KASINO MONTE CARLO#

Monaco
Monte Carlo 1895

1884: Das kleine Fürstentum Monaco zwischen Nizza und Mentone, auf einen ins Meer ragenden Felsen thronend, scheint Wache über die Küsten Frankreichs und Italiens zu halten. Schon damals berühmt wegen seines Casinos in Monte Carlo, das als „Paradies des Teufels“ bezeichnet, so manchem ins Verderben trieb.

Die Sage berichtet, Herkules sei einst an diesem Gestade gelandet und hätte mit seinen kräftigen Armen die Felsen zusammen gedrückt. Daher auch der Name Portus Herculis, bis später eine griechische Kolonie sich hier festsetzte und ihrer einsamen Lage wegen Monoikos nannte, durch die Italiener dann in Monaco verwandelten, das so viel wie Mönch bedeutet.

Über die älteste Geschichte Monacos ist kaum etwas bekannt. Die Sarazenen, die ab dem 5. Jahrhundert, die Küsten des Mittelmeers unsicher machten, hatten in dem Felsennest einen ausgezeichneten Stützpunkt, bis dann 968 ein anderer Pirat, der den Namen Grimaldi führte, sie verjagte um selbst davon Besitz zu ergreifen. Ab dieser Zeit blieb Monaco Eigentum der Familie Grimaldi; erst als im Jahr 1731 Fürst Anton ohne männlichen Erben starb, ging das Fürstentum an den Grafen Leonard de Goyon-Matignon über, der jedoch als Schwiegersohn des Principe Anton den Namen Grimaldi annehmen musste. Dessen Nachkommen waren derart grausam wenn sie hierher kamen, dass sich Mentone und Roccabruna, die beiden Nachbarortschaften, die seit dem 14. Jahrhundert zu Monaco gehört hatten, sich erhoben und sich für unabhängig erklärten. Dem Fürstengeschlecht blieb nur mehr, als der zwei Quadratmeilen große Felsblock am Meer, ein wunderschönes Stück Land auf dem kaum etwas gedieh. Allmählich entstand aus dem kahlen Felsgestein ein Paradies.

Bereits im Jahr 1858 wandte sich eine Gesellschaft von Spekulanten an den Fürsten Karl III., Honorius mit der Bitte, auf seinem Grund und Boden ein Spieletablissement eröffnen zu dürfen. Ursprünglich wollten sie sich damit in Nizza niederlassen, doch wurde ihnen die Konzession dort verweigert, da bereits in Air les Bains ein solches befand.

Fürst Karl dachte anders über diesen Vorschlag; denn der jährliche Winteraufenthalt in Paris war teuer, und die Societäre der neuen Spielhölle stellten ihm eine nicht unbedeutende Erhöhung seiner Zivilliste in Aussicht. So stimmte er dem Projekt zu, erließ aber zu gleichen Zeit ein Dekret, dass seine sechstausend Untertanen den Spielpalast niemals betreten durften.

Das Spielkasino wurde gegründet, alsbald stellte es sich heraus, dass das vorhandene Kapital nicht ausreicht und so fristete das Institut ein kümmerliches Dasein.

Im Jahr 1872 kam in Deutschland in allen Spieletablissements die Roulett kugel zum Stillstand, doch die Spielleidenschaft lebte weiter.

In dieser Situation sah ein Mann seine Stunde gekommen: Francois Blanc der bisherige Pächter der Homburger Spielbank, der niemals lesen und schreiben gelernt hatte, aber desto genialer im Kopfrechnen war, wegen unsaubere Börsenmanöver sieben Monate im Pariser Gefängnis verbrachte. Passte er nicht ausgezeichnet in das Fürstentum?

Eines schönen Tages traf er in Monaco ein, meldete sich beim Vorsitzenden der „Société anonyme“ und legte 1,700.000 Francs in französischen Staatspapieren auf den Tisch und erklärte dem Überraschten, dass er die Bank kaufen möchte. Am nächsten Morgen war Blanc der Besitzer der Spielbank von Monaco. Einige Zeit darauf war er Gegenstand heftiger Angriffe, denn für die Monegassen war er der Urheber zahlloser Selbstmorde und Familienkatastrophen. Als die Situation für ihn gefährlich wurde, heiratete er ein Stubenmädchen Charlotte Hensel die ihn zur Heirat zwang.

