump“ aufgeführt, erfuhr er, dass sein Idol bei ihrer Schwester wohnte und lud sie zu einer Vorstellung ein. Im Zwischenakt suchte er sie in der Loge auf und sprachen über vergangene Zeiten. Sie besaß einen Hutmodesalon in der Walfischgasse. Die nächste Nachricht war für Eysler weniger erfreulich, dass sie heiraten würde. So ging sein Liebestraum zu Ende.
In der Realschule hatten die Lehrer mit Eysler wenig Freude. In der Glockengasse wurde er wegen einer dummen Bemerkung hinausgeworfen, so landete er in der Singer Privatschule in der Unteren Donaustraße. Auch dort konnte sich Edmund mit Mathematik, Geometrie und Zeichnen nicht anfreunden. Der Klassenvorstand ließ die Mutter kommen wünschte, dass der Schüler Edmund die Schule verlässt, denn aus ihm würde nichts Rechtes werden, dafür bekäme er ein Zeugnis mit positiven Noten.
Inzwischen hatte Edmund einen neuen Freund kennen gelernt, Leo Fall, ein armer Junge der stets Hunger hatte und zu Eyslers eingeladen wurde. Es stellte sich heraus, dass Leo Fall ein Rekordhalter in Marillenknödelverzehr, und zweiundzwanzig dieser Köstlichkeiten verschlingen konnte. Als Dank erklang unter seinen Händen dann der Toreromarsch aus Carmen.
Mit Hilfe Leo Falls konnte Edmund den Wunsch das Konservatorium zu besuchen durchsetzen. Diese Musikschule wurde von Josef Hellmesberger geleitet, und besaß Weltruf. Leo Fall verließ die Anstalt da er sich ungerecht behandelt fühlte und ging nach Mannheim. Franz Schmidt, einer der ebenfalls ein berühmter Komponist wurde befand sich unter seinen Kollegen.
Zum Abschluss des Schuljahres wurden sie aufgefordert eine eigene Komposition einer Jury vorzutragen. Als Preisrichter fungierte abermals eine musikalische Größe – Johannes Brahms.. Eyslers Violinsonate war von Grieg inspiriert, das Brahms sofort erkannte, der gegen Grieg eingenommen war und mit den Worten „Viel zu homophon“ und schon war Eysler erledigt. Sein Lehrer Fuchs dagegen war von seinem Können begeistert, und durfte noch den Aufstieg und Ruhm seines Schülers miterleben.
Die damalige Friedensgesellschaft, deren Mittelpunkt Bertha von Suttner mit ihrer Forderung „Die Waffen nieder“ vertreten durch zahlreiche prominenter Mitglieder die sich daran beteiligten. Auch Eysler, der von seinem Freund Paul Wilhelm in die Gesellschaft eingeführt wurde, war musikalisch gefragt, trat mehrmals als Solist auf, komponierte den Walzer „Friedensklänge“ die er dem Friedensengel Suttner widmete, und ihn dadurch in der Öffentlichkeit bekannt machte.
Es war Frühling, auf einer Bank im Stadtpark beim Liederfürsten Franz Schubert, saß bereits eine junge Dame, die ihm sehr gefiel. Nur seine Schüchternheit war ein Hindernis, eine kleine Szene erlaubte es ihm sich dem Fräulein vorzustellen. Sie musste bald aufbrechen, da sie bei einer Baronin Schubert als Vorleserin erwartet wurde. Man traf sich des öfteren, Baronin Schubert lud nun auch Eysler ein, der auf sie einen sehr guten Eindruck ausübte, ab da wurde nur mehr musiziert. Nach zwei Jahren wurde auf den Standesamt geheiratet, später nahm Eysler den katholischen Glauben an, ließ sich taufen und danach fand in der Kirche in der Alser Straße die feierliche Hochzeit statt. Das Ehepaar fand in der Josefstadt, in der Zeltgasse 8 ihr Zuhause. Der glücklichen Ehe entsprossen zwei Töchter Gretel, Frau Pujmann und aus Mizzi wurde Frau Merio. Tochter Gretl hatte ebenfalls eine Tochter Liselotte, der Liebling Edmund Eyslers.
