HOFSTALLUNGEN#
Bis in die Zeit Kaiser Karl VI., Vater der Kaiserin Maria Theresia war es Pflicht der Stadt Wien, für die Einstellung der Pferde und Maultiere des kaiserlichen Marstalls zu sorgen. Sie waren in Ställen in der heutigen Schreyvogelgasse und zu diesem Zweck waren verschiedene „Häuser in der Stadt“ und „auf der Wieden“, gesamt 53 an der Zahl, seit damals bestimmt, eine gewisse Anzahl von Pferden und Maultieren aufzunehmen, wofür sie von andern Quartier Lasten und der Quartier Steuer befreit waren.
Als Kaiser Karl VI., daran dachte, den kaiserlichen Marstall in einem Gebäude zu vereinen, doch wie hoch würden sich die Kosten dafür belaufen und wie soll diese Summe aufgebracht werden? Darum wurde nun eine Hofkommission eingesetzt, die das Vorhaben zu überprüfen hatte. Nach mehreren Beratungen trat man an die Gemeinde Wien mit dem Vorschlag heran, sie soll 70.000 Gulden dazu vorstrecken, von denen 10.000 Gulden sofort flüssig zu machen wären, der Rest jedoch nach und nach 14 tägige „Erinnerung“. Hingegen sollte der Stadtrat die Macht bekommen, alle jene Hausherren „in der Stadt“, die die Verpflichtung hatten, die kaiserlichen Pferde oder Maultiere einzustellen, zu einem „billigen Beitrag“ zur Entledigung der Quartiere anzuhalten, oder, wenn diese nicht darauf eingingen, zu einer „proportionierten Quartier Steuer“ heranzuziehen.
Der Magistrat setzte sich nun mit den einzelnen Hausbesitzern zunächst in der Stadt ins Einvernehmen, fand aber wenig Entgegenkommen, so dass die Hofkommission weiter vorschlug, sollte die Summe von 70.000 Gulden nicht aufgebracht werden, so möge die Stadt Wien den noch fehlenden Betrag ersetzen, wofür ihr das Freimachung Ertrag von den „Quartier-Stallungen“ überlassen werden sollte. Damit die Hausherren den Forderungen mehr entsprechen, wurde ihnen ein kostenloser kaiserlicher Freibrief in Aussicht gestellt, kraft dessen aus ihren Häusern „die kaiserlichen pferd auf ewig auslogiert“ werden und „jener ort, alwo solche pferd oder maultier gestanden, in ewigen zeiten zu keinem quartierteil mehr gezogen“ noch mit einer höheren Steuer belegt werden könne.
Der Stadtrat lud nun die einzelnen Hausbesitzer vor, sprach ihnen, „soviel möglich“zu, um eine Einwilligung zu erhalten, doch alle Mühe war vergeblich. Manchen war die Summe zu gering und hatten eine ganz andere Vorstellung.
Um zu einem Ende zu kommen „taxierte“ der Stadtrat die von den Widerstrebenden zu leistenden Beträge selbst, überließ es in seinem Bericht vom 29. April 1719 „höheren Orten“ diese Beiträge, „ex offo“ einzutreiben.
Die Hofkommission ging auf den Vorschlag ein und nach längeren Verhandlungen fanden sich alle „Quartier Geber“ bereit, den „taxierten“ Betrag zu erlegen. So war die Summe von 70.000 Gulden aufgebracht. Die Stallungen sollten außerhalb der Stadt aber möglichst nahe der Burg erbaut werden. Man wählte das etwas ansteigende Terrain vor dem Burgtor, gegen Mariahilf zu; dort befand sich aber ein Haus, geheißen das Brunnmaistersche, dessen Area zu den Hofstallungen unentbehrlich war. Der Stadtrat erbot sich, dieses Haus einzutauschen, dessen Besitzer eine Behausung beim Bürgerspital in der Stadt zu überlassen und, sollte bei der Schätzung des Brunnmaistersche Haus höher bewertet werden als das städtische beim Bürgerspital, die Differenz in barem auszubezahlen. Nachdem somit diese Angelegenheit geordnet war, konnte mit dem Bau der Hofstallungen begonnen werden.