Das kahle Felsgestein machte ab da eine wundersame Metamorphose durch. Eine emsige Tätigkeit setzte ein, aus den Tälern wurden Wagenladungen mit üppiger Humuserde . auf die Plattform des Monte Carlo, dem Berg, dessen fürstlichen Namen er nun trug,, geführt. Nach und nach setzte eine tropische Vegetation ein, Palmengruppen wiegten in sanfter Meeresbrise, betörende Rosendüfte, blühende Geranien, Myrten, Orangenbäume säumten Alleen, Blumen in allen Farbschattierungen und exotische Gewächse vereinigte sich hier zu einem Zauberreich.

Mitten aus dem Blütenhain entstand ein Palast pompös im maurischen Stil gehalten, mit Türmchen, bunten Fassaden, goldenen Gittern und hohen Spiegelfenstern, noch nicht genug der Pracht. Seeseitig fiel der Fels noch immer schroff und steil in die blauen Fluten des Meeres. Über den graugrünen Gestein begannen sich luftige Terrassen mit breiten Sandsteintreppen vom Meer herauf nach dem Plateau führten, marmorne Balustraden fassten die Terrassen ein. Dicht oberhalb des Meeresspiegels ein Rasenplatz für jene die sich an dem Tauben schießen ergötzen konnten.

Somit war das gefährliche, wie auch verlockende Eldorado von Monte Carlo geboren. Und der Geldstrom floss, Fürst Karl bekam von der Administration eine einmalige Abfindung von zirka neun Millionen Francs und damit war die jährlichen Abgabe an ihn erledigt.

Der fürstliche Wohnsitz war bisher eine verfallene Chibellinenburg, nun ist es ein Kaiserschloss, prunkvoll und majestätisch von schönen öffentlichen Bauten umrahmt. Doppelposten der Leibgarde gehen mit geschultertem Gewehr und aufgepflanzten Riesenbajonett vor den Portalen stramm auf und ab.

Albert I., war viel auf Reisen, interessierte sich für Tiefseeforschung und gründete das Ozeanographische Museum. Die Familiengeschichte birgt so manches Geheimnis.

Blanc verlieh seinem Spielpalast den hochtrabenden Namen „Kasino“ und die Verwaltung desselben bekam die passende Bezeichnung „Cercle des Etrangers“.

Monaco
Kasino mit Hotel de Paris

Eine bunte nach Gewinn heischende Gesellschaft die dem Dämon Spiel nicht widerstehen können, oft nicht die Vornehmsten, suchten ihr Glück hier in Monte Carlo.

Die nächsten Erscheinungen an den Spieltischen sind die Croupiers. Unter diesen 200 Croupiers, die während der Hochsaison im Kasino tätig sind, sind die meisten solide Familienväter. Die Administration ist äußerst streng in der Wahl dieser Beamten. Obwohl auch sie ständig unter Aufsicht stehen, so könnten sie genug Gelegenheit zu Veruntreuung finden, wollten sie diese Gelegenheit wahrnehmen. Die Kasino Verwaltung engagiert daher nur Leute, auf deren Ehrlichkeit sie sich verlassen können und bestraft das kleinste Vergehen mit der sofortigen Entlassung. Es ist kein leichter Dienst und sie werden alle zwei Stunden abgelöst, trotzdem brauchen sie Nerven wie Eisen um die erregte Menge, Roulette, das Kartenspiel und das Rateau zu handhaben.

Kasino
Roulette Saal

Nachdem Blanc gestorben und die Bank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden ist, fehlt die treibende Kraft und seit Fürst Karl kein Jahresgehalt mehr aus den Erlösen der grünen Tische bezieht, braucht auch Frankreich sich nicht mehr zu genieren, im geeigneten Augenblick seine mächtige Hand auf das kleine Monte Carlo zu legen, und das könnte in nicht allzu langer Zeit geschehen.