Für Edmund Eysler brach eine schwierige Zeit an. Freunde und Verwandte wollten ihnen helfen und brachten ihm Libretti, doch bei keinem versprach er sich einen Erfolg. So verfasste er ein Ballett, dass er der arme Klavierlehrer, der mit seiner Familie am Hungertuch nagte „Schlaraffenland“ nannte. Einer seiner Freunde machte es bühnenreif. Eysler brach mit dem Klavierauszug auf und ging damit in die Hofoper zum Ballettmeister Haßreiter. Als dieser hörte dass Eysler bei Fuchs gelernt hätte durfte der Komponist die Ouvertüre vorspielen. Haßreiter forderte ihn auf weiter zu spielen, er zeigte sich begeistert. Nur ein Problem gab es, Mahler der Direktor der Hofoper liebte keine Ballette. Doch Eysler sollte den Klavierauszug hier lassen. Doch das Glück war ihm diesmal nicht hold, die Ausstattungskosten für das Ballett käme auf 120.00 Gulden, für einen Anfänger zu kostspielig.
Sein Schwager Wolkenberg setzte sich mit Dr. Schnitzer in Verbindung und brachte es zuwege, dass dieser Eysler am Sonntag empfangen wollte. Wieder ein Hoffnungsschimmer. So eilte Eysler in die Wiener Bellariastraße 10. In der eleganten Wohnung im ersten Stock gelegen, fiel Eysler sofort der herrliche Bösendorfer Flügel auf. Schnitzer wählte die Stücke aus die Eysler vorspielen sollte. Er war sehr nervös, und es schien ihm als würde im Nebenraum noch jemand sich befinden. Nach seinem Vortag bestätigte sich sein Verdacht, heraus trat der sehr einflussreiche Musikverleger Josef Weinberger „Gratuliere“, ein sehr begabter junger Mann!“ „Nun soll ich dem jungen Mann den 1. Akt des Hexenspiegels mitgeben?“ fragte Schnitzer den Musikverleger. Weinberger stimmte zu. Der Hexenspiegel war einst für Johann Strauß bestimmt, der die Komposition unvollendet liegen ließ. Welch eine Ehre für Eysler?
Vierzehn Tage später trafen sich die drei Herren wieder in derselben Wohnung und Eysler zeigte all sein musikalisches Können. Beide Männer waren über das Dargebotene entzückt, und Eysler durfte das gesamte Stück fertig komponieren. Mit Feuereifer ging er an die Arbeit. Das war 1900.
Schnitzer redete Eysler zu sich ab jetzt diesem Metier zu widmen, sich einen ruhigen Platz auf dem Land zu suchen. Eysler entschied sich für Grinzing. Schnitzer forderte Weinberger auf Eysler mit einem Vorschuss von einigen Hundert Gulden auszustatten.
Mit dem Stellwagen fuhr Edmund Eysler mit seiner Gemahlin nach Grinzing Himmelstraße 1, um dort dem gesamten Sommer zu verbringen und die Instrumentation des Hexenspiegels fertig zu stellen. Weinberger bot Eyslers Werk Gustav Mahler an, der lehnte es ab. Ein Versuch das Werk in Prag zur Aufführung zu bringen schlugen ebenfalls fehl. 800 Gulden hatte Weinberger in den Hexenspiegel investiert. Eysler war ebenfalls sehr betroffen über diesen Ausgang, der so vielversprechend begonnen hatte. Schnitzer machte Eysler mit Gabor Steiner dem Schöpfer von Venedig in Wien, bekannt. Dieser erkannte sogleich dessen Talent und gab ihm die Reise nach Kuba zur Bearbeitung mit. In acht Tagen war das Ballett komponiert und instrumentiert. Gabor Steiner war von der Komposition bezaubert und durch den Erfolg wurde Eysler als Kapellmeister und Hauskomponisten von Steiner mit 100 Gulden pro Monat engagiert. Eysler hatte eine andere Vorstellung um Großes zu vollbringen.
