GLASINDUSTRIE#
Welch hohe Entwicklung die Glasindustrie in Österreich erlangt hat ist allgemein bekannt. Diese ist in erster Reihe der tatkräftigen Förderung der k. k. Regierung zu danken, die in vollkommener Würdigung und Erkennung der Wichtigkeit dieser Industrie, derselben stets ein erhöhtes Interesse zugewendet und durch Errichtung von k. k. Fachschulen und Fortbildungsschulen die Glasindustrie in Österreich und speziell in Böhmen, eine Stufe erklimmen ließ, die das heimische Produkt in Bezug auf Güte und künstlerischer Ausgestaltung allen ausländischen Erzeugnissen in diesem Genre den Rang abgelaufen ließ. Was ehedem mit großen Kosten an Bedarfs- und Luxuswaren in Glas aus dem Ausland bezogen werden musste, wird nun in unseren heimischen Glasfabriken erzeugt, die tüchtig geschulte Fachleute aufzuweisen haben, die ihre technische Bildung in den von der Regierung ins Leben gerufenen Fachschulen für Glasindustrie erhielt. Ein stattlicher Band, und die mit ihren Erzeugnissen, die in Bezug auf Güte und kunstvolle Arbeit, sich den Weltmarkt und insbesondere den Exportmarkt eroberten, der vordem für dieses Produkt Österreich verschlossen war, nunmehr Achtung gebietend beherrschen.
Als ein beredtes Zeichen dafür spricht eine Gedenkschrift der k.k. Fachschule für Glasindustrie in Steinschönau, welche anlässlich des vierzigjährigen Bestandes derselben 1856 bis 1896 mit Bewilligung des k.k. Ministeriums für Kultus und Unterricht in Druck gelegt wurde. Ein stattlicher Band vermittelt uns den Einblick in die Tätigkeit dieser Anstalt, der den Direktor Arch. Leo Chilla zum Verfasser hat. Im Jahr 1856 wurde diese Anstalt in einfacher Weise eröffnet und im Jahr 1875 wurde sie nachdem das k.k. Handelsministerium eine Subvention von 5000 Gulden bewilligt hatte, im eigenen Hause untergebracht und am 1. Dezember 1880 erhielt sie den Titel „K.k. Fachschule für Glas- und Metallindustrie“. Eine Reihe von geschaffener Abteilungen wurde durch die munificente Subventionierung der Ministerien eingerichtet und in Tätigkeit gesetzt und in den Spezialwerkstätten für eine Fortbildung der Arbeitskräfte gesorgt. Im Oktober 1893 erhielt die Anstalt die Bezeichnung: „K.k. Fachschule für Glasindustrie“ Dieselbe hat den Zweck durch die Erteilung eines systematisch gegliederten, theoretischen und praktischen Unterrichtes, Glasgraveure, Zeichner und Maler, der Glas- und Porzellanindustrie für ihren Beruf unter Verfolgung sicherer Ziele heranzubilden, sowie zur fachlichen Fortbildung der betreffenden, in der Praxis stehenden Kunstgewerbetreibenden beizutragen. Die Gesamtfrequenz der Anstalt betrug seit deren Gründung 8064 Schüler, von welchen sechs als Fachlehrer an verschiedenen Staatsanstalten wirken. Die hervorragenden Leistungen der Schüler gaben der Anstalt, in vielfachen Fällen Gelegenheit mit Arbeiten in unterschiedlichen Ausstellungen sich überaus ehrenvoll zu behaupten und Preise einzuheimsen, was die Anstalt zu einer Musteranstalt mit Ziel bewusstem Streben in jede, einzelnen Lehrgegenstand erhob. Anlässlich des Besuches Sr. Majestät des Kaisers in der Prager Jubiläumsausstellung am 26. September 1891 besichtigte der Monarch mit hohem Interesse, die Ausstellung dieser Fachschule, erkundigte sich bei dem anwesenden Direktor nach erfolgter ehrfurchtsvoller Vorstellung desselben nach der Frequenz der Anstalt und den lokalen Verhältnissen und drückte demselben huldvollst seine Freude über die wahrgenommenen schönen Resultate der Anstalt aus. Der Bericht schließt mit folgenden Worten: „Wahr und aufrichtig ist auch der Dank, welchen die Schule den hohen k.k. Ministerien für Kultus und Unterricht und dem Handelsministerium zollen muss für die stets wohlwollenden Bedachtnahme auf die Bedürfnisse der Schule, damit derselben zu ihrer Tätigkeit alle Hilfsmittel zu Verfügung stehen. Der Lehrkörper, welcher an der durch einträchtiges Zusammenwirken so vieler Faktoren geschaffenen Anstalt der zweitältesten Fachschule Österreichs seinem Beruf nachzukommen hat, wird dessen stets eingedenk sein und die ihm anvertrauten Schule auch ferner auf der Höhe der Zeit zu erhalten streben“.