Francois Blanc hatte seiner Witwe und den beiden Töchtern und legitimen Sohn Edmund ein Vermögen von 200 Millionen Goldfranken hinterlassen. Das einstige Stubenmädchen setzte nun alles daran ihre Töchter an Fürsten zu verheiraten. Die Ehe ihrer älteren Tochter Louise mit dem Fürsten Konstantin Radziwill war ihr noch nicht vornehm genug. Die zweitgeborene Mariechen erfüllte Mutters Traum, denn sie heiratete den Prinzen Roland Bonaparte. Dieser musste der Schwiegermutter versprechen das Kaisertum Frankreich wieder zu errichten und sie als Königin von Monaco zu proklamieren. Dafür wurde er in die Gütergemeinschaft seiner jungen Frau eingetragen. Prinzessin Maria Bonaparte starb kurz nach der notariellen Beglaubigung dieses Aktenstückes.

Der Sohn Edmund liebte es in Paris zu leben, war Rennstallbesitzer. Dreimal gelang es seinen Pferden den Grand Prix de Paris zu gewinnen und war eine Berühmtheit.

Ein weiterer natürlicher Sohn Blancs war Camille, der sorgte, dass seine Verwandten, die sich seiner schämten, möglichst viel Geld aus der Quelle schöpften, deren sie sich nicht minder schämten. Camille war stets bedacht sein Aktienpaket zu vergrößern und ließ sich von niemandem in seine Geschäftsführung hineinreden.

So verderblich die Schöpfung des Herrn Blanc der Allgemeinheit ist – den Bewohnern des Fürstentums hat sie großartigen materiellen Nutzen gebracht. Aus der Steinwüste wurde ein prächtiger herrlicher Garten geschaffen worden, aus dem kleinen Fischernest ist eine Stadt von Villen und Hotels entstanden. Monaco reichte bald nicht mehr aus, die Fremden aufzunehmen, die aus aller Welt herbeiströmten um dem Götzen Hazard Opfer zu bringen und so dehnte sich ein Häuserkomplex weiter und weiter aus, bis die Ansiedlung auf dem Monte Carlo mit Monaco und dem nordwestwärts gelegenen freundlichen Condamine, der Veilchenheimat schließlich zu einem Ort verschmolzen ist.

Nicht Fürst Karl sorgte für sein Reich, sondern die Administration des Kasinos. Sie waren es die Straßen und Wege, prächtige Anlagen gründeten, die die Stadt mit Gas versorgte, und vor allem die Steuerfreiheit den Einwohnern brachte. Das geschah wohl auch aus wohl berechneten, egoistischen Interesse.

1899: Erwähnenswert ist das Städtchen Mentone mit seinen 10.000 Einwohnern, welches bis zum Jahr 1848 zum Fürstentum Monaco gehörte, ist seit 1861 bei Frankreich. Es liegt in ganz prächtiger Umgebung am Golf von Mentone, den ein Felsvorsprung in eine östliche Bucht und in eine westliche teilt. Wohin das Auge reicht, dehnen sich Olivenwälder, Orangen- und Zitronenpflanzungen. Von diesen köstlichen Früchten produziert Mentone allein jährlich zirka 50 Millionen Zitronen. Sie ist das Wahrzeichen der Stadt und jedes Jahr im Februar findet das Zitronenfest heuer zum 88. Mal statt, ein weltweit einmaliges Ereignis, dessen fantasievolle Gebilde aus gelb schimmernden südlichen Früchten besteht und seit Jahren ein Anziehungspunkt bis zu 230.000 Besucher anlockte.

Menton
Zitronenfest

Im Land der Zitronen, auf Cap Martin verbrachte die Kaiserin Elisabeth immer einige Wochen und Kaiser Franz Joseph kam sie zu besuchen, machten dann Ausflüge nach Monaco, Franz Joseph besichtigte die Spielsäle wo die Burgschauspielerin Katharina Schratt oft Summen verspielte und Franz Joseph aushelfen musste. Sie besuchten Kaiserin Eugenie und andere adelige Persönlichkeiten oder Verwandte, in Nizza und anderen idyllischen Orten an der Riviera

Cap Martin
Kaiserpaar Archiv Graupp
Menton
Elisabeth Denkmal Cap Martin Archiv: Graupp

Die meisten Spieler verlassen die Spielsäle des Kasinos oft sehr „erleichtert“, aber hin und wieder gibt es einen Glücklichen. Zu diesen Auserwählten zählte Mr. W. Darnbrough, mit einem Reingewinn von nicht weniger als 1,280.000 Mark konnte er die Heimreise nach London antreten, ereignet 1911.

