JOHANN VICTOR KRÄMER#
Zur Jahrhundertwende hielt sich der österreichische Orientmaler und Mitbegründer der Wiener Sezession Johann Victor Krämer in Jerusalem auf um zwei weitere Gemälde zum Ensemble der Salon Ausstattung und zwar Porträts von Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stephanie anzufertigen. Während seines Aufenthaltes in Palästina vom April 1899 bis August 1900, dabei diente ihm das österreichische Hospiz in Jerusalem als Wohn- und Arbeitsstätte. Hier hatte er sich mit Erlaubnis des Rektors ein Atelier eingerichtet. Oft hielt er sich mit seiner Staffelei auf der Dachterrasse auf von der es ein herrliches Panorama der Jerusalemer Stadtumgebung gab, die er oft in seine Bilder einfließen ließ. Die Atmosphäre dieser historischen Stadt liebte er um seine religiösen Bilder verwirklichen zu können. Eine gerasterte Vorlage die vom letzten Besuch Kronprinz Rudolfs 1881 existierte, diente ihm als Vorlage.
Johann Victor Krämer wurde am 23. August 1861 in Wien geboren, verlebte aber seine Jugendjahre in Adamsthal 14 km von Brünn entfernt, wo sein Vater die Liechtenstein Maschinenfabrik leitete. Bereits seit dem 15. Jahrhundert gab es Hammer und Eisenwerke aufgrund der nahen Eisenerzfunde. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts neuer Name nach dem Besitzer Adam Fürst von Liechtenstein. In der neugotischen Pfarrkirche Hl. Barbara , befindet sich ein berühmter spätgotischer Schnitzaltar, dessen Mittelschrein bis 1853 sich in der Stiftskirche Zwettl /NÖ, befand, erwarb nach einigen Irrwegen Alois Fürst von und zu Liechtenstein für seine Patronatskirche. Ein Meisterwerk der Spätgotik stellt Himmelfahrt Marias dar.
Ein Bauer entdeckte 1881 bei Adamsthal eine prachtvolle Tropfsteinhöhle, deren Dimensionen einer großen Kirche entsprach. Die Stalaktiten und Stalagmiten sind schneeweiß und besitzen eine Länge von 3 bis 6 Fuß.
Als kleiner Junge saß Krämer auf den Stufen des Adamsthaler Schlosses, wo er für andere Kinder Märchenbilder zeichnete. Das dürfte dem Schlossherrn nicht entgangen zu sein und er wusste wohin der talentierte Knabe ausgebildet werden musste. Nach Absolvierung der Realschule kam der junge Krämer an die Kunstgewerbeschule nach Wien und dann an die Akademie der bildenden Künste. Seine Lehrer waren Laufberger, Griepenkerl, Wurzinger, Eisenmenger und Leopold Karl Müller. Dieser Künstler war es, der in den jungen Maler das Interesse für den Orient weckte und dem Einfluss Prof. Müllers war es auch zuzuschreiben, dass Krämer Reisen nach Palästina, Ägypten und Nordafrika unternahm.
Eine große Anzahl von Gemälden war das Ergebnis seiner Kunstfahrten. Jene Bilder die am Rand der Wüste oder an den Ufern des Toten Meeres entstanden, strömen eine wundervolle Stimmung aus. Die Landschaften des Orients sagten ihm künstlerisch mehr zu als die Gebirgswelt, die ihm den Horizont, die verdämmernde Weite nahm.
In Ägypten ritt der Wiener Maler Monate hindurch Tag für Tag zwei Stunden weit zu den Ruinen von Abu Simbel, um dort zu arbeiten. In Memphis und Luxor hielt er in seinen Bildern die Baudenkmäler vergangener Jahrtausende fest.
Auf einem seiner Bilder, das eine Uferlandschaft am Toten Meer darstellt, ist ein Schakal zu erkennen, mit dem es eine eigene Bewandtnis hat. Dieses Wüstentier hatte sich, neugierig Ausschau haltend, in die Nähe des vor der Staffelei arbeitenden Künstler geschlichen. Mohammed Raschid, der Diener und Dolmetsch des Malers, erschoss das Tier. Als nach einer Stunde beim Schakal die Totenstarre eingetreten war, wurde er an jene Stelle gestellt die er zuletzt eingenommen hatte und dort musste er nun als Modell dienen.