Man schrieb das Jahr 1720, Kaiser Karl VI., konnte endlich sein Vorhaben verwirklichen und für seine Hofpferde ein eigenes, der kaiserlichen Hofhaltung würdiges großes Gebäude errichten, das zugleich eine neue Zierde dieser Stadt werden und abermals ein Zeugnis für seine Kunstliebe abgeben sollte. Die Ausführung vertraute er seinem bewährten Hofarchitekten Fischer von Erlach an, der bereits im Stadtpalais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse, und all die anderen Palais die seinen großartigen, künstlerischen Ideenreichtum vielfach unter Beweis stellte.
Diesmal wurde ein großer Flächenraum für das Gebäude gewidmet, das nicht nur Platz für 600 Pferde, 200 Karossen und die Geschirr- und Sattelkammer enthalten sollte, sondern auch ausgedehnte Pferdeschwemmen, sowie eine riesige Arena für Reiterspiele und Karussells, einen eigenen Wohnpalast für den kaiserlichen Oberstallmeister und im Hintergrund am Abhang gegen die Breite Gasse eine große Kapelle.
Doch der so verheißungsvolle Beginn endete in einem Fiasko. Der Bau blieb unvollendet. Dem 65jährigen Architekten fehlte für das letzte Werk einfach die Genialität der früheren ausgezeichneten Monumentalbauten. Er hatte sich vom Barock verabschiedet und wollte einen Versuch in die französische Architektur riskieren und nun versagten seine Kräfte und es gelang ihm nicht der überaus lang gestreckten Fassade monumentalen Charakter zu verleihen.
Mehr noch aber dürften die Stallmeister von ihrem fachmännischen Standpunkt aus an dem Bau zu tadeln gefunden haben, und vor allem er erfüllte des Kaisers allerhöchsten Wunsch nicht, dieser wollte nämlich bei der Laimgrube in die Stallungen hinein, die gesamte Länge des Gebäudes zwischen den auf beiden Seiten stehenden Pferde durch, um auf der anderen Seite wieder ins Freie zu kommen. Die Durchfahrt war zu eng bemessen und dadurch waren die eingestellten Pferde den Hufen der dahin rasenden Pferde bedroht. All das dürfte dem Bauherrn missfallen haben und er verlor die Lust an dem Objekt. Nichts wurde mehr unternommen so blieben auch die Stallungen schmucklos
Schon 1722 wurden Beträge, die für die Arbeit an den Hofstallungen ausgeworfen waren , zur Bezahlung von Skulpturen an der Karlskirche verwendet und keine anderen Mittel mehr bewilligt als die zur notdürftigen Fertigstellung unumgänglich erforderlichen; der heutige Hoftrakt wurde erst 1853 bis 1854 aufgeführt.
Fischer von Erlach war über seinen Misserfolg trostlos. Seine letzten Tage verbitterte die erlittene Kränkung. Er starb mit 67 Jahren am 5. April 1723 an Siechtum im Sternhof im. Schultergaßl, in jenem Haus war 1802 Johann Nestroy geboren.
Trotz allem bot das Stallgebäude von der Burgbastei aus, einen imposanten Anblick, den auch die Fremden zu schätzen wussten. Eine lange Flucht prächtig eingerichteter Stallungen bietet den Reit- und Wagenpferden des ehemaligen kaiserlichen Hofes einen komfortablen Aufenthalt, die Wagenremisen und Reitschulen, besonders die Gewehr- und Sattelkammer, zählen zu den Sehenswürdigkeiten Wiens und kein Fremder der die Donaumetropole besucht, versäumt es, ihnen einen Besuch abzustatten. Der riesige Hof, den diese Gebäude umschließt, war schon öfter der Schauplatz von Auktionen, wenn es galt überzählige Hofpferde anzubieten.