Weinberger bekam immer wieder Besuch von dem Librettisten West, der bisher Carl Zeller damit versorgt hatte, doch der war tot. West habe wieder einen ausgezeichneten Operettenstoff, von dem Girardi sehr angetan war. Weinberger war hellhörig geworden und wollte Näheres über das Werk erfahren, denn er dachte sofort an Edmund Eysler, den er sofort zu sich zitierte und ihn über das neue Stück einweihte. „Bruder Straubinger“.
Drei Instanzen waren an Bruder Straubinger beteiligt, daher keine leichte Arbeit für den Komponisten, der mehrmals daran etwas ändern musste bis es endlich fertig war, trat Weinberger sofort in Aktion und bot die Operette der Direktion des Theaters an der Wien an. Die erstklassigen Kräfte wurden für Bruder Straubinger engagiert, der Hauptakteur Alexander Girardi.
Kaum hatte Gabor Steiner von Eyslers Aufführung im Theater an der Wien erfahren bekam sein Hauskomponist sofort die Kündigung. Eysler war bestürzt war er doch ein halbes Jahr ohne Einkommen. Steiner zeigte sich über diese Treulosigkeit unerbittlich.
Die Operette „Bruder Straubinger“ mit Girardi, im Theater an der Wien, uraufgeführt, machte den jungen Eysler mit einem Schlag berühmt. Ab da frei von allen materiellen Sorgen schuf er nun eine Reihe von erfolgreichen Operetten im Wiener Genre, die seinen Ruf weit über die Grenzen Österreichs hinaustrugen. „Schützenliesl“ mit dem unsterblichen „Mutter Lied“, die Zwerenz, Girardi und Guttmann in den Hauptrollen. „Pufferl“, „Künstlerblut“, „Vera Violetta“ im Apollotheater. „Der unsterbliche Lump“ mit Otto Storm. Und „Der Frauenfresser“ im Bürgertheater sind nur Meilensteine auf der steil ansteigenden Straße seiner Operettenerfolge. Später folgten „Ein Tag im Paradies“, „Das Zirkuskind“, „Hanni geht tanzen“ und viele andere.
Am 23. Dezember 1913 fand im Bürgertheater die Premiere „Tag im Paradies“ statt. . Österreichs junge Erzherzöge und Erzherzoginnen waren Stammgäste dieses Hauses. Erzherzog Karl der spätere Kaiser betrat mit seiner Gemahlin Zita die Hofloge nach ihnen erschienen Erzherzog Franz Ferdinand mit seiner Gattin Fürstin Sophie Hohenberg in der Loge. Erzherzog Karl überblickte sofort die peinliche Situation und viel zu galant, diese Demütigung der Gattin seines Onkels und Vorgesetzten zuzulassen, begrüßte er die Fürstin mit Handkuss und wies ihr den Platz der Erzherzogin,die sich ebenfalls erhoben hatte,leistete dem Thronfolger die Ehrenbezeigung und verließ mit Zita die Hofloge,
Das Naturbelassene in Eyslers Musik, das schlicht-volkstümliche seines Wesens fesselte den großen Volksschauspieler, der im „Straubinger“, in „Pufferl“, in der „Schützenliesl“ urwüchsige, unvergessliche Gestalten schuf. Eyslers Musik gerade in seiner schlichten Ursprünglichkeit den Menschen von heute mehr als manche andere zum Herzen spricht, denn sie ist durch keinen unechten Ton getrübt.
Eysler, der populäre Komponist erfreut sich bekanntlich in Baden warmer Sympathien, da er mit großer Liebe an der Kurstadt hängt und speziell für das schöne Musikerheim ein warmherziger Gönner ist. Deshalb hat sich die am 15. März 1924 abgehaltene Feier seines 50. Geburtstag hier überaus herzlich gestaltet und dem hochbegabten Musiker vielfache Ehrungen eingetragen. Der schöne Abend schloss mit einer geselligen Zusammenkunft, die die Stadtvertretung Baden veranstaltete und eine animierten Verlauf nahm.
