GRAF VON LEDEBUR-WICHELN#
Graf von Ledebur-Wicheln war in Österreich-Ungarn Ackerbauminister. Es wäre interessant ob er als Ackerbauminister zugelassen hätte, dass der wertvolle Weizen aus Österreich wie jetzt in einer Sendung bekannt wurde, exportiert wird, um dadurch einen höheren Preis zu erzielen und eine mindere Qualität einführt, oft mit unbekannten Spritzmitteln versehen uns zugemutet wird. Die größten Abnehmer sind die Italiener, auch Deutschland und andere Länder. Was soll man von einer Regierung halten die so etwas zulässt. Wenn man bedenkt, dass die einstige Kornkammer in der Monarchie Ungarn war.
Am 14. Mai 1903 verstarb in Prag der ehemalige Ackerbauminister Hans Graf Ledebur im Alter von 61 Jahren. Die Landwirtschaft hat damit einen Mann verloren der stets ein unerschrockener Verteidiger ihrer Interessen, erfüllt von Intentionen die klar aus seiner Programmrede hervorgegangen ist, die er bei seiner Vorstellung Anfang Oktober 1895 vor seiner Beamtenschaft gehalten hat, als er Ackerbauminister wurde.
„Die successive Befreiung unserer Landwirtschaft von den nahezu unerträglichen Druck der ihr fremden Spekulation, welche Fleiß und Intelligenz lahmlegt, Produzenten und Konsumenten in gleicher Weise schädigt und lange genug an unserem Nationalwohlstand gezehrt hat, ist das ins Auge fassende Ziel....“
Solche zielbewussten und energischen Worte hatte die Beamtenschaft noch nie zu hören bekommen. Sie enthalten ein Agrarprogramm die keinen Wunsch offen lässt.
Während nun die Landwirte ob dieser verheißungsvollen Zukunft jubelten, herrschte in den Kreisen, die der Landwirtschaft schon immer feindlich gesonnen war und sie als Ausbeutungsobjekt betrachteten, Bestürzung. Noch nie hatte ein Ackerbauminister den Schutz für die Landwirtschaft in so energischer Weise proklamiert. Kein Wunder war der Graf doch selbst Landwirt und wusste genau was zu tun ist.
Als Besitzer ausgedehnter Güter und landwirtschaftlicher Industrien in Böhmen, an deren Leitung er lebhaftes Interesse zeigte, hatte er aber auch Gelegenheit, die Notlage der Landwirtschaft an sich selbst zu verspüren. Aus diesem Grund unterschied sich der Verstorbene ganz und gar von seinen Vorgängern und Nachfolgern im österreichischen Ackerbauministerium, denn ihnen fehlte ganz einfach das Verständnis für die großen Aufgaben dieses Ressorts. Dieses beklagenswerte Übel war die Hauptschuld an den traurigen Zuständen der heimischen Landwirtschaft.
Am 30. September 1895 in das Ministerium Badeni berufen, trat Graf Ledebur auch von dem Posten eines Ackerbauministers zurück, als dieses Kabinett am 30. November 1897 verabschiedet wurde. Aber nicht allein der Kürze der Zeit, sondern auch die Abhängigkeit des Ackerbauministers von den anderen Ministern, insbesondere aber vom Finanzminister, der erwiesenermaßen seinen Schatz hütete und nichts ausließ, so konnte der Ackerbauminister, noch dazu in diesen beiden Jahren sein Vorhaben kaum verwirklichen. Daher wandte er sich mit folgenden Worten der Verabschiedung an seine Beamten: „Wenn ich bei meinem Amtsantritt von Stabilität und Kontinuität in den leitenden Grundsätzen sprach, so möchte ich heute behaupten, dass dieses Axiom unabhängig sein muss von jedem Personalwechsel im Ackerbauministerium, insoweit es sich um erkannte Wahrheiten handelt, die gegenwärtig Gemeingut aller Agrarier in Österreich sind und jeden Amtsnachfolger an der Spitze, sowie jeden einzelnen Beamten des Ackerbauministeriums zwingen werden, auf dem einmal betretenen Weg fortzuschreiten. Möge der Segen des Himmels auf Ihren weiteren Arbeiten ruhen, und denken Sie dabei stets an die notleidende Landwirtschaft, an die Erhaltung unseres Bauernstandes!“ Wie die Zukunft zeigte, wurde dieses Vermächtnis kaum unterstützt.
Hans Graf Ledebur-Wicheln wurde am 30. Mai 1842 in Prag geboren, er entstammt einem westfälischen Adelsgeschlecht. Ein Zweig desselben kam im 17. Jahrhundert nach Böhmen. . Er studierte an der Karl Ferdinand Universität in Prag die Rechts- und Staatswissenschaften. 1864 bereiste er Deutschland und England mit Augenmerk auf die landwirtschaftlichen Verhältnisse. Nach seiner Rückkehr nahm er die Stelle als Volontär dem Besitz Wallisfurth des Freiherrn von Falkenhausen in der Grafschaft Glatz ein, um den ausgezeichneten Betrieb dort kennen zu lernen und verblieb ein ganzes Jahr. 1866 machte er den Feldzug mit und vertrat im böhmischen Landtag in der Ära Taaffe den Großgrundbesitz, wobei er das jungtschechische Programm scharf bekämpfte. Anlässlich seiner Bemühungen um die katholische Sache erhielt er das Kommandeurkreuz des Piusordens und das Croce pro ecclesia et pontifice. Dann als Ackerbauminister berufen. War Besitzer der Allodialherrschaften Kremusch, Kostenblatt und Milleschau, so zählte er zu den hervorragendsten Großgrundbesitzer Böhmens. Außerdem war er Verwaltungsrat der landwirtschaftlichen Kreditbank in Böhmen und der Duxer Zuckerfabrik, Präsident des böhmischen Forstschutzvereines und Mitglied des Ausschusses der deutschen Sektion des Landeskulturrates.
Als Ackerbauminister hatte er für Kärnten so manches Gute für die Landwirtschaft bewirkt. 1896 kam es in der Budgetdebatte über die Verwaltung der Bukowinaer Religionsfondsgüter zwischen Ledebur und dem galizischen Abgeordneten Stefanowicz zu einem persönlichen Streit, der am 15. Jänner 1897 durch die Abgabe einer Ehrenerklärung von der Ministerbank für den angegriffenen Abgeordneten beigelegt wurde.
Unter dem Pseudonym „Bauer Lorenz“ war Ledebur auch journalistisch tätig und unterstützte das Bauernbündel des Grafen Taaffe.
Graf Ledebur war seit 7. Jänner 1868 mit Karoline Gräfin Czernin vermählt. Dieser Ehe entsprossen Komtesse Johanna, Gemahlin des Grafen Franz Hartig, Graf Adolf Dr. jur, Graf Eugen, Komtesse Karoline seit 1897 Gemahlin des Grafen Viktor Szechenyi, und Leutnant Graf Franz.
QUELLEN: Leitmeritzer Zeitung 16. Mai 1903, S 3, Kärntner Zeitung 17. Mai 1903, S 3, Wiener Landwirtschaftliche Zeitung 20. Mai 1903, S 1, Grazer Volksblatt 15. Mai 1903, S $, ANNO Österreichische Nationalbibliothek Sendung: ORF III, 22. November 2021, 20 Uhr 15 Themenmontag, Billig-Weizen.
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