GUIDO HOLZKNECHT#

Forscher
Guido Holzknecht

Zahlreiche Forscher wurden oft selbst Opfer ihrer Erfindungen, denn sie ahnten nicht welchen Gefahren sie dabei ausgesetzt waren. .o auch der Radiologe Guido Holzknecht der sich im April 1931, einer Operation unterziehen musste. Diese gestaltete sich viel schwieriger als man ursprünglich angenommen hatte. Um den berühmten Gelehrten der Wissenschaft zu erhalten, war es notwendig geworden, seine rechte Hand zu amputieren.

Das Leiden des Prof. Holzknechts, der nicht nur einer der hervorragendsten, sondern auch der am längsten tätigen Röntgenologen ist, reicht auf viele Jahre zurück, in die Zeit der ersten Verwendung von Röntgenstrahlen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken. Damals war man sich im allgemeinen noch nicht bewusst, dass in diesen geheimnisvollen Strahlen neben dem wohltätige heilende Wirkungen auch schwere Gefahren lauerten, Gefahren, denen der gewöhnlich nicht allzu lange behandelte Patient relativ wenig ausgesetzt war als der heilende Arzt. Dieser wurde, Tag für Tag den gefährlichen Strahlen ausgesetzt, und damit ein Opfer dieser Erfindung.

Es war eine tragische Verkettung der Umstände, dass gerade er, der Mittel und Wege angab, die Gefahren nicht sogleich erkannte und zog sich bereits am Anfang seiner Forschungstätigkeit jene Schädigungen zu, die schließlich zur Amputation seiner Hand führte. Holzknecht erkannte bald wie es um ihn stand. Die Ärzte und auch er selbst fassten rasch den Entschluss zu einer Operation. Die Operation nahm Dozent Dr. Winkelbauer, Vorstand der chirurgischen Abteilung der Polyklinik vor. Sie darf wohl als gelungen bezeichnet werden, da der Forscher sich bereits wieder auf dem Weg der Besserung befand und es kostete den Ärzten Mühe ihn von einer sofortigen Weiterarbeit abzuhalten. Wie vermutet wollte man für Holzknecht eine eigene Prothese konstruieren, um damit seine weiteren Forschungen ermöglichen zu können

Doch es kam ganz anders, denn wenige Monate nach der Operation, am 30. Oktober 1931 war der Bahnbrecher der medizinischen Röntgentechnik tot, und die Wiener medizinische Schule hatte einen unersetzlichen Verlust erlitten. Die letzte Zeit waren für Guido Holzknecht ein einziges Martyrium, ein qualvolles Leiden, ein Dahinsiechen bis ihn der Tod erlöste.

Mit ihm ist ein scharfsinniger Forscher, ein gütiger Mensch und ein Arzt dahingegangen, der für seinen Beruf alles, auch sein Leben gab.

Es war noch nicht lange her, dass die Kunde von seiner Krankheit Aufsehen erregte. Der Forscher, der in den Anfängen der von ihm mitgegründeten Röntgentechnik ohne die modernen Schutzmaßnahmen zu arbeiten gezwungen war, hat sich bereits vor drei Jahrzehnten eine Röntgen Verbrennung zugezogen, die in späteren Jahren zu vielfachen Komplikationen geführt und schließlich den Unermüdlichen gezwungen hatte, im Parksanatorium Hietzing eine Heilung seines Leidens zu suchen. Auch dort musste an ihm eine Operation vom Chefarzt Dr. Feiler vorgenommen werden, die im Zimmer erfolgte da er an schweren Thrombosen litt. Schon vorher hatte sich Professor Holzknecht wiederholt schweren Operationen unterziehen müssen, zuerst waren es Finger in deren Verlauf schließlich die rechte Hand (Arm) geopfert werden musste. Der Krebs saß schon tief in den Knochen, dass die Drüsen in den Achselhöhlen bereits ergriffen waren. Diese wurden immer wieder entfernt.

In der zweiten September Woche konnte Holzknecht wieder hergestellt das Sanatorium verlassen und zur Riesenfreude seiner Kollegen und Schüler seine Tätigkeit als Forscher und Lehrer wieder aufnehmen. Es war ihm allerdings nur mehr eine kurze Frist beschieden. Eine zweite Operation wurde nötig. Weitere Operationen wurden nach einem Ärzte Konsilium an dem auch Dr. Denk und Dr. Bauer teilnahmen und die Aussichtslosigkeit zur Kenntnis nahm. Der Zustand des Patienten, der im 60. Lebensjahr stand verschlimmerte sich rapide, es trat eine Embolie hinzu, die den Tod Prof. Holzknecht herbeiführte. Man hatte ihm zuletzt noch hohe Dosen schmerzstillende Mittel verabreicht.

