MARIA LUGGAU#
Von allen Wallfahrtsorten Österreichs, ja von ganz Mitteleuropa, gebührt Maria Luggau der Ruhm, egal aus welcher Richtung man kommt, der Weg ist auch noch im Jahr 1923 äußerst weit und beschwerlich und trotzdem pilgern alljährlich Tausende und Abertausende dorthin.
Besonders die Oberdrauburger waren der Muttergottes zu Dank verpflichtet, denn als am 17. September 1747 Oberdrauburg von einer furchtbaren Feuersbrunst bedroht wurde und der untere Markt bereits in einem Feuermeer versank, jede Löschaktion sich sinnlos zeigte, wandten sich die Herzen der von Schrecken wie gelähmten Bürgerschaft sich in inbrünstigen Gebeten an Gott und der heiligen Muttergottes und gelobten für die weitere Abwendung der entsetzlichen Feuersgefahr für sich und ihre Nachkommen auf immerwährenden Zeiten alljährlich in der Bartholomäuswoche eine Wallfahrt unter Führung ihres Seelsorgers und zahlreicher Beteiligung ihrer Einwohnerschaft zum Gnadenort Maria Luggau im Lesachtal unter feierlichen Ein- und Auszuge und festlicher Begrüßung des Gnadenortes abzuhalten.
Das Wunder geschah, ihre Gebete wurden erhört und den Flammen Einhalt geboten, welche den gesamten Markt einzuäschern drohten. Seither pilgerten die Oberdrauburger jährlich zur Muttergottes Maria nach Luggau. Doch am 20. September 1870 Oberdrauburg wieder von einem Großbrand verheert, mit Kirche, Schulhaus und 150 weitere Gebäude in Asche gelegt wurde, wandten sie sich in Gebeten an Gott und der heiligen Muttergottes Maria und der treuen Erfüllung des frommen Gelöbnisses ihrer Ahnen der alljährlichen Wallfahrt nach Maria Luggau.
Im Jahr 1847 beging man das hundertjährige Jubelfest der Prozession nach Luggau, das mit großer Feierlichkeit begangen wurde, entsprang nun dem einmütigen Wunsch aller Marktbewohner der Beschluss, das 150jährige Jubelfest unter besonders zahlreicher Beteiligung der Ortsbewohner in erhebender Weise zu begehen.
Im Norden und Süden von unwirtlich rauen Hochgebirge umrahmt, nur im Westen und Osten freier Zugang zur Außenwelt, nicht weit davon die Grenze zu Tirol und auch Italien ist bald erreichbar, befindet sich auf 1170 Meter Höhe das Gebirgsdorf Luggau, im an Naturschönheiten reichen Lesachtal, begleitet von der dahin rauschenden Gail. Abgeschieden von Bahn und Automobilen müssen die Pilger bis zu 8 Stunden Fußwanderung auf sich nehmen durch das schluchtartige Lesachtal mit den vielen Gräben deren es 72 sein sollen, bis sie endlich die Gold strahlende Turmspitze von Maria Luggau erblicken.
Noch weitaus mühseliger und beschwerlicher sind die Übergänge über zumeist 2000 Meter hohe Gebirgspässe für die Italiener von Süden her, über den Jochenpaß oder das Kofeljoch, wo man stellenweise buchstäblich im Schweiße des Angesichtes aus allen Vieren klettern muss, um nach vielstündiger Wanderung das Gnadenbild von Luggau zu grüßen.
Eine Wallfahrt nach Luggau ist daher absolut ein mehrtägiger, heldenmütiger Bußgang, der freilich schon reichlich belohnt wird durch die Wunder der Alpenwelt die man auf allen Seiten in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit genießt. Und wie glücklich ist der Pilger, dass ihn auf jeder Seite die 14 Kreuzwegstationen in den ganz einzigartigen Wallfahrtsort begleiten und seine Seele in Andachtstimmung bringen wozu ihn auf seiner Wanderung an mehreren Stellen in Felswände eingemeißelt schon vorbereitet hat der Engelsgruß: Ave Maria! Die Marienverehrung ist die schönste Blüte, der Poesie des katholischen Glaubens. Die Weltkugel ist ihr Fußschemel, des Mondes Sichel windet sich um ihre Fußspitzen, Der Schlange, der Urheberin allen Unheils, zertritt sie den Kopf. Die Himmelssterne um ihr Haupt empfangen das Licht von ihrem holdseligen Antlitz. Gott Vater und Gott Sohn setzen ihr die Krone des Himmels auf. So sehen wir die Mutter des ewigen Gottes in der großen Maler Meisterwerke.
Ein Wunder ist dieser Glaube, der seit dem Bestande des Christentums in Millionen von Herzen geschieht.
