FREIHERR VON KOSJEK#
In Athen verstarb am 1. Februar 1897 ganz plötzlich der Gesandte und bevollmächtigte Minister am königlich griechischen Hof Gustav Freiherr von Kosjek. Einen Tag später fand das Begräbnis in feierlicher Weise statt. Die gesamte Garnison und ein Detachement der Marinetruppen, die Mannschaften der österreich-ungarischen Schiffe „Kaiserin und Königin Maria Theresia“ und „Sebenico“ leisteten die militärischen Ehrenbezeugungen. Der König legte am Sarg einen prachtvollen Kranz nieder. Die königliche Familie wohnte der Trauermesse bei, In der katholischen Kirche und in der benachbarten Straße hatte sich eine ungeheure Menschenmenge eingefunden.
Die hiesige Presse widmet dem heimgegangenen Diplomaten sympathische Nachrufe.
Der Verstorbene war am 17. August 1838 auf Schloss Trixen in Kärnten geboren und hatte das Gymnasium in Cilli besucht. 1854 besuchte er die Orientalische Akademie in Wien. 1859 trat er als Eleve bei der österreichischen Gesandtschaft in Galatz in den Staatsdienst. Von dort wurde er bald darauf zur österreichischen Gesandtschaft nach Konstantinopel versetzt, wo er als Dolmetsch unter der Leitung des Grafen Prokesch-Osten in Verwendung stand und infolge seiner ersprießlichen Tätigkeit später zum Botschaftsrat ernannt wurde. Als das Bombardement von Alexandrien alle politischen Kreise Europas beschäftigte, war Kosjek bereits diplomatischer Agent in Kairo. Als Gesandter kam Kosjek zuerst nach Persien, um in Teheran eine Reihe von Jahren unsere Monarchie zu vertreten. Zweimal unternahm er von dort aus samt Familie die weite Reise nach Österreich.
Während des russisch-türkischen Krieges im Jahr 1877 fungierte er als General-Konsul in Rustischuk und hatte namentlich während des Bombardement von Rustschuk durch seine Unerschrockenheit und durch seine tatkräftige Fürsorge für die österreichisch-ungarischen Untertanen allgemeine Aufmerksamkeit erregt. Später kam er, gleichfalls als General-Konsul in die Levante und 1888 als Gesandter nach Teheran. Vor acht Jahren wurde Kosjek als Gesandter nach Griechenland berufen. Er erfreute sich dort der allergrößten Sympathien. Im letzten Sommer hatte er sich in Ischl eine Villa gemietet, um seinen Urlaub in den Alpen verbringen zu können. Kosjek hatte die Würde eines wirklich geheimen Rates erhalten und war in Anerkennung seiner Verdienste auch in den Freiherrenstand erhoben worden. Sein letzter Urlaub hatte leider nicht die erhoffte Dauer, denn die Unruhen auf Kreta bedingten die frühere Rückkehr des Vertreters unserer Monarchie. Im August v. J. musste er bereits nach Athen zurückkehren. Die diplomatische Befähigung des Verstorbenen wurde unter anderem auch dadurch anerkannt, dass er zur Zeit des Berliner Kongresses den Beratungen als Adlat us des damaligen Vertreters der österreichisch-ungarischen Monarchie, Grafen Andrassy, beigezogen wurde. Freiherr von Kosjek war der Sohn des verstorbenen Oberlandesgerichtsrates Valentin Kosjek. Er hinterlässt zwei Söhne und zwei Töchter. Ein Sohn ist Dragoner-Offizier, der zweite Einjährig Freiwilliger bei den Kaiserjägern. An einem 10. September 1867 zu Bujukvere vermählte er sich mit Eveline von Klezl, Tochter des Regierungsrates Peter Edlen von Klezl
Freiherr von Kosjek war Besitzer des Großkreuzes des Franz Joseph-Ordens, des eisernen Kronen-Ordens 2. Klasse, des Großkreuzes des päpstlichen Gregor-Ordens, des königlich griechischen Ordens zum heiligen Erlöser, des ottomanischen Medschidie-Ordens, des persischen Sonnen- und Löwen Ordens und anderer ausländischer Orden.
Pester Lloyd 1897:...Dem Verstorbenen geschähe aber bitter Unrecht, wollte man ihn in einen Haufen werfen mit all den jungen und älteren Herrchen, denen seit dem Regime des Grafen Kalnoky die ausschließliche Befähigung, unsere Monarchie im Ausland zu vertreten, lediglich aus dem Grund zuerkannt wird, weil die Windeln, in denen sie ihre ersten Lebensfunktionen betätigen, mit einer neunzackigen Krone oder einem Fürstenhut gestickt waren.
