KAISER JUBILÄUMSKIRCHE#
Das neue Wien, das seit der Vereinigung der Vororte mit der alten Stadt mächtig emporwächst, besitzt in den neuen Bezirken zu wenig Kirchen, um dem Bedürfnis der stetig wachsenden Bevölkerung zu genügen.
Noch im Jahr 1856 war Breitensee ein Ort mit 43 Häusern und 770 Einwohnern, jetzt im Jahr 1888, sind es 232 Häuser, mit mehr als 5000 Seelen, darunter 772 Schulkinder. Seit 8 Jahren sind 57 meist größere Häuser dazu gekommen. Diese katholische Gemeinde ist als letzte der ehemaligen sieben Filialen nach dem eine halbe Stunde entfernten Penzing eingepfarrt, während im Ort nur die von dem frommen Spanier Ludwig von Samper errichtete und von seinem Nachfolger im Besitze, dem edlen Wiener Michael Kienmayr, im Jahr 1740 dem öffentlichen Gottesdienst gewidmete Schlosskapelle besteht, welche kaum 50 Personen Raum gewährt. Darum ist der Wunsch der Gemeinde nach einem eigenen entsprechenden Gotteshaus vollkommen berechtigt.
Durch den Besuch des Fürsterzbischof von Wien am 28. August 1884 in Breitensee, ermutigt, in der Sitzung vom 14. Oktober 1884 die Gründung eines Kirchenbauvereines beschlossen wurde.
Im Oktober 1893 hat der Stadtrat in seiner Sitzung vom 20. d.M., das Projekt für den Bau der St. Laurentius-Kirche in Breitensee beraten. Das Projekt wurde genehmigt und beschlossen, dem Laurentius Verein den zwischen der Anton-, Kendler-, und Hauptstraße gelegenen Grund im Ausmaß von 3400 m² für den gesamten Kirchenbau, dann eine Mittelbaustelle für den Pfarrhof durch 10 Jahre zu reservieren.
Der Kirchenbauverein beschloss in seiner 8. Generalversammlung am 4. Mai 1893, dass der Kirchenbau bis 1898 vollendet und ein Denkmal an das 50jährige Regierungsjubiläum Sr. Majestät Kaiser Franz Joseph I., werden soll.
Am 22. April 1896 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung. Mit der Durchführung . des Baues wurde der bekannte Architekt und Baumeister Ludwig Zatzka beauftragt. Er schuf ein Bauwerk im historisierenden Stil mit gotischen Elementen, das wegen seiner ästhetischen Qualitäten im Inneren wie im Äußeren Beachtung verdiene.
Architekt Ludwig Zatzka, der in Zusammenarbeit mit Eduard Zotter ein stattliches christliches Bauwerk entstehen ließen. Da die Spenden nicht sehr großzügig und reichlich flossen, und man den Termin einhalten wollte unterstützten Zatzka selbst und Mitglieder seiner Familie dieses Projekt zusätzlich aus eigenen finanziellen Mitteln und gestalteten die Inneneinrichtung sogar mit.
Zahlreiche Vereinigungen sind darum eifrig bemüht, diesem fühlbaren Mangel abzuhelfen, und so sahen wir vor zwei Wochen die prächtige, neue Kirche in Ottakring ihrer Bestimmung übergeben werden und jetzt auch in Breitensee.
In Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers hat heute am 8. Oktober 1898 die feierliche Consegration der neu erbauten, dem heiligen Laurentius geweihten Kirche in der Kendlergasse in Breitensee stattgefunden. Die im gotischen Stil gebaute Kirche macht einen stattlichen Eindruck. Was das Innere des Gotteshauses anbelangt, ist es den Malern Winter und Richter, welche auch hier, wie in den in diesen Jahren eingeweihten neuen Kirchen auf dem Breitenfeld und in Ottakring, die dekorativen Malereien ausführten, gelungen, Großartiges zu schaffen, obgleich die Gewölbe ohne Skulpturen sind. Durch die Reichhaltigkeit der Motive und die Farbenpracht ist eine Sehenswürdigkeit in der Kirchenmalerei geschaffen worden.
Der Tag wurde von dem ganzen 13. Bezirk festlich begangen. Schon seit gestern prangen alle Häuser im Fahnenschmuck. Auf vielen Balkonen der Villen sieht man die Büste Sr. Majestät des Kaiser oder die Initialen des Allerhöchsten Namenszuges; an vielen Gebäuden sind die unteren Geschosse ganz mit schwarzgelbem und rotweißem Tuche überzogen, an anderen schlingen sich Reisiggirlanden von Fenster zu Fenster. Besonders stattlich nimmt sich der Schmuck der zum Kirchenplatz führenden Kendlergasse aus, in der zu beiden Seiten Mast an Mast steht die mit einander durch Reisiggewinde verbunden sind, während von deren Spitzen Fahnen in den Farben des Reiches und der Stadt flattern.
In den Straßen drängen sich seit dem frühen Morgen eine festtäglich gekleidete Menge. Das Bau Komitee, die Mitglieder des Kirchenbauvereines, die Honoratioren des Bezirkes, die Schuljugend und all die anderen Vereine versammelten sich schon sehr früh vor der Kirche. Um 6 Uhr 15 begann Weihbischof Dr. Schneider die Einweihung, deren Zeremonie etwa zwei Stunden dauerte.
Vor zehn Uhr erschienen die Erzherzöge Otto, Ludwig Victor und Eugen. Um 10 Uhr kam im Hofwagen der Kaiser in Begleitung des Grafen Paar von Schönbrunn hier her und wurde mit brausenden Hochrufen begrüßt.