Ein Jahrhundert später spielten die Hofstallungen in der Kriegsgeschichte wieder eine Rolle. Am 10. Mai 1809 besetzte die französische Avantgarde die Vorstadt Mariahilf ohne Widerstand und feindliche Chasseurs sprengten bis auf die Glacis, wurden aber mit Kanonenschüssen von den Wällen empfangen. Um 7 Uhr schickte Marschall Lannes einen Parlamentär vor das Burgtor, der aber nicht empfangen wurde und sogar auf dem Rückweg blessiert und gefangen wurde. Da er nicht zurückkam, ließ er den französischen Oberkommandierende Alexander Prinz von Neuchatel durch Vorstadtbürger unter Führung des Richters von Gumpendorf Josef Damböck einen Brief an den österreichischen Kommandanten Erzherzog Maximilian gelangen, in dem er erklärte, Napoleon wünsche den Wienern die Greuel des Krieges zu ersparen, er habe auch keine Truppen in die Vorstädte gelegt, sondern nur Patrouillen zur Aufrechterhaltung der Ordnung ausgeschickt.
Der Erzherzog aber schickte den Brief ungelesen zurück, weil er ihm „nicht auf die in Kriegszeiten gewöhnliche Weise“ in die Hände gekommen sei. Das Feuer von den Wällen wurde auch ohne Unterbrechung fortgesetzt. Auch am nächsten Morgen wurde ohne Unterbrechung gefeuert; französische Truppen waren in die Hofstallungen eingedrungen und schossen von dort aus mit Gewehren. Die ritterliche Zurückhaltung der Franzosen bewahrte aber damals Wien vor einem entsetzlichen Unglück.
Inzwischen hatte der von Napoleon zum Stadtgouverneur ernannte Andreossy im Kaunitz Palais Quartier bezogen und von da einen Aufruf an die Bevölkerung gerichtet, der Verteidigung ein Ende zu machen „Es gibt kein Beispiel von einer Zitadelle“, erklärte er entrüstet, „welche auf die eigene Stadt schießt und die Einwohner derselben den größten Gefahren preisgibt“. Als auch trotz dieser Vorstellung der Erzherzog den Widerstand nicht aufgab, fingen am Nachmittag von Seiten der Franzosen die Belagerungsarbeiten an. Sie hatten dazu die Anhöhe rückwärts der Stallungen gewählt, welche die Arbeitenden deckte. Hier wurde eine Batterie von zwanzig Kanonen aufgeführt, in der Breite Gasse und in der Stiftgasse war französisches Militär aufmarschiert, um die Batterie vor einem Ausfall zu decken. Nachts 9 Uhr begann das Feuer, das von den Wällen erwidert wurde. Aus der Stadt fielen 578 Kanonenschüsse durch die viele Häuser auf dem Spittelberg, der Laimgrube, in Mariahilf und St. Ulrich beschädigt wurden, am übelsten wurden die Hofstallungen zugerichtet.
Nach der Schlacht von Aspern wurden am 14. Juni die Stallungen als Spital für die Franzosen eingerichtet und als solches durch eine schwarze Fahne gekennzeichnet.
Noch ein zweites Mal waren die Hofstallungen kriegerische Ereignisse ausgesetzt, im Jahr 1848. Als die Armee Windischgraetz im Oktober heranrückte, um der Revolution den Garaus zu machen bereitete man von hier aus den Angriff vor. Am 31. wurden Geschütze vor dem Stallgebäude gegenüber der Burgbastei aufgeführt und die Beschießung angedroht. Die Bürgerschaft war zur Übergabe bereit, jedoch die radikalen Elemente schossen das Burgtor hinter den Unterhändlern und setzten den Widerstand fort. Daraufhin begann die dreieinhalbstündige Beschießung der Stadt, wobei das Dach der Augustinerkirche und das der Hofbibliothek in Brand gerieten. Das Burgtor wurde gestürmt. Um 6 Uhr verließen die Verteidiger die Geschütze, und die Truppen marschierten ein. Die Hofstallungen aber erhielten noch ein Andenken durch die Einquartierung eines Kroaten Bataillons.