Einer der erfolgreichsten Spieler in Monte Carlo war Wells. Er stand gerade im Zenit seines Ruhmes, als er vor 20 Jahren Monte Carlo aufzusuchen pflegte; damals beschäftigte sich die Öffentlichkeit mit seinem „fabelhaften“ Glück und man beneidete ihn um seine Spielerfolge. Er soll in 10 Tagen an den Spieltischen 800.000 Mark gewonnen haben; dabei hatte er mit einem Kapital von nur 800 Mark begonnen. Aber Wells selbst bestritt stets diese Erfolge und behauptete, sein Gewinn betrage nur 140.000 Mark.

Ein junger Amerikaner, der vor wenigen Jahren das Kasino um 300.000 Mark erleichterte, war zum ersten Mal nach Monte Carlo gekommen und hatte nicht die Absicht zu spielen, doch konnte er nicht wieder abreisen ohne den Spieltempel in Augenschein genommen zu haben, und so ließ er sich zu einem Spiel hinreißen, verlor 18.000 Mark. Statt der Ernüchterung erfasste ihn der Spielrausch, denn es tat ihm um die verlorene Summe leid, und diese wollte er unbedingt wieder zurück haben. Er setzte 300.000 Mark und verlor diese ebenfalls. Der junge Amerikaner holte seine letzten 40.000 Mark aus der Brieftasche und siehe da, das Glück war ihm hold und er begann zu gewinnen. Als er 300.000 Mark gewonnen hatte, war er klug genug so rasch wie möglich Monte Carlo zu verlassen.

1906: Alljährlich im Dezember beginnen die Hotels in Nizza, Mentone, Ventimiglia usw. sich zu füllen, mit dieser Steigerung halten auch die Preise mit. Erst mit dem Karneval in Nizza ist die Riviera Saison zu Ende. In dieser Zeit hat auch das Kasino in Monte Carlo Hochsaison. Über keinen anderen Ort der Welt ist so viel zu berichten wie über Monte Carlo. Wer aller von den Prominenten, Fürstlichkeiten die sich hier ein Stelldichein geben ist dann in den diversen Journalen zu berichten, Skandale, Neureiche und jene die ihr Hab und Gut verloren und den Tod wählen.

Besonders Roulette regt die Fantasie der Menschen an, ein Hauch von Geheimnis umgibt sie, man beneidet jene die sich hier einfinden, hier prachtvolle Villen ihr eigen nennen dürfen, und dazu noch das herrliche Wetter und die Unendlichkeit des Meeres. Ein Traum für jeden, oft bleibt er auch ein Traum.

Die Roulette werden im Kasino gewöhnlich zwischen neun und zehn Uhr vormittags an ihren Platz gebracht, ehe das Publikum in den Saal gelassen wird, untersucht zunächst ein Beamter die Apparate daraufhin, ob sie in genau horizontaler Lage sind. Diese Operation wird von einem garcon de salle mit einem Spiritus-Nivelliergerät vorgenommen.

Strenge Hausgesetze regeln den Verkehr zwischen Beamten und Besuchern. Nach Beginn des Spiels ist es dem Croupiers streng untersagt, sich mit den Spielern in geschäftliche Auseinandersetzungen einzulassen. Dass das Wechseln von Zeichen nicht geduldet wird, ist selbstverständlich. Wer sich nicht daran hält dem kann auch ein Besuch des Kasinos untersagt werden.