1917 wurde dem Künstler von Kaiser Karl der Professorentitel verliehen, seine Bilder befinden sich in den Kunstgalerien fast aller Erdteile. Ein Gemälde Luegers hängt im Rathaus und auch in vielen anderen Wiener Repräsentationsgebäuden sind Werke dieses Malers zu finden, der zu den besten der Wiener Schule zählt. Seine dunklen Locken sind nun weiß, aber seine Hände die so Schönes zu schaffen vermögen sind jung geblieben.
Hermann Bahr der 1888 oder 1889 in Madrid aufhielt und das Prado Museum besuchte, fiel ihm ein Besucher auf, der seiner schwarzen Mähne nach ein Künstler sein musste. Der Dunkelhaarige der in den Anblick von Gemälden Velasquez vertieft war, schien die Umwelt versunken im Banne dieser Gemälde und Farben zu sein,
Bahr erwähnte dieses Museums Erlebnis in einem Brief den er nach Wien sandte und mahnte darin, dass man sich an so einem Künstler ein Beispiel nehmen sollte.
Bahr der Linzer, der in Madrid mit seinem blonden Lockenkopf selbst eine auffallende Erscheinung darstellte, traf zufällig mit dem dunkelhaarigen Jüngling wieder zusammen und zwar vor einem Buchladen wo sie sich gegenseitig musterten und einander zulächelten..
Als Bahr wenig später mit einigen spanischen Literaten in einem Kaffeehaus saß, betrat plötzlich der unbekannte Künstler das Lokal. Bahr erkundigte sich beim Kellner wer dieser Herr sei. Doch der wusste nur, das es sich um einen ausländischen Maler handelte. Bahr vermutete, dass es sich hier wohl nur um einen Russen handeln könnte.und ließ durch den Kellner einige Zeilen auf Russisch dem Rätselhaften zukommen. Doch dieser verstand kein Russisch, erhob sich aber und begab sich zu dem Absender und erklärte dem Schriftsteller auf Französisch, dass er ein Wiener sei. Bahr war erfreut hier einen Landsmann zu treffen, gab sich selbst zu erkennen. So begann eine herzliche Freundschaft zwischen dem Schriftsteller und dem Maler.
Krämer hatte vor, nach Nordafrika zu reisen und Bahr entschloss sich ihn dorthin zu begleiten, denn in Madrid war es ihm zu kalt. Beide waren auffallende Gestalten und erregten überall großes Aufsehen. In Sevilla geschah es dass ein vor seinem Laden stehender Barbier den beiden „Apostelhäuptern“ zurief, „Kommt herein, heiliger Petrus und Paulus!“ Die Künstler beeilten sich aus der Gefahrenzone des Friseurs zu enteilen. Doch in Tanger konnten sie ihrem Schicksal nicht entrinnen. Als sie im Speisesaal ihres Hotels dann ihre gewohnten Plätze einnehmen wollten wurden sie vom Kellner der sie nicht wieder erkannte verwiesen.
Johann Victor Krämer überlebte seinen Freund und residierte im Wiener 9. Bezirk , konnte trotz des hohen Alters noch immer seine Kunst ausüben
Im Künstlerhaus fand 1888 eine Österreich Ausstellung statt in der auch Johann Victor Krämer vertreten war: „...ziemlich kühl lässt die „Kreuzabnahme“ von Unierzynski. Wir ziehen die von Krämer entschieden vor. Krämer ist ein erstaunlich junger Mann. Der Katalog teilt uns mit, dass derselbe das sechsundzwanzigste Jahr noch nicht erreicht hat. Hier offenbart sich uns ein trefflicher Maler. Ob auch ein Künstler? Wir wagen es nicht zu behaupten. Hier gibt es nichts Ringendes, Gehrendes, Schäumendes; der geschickte Jüngling ist nicht nur im Vollbesitz der Technik, er schreibt auch sozusagen einen ausgeschriebenen Stil. So große Vorzüge auch die Komposition haben mag, sie ist eher anempfunden als empfunden, ja sie geht sogar in ihrer Scheu vor dem Originalen, so weit, dass sie uns in mannigfachen Zügen an mannigfache Darstellungen desselben Themas von Seiten klassischer Meister erinnert...“
Das gleiche Thema in einem anderen Blatt: „...Zwei Gemälde sind es eigentlich nur welche in diesem Unterzweige der Malerei unsere Aufmerksamkeit besonders erregen;: das eine rührt von Johann V. Krämer, das andere von Julius Schmid her, und beide haben die „Kreuzabnahme“ zum Gegenstand. Krämers Gemälde, in Öl ausgeführt, zeichnet sich durch dramatisch bewegte Komposition und kräftige Farbgebung aus, wenngleich letztere noch eine gewisse Unruhe verrät – mit Recht wurde dem Künstler für dieses Werk der Reichel Künstlerpreis 1887 zuerkannt, den Rom Preis 1888 und die Karl Lueger Medaille 1898.