Fast 100 Jahre später standen die Hofstallungen in den Kämpfen des Jahres 1945 neuerlich im Mittelpunkt kriegerischer Auseinandersetzungen.
Im Dezember 1918 wird in einem Inserat bekannt gegeben, dass eine „Hofpferdelizitation“ stattfindet in der diese stolzen Tiere im „Wege öffentlicher Versteigerungen dem Meistbietenden gegen sofortiger Barzahlung“ veräußert werden. Somit verschwinden aus dem Wiener Stadtbild die letzten sichtbaren Reste höfischen Prunkes. Eine Tatsache war es, dass das alte Wien stolz auf seine Hofequipagen die aus eleganten Wagen bestanden, erst recht wenn die Räder „goldene Speichen“ zeigten. Hielt solch ein Wagen vor einem Nobelgeschäft der Inneren Stadt, war dieser Wagen sofort von Neugierigen umgeben die auch sofort wussten welche Persönlichkeit hierher gebracht worden war. In den ausländischen Blättern gab es oft Berichte über diese schmucken Galawägen mit dem weißen Pferdegespann. Besonders seitdem der nachmalige Obersthofmeister Fürst Rudolf von Liechtenstein das Amt des Oberststallmeisters übernommen hatte, waren die Pferde der Hofstallungen von hervorragender Qualität und wurden ausgezeichnet gehalten. Natürlich kostete das Geld und Kaiser Franz Joseph setzte sich über derartige Vorwürfe hinweg. Die Beamten der Hofrechnungskanzlei hatten ja keine Ahnung was gute Pferde und schöne Wagen kosten. Es blieb weiter bei der großen Anzahl der Lipizzaner in den Hofstallungen und die Isabellenschimmeln der Hofreitschule daran wurde nichts geändert. Doch jetzt zu Beginn einer neuen Zeit hat auch für sie die letzte Stunde geschlagen, nämlich als Hofpferde. Die Lipizzaner und all die übrigen edlen Rassetiere kommen unter den Hammer. Pferdehändler, Pferdeliebhaber rüsten sich bereits diese für sich zu gewinnen, denn eine solche Gelegenheit bot sich ihnen nur einmal.
Man wollte vorerst den großen Bestand der Pferde wegen der hohen Erhaltungskosten und herrschenden Futtermangels dezimieren, und sich ihrer entledigen. Denn in die Rechte des Hofes trat das Staatsamt für Landwirtschaft, das die in den Hofstallungen eingestellten Pferde, insofern sie nicht Privateigentum des ehemaligen Kaisers waren, als Staatseigentum übernommen hatte und nun zur Veräußerung eines Teiles derselben schritt.
Diesmal waren eine ungewöhnlich große Menge Kauflustiger, Neugieriger, Berichterstatter erschienen, die ein rege Beteiligung an den Tag legten. Es herrschte kein günstiges Wetter.
Der Stand in den Hofstallungen etwa 100 Reit- und 200 Zugpferde. Die Erstgenannten stammten entweder aus Kladrub, vom Ankauf in England, oder aus anderen Orten. Unter den Wagenpferden sind vor allem die 36 Schimmel- und Rapphengste der alten spanisch-italienischen Rasse zur Bespannung der Galawagen hervorzuheben; dann 80 Wagenpferde ausschließlich brauner Farbe und 30 solche in der Abrichtung, weiters 80 Postzugpferde der Karster Rasse nur von Schimmelfarbe und 10 solche, die erst sicher eingefahren werden, endlich 12 sogenannte „Paarweispferde“ die für die Verfrachtung, zur Bespannung der Küchenwagen, früher Pinzgauer, jetzt aber nur mehr Belgier oder Kreuzungsprodukte nach belgischen Hengsten. Zu Wirtschaftszwecken waren 4 bis 6 große, starke, in Kladrub gezüchtete Maultiere aufgestellt. Die meisten Wagenpferde kamen aus den früheren Hofgestüten Kladrub und Lipizza, die Paarweispferde dagegen wurden auf Märkten angekauft.