Das Interesse der nicht spielenden Kasino Besucher gilt den Croupiers die mit geschäftsmäßiger Gleichgültigkeit und erstaunlicher Geschwindigkeit ihre Geldoperationen vornehmen. Zum Beruf des Croupiers gehören vor allem Gesundheit, scharfe Augen und eine unerschütterliche Selbstbeherrschung. Außerdem muss ein sicherer Blick zum Geldwechseln und Geldzählen erworben sein. Er darf nicht etwa nachrechnen sondern muss fast automatisch wissen, was er zu zahlen hat. Um eine solche Stellung zur Zufriedenheit auszufüllen, ist natürlich eine besondere Vorbildung erforderlich und diese erhalten die angehenden Croupiers in einer Spezialschule. Dieser Unterricht findet während der sechs Sommermonate in den Räumlichkeiten des Klubs für Tauben schießen statt.

Nach erfolgter Anstellung erhalten die Roulette Croupiers ein monatliches Gehalt von 250 Francs und, wenn sie am trente et quarante beschäftigt werden, dreihundert Francs. Die ablösenden Croupiers übernehmen die Tische in einem Turnus von drei zu drei Stunden. An jedem dritten Tag wechseln die Croupiers ihre Spieltische. Als Anwärter für diesen Beruf kommen nur solche Personen in Betracht , die sich mindestens ein Jahr lang im Fürstentum Monaco aufgehalten haben. Beim Dienstantritt wird ein Vertrag vereinbart, wonach die Gesellschaft, ohne dass sie besondere Gründe hierfür angeben muss, den Croupier jederzeit entlassen kann. Widerspenstige werden ganz einfach über die Grenze abgeschoben.

Gegenwärtig sind im Kasino 1800 Personen beschäftigt, an deren Spitze der Präsident des Verwaltungsrates steht. Dein Generaldirektor und drei weitere Direktoren unterstützen den Präsidenten, während den drei Subdirektoren die Überwachung der Spielsäle obliegt. Außer den Chefs de table und de Croupiers bewegen sich noch achtzehn Inspektoren während der Spielzeit in den Sälen und behalten Spieler und Angestellte im Auge. Nur Eingeweihte kennen diese Herren, die mit der Ruhe eines gleichgültigen Zuschauers durch die Säle schlendern.

Betresste Diener stehen an den Tischen und verabreichen den Spielern auf Verlangen Notizblätter. Auffallend, sie haben ihre Blicke immer zu Boden gerichtet, kein Wunder wenn den Spielern Geld zu Boden fällt, und er es nicht reklamiert so gehört es den Dienern.

Ohne Passierschein darf kein Besucher die Spielsäle betreten.

Die beim trente et quarante gebrauchte Karten werden in versiegelten Säcken unter der Aufsicht eines Chefs de la partie hinausgeschafft und in Anwesenheit eines Subdirektors verbrannt.

Bekanntlich erhalten auch Spieler die nachweislich beträchtliche Summen im Kasino verloren haben, außer einem Zehrgeld freie Fahrt nach ihrer Heimat, um so so manchen Selbstmord zu verhindern. Auch sind Beamte damit betraut solchen Spielern zu folgen um sie behufs weiterer Unterstützung dem Direktionsbüro zuzuführen. Weniger bekannt dürfte es aber sein, dass die Bank auch einigen Spielern, die in Monte Carlo ihr Vermögen verloren haben, eine ansehnliche Pension zahlt. Bemerkt sei hier noch, dass es diesen Pensionisten streng verboten ist, am Spiel in den Kasinosälen teilzunehmen.

Im Kasino gibt es außerdem noch einen Geldverleiher, dieser wird geduldet, er kann dem Spieler mit Geld aushelfen, aber zu welchen Zinsen.

Nur ein einziges Mal im Jahr, am Geburtstag des Fürsten von Monaco, wird die Bank, und zwar auch dann nur nachmittags geschlossen. In den Frühstunden dieses Tages ist auch das sonst während des ganzen Tages geltende Spielverbot für die Einwohner des Fürstentums aufgehoben.

1924: Wollte jemand von Nizza nach Monte Carlo fahren so standen ihm Autobusse, die vor dem Kasino anhielten, zur Verfügung. Auch eine Straßenbahn fuhr in diese Richtung und die Eisenbahn gab es auch noch, die dann im Kellerraum des Kasinos seine Fahrgäste auslud um dann per Lift direkt in den Spielsaal befördert wurde. Also angenehmer ging es wohl nicht mehr um sein Glück zu versuchen.