Im Oktober 1906 gab es im Oberösterreichischen Kunstverein eine Johann Victor Krämer Kollektivausstellung und Ed. Haas schreibt darüber im Linzer Volksblatt: „Johann V. Krämer ist wirklich ein gefährlicher Mensch, wir hatten kaum je einen gefährlicheren in diesen Appartements, ein Farben Feuerwerker sondergleichen, festesfreudige Illumination an allen Ecken und Enden, keine harmlosen elektrischen Glühbirnen jedoch, durchwegs offene, flackernde Lämpchen, nähert man sich ihnen, fängt man auch schon Feuer. Darum Vorsicht!...
Mit der eisernen Ruhe und Kaltblütigkeit eines Historikers beinahe wollen wir uns dem seltsamen Fremdling, dem Gast nähern. Zunächst etwas über dem Künstler, dann über seine Kunst. Johann Victor Krämer ist im Jahr 1861 in Wien geboren er ist Schüler des Orientmalers Prof. Leopold Karl Müller an der Wiener Akademie. Mit seinem Bild „Urteil des Paris“, das Mr. Wallis in London erwarb, verdiente er sich ein Staatsreisestipendium, das er zu einer zweijährigen Künstlerfahrt durch England, Frankreich, Spanien. Marokko. Algier, Tunis und Italien verwendete. Reich mit Beute beladen kehrte er in die Heimat zurück. Eine Unmenge dieser Trophäen hängt draußen in der Ausstellung, ebenso sein nächstes großes Werk der „Nymphentanz“. Und wieder packte ihn die Wanderlust. Diesmal ging er nach Ägypten und Palästina. Dort traf Krämer just mit den oberösterreichischen Pilgern, an ihrer Spitze unser Herr Bischof, zusammen. Auch in dem sonnigen Sizilien weilte er einmal mit Josef Engelhart und Theodor von Hörmann und zu wiederholten Malen, auch allein. Eine Landschaft von dort „Garten im Sonnenschein“ befindet sich in der modernen Galerie. „Die Mohnblumen“ anlässlich einer Ausstellung im Künstlerhaus mit der goldenen Medaille ausgezeichnet, sind im Besitz des Zentraldirektors E. Wittgenstein. Seine letzten Reisen führten den Künstler nach den ionischen Inseln (Korfu) und nach Griechenland. Viele hielten den Künstler wegen seines Aussehens und dem Hang zum Süden, für einen Südländer.
Dann und wann ein heimatlicher Zug, Grundstimmung orientalisch, religiös, mystisch. So behandeln denn auch seine Hauptwerke, seine äußerlich erfolgreichsten Schöpfungen biblische, , orientalische Themen – ein Orientmaler verfällt wohl stets instinktiv auf dieses Sujekt, er kann ihm nicht entrinnen. Die „Kreuzabnahme“ Krämers, die für die englische Nationalgalerie in Sidney in Australien erworben wurde, „Die Ehebrecherin vor Christus“ ging nach Amerika. „Himmelfahrt Christi“ malte der Künstler im Auftrag des regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein für die Kirche in Wildenschwert, ebenso eine hl. Barbara, Die „Verehrung“ hängt in der Prager Galerie. Das Bild „Christus und die beiden Schwestern“ (Maria und Martha) ist derzeit in London ausgestellt. Eine „Verkündigung Mariä“ befindet sich, wie die meisten der Krämerischen Werke, so der mit der goldenen Erzh. Karl Ludwig Medaille ausgezeichnete „Abend in Taormina“ und eine Serie Szenen aus den „Eisenwerken in Kladno“ im Besitz des Zentral-Direktors E. Wittgenstein. Bei all diesen Gemälden handelt es sich um großflächige Bilder mit lebensgroßen Figuren – um Monumentalwerke?...