Der hohe Pferdebestand erforderte ebenso zahlreiches Personal, so gab es Leibbereiter, Leibkutscher, Bereiter, Reitknechte, und Postillone, Futtermeister usw. Das Personal für den Reitstall bezifferte sich auf 80, jenes für die Zugställe auf 200 Personen, wie man sehen konnte ganz gewaltig, der bei der Eigenart des Hofdienstes auch an die Administration große Anforderungen stellte.
Diese Menschen hatten auch Familie und die Schule dieser Kinder befand sich gleichfalls im Hofstallgebäude. Kaiserin Elisabeth besuchte des öfteren diese Schule, brachte den Kindern Geschenke, besonders zu Weihnachten.
Zur Versteigerung gelangten insgesamt 70 Pferde, darunter auch Reitpferde, ausschließlich Lipizzaner und Kladruber Schlages mit einem Ausrufungspreis, der zwischen 2000 und 3000 Kronen schwankte. Die Erstehungspreise jedoch bewegten sich durchschnittlich über 15.000 bis 16.000 Kronen in einzelnen Fällen auch bedeutend höher.
Unter den Käufern gab es zahlreiche Prominente wie den Besitzer der Meierei Siller der zwei sechsjährige Lipizzaner um 21.000 Kronen erstand. Freiherr von Skoda gab nur 5000 Kronen für die Lipizzaner aus, Firmeninhaber Hirsch und Huber in Schwechat, wie auch, Hotelier Achleitner aus Graz. Ein Rittmeister von Pietti aus Untertullnerbach musste sogar 27.000 Kronen berappen, auch Herr von Mauthner Markhof trat als Käufer auf,
Den Abschluss bildeten 20 Hofwagen, durchwegs Suitewagen, und zwar Suitecoupés, Suite-Viktoriawagen, Suite Landauer und schließlich Suite-Visaviswagen.
Das Ergebnis der Auktion ergab, die alten Kladruber brachten 77.600 Kronen, die Wagenpferde 127.400 Kronen, und die Lipizzaner 341.300 Kronen ein. Zusammen 600.000 Kronen
In der vom Wiener Handels- und Industrieverein am Montag, den 17. Mai 1920, um 7 Uhr abends, im großen Saal der Niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer, I., Stubenring 8, abgehaltenen Besprechung über die Errichtung einer Wiener Messe konnte man an dem außerordentlich zahlreichen Besuch von vorneherein das große Interesse erkennen, das diesem Thema von Seiten der Produzenten und Händler Wiens seit jeher entgegengebracht wurde.
Von der Annahme ausgehend, dass dem österreichischen Staat das freie Verfügungsrecht über die hofärarischen Baulichkeiten zusteht, wäre es nicht uninteressant, sich mit dem Problem zu beschäftigen, eines dieser Gebäude und zwar die ehemaligen k. k. Hofstallungen, in einer dem Staate sowie der Stadt Wien enormen Nutzen abwerfenden Weise zu exploitieren
Es ist zwar geplant in den Hofstallungen die „Wiener Messe“ zu etablieren, doch steht einem on dit zu Folge deren Durchführung in weiter Ferne, so dass der dafür gedachte Herbsttermin 1921 nicht in Betracht zu ziehen sei, weil die Vorbedingungen, Unterbringung der fremden Messebesucher, wegen unserer Wohnungsnot keine Lösung finden kann.
Derzeit beherbergen die Stallungen den sozialistischen Fuhrwerksbetrieb mit dem nötigen Stallpersonal, zirka 80 Paar Pferden und den Wagenpark, ferner die Schule der Sicherheitswache, was entschieden keine lukrative Ausnutzung der weitläufigen Gebäude beinhaltet.