Bei dieser Gelegenheit gedachte Edmund Eysler abermals des Musikerheimes und spendete 10 Millionen Kronen.
1925: Edmund Eysler ist seit dem Tod Carl Michael Ziehrers der einzige Wiener Komponist, dessen unerschöpflicher Melodienreichtum im Wiener Boden wurzelt und aus einem Wiener Herzen quillt, das seiner Vaterstadt in unsäglicher Liebe zugetan ist.
Nach dem Ersten Weltkrieg, feierte der Komponist 1927 sein 25jähriges Künstlerjubiläum und erhält das Bürgerrecht der Stadt Wien
Im Jahr 1933 drohte Eysler die Versteigerug seiner Villa, da er für seinen Schwiegersohn mit einer Bürgschaft eingesprungen war, dieser nach Amerika durchgebrannt ist, und Eysler von der Bank aufgefordert wird die Summe von 60.000 Schilling zu bezahlen.Die Villa wurde auf 86.500 Schilling geschätzt. Kein Käufer meldete sich jedoch.
Die Feiern zum 60. Geburtstag Edmund Eyslers nahmen bereits gestern ihren Anfang.. So wurde am Vormittag an dem Haus Thelemanngasse 8, dem Geburtshaus des Künstlers, durch den „Klub der alten Wiener“ eine Gedenktafel enthüllt, die der akademische Maler Anton Binert geschaffen hat und die mit schlichten Worten besagt, dass in diesem Haus „der Schöpfer unvergänglicher Operetten und Wiener Weisen“ geboren worden ist. Die ganze Familie Eysler, Vertreter der Behörden und viele Festgäste nahmen an dieser Feier teil. Darunter auch Minister Schmitz und Hofrat Thomasberger.
Abends fand dann im großen Konzertvereinssaal das offizielle Festkonzert statt, an dem das Funkorchester der Ravag unter Leitung des Kapellmeisters Holzer und zahlreiche Sänger und Mitglieder Wiener Bühnen mitwirkten. Zahlreiches Publikum hatte sich zu diesem Fest gleichfalls eingefunden das den Meister beim Erscheinen in der linken Loge stürmisch begrüßte. Der Schriftsteller Rudolf Österreicher hielt die Festansprache und hob hervor, dass Eysler ein echt wienerischer Komponist sei, in dessen Musik seine Vorliebe für Wein, Weib und Gesang zum Ausdruck kommt und den wienerischen Begriff „G'spusi“ in Musik umzusetzen versteht......
Die Gedenktafel am Geburtshaus wurde beim Einmarsch Hitlers noch rechtzeitig von Freunden in Sicherheit gebracht.
Während der Nazi-Ära konnte Eysler zwar in Wien bleiben, doch beginnt für ihn ein Leidensweg, litt sehr unter den Schikanen, denen er ausgesetzt und ihm zugedacht waren. Er war ein Verbannter in seiner eigenen geliebten Vaterstadt. Verlassen von allen, nur umsorgt von seiner Familie. Nach der Rede von Schuschnigg brach Eysler ohnmächtig zusammen. Gerade an seinem Geburtstag sind Hitlers Truppen in Wien einmarschiert. Er, der stets gerne auf dem Klavier spielte konnte nicht mehr spielen, Bekannte die oft hier zu Gast waren, blieben plötzlich fern und gingen grußlos an ihn vorbei. Er, der den Frühling so sehr liebte durfte weder Parks noch Gärten besuchen Mehrmals wurde ihnen die Wohnung in der Zeltgasse gekündigt, die Mutter kämpfte um sie, Später mussten sie noch ein ausgebombtes Ehepaar beherbergen. Seine Kompositionen durften nicht aufgeführt werden, keine Tantiemen kamen aus dem Ausland. Die Pension von 400 Schilling wurde auf 11 Mark gekürzt, die Caritas und Leo Stein sein Librettist der verstorben ist, dessen Sohn unterstützten ihn. Auch der Schwiegersohn tat was möglich war. Das Aufsuchen eines Luftschutzkellers gestaltete sich ebenfalls schwierig, auch da gab es Anfeindungen.