Die Glasindustrie steht in 1876 in Österreich, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Belgien auf der höchsten Stufe. In der österreichisch-ungarischen Monarchie ist die Glasfabrikation in allen ihren Teilen vertreten und gehört dieselbe zu den hervorragenden Zweigen volkswirtschaftlicher Tätigkeit, namentlich in Böhmen. Die Monarchie zählt 289 Glashütten von welchen 228 auf das österreichische, 152 auf Böhmen und 61 auf das ungarische Staatsgebiet entfallen.
Bei einer 1922 in Prag stattgehabten jugoslawischen Glasenquete hat man sich darüber beklagt, dass die tschechoslowakische Ware, trotzdem sie so bekannt und alteingeführt ist und trotz der in Böhmen herrschenden günstigen Produktionsverhältnisse durch Wiener Ware verdrängt werde. Auch in Ägypten erzielte Österreich neben Deutschland schöne Erfolge. Das sind gute Zeichen. Auf österreichischem Gebiet bestanden vor dem Krieg 19 Hütten und zwar 17 Hohlglas, 1 Flaschen- und 3 Tafelglasfabriken. Bedauerlich, dass es davon nur eine Fabrik gibt, so muss dieser Artikel vom Ausland importiert werden.
Arbeiter Zeitung September 1898: Die österreichische Glasindustrie: Es gibt 3587 selbständige Gewerbetreibende mit 4000 Betrieben, die etwa 40.000 Personen, darunter 11.451 Frauen beschäftigen, ein Beweis, dass die Frauenarbeit auch in der Glasindustrie eine immer größere Rolle spielt.
Ungarn hat ebenfalls eine bedeutende Glasindustrie. Es dürften in Ungarn, Kroatien und Slavonien etwa 8000 Glasarbeiter beschäftigt sind. Die Zustände in den sechs kroatischen und slavonischen Glashütten spotten jeder Beschreibung. Die Glasmacher arbeiten in Akkordlohn, Tafelglasmacher 10 Gulden, Flaschenglasmacher 8 Gulden.
In der Glaskurzwarenindustrie sind etwas 16.000 Arbeiter beschäftigt. Zuerst guter Exportartikel wöchentlich 12 Gulden, dann kam die Kriese und der Notstand, Durch unermüdliche Arbeit ist gelungen überall Minimallöhne durchzusetzen. Um diese Löhne zu erhalten, was sehr schwierig war, hat der Monopolist für das Rohglas, der Millionär Riedel, dem an der Erhaltung der Industrie liegen muss 100.000 Gulden zur Errichtung eines Warenhauses hergegeben, um den Verkauf an einer Stelle zu konzentrieren.Auch die Regierung hatte einen Betrag gespendet,
Die tägliche Arbeitszeit soll in allen Betrieben acht Stunden inklusive Ruhepausen 48 Stunden die Woche betragen. In der Woche einen Ruhetag genießen. Die Nachtarbeit und Überstunden sollen beseitigt werden.
QUELLE: Prager Börsen Corr. 15. März 1876 S 1,Neue Zeit 28 November 1857, S 2, Mährisches Taglatt 6. Juni 1889, S 2, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial I.Ch. Graupp
HINWEIS: 078 Glasfenster Geyling
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