FREIHERR VON BECHTOLSHEIM#

Gardekapitän
Freiherr von Bechtolsheim, Interessante Blatt

In seiner Wohnung in der Krugerstraße ist Montag den 25. Jänner 1904 um 5Uhr früh Gardekapitän G. d. K. Freiherr Anton von Bechtolsheim, der letzte aktive Theresienritter, nach schwerem Leiden gestorben. Mit inniger Teilnahme wurde die Nachricht von der Verschlimmerung im Befinden des all verehrten Generals aufgenommen. Se. Majestät der Kaiser ließ sich täglich über den Zustand des Patienten Bericht erstatten, Hof, Generalität und Hochadel bekundeten durch Anfragen ihr warmes Interesse für den Gardekapitän.

Das Leichenbegängnis fand in Gegenwart Sr. Majestät des Kaisers unter überaus feierlichem militärischen Gepränge und unter Teilnahme mehrerer Erzherzöge sowie vieler Ordensmitglieder des Deutschen Ritterordens, denen Erzherzog Eugen voranschritt. sowie zahlreicher, aus fast allen Garnisonsstädten eingetroffener Generale, des gesamten dienstfreien Offizierskorps der Garnison Wien und der Spitzen des Hochadels statt. In Vertretung Sr. Majestät des deutschen Kaisers schritt Militärattaché Major von Bülow hinter dem Sarg einher.

Se Majesät der Kaiser, welche dem Leichenzug von der Augustinerkirche, wo selbst die feierliche Einsegnung durch den apostolischen Feldbischof Dr. Belopotoczky vorgenommen wurde, bis zum Aufstellungsplatz des militärischen Konduktes auf dem Karlsplatz gefolgt ist, nahm mit allen Generälen und Offizieren Aufstellung und ließ den Galawagen mit der Leiche passieren. Der Monarch salutierte dem toten General, und da die beiden Bataillone gaben die Ehrensalve ab. Artillerie und Kavallerie gaben der Leiche das Geleite bis zur ehemaligen St. Marxer Linie, wo die Ulanen die Ehrenbezeigung leisteten und die Geschütze die Ehrensalve lösten. Die Beisetzung erfolgte auf dem Zentralfriedhof.

Gardekapitän G. d. K. Anton Freiherr von Bechtolsheim entstammte dem zum ältesten Uradel der rheinischen Reichsritterschaft zählenden Freiherrn Geschlecht Mauchenheim, genannt Bechtolsheim, und wurde am 13. Dezember 1834 zu Würzburg als der zweite Sohn des bayerischen Kämmerers Philipp Freiherrn von Mauchenheim und dessen Gemahlin Karoline, geb. Freiin von Gagern, geboren. Nach Absolvierung des Obergymnasiums zu Würzburg wurde Freiherr von Bechtolsheim auf seine Bitte am 13. Juli 1852 zum österreichischen Genieregiment Nr. 1 als Kadett assentiert, nach dreimonatiger Dienstleistung zum Ulanenregiment Kaiser Alexander Nr. 11 transferiert und am 16. Mai 1853 zum Leutnant zweiter Klasse befördert. Nach Jahresfrist zum Leutnant erster Klasse vorgerückt, am 1. Mai 1857 zum Oberleutnant befördert, wurde Freiherr von Bechtolsheim am 1. November 1859 zum Ulanenregiment Sizilien Nr. 12 transferiert und in diesem Regiment am 16. September 1861 zum Rittmeister zweiter Klasse befördert. Als solcher besuchte er in dem Jahr 1862 und 1863 zum ersten Mal die Zentral-Kavallerieschule, erhielt 1863 die Würde eines Kämmerers und rückte am 10. Jänner 1864 zum Rittmeister erster Klasse und Eskadronskommandanten vor. In dieser Stellung war es Bechtolsheim vergönnt, eine Waffentat zu vollbringen, die seinen Namen für immerwährende Zeiten mit den stolzen Erinnerungen der Geschichte der österreichisch-ungarischen Armee verknüpft. Die größte Ehre sich selbst und den größten Dank Sr. Majestät des Kaisers und der Armee aber hat er an jenem Nachmittag bei Fenile errungen, als die kleine, aber glänzend geführte österreichische Armee dem übermächtigen Feind entgegentrat und ihn entscheidend schlug.

