FANNY LEWALD#

Schriftstellerin
Fanny Lewald

Auf dem alten Friedhof in Wiesbaden, wo kaum noch Begräbnisse stattfanden, wurde die berühmte Schriftstellerin, die am 5. August 1889 in Dresden verstorben war, an der Seite ihres Gatten, der ihr 1876 vorausgegangen war, zur letzten Ruhe bestattet.

Am 3. Oktober 1890 wurde im Beisein der Kinder und Enkelkinder das Grab-Denkmal durch eine stille Feier eingeweiht. Das in antiker Form entworfene Denkmal des Berliner Bildhauer Paul Rötger ist etwa drei Meter hoch, aus schwerem Syenit gefertigt und zeigt in Bronze die wohlgelungenen Bildnisse des Schriftsteller Ehepaares.

Lewald war zweifelsohne die bedeutendste Schriftstellerin Deutschlands, das ihr eine Reihe von Romanen dankt. Sie zählte nicht nur zu den viel schreibenden Frauen von Europa, sie gehörte auch zu jenen glücklichen Schriftstellerinnen, deren literarische Produkte von der Lesewelt stets mit großem Wohlwollen und sympathischen Behagen aufgenommen wurde.

Die schriftstellerischen Frauen sind geradezu Mode geworden seit der Sturm- und Drangzeit und Sophie von Laroche könnte als Ahnfrau dieser heute so verbreiteten Zunft genannt werden.

Lewald dürfte den modernen Frauen in mancher Hinsicht ein gern gewähltes Vorbild gewesen sein. Im großen und ganzen scheinen bei ihr die Richtlinien der modernen Frauenbewegung und Frauenliteratur zu finden sein.

Was diese begabte Frau geschaffen, ist eine wirkliche Bereicherung unserer Literatur, ein Schatz für die Mitwelt und nicht zu vergleichen mit den Leistungen berühmter Frauen.

In den Schriften Frau Lewald tritt der scharfe Verstand sehr in den Vordergrund einfach und klar ist ihr Stil, scharfe Beobachtung und lichtvolle Darstellung kann ihr nicht abgesprochen werden.

Frau Lewald hatte als Schriftstellerin nichts Weibliches. Ihre Dichtung zeichneten sich aus durch richtige objektive Lebensauffassung logische Komposition scharfe Charakteristik durch einen gewissen strengen Ernst in der Betrachtung sozialer Zustände aber es fehlt einigermaßen an Gefühlswärme an unmittelbarer Wärme des Erzähltons von jenem Etwas das den inneren Anteil des Erzählers verrät und das wir von einer Frau zumeist erwarten.

Die Zeitungen waren voll mit all diesen Lobeshymnen und Inhaltsangaben ihrer zahlreichen Romane und Erzählungen. Man nannte sie auch die deutsche „George Sand“. Aber zwischendurch gab es auch so manche Kritik.

Die „Deutsche Zeitung“ brachte „Benedikt“ von Jenny Lewald in Fortsetzungen. Selbst in der „Gartenlaube“ waren Erzählungen von Fanny Lewald zu finden.

Das Äußere der Bücher, die oft mehrbändig erschienen, waren elegant ausgeführt, denn sie waren für die vornehmen Kreise gedacht.

Die männlichen Schriftsteller waren weniger begeistert, sahen sie doch ihre Alleinherrschaft bedroht.

Die Zeitgenossen urteilen sehr verschieden über Fanny Lewald. Freiligrath war ein begeisterter Verehrer ihrer Schreibkunst, anders Keller und Hebbel die nur in harten Ausdrücken von ihr sprachen.

Also wer war diese Schriftstellerin die bei der Mehrheit der Leserschaft so viel Anklang fand.

Fanny Lewald wurde am 24. März 1811 in Königsberg in Preußen geboren, als erstes Kind eines jungen jüdischen Ehepaares, das dem wohlhabenden Mittelstande angehörte. Der Vater Kaufmann, später Stadtrat. Die Familie hatte unter den bewegten Ereignissen jener Zeit der Napoleonischen Kriege und deren Nachwehen viel zu leiden. Indessen war die Familie mit weiteren Kindern gesegnet worden.

1812 nahm sie infolge des preußischen Toleranzedikts den Namen Lewald an. Für Fanny begann der Ernst des Lebens mit dem ersten Schultag am 1. April 1817. Die Privatanstalt, welche sie aufnahm stand unter der Obhut eines Mannes dem nur begabte Kinder wichtig waren. Vielleicht lag es daran, dass die Entwicklung ihrer guten Anlagen dadurch besonders förderlich, dass sie Mädchen und Knaben zu gewissen Lektionen vereinigte und so dem Kind die erste Möglichkeit bot, in seinen Leistungen mit dem anderen Geschlecht zu wetteifern. Darunter war ein Mitschüler, Eduard Simson, der später als Vorsitzender verschiedener Parlamente auszeichnete. Vielleicht wurde sie durch ihn angespornt, so dass sie mit 9 Jahren in eine höhere Klasse aufrücken konnte.

Zu dieser Zeit wurde der Vater abermals durch eine Handelskrise genötigt sich bankrott zu erklären. Die Mutter im Wochenbett, die beiden jüngsten Kinder starben fast an einem Tag. Es folgten Jahre ärmlichen Daseins in einer vorstädtischen Wohnung, für Fanny die Erinnerung ärmsten Jahre ihrer Jugend.