Wenn nun der Staat mit Zuhilfenahme einiger Banken den Hofstallkomplex zu demolieren, stünde eine enorme freie Fläche zur Verfügung oder man verkauft sie. Egal welche Überlegungen angestellt wurden, die Kosten würden beträchtlich sein. So kam man wieder zum Projekt „Wiener Messe“ zurück.
1921 wurde nicht nur die Rotunde für Messezwecke verwendet nun kamen noch die Hofstallungen dazu die als Messepalast bezeichnet und eine eigene Haltestelle bekam.
Ein Befürworter der Wiener Messe, der sich dafür sehr eingesetzt hatte, da er die Verwirklichung des Projektes für eine Lebensnotwendigkeit für Wien.hielt war Dr. L. M. Blasel „Gerade jetzt wo die .Sache spruchreif werden soll, sehe ich wie die ganze Anlage verpfuscht wird, so dass man nur mit größter Sorge an das Ende denken muss, Eine Messe ist eine Ausstellung, es müssen hohe Ausstellungsfachmänner herangezogen werden und in der Leitung vertreten sein, soll das äußere Ansehen und die Technik nicht versagen, ebenso muss die Reklame von diesen Fachmännern gemacht werden. Jeder Ausstellungsfachmann wird natürlich das Unglücksprojekt, die Messe in das Winkelwerk der seligen Hofstallungen zu verlegen, als grotesk empfinden. Hätten wir nichts anderes, so müsste man eben ein Messegebäude bauen, oder die Sache einstweilen stehen lassen. Nun haben wir das Ideal, das Muster eines Messegebäudes, um das uns die ganze Welt beneidet, die Rotunde. Man kann alles aus ihr machen, alle Kombinationen von einer Halle bis zum Riesenkomplex des ganzen Baues, mit dem herrlichen Park für alle Objekte, die im Freien auszustellen sind. Die Straßenbahn führt von zwei Seiten bis zu den Toren der Rotunde und zwar die Linie A, L, M, H, H2 und 4, durch Umsteigen am Praterstern auch noch die Linien 2, 5, C. Sie ist das einzige Wiener Objekt, das mit allen Bahnhöfen direkt verbunden ist, was für viele Messebesucher, die nur auf einen Tag nach Wien kommen, von großer Wichtigkeit ist. Aber weil alles für diesen genialen Bau einer weiter und großzügiger blickenden Leitung der Weltausstellung spricht, darf es nicht gemacht werden, weil ein Querkopf sich ins Winkelwerk der Hofstallungen wohlfühlt. Man will sie doch benützen und dort eine Sommernachtsredoute veranstalten. Es ist überhaupt bezeichnend, dass der Vergnügungsteil ebenso intensiv als reklamehaft betrieben wird und ich habe das Gefühl, dass von der Messe eine Gschnasausstellung übrig bleiben wird, im letzten Augenblick zusammengestoppelt, um einen Vorwand für Theaterrummel und Redouten zu haben, womit natürlich das ganze Projekt begraben ist.
Die Summe, die die Messe AG., angeblich hat, soll 50 Millionen betragen.....“..... „Es wäre doch zu betrüblich, wenn die Messe in das Fahrwasser der Adria Ausstellung geraten würde, auf dem besten Weg dazu ist sie...“
Bezeichnend für die Kopflosigkeit und Sachunkenntnis, mit denen in Wien noch immer – auch bei den bedeutsamsten und wertvollsten Aktionen - vorgegangen wird, ist, dass man anlässlich eines im Rahmen einer politischen Partei gehaltenen Vortrages über die Wiener Messe erfuhr, dass mit dieser auch ein – internationaler Journalistenkongreß verbunden werden soll. Nur die Journalisten wissen davon nichts....