Das Kasino ist über seine spielfreudigen Gäste bestens informiert, nichts bleibt ihnen verborgen oder kann geheim gehalten werden. Besteht es doch nun schon seit 50 Jahren, mit seinen Beamtenstand von 4000. Der Fürst von Monaco erhält vom Kasino jährlich 14 Millionen Francs und trägt alle Steuerlasten sämtlicher Einwohner von Monaco. Außerdem hat es im vorigen Jahr 170 Millionen Francs (11 Millionen Dollar) Reingewinn einkassiert.

Das Kasino arbeitet mit blendender Hypnose. All seine Vornehmheit, seine Korrektheit, die imponierende Schönheit des Baues und seine Dimensionen, die Knöpfe an der Livree der Diener, alles fördert und erzwingt diese Hypnose. Das Spiel scheint nur so nebenbei betrieben, denn es werden Konzerte, Opern mit den berühmtesten Künstler der Welt geboten. Im Erdgeschoss wird ab 10 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts an den Tischen ununterbrochen gespielt, das ganze Jahr hindurch. In den „Massen-Sälen“ und im „Sporting Club“ ist nur am Nachmittag Einlass.

Die Bank steht seit dem Krieg für nichts gut. Die Bank gibt keine Rückfahrkarten mehr, und kann jedem die Zutrittskarte entziehen. Im Keller des Gebäudes befindet sich auch eine Leichenkammer, dazu gibt es eigene Aufzüge. Was die Bank leistet ist in diesem Fall ein kostenloses Begräbnis. Die Bank sogar einen eigenen Friedhof derzeit mit 3000 Gräbern. Seit ihrem Bestehen passiert durchschnittlich alle zwei Wochen ein Malheur. Solch ein Pechvogel macht oft kurzen Prozess und erschießt sich noch am Spieltisch.

In Frankreich lebt ein Herr der noch nie im Kasino Geld verloren hat, es ist Baron Rothschild. Er besitzt nämlich Aktien vom Kasino.

1929: Verzeichnete Monaco unruhige Tage, es kam zu Tumult Szenen, wie es das Fürstentum noch erleben musste. Die Bürger des kleinen Staates waren mit Fürst Louis von Monaco und seiner Politik nicht zufrieden. Es gab Protestversammlungen, die Polizei die nicht bestechlich war, ließ sich in nichts ein und so kam es zu schweren Zusammenstöße, wobei die Polizei zur Waffe griff unf Revolverschüsse abfeuerte, ohne jemanden zu verletzen. Das Vorgehen der Polizei rief erneut Ärger hervor. In Sturm durchbrachen die Demonstranten den Polizeikordon und stürmten das Palais. Den Leiter der Polizei hatte man schwer misshandelt, wurde auf die Stufen des Kasinos, später auf eine Roulette gesetzt und zum Hohn seine Brust statt Orden mit Pfauenfedern geschmückt. Die Menge verlangte die Herausgabe der demokratischen Verfassung.

Monaco
Monte Carlo

Der Fürst wollte die Delegation nicht empfangen, wurde jedoch gezwungen und musste die Entschließungen annehmen. Anfang Juni sollten Wahlen stattfinden

Nach wie vor zog das Kasino wie ein Vampir all die Menschen an die immer wieder einen Spielversuch wagen wollten. Am „Place de Casino“ treffen die Luxuswagen ein, die um 10 Uhr verlassen, zurückbleiben, denn ihre Insassen drängten hinein in die Spielsäle. Vom hellen Sonnenschein in die düstere Pracht einer vergangenen Welt. In dem kleinen Staat ist der Wahlspruch „Gleiches Recht für alle“ das Publikum ist hier bunt gemischt. Noch immer ereignen sich Katastrophen am Spieltisch, pro Jahr etwa sechs Selbstmorde.