Ein Lehrer zu dessen Gegenstand Deutsch gehörte, wurde das Anregende seiner Methode für Fanny von besonderer Wichtigkeit und entlockte ihr in der Länge und Ausführlichkeit ihrer Schulaufsätze das erste Zeichen ihres Talentes für schriftliche Arbeiten. Doch dann kam der Tag des Schmerzes als das Institut aufgelöst wurde und sie plötzlich mit der Alltäglichkeit des Hauses konfrontiert wurde. Obwohl der Schulbesuch für Mädchen nicht üblich, förderte der Vater die Ausbildung seiner Tochter.

Als 17jährige, wurde sie auf Wunsch des Vaters Protestantin. Auf all seinen Geschäftsreisen durfte ihn seine Tochter begleiten. Im Hause ihres Onkels August Lewald in Breslau dort kam sie erstmals mit sozialen und politischen Fragen in Berührung. Gleichzeitig lernte sie das kritische Gedankengut der Schriften des „Jungen Deutschland“ kennen. Hatte interessante Begegnungen mit Heinrich Heine, Ludwig Börne und Karl Gutzkow und lernte den freisinnigen Heinrich Simon kennen in den sie sich verliebte, doch seine Liebe galt der Gräfin Ida Hahn-Hahn.

Liebesbeziehungen zu dem Theologiestudenten Leopold Bock musste sie auf Vaters Forderung beenden. Bock starb ein Jahr später an einer schweren Krankheit.

1840 begann sie mit ihrer schriftstellerischen Arbeit; 1841 veröffentlichte ihr Onkel, der Redakteur der Zeitschrift Europa, ganz geheim erste Texte, dann Clementine bei Brockhaus in Leipzig, doch mit Jenny kam der Durchbruch und seitdem konnte sie damit ihr Leben bestreiten.

Nun war es auch möglich zu reisen um sich von den geistigen Anstrengungen zu erholen. Die Reisen nach England, Schottland und Frankreich erweiterten nicht nur ihren Horizont sondern lieferten interessante Eindrücke die in ihren Bücher verewigt wurden. Ihr nächster großer Auslandsaufenthalt führte sie nach Rom. Dort begegnete ihr der Gymnasiallehrer und ebenfalls schriftstellerisch Tätige Adolf Stahr aus Oldenburg. Nach anfänglicher kritischer Distanz entwickelte sich allmählich Liebe. Die wohl aussichtslos war, da der Auserwählte verheiratet und Vater von 5 Kindern war. Endlich nach dessen Scheidung konnten sie 1855 heiraten.

Von dieser Zeit an lebte sie als Mittelpunkt eines geistig regsamen Kreises von Schriftstellern und Künstlern in Berlin.

Autorin
Fanny als alte Dame

Die revolutionären Berliner Ereignisse die sie aufmerksam verfolgte blieben bei ihr nicht ohne Eindruck, umso enttäuschter war sie über das Scheitern der Reformen.

Lewald, die Emanzipierte, beleuchtete wiederholt die Stellung der Frau sowohl im Haus als auch im öffentlichen Leben. Um sich eine Vorstellung von Fanny Lewald zu machen wurde sie 1864 folgender maßen beschrieben: „Augenblicklich ist sie eine Frau von 53 bis 53 Jahren, kräftig und gedrungen, von mittlerer Größe und etwas zum Embonpoint geneigt. Ihr interessantes, kluges Gesicht wird von früh ergrauten Locken eingerahmt, die ihr vor der Zeit ein matronenhaftes Ansehen geben. Die klare, breite Stirn mit den dunklen, geistvollen Augen, die fein gebogene Nase und der im Lächeln anmutige Mund verraten unwillkürlich eine bedeutende Natur und eine nicht gewöhnliche Begabung. In den Zügen wird der aufmerksame Beobachter leicht den orientalischen Typus ihrer Abstammung erkennen, aber veredelt und in seinen feinsten Formen. In der Unterhaltung entfaltet Fanny Lewald besonders wenn sie angeregt wird, eine große geistige Schärfe und eine bei Frauen und selbst berühmten Schriftstellerinnen seltene Logik: sie disputiert gern und spricht mit einem gewissen Selbstbewusstsein und im Gefühle ihrer Bedeutung, doch ist es ihr um die Wahrheit selbst und nicht um die Befriedigung einer banalen Eitelkeit zu tun. Um sie und ihren Gatten, den bekannten Professor Stahr, sammelt sich an einen bestimmten Tage der Woche ein Kreis von Freunden und Bekannten, Schriftstellern, Künstlern und auch politischen Notabilitäten, die hier eine Art von Salon finden, wo die Ereignisse und bedeutenden Erscheinungen des Tages in geistvoller, freisinniger Weise besprochen werden. Hie und da will man zwar die Bemerkung gemacht haben, dass der Salon des Stahr Ehepaares einer bestimmten Coterie und gegenseitiger Unsterblichkeit Assekuranz ähnlich sehe, aber in Berlin kann selbst die Freundschaft verdächtig machen und zur Verleumdung Anlass geben.

Ihren Lebens- und Bildungsgang hat die beliebte Schriftstellerin in der von ihr herausgegebenen, interessanten Selbstbiographie beschrieben. Ob ihre Lektüre auch heute noch so viel Zuspruch hätte, sei dahingestellt.

Quelle: Zahlreiche Zeitungen der ÖNB

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