Seine Erfolge nach dem Zusammenbruch des Regimes entschädigten den alten Künstler einigermaßen für die Verfolgungen und Kränkungen die er in diesen trüben Jahren erdulden musste.
Edmund Eysler, der Schöpfer melodiöser Operettenmelodien, starb am 4. Oktober 1949 im Evangelischen Krankenhaus auf der Rossauerlände im 76. Lebensjahr, im Beisein seiner Lieben. Ein Leberleiden an dem er laborierte, führte schließlich zu seinem Tod. 1948 hatte sich ein anderer Großer, der Silbernen Ära, verabschiedet, Franz Lehar. Einer nach dem anderen der Musikwelt nahmen Abschied von dieser Welt, sie waren die Letzten die die Welt mit Großartigem beglückten, danach nur gähnende Leere....
Bundeskanzler Ing. Figl sowie Landeshauptmann Steinböck haben der Witwe je ein in warmen Worten gehaltenes Beileidsschreiben übermittelt. Die Totenmaske des Verblichenen wurde gestern früh von Prof. Willy Kauer abgenommen.
Wie die Rathauskorrespondenz meldet wird es die Stadt Wien als Ehrenpflicht übernehmen, für den letzten Weg des Meisters zu sorgen. Edmund Eysler wird im Zentralfriedhof in einem Ehrengrab neben der letzten Ruhestätte von Eduard Strauß bestattet werden.
Auf dem Wiener Zentralfriedhof wurde am 11. Oktober 1949 der Meister der Wiener Operette beigesetzt. Zur Trauerfeier hatten sich Tausende von Menschen eingefunden.
Dr, Körner nahm sodann als Bürgermeister im Auftrag des Staatsenats und als Sprecher für die Bevölkerung Wiens Abschied von Edmund Eysler. Mit ihm, so sagte der Bürgermeister u. a., der letzte Vertreter der Wiener klassischen Operette, der den Ruhm Wiens in der ganzen Welt verkündet hat, zu Grabe getragen...“ Prof. Salmhofer würdigte das künstlerische Schaffen Edmund Eysler und die Johann Strauß Gesellschaft und das musikalische Wien danken ihm was er der Welt geschenkt hat....
Nach Edmund Eysler Tod gab es noch ein groteskes Nachspiel. Wie berichtet, hat Eysler im Jahr 1948 ein Einkommen von nicht ganz 15.000 Schilling einbekannt, das aus einer kleinen Pension. Tantiemen zustande gekommen ist. Ein Nebenverdienst war das Auftreten als Klavierspieler in den Kinos.
Nun meldete sich das zuständige Finanzamt um festzustellen ob nicht der greise Künstler nicht hie und da Vorschussweise, oder Gnaden halber einen Hunderter zugesteckt bekommen, den er anzugeben vergessen hätte, dazu gibt es eben den Paragraphen 217 unserer Abgabenordnung .
Das Finanzamt sandte nun einen Steuerbescheid über 25.000 Schilling an Einkommensteuerrückstand und treibt diesen horrenden Betrag der Einfachheit und Sicherheit wegen auch gleich exekutiv ein, obgleich er erst am 5. Dezember fällig wird, ohne zu Bedenken in welch verzweifelte Lage sie die Witwe des „Goldenen Meister“ bringt.
Wo sie wirklich genau sein sollten, bei den Kriegsgewinnern, Schieber, Schleichhandel und dergleichen, versagen sie kläglich.
QUELLEN: Floridsdorfer Zeitung, 24. Jänner 1925, S 2, Neues Wiener Journal, 12. März 1934, S 2, Badener Zeitung, 21. März 1924, S 3, Salzburger Tagblatt, 12. Oktober 1949, S 8, Neues Österreich, 6. Oktober 1949, S 3, Edmund Eysler, Robert M. Prosl, 1947, Bilder aus Radio Wien, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Historisches_von_Graupp