Astor, Morgan, Vanderbilt, Gould sind ständige Gäste des Kasinos. Diese Herren setzen nur kleine Summen. Vor dem Krieg fand man die Großfürstin Anastasia von Russland, den englischen Kronprinzen Prince of Wales, den Industriellen der Steyrer Waffenfabrik Werndl, den Besitzer des „New Yorker Herald“ Gordon Bennett, mit seiner prunkvollen kostbaren Yacht, in den Räumen der Spielsäle. Alle verloren sie, ebenso wie Dostojewsky die Tantiemen seines besten Romans in den Rachen des Vampirs warf.

Der einzige glückliche Spieler war der Pole Jaronschinski. Ihm gelang es, einen Spieltisch durch zwei Stunden hindurch zu sprengen. Zu seinem Glück kehrte er nie wieder zurück.

Die Riesengewinne, von denen gesprochen wird, die von Seiten des Kasinos geschockt in Zeitungen lanciert werden, sind nichts als zum großen Teil bezahlte Reklame des Kasinos. Eine Sprenung der Bank ist bisher noch nie vorgekommen. Der Kanadier Crenzier gewann an einem Vormittag 464.000 Francs. Acht Tage später wurde er in einem Hotel in Cannes vergiftet aufgefunden.

Jules Levrier der 40 Jahre lang als Oberkellner in Monte Carlo tätig war, hatte zahlreiche Begegnungen mit Persönlichkeiten aus diversen Herrscherhäusern. So auch Ex-Kaiserin Eugenie die sehr erregt zu werden pflegte sobald sie am Spieltisch gewonnen hatte, aber sie machte von ihren Gewinnen einen generösen Gebrauch. Einmal wünschte sie ein Glas Likör und als sie das Gewünschte bekam, legte sie 50 Louisdor, die sie in jener Nacht gewonnen hatte mit den Worten auf das Tablett; „Sie sind für Sie von größerem Nutzen als für mich.“

Auch König Eduard bedachte den Oberkellner stets mit reichlichen Trinkgeldern. Er zählte zu den leidenschaftlichen Spielern und es war allgemein bekannt in Monte Carlo mit seinem System zu gewinnen. Gelegentlich war er auch in Begleitung von König Georg.

Einige Zeit war auch die Königin von Spanien eine regelmäßige Besucherin der Spielsäle. An einem Spieltisch an dem hohe Beträge gesetzt wurden befand sich auch eine Amerikanerin. Der Königin wurde vom Croupier gerade ein Gewinn ausbezahlt, als plötzlich die Amerikanerin mit ihren Händen nach dem Geld griff. „Der Gewinn gehört mir!“ kreischte sie hysterisch, „Diese Frau ist eine Betrügerin!“ Die Geldgierige ahnte ja nicht, dass sie es mit der Königin von Spanien zu tun hatte. Einen Augenblick herrschte Totenstille. Dann sagte der Croupier, bei weitem noch zu höflich: „Madame müssen diese Bemerkung zurücknehmen!“ „Ich werde sie nicht zurücknehmen, es ist wahr!“ kreischte sie wieder und verließ den Saal. Diese Beschuldigungen waren wie jeder wusste unwahr und es wurde weiter gespielt. In der Zwischenzeit wurde die freche Person von den Beamten aufgeklärt und sie kehrte zur Königin zurück und leistete Abbitte. Die spanische Königin blickte auf die Frau mit flüchtigem Erstaunen. „Ich wurde nicht gewahr, dass ich an diesem Abend von jemand angeklagt gewesen sein soll“. Daraufhin errötete die namenlose Person derart. Ein anderes Mal wurde der Oberkellner Zeuge einer Unterredung zwischen dem ehemaligen deutschen Kronprinzen, General von Kluck und dem Großherzog Nikolaus von Russland im Jahr 1013, also ein Jahr vor dem Ausbruch des Weltkrieges. Genau genommen, waren es neun Monate vor dem Kriegsausbruch, und niemand dachte damals an die Möglichkeit eines Völkerkrieges. Trotzdem diskutierten die drei Herren das Problem eines europäischen Krieges, und ob er gegebenenfalls und unter Berücksichtigung der Fortschritte in der neuzeitlichen Zivilisation von kurzer Dauer sein könne.

