EISENBAHNNETZ#

Monarchie
Eisenbahn

Ein Vertrag zwischen Österreich und Serbien vom 8. Juli 1878, wodurch sich Österreich-Ungarn verpflichtet, binnen drei Jahren die Verbindung von Norden bis Belgrad herzustellen, während die serbische Regierung sich verpflichtet, Belgrad-Aleksinac und von Aleksinac in einer Rochtung nach Bellova, in der andern an die mazedonische Linie zu bauen.

Die Frage der genauen Richtung blieb im Vertrag unentschieden. Die fraglichen Linien, welche 1881 hätten vollendet werden sollen, wurden wieder nicht begonnen und deshalb im April 1880 eine neue Eisenbahn-Konvention zwischen Österreich-Ungarn und Serbien abgeschlossen, welche den Vollendungs-Termin abermals.und zwar auf den 15. Juni 1883 verschiebt. 1880: Der Ausbau der serbischen Eisenbahnen, welche berufen sind, das Eisenbahnnetz Österreich-Ungarns, respektive Mitteleuropas mit den türkischen Bahnen in Verbindung zu bringen und dadurch den kontinentalen Handelsweg nach Konstantinopel und Salonich dem allgemeinen großen Verkehr zu eröffnen, nimmt das allgemeine Interesse in Österreich-Ungarn derzeit in hohem Grad in Anspruch, umso mehr als nunmehr die Zeit naht, wo das schon längst bestehende Projekt seiner Verwirklichung entgegengeht. Die Mission der Monarchie im Orient wird erst dann zur Wahrheit, wenn die großen und Produkten reichen Ländergebiete im Süden Europas der wirtschaftlichen Ausbeute zugänglich und die wichtigen Absatzgebiete in jenen Ländern für unsere Erzeugnisse erobert werden, so dass ein großer Teil des Orienthandels durch Österreich-Ungarn vermittelt wird. Der doppelte Zweck des serbischen Eisenbahnnetzes besteht darin, dass es die Rohprodukte des durch dieselben durchzogenen Ländergebiete auf unsere Schienenwege und damit eine gesteigerte Güterbewegung für dieselben bringt, andererseits aber im Tausche für die Produkte der heimischen Industrie gute Märkte eröffnet. Aus diesem Grund ist auch Österreich-Ungarn bemüht, bei der serbischen Regierung dahin zu wirken.dass der Anschluss, respektive der Bau der serbischen Eisenbahn in der Richtung von Norden nach Süden durchgeführt werde, um uns die Priorität der Einleitung von dauernden und kräftigen Handelsbeziehungen zu sichern, Das jüngst mit Serbien getroffene Präliminar-Übereinkommen verspricht in dieser Richtung ein äußerst günstiges definitives Resultat.

Ungarn, welches an dem Zustandekommen der serbischen Eisenbahnen in erster Reihe interessiert ist, beeilt sich den auch die Eisenbahn-Anschlussfrage rasch zur Erledigung zu bringen.

Schon in allernächster Zeit soll dem ungarischen Abgeordnetenhaus eine diesbezügliche Gesetzesvorlage unterbreitet werden, und zwar nimmt man die Trasse von Budapest über Szabad-Szallas, Kis-Körös, Theresiopel-Neusatz nach Semlin in Aussicht, welche die kürzeste Linie bildet und deren Ausführung zirka 25.000.000 Gulden in Anspruch nehmen dürfte. Bekanntlich bestanden ursprünglich drei Projekte, von welchen eine die obige die zweite mit der Führung der Trasse von Budapest am rechten Ufer der Donau bis zu einem bestimmten Übergangspunkt, die dritte aber der Weiterbau der Strecke ab Gross-Kikinda, eventuell ab Szegedin nach Semlin war. Gründe der nationalen Verkehrspolitik perhorreszierten aber die letztere billigste Trasse, welche der österreichischen Staatsbahn diese Anschlusslinie in die Hände gespielt haben würde; man will vielmehr diese internationale Linie unter die volle Ingerenz der ungarischen Regierung stellen und daher am liebsten als Staatsbahn ausführen. Ob das tatsächlich geschehen wird oder ob eine Privatgesellschaft die Konzession erhält, darüber dürfte die nächste Zeit Aufschluss geben, doch hat die Ausführung für Rechnung des Staates bisher am meisten Aussicht zur Realisierung.

Auf die serbischen Eisenbahnen selbst übergehend, so wird nach den bisher vorgenommenen technischen Studien die Längenentwicklung derselben zirka 455 Kilometer betragen, wovon auf die Linie Belgrad-Nisch-Pirot 334 und auf die Linie Nisch-Vranja 221 Kilometer entfallen. Die Baukosten dieser Linien wurde auf 120,000.000 Fr. veranschlagt; das Terrain bietet keine besonderen Schwierigkeiten und beträgt die durchschnittliche Steigung 5 bis 7 höchstens 10, per Mille als Maximum.

Da Serbien zur Zeit noch über kein genügendes technisch geschultes Personal verfügt, so hat man von dem Bau in eigener Regie abgesehen und will denselben der Privatunternehmung überlassen, unter dem Vorbehalt, seinerzeit das ganze Netz in das Eigentum und die Verwaltung des Staates zu übernehmen, um unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Landes später den Anschluss an die Bahnen der Nachbarstaaten selbst übernehmen zu können. Diese Anschlüsse sind zur Zeit leider noch nicht festgestellt, ja es stellen sich vielmehr dem Bau derselben verschiedene Schwierigkeiten entgegen, als Österreich-Ungarn gelegen sein muss, da die serbischen Bahnen nur dann einen vollen Wert besitzen, wenn sie das Hinterland dem allgemeinen Verkehr zugänglich machen. Zwar sind die von den Schienenwegen durchzogenen Gebiete Serbiens ebenfalls reich an Naturprodukten, allein der Schwerpunkt liegt doch an dem Durchzugsverkehr und wird das Fürstentum dadurch zu dem letzten Abgabs-, bzw. Aufgabsgebiete des europäischen Orienthandels werden.

Laut den zwischen Österreich-Ungarn und Serbien gepflogenen bezüglichen Verhandlungen ist, als Endtermin für den Bau der serbischen Bahnen der 31. Dezember 1883 festgestellt. Im Interesse unserer Bahnen, insbesondere aber der Kräftigung unseres Orienthandels wäre zu wünschen, dass auch tatsächlich dieser Termin eingehalten und gleichzeitig die Weiterführung der serbischen bzw. bulgarischen Bahnen an das türkische Eisenbahnnetz und die Linie Mitrowitza, bzw. Pristina-Salonichi sich vollziehen möchte.

Gegenwärtig ist wieder von der Eisenbahnstrecke Budapest-Belgrad die Rede, sie soll saniert werden und zwar mit Finanz-Hilfe Chinas, das natürlich die EU wenig erfreut.

QUELLEN: Österreichische Eisenbahn Zeitung, 12. Dezember 1880, S 1; Verkehrszeitung 19. April 1880, S 1. ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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