FRANZ XAVER GRUTSCH#
Am 18. Dezember 1882 verschied in Wien mit 72 Jahren Franz Xaver Ritter von Grutsch, dem in landwirtschaftlicher Hinsicht viel zu verdanken ist. Eine der schönsten Schöpfungen war die landwirtschaftliche Lehranstalt „Francisco-Josephinum“ und die Zweiganstalten Brauer Schule und Gärtner Schule „Elisabethinum“ in Mödling, deren finanzielle Situation durch 5 Grutsch Stiftungen gesichert wurde. Grutsch verstand es durch erfolgreiche Inszenierungen, darin war er ein unübertroffener Meister, den Ertrag der landwirtschaftlichen Ausstellungen den Stiftungen zuzuführen.
Im Jahr 1860 befanden sich in der Kassa des k k. Landwirtschaftlichen Bezirksvereines Mödling gerade noch 46 Gulden. Mit diesem Betrag sollte Grutsch im Auftrag des Präsidenten, eine landwirtschaftliche Lehranstalt gründen.
So entstand auf eigenem Territorium nicht nur eine landwirtschaftliche Lehranstalt, sondern nebenbei eine Brauer-und Gärtner Schule.
Diese drei Anstalten haben in der Zeit ihres nun zwölfjährigen Bestehens über tausend junge Menschen ausgebildet. Die landwirtschaftliche Lehranstalt trägt den Namen Sr. Majestät des Kaisers „Francisco Josephinum“, die Gärtner Schule trägt den Namen ihrer Protektorin der Kaiserin „Elisabethinum“. Das Gesamtvermögen derselben erreichte eine Höhe von 270.000 Gulden, wovon auf die Anstaltsgebäude allein, die imposant und geschmackvoll sich innerhalb der Institutsgärten und Besuchsfelder erheben, ein Betrag von rund 78.000 Gulden entfallen. Die Besuchsbrauerei und Besuchsbrennerei repräsentieren einen Wert von 12.000 Gulden, die Glashäuser einen solchen von 3000 Gulden, die Institutsgärten beziffern sich auf 10.000 Gulden. Dazu kommt noch das Inventar und die zahlreichen, gut ausgestatteten Lehrmittelsammlungen im Wert von 25.000 Gulden. Dazu zu zählen sind noch die fünf Grutsch-Stiftungen in einer Höhe von 55.000 Gulden.
Außerdem gibt für die Lehrer dieser Anstalten einen Pensionsfond der schon jetzt in Notenrente ein Kapital von 105.000 Gulden besitzt und ein Reservefond in der derzeitigen Höhe von 6400 Gulden in Notenrente beträgt.
Der Stadt Mödling, verbleiben dadurch 100.000 Gulden.
Der Mann, der das mit 46 Gulden zuwege gebracht, und den die Freunde und Verehrer vor wenigen Tagen zur letzten Ruhestätte in die Hinterbrühl geleitet, der wie selten einer den Beweis lieferte, was eigene Kraft, Konsequenz und zähe Energie heute noch zu leisten vermögen.
Franz Xaver Grutsch, Sohn eines Tapezierers auf der Wieden, wurde am 1. November 1810 in Wien geboren, hatte zu Beginn einen wechselvollen und bewegten Lebenslauf. Besuchte das Gymnasium und studierte. Seine Leidenschaft galt jedoch dem Theater, so dass er das Studium abbrach und sich ganz der Bühne widmen wollte, zum Leidwesen der Eltern. Bühnen gab es zu dieser Zeit in Wien genug. Grutsch der ein angenehmes Äußeres aufwies wurde 1829 als Liebhaber für das Theater in der Leopoldstadt engagiert. Einer, der sich für den jungen Schauspieler sehr interessierte war Ferdinand Raimund, mit dem er die Rolle des Amphion in dem poetischen Stück „Die gefesselte Phantasie“ einstudierte und großen Beifall damit erntete. Nach einigen Jahren schied Grutsch aus diesem Theaterverband und spielte auf verschiedenen Provinzbühnen, wie in Graz, Lemberg usw. Hatte er in Graz mit dem von ihm selbst verfassten Stück „Der Markt des Lebens“ freundliche Aufnahme gefunden, fiel es in Wien vollständig durch.
