JOHANN PHILIPP PALM#

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1906: Der Buchhändler Johann Philipp Palm, der vor hundert Jahren am 26. August 1806, auf Napoleons Befehl hingerichtet wurde, wurde nicht nur durch sein furchtbares Schicksal, sondern vor allem durch seine Charakterstärke berühmt.

Johann Philipp Palm war am 18. Dezember 1766 als Sohn eines Apothekers in Winterbach bei Schorndorf geboren. Trat dann als Lehrling bei seinem Onkel Johann Jakob Palm in die Buchhandlung in Ansbach ein. Später übernahm er als Schwiegersohn des Buchhändlers Stein in Nürnberg dessen Buchhandlung.

Zu dieser Zeit war das Buchhändlergewerbe mit Risiken verbunden, wenn man wie Palm zu den kühnen Männern zählte, und nicht vor Unannehmlichkeiten zurückschreckte und Broschüren mit gewagtem Inhalt zum Verkauf anbot, die für damaliger Zeit als gefährlich angesehen wurden.

So war er im Jahr 1798 wegen einer Broschüre „Über öffentliche Lehranstalten, insbesondere Lektionskataloge auf Universitäten“, in Salzburg verhaftet und erst auf dringende Reklamation seiner Gattin wieder frei gekommen. Dasselbe war ihm im Jahr 1800 in Basel passiert. Dort rettete ihn die Verwendung des Rates von Nürnberg.

Es war im Frühjahr 1806, als in Süddeutschland eine Flugschrift mit dem Titel „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“ anonym im Palmschen Verlag erschien.

Darin wurde Napoleon I., und das Benehmen der französischen Truppen in Bayern einer harten Kritik unterworfen. Palm selbst soll den Inhalt der Schrift nicht gekannt haben. Man vermutete hinter dem Verfasser der Schrift einflussreiche Persönlichkeiten, durch die sich Palm geschützt fühlte, und dass ihm als Bürger einer ehemals freien Reichsstadt, nichts passieren könnte, wenn auch das Land damals vollkommen von Franzosen besetzt war.

Napoleon, der schon lange auf politische Broschüren, ein wachsames Auge hatte, hatte an Talleyrand die Weisung ergehen lassen: „Alle Pamphlete, die in Deutschland Verbreitung finden, kommen aus der Stadt Nürnberg. Tun Sie dem Rat der Stadt zu wissen, dass, wenn er nicht sofort den Buchhändler verhaften lässt und alle diese Broschüren verbrennen, ich die Stadt Nürnberg, ehe Deutschland geräumt wird, exemplarisch bestrafen werde.“

Palm hielt sich gerade in München auf, als in solcher Weise gegen ihn in Nürnberg vorgegangen wurde. Die Nürnberger Regierung hatte ihm sogar eine geheime Warnung zugehen lassen.

Palm, der sich durch die einflussreichen Hintermänner gestützt und geschützt fühlte, dass er die Gefahr in der er schwebte weder erkannte noch sich einschüchtern lassen, und außerdem zu seiner Gattin heimkehren wollte. So kehrte er ohne Bedenken heim, anstatt sich zu seinem Onkel nach Ansbach zu begeben, wo er unter preußischem Schutz wahrscheinlich vollkommen sicher gewesen wäre, ging er geradeaus in sein Verderben.

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Österr. Illustrierte Zeitung

Im Haus hielt Palm sich in einem Raum im oberen Stock verborgen, ahnte aber nicht, dass ein Bettlerjunge von den Franzosen missbraucht wurde, die ihn mit einem gefälschten Brief in die Buchhandlung schickten, um ein Almosen zu erbitten. Der Gehilfe naiv, ließ den Jungen mit dem angeblichen Brief in den Oberstock gehen wo er von Palm eine Spende bekam. Kaum war der Knabe gegangen, als sich Gendarmen beim erschrockenen Palm einfanden um ihn zu verhaften.

Vergeblich versuchte die Gemahlin ihren Mann dazu zu bewegen den wahren Verfasser der inkriminierten Schrift anzugeben, damit er seine Lage damit etwas zu mildern. Palm beharrte jedoch sein Wort gegeben zu haben, und wollte denjenigen der Frau und Kinder hatte, nicht ins Verderben stürzen. Und Palm hielt sein Wort.