Professor Holzknecht war noch im Laufe des gestrigen Tages bei vollem Bewusstsein, verlangte eine medizinische Fachschrift in der er einen Beitrag mit großer Aufmerksamkeit las. Plötzlich trat eine Verschlimmerung in seinem Zustand ein. Seine Ärzte, vor allem Prof. Dr. Winkelbauer, der ihm seinerzeit operierte und noch zuletzt behandelt hatte, waren sich im klaren darüber, dass der große Forscher nicht mehr zu retten war. Auch in den frühen Morgenstunden war Holzknecht noch trotz seiner unsäglichen Qualen bei Bewusstsein. Die Agonie trat in den ersten Nachmittagsstunden ein und um 4 Uhr wurde der berühmte Forscher von seinem Leiden erlöst . An seiner Bahre trauerte außer seiner Witwe die ganze medizinische Welt und die Schar seiner Patienten.

Sein Verlust stürzte seine Umgebung in tiefste Trauer. Ein Führer von seinem Format, von seinem Opferwillen, von seiner organisatorischen Begabung auf dem Gebiet der Röntgenologie wird kaum jemals nochmals erfüllt werden.

Guido Holzknecht wurde am 3. Dezember 1873 in Klosterneuburg geboren. Bereits als Schüler der Klinik Nothnagel hat er sich mit Begeisterung der Erforschung der damals noch fast unbekannten Röntgenologie gewidmet. Nach kaum zweijähriger Tätigkeit auf diesem Gebiet ein Werk über die Radiodiagnostik der Brusteingeweide, das noch heute als klassisch gilt und allen Arbeiten auf diesem Gebiet als Vorbild gedient hat. Schon ein Jahr später, 1902 schuf Holzknecht seine zweite Großtat, das Chromoradio Meter, mit dem es zum ersten Mal gelang, die Röntgenstrahlen zu messen auf diese Weise die Applikation der Strahlen zu richtigen, den Patienten vor Schaden bewahrenden Dosen durchzuführen. Im Jahr 1906 trat Professor Holzknecht mit einem neuen bahnbrechenden Werk hervor. Er hat die systematische Untersuchung des Magen- Darmtraktes mit der von Rieder in die Medizin eingeführten Wismut Mahlzeit vorgenommen und zum ersten Mal den Magenkrebs röntgenologisch nachgewiesen. Damit sind nur einige wichtige Epochen in seiner Forscher Arbeit gekennzeichnet. Es gibt in der Röntgenologie kein Gebiet, dass er nicht mit seiner erstaunlichen Genialität befruchtet hätte. In jedem Lehrbuch dieser so jungen und doch schon so kolossal entwickelten Wissenschaft steht der Name Holzknecht immer wieder an exponierter Stelle.

In einem kleinen Kämmerchen des Allgemeinen Krankenhaus begann Holzknecht vor einem Vierteljahrhundert seine Arbeiten als Röntgenologe. Was im Verlaufe der Jahre aus dieser Keimzelle wurde, bewundert heute die ganze Welt. Ist doch das Röntgenlaboratorium des Wiener Allgemeinen Krankenhaus zum Mittelpunkt der medizinischen Röntgenologie geworden.

Das im Jahr 1913 durch Guido Holzknecht neu geschaffene Zentralröntgen Laboratorium ist der sprechende Beweis für das außerordentliche Organisationstalent dieses großen Mannes. Sein Ruhm reichte bis nach Japan und von dort kamen viele Ärzte nach Wien um ihn zu sehen und waren beglückt ihm die Hand zu drücken. Prof. Holzknecht sprach keine fremde Sprache und ergriff daher selten bei internationalen Kongressen das Wort.

Wien
G. Holzknecht Denkmal

Am 6. November 1932 wurde auf dem Platz des Versorgungshaus im 9. Bezirk ein Guido Holzknecht Denkmal in feierlicher Weise enthüllt.

Das „Neue Österreich“ am 2. Dezember 1947 schreibt „.....Heute gibt es in Wien zwar wieder eine Guido Holzknecht Gasse, aber erst seit der Befreiung. Würde dieser große Arzt, der 1931 nach langem Siechtum erlegen war, nur sieben Jahre länger gelebt haben, er wäre von den Nazi gleich vielen anderen seiner berühmten Kollegen aus der Heimat getrieben oder gar in die Gaskammern geschickt worden. Nur deshalb weil man, wenngleich fälschlich, von ihm behauptete, er sei jüdischer Abstammung gewesen. An dem Toten vermochten die Nazi wenig mehr zu sündigen, als dass sie die ihm gewidmete Wiener Straße umtauften. Die Bomben des Zweiten Weltkriegs taten ein übriges und zerstörten die Ehrennische, die Holzknecht von der Gemeinde Wien auf dem Zentralfriedhof gestiftet worden war. Man muss demnach mit einiger Wehmut feststellen, dass von diesem Pionier der medizinischen Forschung, sechzehn Jahre nach seinem Tod, nicht viel mehr übrig geblieben ist als sein Ruhm im Ausland und seine bahnbrechende Tat für die Menschheit.“

QUELLE: Aus Zeitungen der ÖNB sowie Bild.

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