Es war nicht immer so, und ohne so verblendet zu sein, um zu behaupten, dass vornehme Geburt ein Hindernis für die Entwicklung diplomatischer Befähigung sei, möchte man lediglich dem Bedauern darüber Ausdruck geben, dass das Vorhandensein anderer wahrer Befähigung so häufig ignoriert und in letzte Linie gerückt wird, wenn es sich um die Bestellung von Repräsentanten im Ausland handelt. Gustav Kosjek, ei n bescheidenes Bürgerkind aus Kärnten war au fond ein diplomatisches Talent von seltener Intelligenz. Er würde sich auf seinem Paradebett umgedreht haben, wenn er hätte lesen können, was an seinem Todestag ein großes Wiener Blatt über ihn schrieb, dass er sich „in frühen Jahren der konsularischen Tätigkeit zuwendete“ Kosjek und eine konsularische Tätigkeit! Hervorgegangen aus der tüchtigen Schule der Orientalischen Akademie in ihrer Blütezeit, kam er sofort, 1860, zur „Internuntiatur „ nach Konstantinopel, welche, damals noch in den Händen des „alten Prokesch“, eine wahre Hochschule für unsere jungen Orientalisten wurde. Nahezu 20 Jahre seiner Dienstzeit brachte Kosjek auf dem Boden der türkischen Hauptstadt zu, und zwar in Zuteilung beim Dragomanat, also vorzugsweise in einer Verwendung die ihm den ständigen direkten Verkehr mit der Pforte und ihren höchsten Funktionären zur Aufgabe machte. Die Botschafter gingen, auf Prokesch folgte der zartfühlende Graf Ludolf, auf diesen Graf Franz Zichy, aber Kosjek blieb. Er avancierte in seiner hierarchischen Stellung, erhielt Orden auf Orden, wurde Ritter, Freiherr – aber kein Amtschef wollte den Gehilfen missen, der ein lebendiges Personen- und Geschichtsregister der zeitgenössischen Geschichte der Pforte war, dabei mit allen maßgebenden Persönlichkeiten die angenehmsten Beziehungen zu unterhalten wusste, vielleicht manche Neider, aber selbst unter seinen Kollegen keinen Feind besaß. Mit seinem liebenswürdigen Wesen, das von einem Gemisch Wiener Gemütlichkeit und seiner Ironie durchtränkt war, verstand er es, den Türken Vertrauen einzuflößen und dich ihr Vertrauen zu erwerben. Kein anderer Dragoman wusste so wie Herr von Kosjek den verschlossensten Pascha zum Reden zu bringen, den Feind seligsten Großwezir zu besänftigen und dabei seinen Kollegen von den anderen Botschaften ein Schnippchen zu schlagen.
Seine Unterstützung war seine Gemahlin, eine reizende Erscheinung, war in Pera geboren und aufgewachsen und als Kind schon der Liebling des Harems gewesen, dessen Damen ihre blonden Haare, ihre blauen Augen und den weißen Teint ihrer Haut nicht genug bewundern konnten, wenn das Wunderkind zur Sultanin Mutter zu Besuch gebracht wurde. Außer ihrer Intelligenz und Liebenswürdigkeit beherrschte sie einige Sprachen und war dadurch für ihren Mann eine große Hilfe.
Dass er als Diplomat in Konstantinopel so unentbehrlich geworden war behagte ihn nicht.
Graf Andrassy aber berief , als er nach Berlin zum Kongress reiste, Herrn von Kosjek als sach- und landeskundigen Experten an seine Seite und bewies durch diese Wahl seine Menschenkenntnis einmal mehr. An der „Hausarbeit“ des Kongresses hatte neben dem damaligen Generalstabsobersten Thommel der seither als Gesandter in Belgrad in den Ruhestand trat. Herr von Kosjek keinen geringen Anteil. Graf Andrassy aber vermochte den größten Wunsch Kosjeks um Veränderung auch nicht zu befriedigen und in einem vom 11. Dezember 1878 datierten Privatschreiben äußerte er sich nicht ohne Unmut: „Wenn ich hier unentbehrlich bin, ist es nicht wegen meiner Funktion als erster Dolmetsch, sondern weil mein Wirkungskreis diese Funktion weit übersteigt...“
Er war kein Freund jener Art salopper Geselligkeit wie es damals in Pera Mode war. Da sagte ihm der Salon des deutschen Botschafters des Herrn von Kendell besser zu. Kosjek fehlte jedoch nirgends, wo getanzt und gespielt wurde. Bei all diesen angenehmen Unterhaltungen hatte er Gelegenheit Informationen einzuholen, die größere Freude bereitete ihm allerdings, einen Kollegen der ihn ausholen wollte „aufsitzen“ zu lassen.
Freiherr Kosjek hatte in aufgefundenen Skizzen am 30. Mai1872 notiert: „Es ist eine ernste, aber schwere Aufgabe der europäischen Diplomatie, den Türken wenigstens jenes Maß von Kulturentwicklung aufzuzwingen, ohne welches ein Zusammenleben in der europäischen Völkerfamilie und eine Wahrung der materiellen Interessen Europas nicht möglich ist. Leider sind die Mächte und ihre Vertreter nichts weniger als einig und was alle zusammen mit Mühe kaum erreichen könnten, geht durch die Zwietracht verloren“.
Dieses erfolgreiche Leben war nach 59 Jahren durch Herzschlag plötzlich zu Ende. Kein Bild vorhanden.
QUELLEN: Wiener Zeitung 1. Februar 1897, S 2, Agramer Zeitung 8. Februar 1897, 2, Grazer Tagblatt 2. Februar 1897, S 3, Pester Lloyd, 9. Februar 1897, S 2, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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