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Österr.Ill.Zeitung

Palm wurde nach Braunau an der österreichisch-bayerischen Grenze gebracht, wo die Aburteilung stattfinden sollte. Dass seine Hinrichtung befohlen und beschlossen worden war, bevor noch das Urteil gesprochen gewesen, ist sicher. In Braunau vertraute ein im Pfarrhaus einquartierter Kapitän dem katholischen Stadtpfarrer Pöschel vor der Ankunft Palms und seiner Gefährten an, dass sie in Braunau erschossen werden sollten. Die Garnison dieser österreichischen Grenzfestung, welche die Franzosen besetzt hielten, war zum Schutz des Kriegsgerichtes um 3000 Mann vermehrt worden. Am Hinrichtungstag Palms rückte noch ein Reiterregiment ein und die Kanoniere standen mit brennenden Lunten auf den Wällen – Beweis genug, wie man den Volksgeist zu fürchten alle Ursache hatte.

Mit Palm sind noch fünf andere deutsche Männer am 25. August 1806 in Braunau zum Tod durch Erschießen verurteilt worden: der Weinwirt Schoderer von Donauwörth, der Gastwirt Merkel von Neckarsulm, Janisch, Kommis in der Stage Buchhandlung zu Augsburg, Eurich, Buchhändler in Linz, Kupfer, Buchhändler in Wien.

Schoderer und Merkel waren am gleichen Tag verhaftet worden, wie Palm und auch nach Braunau geschafft worden, die anderen waren der Verhaftung durch die Flucht entgangen. Schoderer und Merkel aber konnten durch die bayerische Regierung gerettet werden, bei Palm war es unmöglich, da er von Geburt Württemberger war. Jene beiden wurden der Regierung ihres Landes überwiesen, damit diese die geeignete Strafe an ihnen vollziehe. So kamen sie mit dem bloßen Schreck davon.

Palm aber wurde am Tag nach der Urteilsfällung, am 26. August 1806, erschossen. Um 11 Uhr vormittags wurde das Urteil vollstreckt. Er starb wie ein Held, und die letzten Stunden bewiesen seine Charakterstärke. Seine letzten Zeilen an seine Familie lauteten: „Herzensschatz! Herzlich geliebte Kinder! Von Menschen aber nicht von Gott verlassen, urteilte ein hiesiges Militärgericht über mich, nachdem ich nur zwei Verhöre hatte. Dir, Herzensfrau, sage ich tausend Dank für Deine Liebe; tröste Dich mit Gott und und vergesse mich nicht. Ich habe auf der Welt nun nichts mehr zu sagen; aber dort desto mehr. Lebe wohl, Du und Deine Kinder. Gott segne Dich und sie. Empfehle mich dem Herrn und der Frau Schwägerin und allen Freunden, denen ich für ihre Güte und Liebe danke.“

So starb Palm, ohne den Namen dessen zu verraten, der die Flugschrift, für die er sterben musste, verfasst hatte. Ein ganzes Jahrhundert hat man seitdem vergeblich geforscht, mit Bestimmtheit ist der Verfasser nicht ermittelt worden. Zwar hat man angenommen, der Autor sei der Professor und emeritierte gräflich Rechternsche Rat Yelin von Winterhausen bei Würzburg gewesen, dann wurde der Graf Julius Soden als Urheber der Schrift genannt, der ein eifriger Publizist war und in seinen späteren Arbeiten wohl Gedanken veröffentlichte, die den in jener Broschüre niedergelegten verwandt waren. Auch ist es sicher, dass er mit Palm in Beziehung stand.

Es ist jedenfalls verwunderlich, dass der Verfasser nicht den Mut hatte, sich zu bekennen. Die Hinrichtung erfolgte allzu schnell.

Und das empfand man auch in ganz Deutschland. Und wenn Napoleon seine Macht durch diese Füselierung eines Patrioten und charaktervollen Mannes zu befestigen gehofft, so hatte er sich bitter getäuscht. Aus der Erbitterung über die Ermordung Palms wuchsen die Kraft und Energie, die zur Besiegung des korsischen Eroberers führten. Die brutale Tat erregte im deutschen Volk die allgemeine gerechte Entrüstung und grimmigen Hass gegen den rohen Gewalthaber und seine feigen Schergen. Und mehr als die Broschüre, für welche Palm litt, hat sein Tod den Deutschen das Bewusstsein ihrer tiefen Erniedrigung offenbart.

Die Stätte, wo Palm sein Leben ließ, ziert ein schönes Bronzestandbild des Patrioten, und auch sein Haus in Nürnberg ist durch eine Gedenktafel ausgezeichnet.

QUELLE: Österreichische Illustrierte Zeitung, 26. August 1906, S 18. daraus auch die Bilder, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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