Inzwischen 30 Jahre geworden, kam ihm die Idee Soldat zu werden besann sich jedoch anders und heiratete die Schwester des damaligen griechischen Ministers Koletti, welche bald darauf starb, aber ihrem Gatten ein bedeutendes Vermögen hinterließ.
Grutsch zog in die schöne Hinterbrühl, wurde nach wenigen Jahren zum Bürgermeister Mödlings gewählt. Seither wirkte er ebenso unermüdlich und erfolgreich im öffentlichen Leben. Nebenbei blieb er der Muse treu und am 25. Februar 1848 gab es im Hofburgtheater ein fünfaktiges Drama von ihm „Agnes Sorel“ mit entschiedenem Erfolg, der Sturm der Märztage fegte dasselbe hinweg vom Repertoiere und erlebte dadurch nur 6 Reprisen.
Die Hauptrollen spielten Frau Hebbel, die die Agnes gab, Löwe, Anschütz und La Roche. Daraufhin scheint Grutsch die Lust vergangen noch etwas zu veröffentlichen.
In zweiter Ehe nahm er sich eine Tänzerin von Leopoldstädter Theater, Caroline Planer, Schwester der Schauspielerin Josefine Planer.
War die Tätigkeit als Schauspieler seine Lieblingsbeschäftigung blieb ihm davon der Pathos und die Aktion des Mimen, das ihm zur zweiten Natur und nicht verleugnen ließ. So wurde für ihn das Ausstellungswesen eine einmalige Gelegenheit seine Kunst unter Beweis stellen zu können und dies gelang ihm bahnbrechend.. denn keiner hatte es so trefflich verstanden, Ausstellungen aus dem Nichts zu schaffen, sie instruktiv zu gestalten um damit die Besucher zu beeindrucken und die in jeder Beziehung ertragreich waren.
Grutsch begann mit einen kleinen Gartenhaus, dem sogenannten Vereinshauses. Um das Geld für den Bau herbeizuschaffen, wurden 400 Stück Aktien á 10 Gulden ausgegeben, von diesen wurden jährlich 40 Stück verlost und von diesen wurden viele mehrmals verlost, weil Grutsch die Besitzer der Aktien zu veranlassen wusste, dieselben dem Verein wieder zu schenken. So begann der Anfang.
Aber das für alle Zeiten wertvollste Geschenk erhielt Grutsch von Sr. Majestät dem Kaiser. Die Erwirkung der Genehmigung Sr. Majestät die neu gegründete Lehranstalt „Francisco Josephinum“ und die später errichtete Gärtner Schule „Elisabethinum“ nennen zu dürfen, der glänzendste Punkt seiner bisherigen Tätigkeit.
Wenn Grutsch von jenen Tagen, als er mit dem Landmarschall von Niederösterreich, dem Abt Othmar Helferstorfer, in Audienz vor Ihren Majestäten stand, erzählte, war er stets in sehr gehobener Stimmung und die innigste Genugtuung strahlte ihm aus den Augen.
Wem hatte Grutsch diese glückliche Entwicklung der Institute zu verdanken, dem Kaiserpaar, durch sie wurde der Weg geebnet, Den Gnadenbezeigungen der Majestäten folgten solche Seitens des Kaiserhauses, welche teils durch Stiftungen und Stipendien, teils durch materielle Unterstützungen die oft beträchtlich und sich als Wohltäter der Anstalt erwiesen, dazu zählen Erzherzog Franz Carl, Erzherzog Karl Ludwig, Wilhelm und Albrecht. Nun wagte und versuchte Grutsch beim Ackerbauminister Grafen Potocki, der volles Verständnis zeigte und dessen Nachfolger zeigten stets das wärmste Interesse für diese Institute, aber auch die Statthalter und deren Nachfolger waren ebenfalls sehr gefällig.