Hoch Ausgezeichneter
Freiherr von Bechtolsheim,Sport u.Salon

Bechtolsheim stand damals in seinem 32. Lebensjahr. Seine berühmte Attacke kam so plötzlich, dass das erste sich entgegenstellende Bataillon zersprengt, die Artillerie ebenso auseinandergetrieben wurde und hindurch auf die erst in Anrückung befindlichen Truppen des Gros der Division Cerale eine derartige Wirkung geübt wurde, dass alle vorne befindlichen Truppen i dem Maße, als die Ulanen nach Süden vorwärts kamen, umkehrten und eine heillose Verwirrung stifteten. Es ist natürlich, dass die kleine Reiterschar viele Verluste erlitten hatte, die bedeutendsten folgten aber erst, als die Italiener endlich einsahen, dass bloß drei Züge ihnen diese Niederlage beigebracht hatten. Da Bechtolsheim zu dieser Zeit auch endlich an die Rückkehr denken musste, so liegt es nahe, dass ihm die nachschießende Infanterie schwere Verluste beibrachte. Bloß fünf Mann blieben ihm und mit ihnen ritt er wieder vorwärts, seine Brigade zu suchen. Fraglos waren die Opfer groß, eine Eskadron war so gut wie vernichtet. Aber ungeheuer groß war der Erfolg. Die feindliche Division, die ohne Bechtolsheim Attacke sicher die österreichische Infanterie weiter zurück gedrängt und damit den vom Feldherrn geplanten Erfolg auf dem westlichen Flügel mindestens auf später aufgeschoben hätte, diese diese feindliche Division war in der Gefechtskraft für den Augenblick tüchtig abgeschwächt worden, womit auch die Grundlage für den weiteren Erfolg der Reiterdivision und des 5. Korps geschaffen worden war. Die Ulanen rissen die feindliche Artilleriebespannung und den italienischen Major Stoppini, der bei der Attacke den Tod fand, mit sich, zwei feindliche, von ihrer Bedienung verlassene Geschütze und machten 80 Versprengte verschiedene italienische Truppenteile zu Gefangenen. Auch zwei von der Brigade Benko verlorene österreichische Geschütze wurden wieder erobert und den vorrückenden Jägern wieder übergeben. Rittmeister Freiher von Bechtolsheim wurde für diese aus eigenen Antrieb unternommene, in ihren Konsequenzen so weit tragende Aktion am 18. Juli 1866 durch Verleihung des Ordens der Eisernen Krone dritter Klasse mit der Kriegsdekoration ausgezeichnet und erhielt am 10. Februar 1870 das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens, der höchsten militärischen Auszeichnung.

Nach dem Tod Bechtolsheims bleiben nur mehr zwei Ritter des Maria Theresien-Ordens im Inland, G. d. K. Freiherr von Appel und FZM. Freiherr von Fejervary, und zwei Ritter im Ausland, Alfons Graf Caserta und Herzog Ernst August von Cumberland.

1868 wurde er zum Major befördert und bei gleichzitiger Transferierung zum 4. Ulanenregiment zum Flügeladjutanten Sr Majestät des Kaisers ernannt 1870 bis 1880 stand Freiherr von Bechtolsheim als Major, Oberstleutnant und Oberst anfänglich als Militärattaché, später als Militärbevollmächtigter in seiner Eigenschaft als Flügeladjutant Sr Majestät des Kaisers, den er zur Eröffnung des Suezkanals begleitete, bei der k. u. k. Botschaft in Petersburg in Verwendung. Am 30. Mai 1876 erhielt Bechtolsheim den Ritterschlag als Profeßritter des souveränen Deutschen Ritterordens, wurde am 1. November 1880 zum Kommandanten des Ulanenregiments Nr. 2. am 1. Mai 1882 zum Generalmajor und Kommandanten der 5. Kavalleriebrigade ernannt. Fünf Jahre später wurde er Kommandant der Kavallerie-Truppendivision in Olmütz. Im Herbst jenes Jahres wurde Bechtolsheim mit der Stellvertretung des Kommandanten des 11. Korps und kommandierenden General in Lemberg betraut; im Sommer 1887 erfolgte seine definitive Ernennung in dieser Stelle. Im Jahr 1890 wurde er durch Verleihung der Würde eines Geheimen Rates ausgezeichnet, am 11. März 1891 zum Kommandanten des 13. Korps und kommandierenden General in Agram ernannt. Auf diesen Dienstposten im Oktober 1891 zum Oberstinhaber des neu errichteten Dragonerregiments Nr. 15 ernannt, im Herbst 1894 mit dem Orden der Eisernen Krone 1. Klasse ausgezeichnet und zum General der Kavallerie ernannt, erhielt Bechtolsheim in Würdigung besonderer Verdienste im Jahr 1899 das Großkreuz des Leopold-Ordens und wurde im Jahr 1901 gelegentlich der Kaisermanöver an der Drau durch ein Allerhöchstes Handschreiben, das die großen Verdienste Bechtolsheims um die Ausbildung des 13. Korps besonders huldvoll anerkannte, neuerdings ausgezeichnet. Im Jahr 1902 wohnte Bechtolsheim in seiner Eigenschaft als Großkapitular, Ratsgebieter der Ballei Österreich und Landkomtur des Deutschen Ritterordens in Vertretung des damals erkrankten Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog Eugen den Festen bei. Mit welchen Kaiser Wilhelm die Vollendung der Wiederherstellung der einstigen Hochburg des Deutschen Ritterordens der Marienburg, feierte.

Im Juli 1902 feierte Bechtolsheim sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum und aus diesem Anlass war er Gegenstand großer Ovationen und Se Majestät der Kaiser erließ ein überaus huldvolles Handschreiben in dem er die großen Verdienste des Jubilars in ehrenden Worten abermals anerkannte. Die Stadt Warasdin ernannte Bechtolsheim damals zu ihrem Ehrenbürger.

Am 30. Oktober 1903 wurde Bechtolsheim zum Kapitän der k. u. k. Trabantenleibgarde und der Leibgarde der Infanteriekompagnie ernannt, welchen Posten er bis zu seinem Tod bekleidete.

QUELLEN;Österreichischer Soldatenfreund, 31. Jänner 1904, S 5, Bilder: Sport und Salon, 30. Jänner 1904, S 10, Interessante Blatt 17. Juli 1902, S 5 ANNO Österreichische Nationalbiliothek

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