Ein amüsanter Zwischenfall ereignete sich, als der Oberkellner dem Herzog Karl von Parma ein Glas Champagner einschenkte. Der Herzog hatte falsche Zähne, aber es schien, als habe er sie noch nicht recht daran gewöhnt, denn als er das Glas zum Mund hob und zu trinken anhob - fielen die falschen Zähne der Reihe nach heraus.

Eine andere große Persönlichkeit war Eleonore Duse, die große Tragödin, die einmal in einer einzigen Nacht zwei Millionen Francs gewann, aber es gelang ihr nicht, die Bank zu sprengen. Einmal wurde die Bank gesprengt, so erinnerte sich der einstige Angestellte, von den Geschwistern Dolly. Auch „La Belle Otero“ beehrte das Kasino., eine der schönsten Frauen, die je in diesen Räumen weilten, obwohl die Otero von aller Welt umschmeichelt und umworben wurde, war sie immer freundlich und gütig zu den Angestellten des Kasinos.

Jaggers, ein Mann aus dem Norden Englands, spielte nach System, zwei Angestellte mussten alle gewinnenden Zahlen notieren. Daraus wurde die siegreichste Zahl genommen und gesetzt. Sein erster Einsatz war klein, doch er bekam das Dreifache zurück, Je mehr der Engländer gewann desto mehr Menschen versammelten sich um den Spieltisch. Jaggers verließ das Kasino mit 20.000 englische Pfund in der Tasche. (680.000 Schilling).

Nachdem die Bankleitung über den Gewinner Bescheid wusste, wurde sofort die Roulettes getauscht, aber Jaggers entdeckte die List und fuhr fort zu gewinnen. Schließlich entschloss sich die Bank das Roulett abwechselnd so in Bewegung zu setzen, dass Jaggers nicht mehr entdecken konnte, wie es lief, und lediglich dieses Verfahren führte zur Niederlage dieses genialen Spielers. Als er ging hatte er noch immer über 80.000 Pfund (mehr als 2 ½ Millionen Schilling) gewonnen.

Er zählte zu den wenigen denen das Glück hold war. Einmal war ein Mann der Gift genommen hatte und bereits beim Ausgang zu taumeln begann, Zwei Bedienstete griffen ein, wirbelten Geld in die Luft und sagten sehr laut: „Monsieur ist nur ohnmächtig“, und wiederholten, dass er so viel Geld gewonnen hätte, doch in Wirklichkeit hatte er sein ganzes Vermögen verloren.

1935: Die Aktionäre bekamen von der Kasino Gesellschaft Monte Carlo ein wunderbares Ostergeschenk, diesmal keine Dividende. Was nicht im Rechenschaftsbericht steht, ist die Tatsache, dass Größe und Elend von Monte Carlo aufs engste, auf Gedeih und Verderb mit jener Weltwirtschaft verflochten waren. Die Beweglichkeit des Geldes über die ganze Welt ist verschwunden und die privaten Finanzkapitalien ebenfalls. Besonders fehlen die Gesellschaftsschichten aus dem kaiserlichen Russland, aus dem Königreich Ungarn usw. Spielbanken gibt es nun überall an der Riviera, warum soll man ausgerechnet noch nach Monte Carlo reisen? Viel hat es von seinem goldenen Nimbus verloren. Die beiden Hauptaktionäre Sir Basil Zaharoff und Charles Schwab haben sich bereits vor einiger Zeit zurückgezogen.

Bald stieg ein neuer glänzender Stern über Monaco auf der alles zum Guten führte,

QUELLEN: Der Tag, 22. Juli 1924, S 5, Österr. Ill. Zeitung 14. April 1929, S 7, Illustrierte Welt, 1884, H 13, S 20, Czernowitzer Tagblatt, 10. Jänner 1911 , S 3, 3. März 1906, S 4, Freie Stimmen 24. April 1935, S 5, Salzburger Fremdenblatt 8. Juli 1899, S 3, Die Stunde 30. August 1929, S 5. BILDER: Dillingers Reisen 1. Jänner 1895, S 5, Deutsch-Engl. Reise Courier 191 H 28, S 5,Österr. Ill. Zeitung 4. Juni 1899 S 7 ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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