Unter solchen Förderungen war es kein Wunder, dass die Anstalt bereits am 16. Oktober 1869 im Auftrag Sr. Majestät des Kaisers durch den Oberstkämmerer Franz Grafen Folliot de Crenneville feierlichst eröffnet werden konnte.
Der 17. Juli 1871 wurde für das Institut ein Festtag, denn Kaiser Franz Joseph kam um das Institut mit seinem Besuch auszuzeichnen. Auch der Bruder des Kaisers, Karl Ludwig beehrte das Institut mit wiederholten Besuchen.
Das Institut erfreute sich immer größerer Beliebtheit bei den jungen Landwirten, so war es nicht verwunderlich, dass mit der Zeit alles zu eng wurde, und man daranging, Erweiterungen, Ausbau der Gebäude, Ergänzungen, Vervollständigung der Lehrmittelsammlungen. All das kostete jedoch wieder Geld. Nun verfiel Grutsch auf die Idee, dieses Geld bei den Adeligen zu holen, und er hatte Glück, denn für Institutionen die den Namen des Herrscherpaares trugen, floss glücklicherweise wieder Geld. Die chemischen Laboratorien wurden damit erweitert .neue Hörsäle kamen dazu, Glashäuser errichtet, die Versuchsbrauerei und -brennerei erbaut. Nicht nur in den höchsten Kreisen fand er seine Wohltäter. Um die Räumlichkeiten auszustatten waren ab jetzt die Tapezierer, Anstreicher und all die anderen Gewerbetreibenden jetzt gefragt.
Buchhändler, Naturalienhandlungen sowie Chemicalienhandlungen lieferten Bücher, chemische und physikalische Apparate usw. Die Bibliothek zählte über 3000 Bände.
Einmal gab es einen Unfall wegen eines Ofens, so mussten sofort neue Öfen her. Grutsch besorgte dies und als alle Öfen in den Räumlichkeiten aufgestellt waren, sollte die Rechnung beglichen werden, doch Grutsch hatte diesmal nicht die nötige Summe und versprach dem Unternehmer, er werde für einen Titel sorgen, der mehr wert als das Geld wäre. Und so geschah es auch.
Ein gesunder Geist beherrschte das Leben dieser Anstalt, Eintracht gegenseitige Achtung bestand zwischen dem Schöpfer des „Francisco Josephinum“ dem Lehrkörper und der Hörerschaft bis zum letzten Augenblick.
Nach und nach bekleidete Grutsch verschiedene Ehrenämter und empfing so manche Auszeichnung wie das goldene Verdienstkreuz mit der Krone, das Ritterkreuz des Franz Josephs Ordens, Orden der Eisernen Krone und damit in den Ritterstand erhoben, wurde Ehrenbürger von Mödling und Gumpolskirchen..
Er war Vater einer Tochter Ottona die mit dem Major a.D. Edlen von Meinzingen verheiratet. Grutsch zweite Frau war zwei Jahre vorher gestorben, Er hatte in den letzten Jahren einer englischen Tischgesellschaft zuliebe, die er im Sommer in Schluderbach traf, die englische Sprache erlernt, kümmerte sich weiterhin um seine Lieblingsschöpfung, aber seine Kräfte, Witz und Heiterkeit nahmen allmählich ab. In Hinterbrühl war er 28 Jahre lang Bürgermeister.
1894 feierte die Anstalt in Mödling ihr 25 jähriges Bestehen, am 4. April 1870 wurde das „Francisco Josephinum“ mit einer Brauschule, im Herbst 1871 mit der Gärtner Schule „Elisabethinum“ verbunden. Am 1. Oktober 1888 wurde in den Gartenanlagen der Anstalt das Denkmal Kaiser Franz Josephs enthüllt.
Seit dem Jahr 1934 befindet sich das „Francisco Josephinum“ in Wieselburg im Schloss Weinzirl.
QUELLEN: Wiener landwirtschaftliche Zeitung: 29. September 1894, S 1, 27. Dezember 1882, S 1 Bild, Siebenbürger Deutsches Volksblatt 25. Oktober 1871, S 11 ANNO Österreichische Nationalbibliothek.
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