Im zweiten Teil der Ausstellung zu Krämers Kunst, diesmal als Porträtist, Landschafts- und Interieurmaler, Genre- und Stilllebenmaler, ihn interessieren Akte, Tierstudien, Architektur, ethnologische und selbst etymologische Studien, auch als stilisierenden Illustrator haben wir Gelegenheit, ihn kennen zu lernen. Kann es einen vielseitigeren Künstler geben? Und dabei haben wir sein Hauptproduktionsgebiet noch gar nicht berührt – der Medaillen behangene religiöse Maler Krämer gehört doch wohl an die erste Stelle. Wann wurde auch je in Linz der hochwürdige Herr Bischof zur Eröffnung einer Kunstausstellung eingeladen? Ich glaube nie!
Diesmal war der Herr Bischof über Einladung bei der Eröffnung und Herr Krämer selbst übernahm eifrigst die Führung. Wieso das? Nun ja, der Gast aus Wien ist doch christlicher, religiöser Maler - möchte es wenigstens sein in dem Saal, in welchen derr Herr Bischof geführt wurde. Da hängen „Der gute Hirt“, „Christus und Magdalena“, „Im Garten zu Nazareth“ und „Simson und Delila“, „Kreuzigung Christi“, „Mater dolorosa“ und „Christuskopf mit landschaftlichem Hintergrund“. Das sind so die vornehmsten Werke - die früher zitierten kennen wir leider nicht – nach denen wir Krämer den religiösen, den biblischen Maler zu beurteilen haben......“
„...Wahre Kunst ist der weibliche Akt „Frühling“ Krämers. Da er in seiner zarten Reinheit alle Anforderungen erfüllt, die man an ein solches Bildwerk zu stellen berechtigt ist, so liegt kein Grund vor, der uneingeschränkten Anerkennung dieses echten Kunstwerkes uns zu enthalten. In diesem gut stilisierten Körper mit dem weichen, keineswegs sinnlichen Fleischton beherrscht die künstlerische Lösung der allegorischen Idee keuscher, Frühlings gleicher Frauenhoheit das körperliche Problem, die edle seelische, aus die Natur hinüber spielende Stimmung behält ausschlaggebend die Oberhand. Dass Krämer ein solch heikles Thema in derartig diffiziler, echt künstlerischer Weise löst, macht ihn uns in hohem Grad sympathisch.
Krämer bedient sich gerne verschiedener Techniken die er alle gleich gut beherrscht so auch als Porträtist. Einmal, so in dem trefflichen Bild „Exzellenz Dr. v. Stremayr“ und Minister Grafen Bylandt-Rheidt. Die Kunst dieses Malers war eine interessante Bekanntschaft.“
Später kamen noch Statthalter Bienerth- Schmerling, Freiherr von Chlumecky, sowie Geschichtsforscher Theodor von Sickel hinzu 1946 Das Wiener Künstlerhaus hat kürzlich einem seiner ältesten Mitglieder, dem 85 jährigen Maler Professor Johann Victor Krämer den goldenen Lorbeerzweig der Künstlergenossenschaft überreicht. Der greise Künstler.der noch in der jüngeren Ausstellung des Künstlerhauses mit zahlreichen Studien aus Ägypten und Palästina vertreten war, ist der letzte österreichische Orientmaler, deren Reihe mit Leopold Karl Müller begann und in Charles Wilda und Alfons Mielich und dem vor kurzem in Graz verstorbenen Leo Diet ihre Fortsetzung fand.
Das Leben des vielseitigen Malers endete am 6. Mai 1949 in Wien nach langem, schweren Leiden im 88. Lebensjahr. Der oftmals Ausgezeichnete errang 1925 den Ehrenpreis der Stadt Wien, 1926 für die „Flucht nach Ägypten“ den Staatspreis. Dann wurde es allmählich still um den greisen Künstler der mit der Fertigstellung seines neun Mappen umfassenden illustrierten Werkes „Reiseerinnerungen aus Ägypten und Palästina“ beschäftigt war.
In den Auktionshäusern wird so manches seiner Werke angeboten.
QUELLEN: Reiseleiter, Ernst Schremmer, Mit Szepter und Pilgerstab, Dagmar Redl, Linzer Volksblatt, 23. Oktober 1906, S 1, 25. Oktober 2906, S 1, Österr, Kunst Chronik 25. April 1888, S 4, Wiener Presse , 26. März 1888, S 1, Wiener Zeitung, 11. Mai 1949, S 3. Ill. Kronen Zeitung, 31. Juli 1941, S 5, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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