Beim Kirchenportal empfing Kardinal Fürsterzbischof Dr. Gruscha den Monarchen und reichte Allerhöchstdemselben das Aspergile, worauf sich Se. Majestät im feierlichem Zuge in die Kirche begab. Der Kardinal zelebrierte die heilige Messe Nach deren Beendigung geleitete Statthalter Graf Kielmannsegg den Monarchen in die zweite Sakristei, in der sich jene Persönlichkeiten versammelt hatten, die der Ehre teilhaftig wurden, dem Monarchen vorgestellt zu werden, nämlich: der Obmann des Kirchenbauvereines Ordelt, der Erbauer der Kirche Architekt und Baumeister Stadtrat Zatzka, dem der Kaiser Lob und Anerkennung aussprach: „Sie haben etwas Schönes geschaffen. Ich mache Ihnen mein Kompliment“. Sämtlichen Vereinsmitgliedern, die bei dem Bau beschäftigt gewesenen Künstler, Industriellen, Gewerbetreibenden, Bezirksvorsteher Gusenleithner. Für jeden einzelnen der vorgestellten Herren hatte der Kaiser ein huldvolles Wort.
Nach der Verabschiedung des Monarchen stimmte der Breitenseer Männergesangsverein die Volkshymne an.
Die Einweihung der Kaiser Jubiläumskirche hätte bereits im September stattfinden sollen und wäre zweifellos ein Freudenfest geworden, wenn nicht gerade zu dieser Zeit, am 10. September 1898, Kaiserin Elisabeth in Genf einem Attentat zum Opfer gefallen wäre, und die gesamte Monarchie noch immer im Banne dieses tragischen Ereignisses und Tragödie sich befindet.
Das Kircheninnere ist dreischiffig und lichtdurchflutet. Das Mittelschiff von mächtigen Pfeilern getragen, geht in einen beeindruckenden Chor über, dessen reich bemalte Fenster das Werk von Hans Zatzka, dem Bruder des Baumeisters, sind. An der Orgelempore hat der Baumeister sich selbst mit einer Büste verewigt.
Die Orgel wurde vom k. u. k. Hoforgelbauer Josef Mauracher errichtet und wurde vom Erbauer der Kirche Ludwig Zatzka und seiner Gemahlin gespendet. Sie hat 24 Register, die rund 1.200 Pfeifen bestehen aus Holz oder Metall.
Im Mittelpunkt der reich geschnitzte Hochaltar mit dem von Hans Zatzka gemalte Bild, das die Huldigung Maria mit dem Kind zeigt, umgeben vom hl. Laurentius und dem Namenspatron des Kaisers, dem hl. Franz von Assisi, und Engel die die Insignien des Herrschers, den Wappenschild des Hauses Habsburg und die Kaiserkrone, darbringen.
Im Langhaus noch eine Besonderheit, ein Ölgemälde vor einer gemalten Balustrade, rings von Rosen umgeben, abermals eine Madonna mit dem Kind und zwei Putten, allerdings eine Kopie, anfangs des 18. Jahrhunderts nach einem in der Kathedrale von Barcelona befindlichen Gnadenbild des 15. Jahrhunderts gemalt. Die Kopie wurde 1712 von Ludwig von Sampo, der mit Karl VI., in Spanien gewesen war, nach Wien gebracht und schmückte den Hochaltar in der alten Laurentiuskapelle die 1905 demoliert wurde.
Im rechten Querschiff befindet sich der Altar des hl. Josef mit den Heiligen Franz von Assisi, Karl Borromäus und Elisabeth.
Auffallend sind all die bunten Kirchenfenster, die ein Glasmalerzyklus des Hauses Habsburg darstellen und die „Kreuzesfrömmigkeit“ des Herrschergeschlechtes im Rahmen der Pietas Austriaca, ein zeitloses Kunstwerk das seinesgleichen sucht.Die Entstehung des christlichen Kaisertums, sowie Szenen aus der Geschichte der Habsburger Dynastie, darunter jenes Fenster das eindrucksvoll das Kaiserjubiläum mit den Porträts des Kaiserpaares Franz Joseph I., und Elisabeth präsentiert.
Ein außergewöhniches Schmuckstück stellen die Kirchenfenster dar, die von den Glaswerkstätten Richard Schlein und C. L. Türcke im böhmischen Grottau sowie von der Wiener St. Lukas Glasmalerei von Carl Glössl und Johann Wirnstl angefertigt worden sind. Die großen Glasfenster enthalten jenes Thema dessen Konzept von Ferdinand Ordelt herrührt. Ordelt der aus Mähren stammt, war 1876 als letzter und wichtigster Benefiziat in der alten Laurentiuskapelle nach Breitensee gekommen und wurde zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte des Ortes. Davor war er Erzieher der Söhne des Grafen Hardegg gewesen. Dieser fromme, gebildete Priester, Religionslehrer und Patriot war nicht nur der intensive Befürworter des Kirchenbaues sondern war maßgeblich bei der Pfarreinrichtung beteiligt. Er war es der den Zyklus konzipierte in in acht großen Fenstern, auf rund 140 m² wie die erhabenen Habsburg Kaiser das Kreuz geehrt Rudolf I., Ferdinand II., Karl V., und Leopold I., alle hatten sich und ihr Reich unter den Schutz der Mutter Gottes begeben.
Alfred Roller verewigte sich an den Portalen mit den im Tipanon eingelassenen Mosaikbilder.
QUELLE: Reichspost 2. Juli 1897, S 5,Das Vaterland, 8. Oktober 1898, S 9, Neuigkeitsweltblatt 11. Oktober 1898, S 10, ANNO Österrichische Nationalbibliothek, Fotos und Bildmaterial: I. Ch. Graupp
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