Die Wiener Messe ist aus der Initiative einer Gruppe von Industriellen und Gewerbetreibenden hervorgegangen, die im Februar 1921 mit einem Aufruf: „Bauet die Wiener Messe!“ an die Öffentlichkeit trat. Gezeichnet von Komm.-Rat Ernst Hochmuth, Kammerrat Karl Sarg, Komm.-Rat Franz Zeller, dem sozialdemokratischen Gemeinderat Julius Müller und dem Staatssekretär a. D. Ing. Hans Zerdik. Angeschlossen hatte sich noch Eduard Heinl Handelsminister, Jakob Reumann, Bürgermeister von Wien....
1922 wurde im neuen Messepalast eine Luxusartikelmesse abgehalten.
1930 war zu bemerken, dass wichtige Firmen die Wiener Messe brüskierten und nicht mehr ausstellten. Der Grund, viele Besucher kamen nur, um die Hofstallungen zu sehen, weniger die Objekte die ihnen angepriesen wurden. Oder es wurden Luxusmöbel ausgestellt, die sich Menschen zu dieser Zeit nicht leisten konnten, lieber eine Sitzgelegenheit bevorzugten, die man zu einem Bett umgestalten konnte.
Die Hotelmöbelmesse war total ausgefallen, die Kojen haben sich daher die Franzosen gemietet.
Die Zahl der Aussteller der Porzellanbranche ist gleichfalls stark zurückgefallen. Der Grund soll in den vielen Insolvenzen der bekanntesten Firmen liegen. Ein Aussteller von Keramikgegenständen befürchtet, dass er nicht einmal die Miete von 500 Schilling verdienen wird.
Die meisten Unternehmer kamen zu der Ansicht, dass ihnen die Wiener Messe keinerlei Vorteile brachte, und das Geld besser verwertet werden könnte.
Einer der größten Uhrenunternehmer hat ebenfalls sich von der Wiener Messe verabschiedet und stellt nicht mehr aus. Die bedeutendste österreichische Parfümerie Firma ist von der Messe verschwunden.
Nur eine Abteilung wurde gestürmt, die der Lebensmittel wo Kostproben verabreicht wurden, Das Gedränge wurde so arg, ja lebensgefährlich.
Der Eintritt eines Einmalbesuches kostete 3 Schilling und war außerordentlich hoch zu bezeichnen.
Nachdem auch der Messepalast ausgedient hatte, wurden neue Pläne geschmiedet. Man will unbedingt auffallen, es soll eine moderne Note dazukommen. So wollte man wieder einmal hoch hinaus und das durch einen Turm inmitten des barocken Komplexes der Hofstallungen. Dieser entfachte eine Kontroverse, die so lange anhielt bis der Turm der Vergangenheit angehörte. Doch was sich in der barocken Harmonie Fischer von Erlachs eingenistet hatte ist genau so ein Missgriff, zwei Bauungetüme und neuerlich wird schon wieder von einem Umbau mit Turm gefaselt. Türme in historischer Umgebung sind unerwünscht! Man hat scheinbar noch immer nicht begriffen wie zerstörerisch die unansehnliche Modernisierung auf die herrliche barocke Umwelt wirkt. Und unser Denkmalamt hinkt mit den Gesetzen unfähig und machtlos hinterher und muss zusehen wie all das Schöne dieser Stadt dahinschwindet. Leider fehlt der meist zugewanderten Bevölkerung die innige Beziehung zu Wien, daher ist das Interesse für die Vorgänge in dieser Stadt sehr gering.
Quellen: Neues 8 Uhr Blatt, 10. Dezember 1918, S 2, Wiener Landwirtschafts Zeitung, 1. Jänner 1919, S 1, Die Freiheit, 9. September 1930, S 3, Czernowitzer Tagblatt, 18. Dezember 1918, S 3, Drogisten Zeitung, 26. Juni 1920, S 5, Wiener Montags Journal, 7. März 1921, S 3, 16. Mai 1921, S 4, Der Architekt 1921 Ht S, 56, 57, 58,Bilder, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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