Die Wallfahrtskirche von Luggau zählt zu den schönsten Kirchen Kärntens. Beim 400jährigen Jubiläum des Gnadenortes im Jahr 1913 hat Fürstbischof Dr. Kaltner unter großer Beteiligung des ganzen Lesachtales die feierliche Krönung des Gnadenbildes vorgenommen. Die Entstehung der Kirche ist sehr merkwürdig, aber bekannt. Da die arme Frau Helena den Traum für nicht glaubwürdig hielt, versuchte sie es mit einer Probe und zwar mit einer Kerze, die sie bei starken Wind auf dem abgeernteten Acker aufstellen wollte, wenn die Flamme trotz des Sturmes nicht verlöschte dann musste sie den Traum als Befehl zur Kenntnis, und den Kirchenbau auf sich nehmen und diesen auch ausführen. Was sie befürchtete trat ein, die Kerze brannte ohne auszulöschen. Um das wenig ersparte Geld kaufte sie nun ein holzgeschnitztes Bild der schmerzhaften Muttergottes, ein sogenanntes Vesperbild, das noch heute in der Wallfahrtskirche vorzufinden ist. Mit diesem Bild besuchte sie alle Häuser des Ortes um einen Beitrag wenigstens für eine Kapelle zu erbitten. Doch nur Spott, Hohn und Missgunst schlugen ihr entgegen, manche bezeichneten sie sogar als Betrügerin und kam ins Gefängnis, bis sich herausstellte, dass sie unschuldig war, gelangte sie wieder in Freiheit. Sie ließ sich nicht entmutigen und setzte beharrlich ihre Bettelei fort. Und siehe da, nach einiger Zeit erhob sich auf dem Weizenfeld eine hölzerne Kapelle und auch das erste Wunder stellte sich alsbald ein. Ein Irrsinniger wollte das Vesperbild mit sich nehmen und wurde in diesem Augenblick geheilt. Dieses Wunder ermutigte Helena und sie fasste den Entschluss alles daran zu setzen, um der Himmelskönigin eine schöne Kirche errichten zu lassen Helena wandte sich nun an die weltliche Obrigkeit, den Pfleger von Pittersburg, Johannes von Mandorf, denn Luggau gehörte zu dieser Zeit zur Herrschaft Pittersburg. Der Pfleger nahm die Bittstellerin sehr wohlwollend auf und kam dann selbst nach Luggau. Als er merkte, dass der Großteil der Menschen gegen einen Kirchenbau waren, ließ auch er sein Vorhaben fallen und ritt von dannen. Unterwegs scheute plötzlich das Pferd und warf ihn ab, da ein Fuß noch im Steigbügel steckte, wurde er mit geschliffen. Er fühlte sich in höchster Gefahr und in seiner größten Verzweiflung gelobte er, falls er mit dem Leben davon kam, den Kirchenbau selbst in die Hand zu nehmen. Das Pferd hielt an und so konnte er sich aus der unerquicklichen Lage befreien. An der Unfallstelle entstand als Dank für seine Rettung ebenfalls eine kleine Kapelle.
Der Kirchenbau wurde von ihm sogleich in Angriff genommen, am 22. Mai 1515 fand die Grundsteinlegung statt. Bereits im Jahr 1516 konnte das Vesperbild in das neue Heiligtum übertragen werden. In wenigen Jahren wurde die Kirche durch den riesigen Andrang der Pilger einfach zu klein, sie wurde niedergerissen und durch einen neuen großen und viel schöneren Bau ersetzt, die im Jahr 1536 vom Weihbischof des Patriachen von Aquileja, Daniel von Rubeis, eingeweiht und erhielt den sinnigen Namen Maria Schnee. Obwohl der Kirchturm gleichzeitig mit der Kirche begonnen, wurde er erst im Jahr 1544 vollendet. Maria Schnee die als Wallfahrtskirche immer mehr aufblühte, hatte man das Bedürfnis nach einem eigenen Seelsorger. 1594 wurde Maria Schnee zur selbständigen Pfarre erhoben und den Franziskanern übertragen, die der Kirche nun auch einen Klosterbau beifügten.
Nachdem die Franziskaner die gewohnte strenge Observanz einführten und ohne Dotation waren und nur von Almosen leben sollten, die jedoch bei der Armut der Bevölkerung nicht ausreichend war, verließen sie ihren Wirkungskreis. Sieben Jahre verblieben die Luggauer ohne Seelsorger.
Claudia von Medici, die Witwe des Erzherzog Leopold, ließ im Jahr 1635 die Serviten aus Innsbruck kommen, denen die Kirche und das Kloster für immer übergeben und geschenkt wurde. Durch die Serviten, den Dienern Mariens, wurde die Kirche und das Kloster immer wieder vergrößert und verschönert, da im Jahr 1640 ein Großbrand das Kloster, das Kirchendach und den oberen Teil des Turmes zerstörte.. Eine große Beihilfe wurde den Patres durch den neuen Besitzer der Grafschaft Ortenburg, dem Grafen Martin von Widmann und seinem Bruder, dem Kardinal Christoph zuteil. Nachdem das Kloster nach Jahren wieder sehr baufällig wurde, beschloss man einen Neubau aufzuführen, 1733 erfolgte die Grundsteinlegung. Der Bau war noch nicht beendet, als abermals ein Feuer ausbrach und außer der Kirche alles zerstörte. Dieser Brand war viel verheerender als der erste, denn durch die Flammen waren auch kostbare Paramente, sowie Kirchengeräte, wertvolle Urkunden und Schriften, fast die gesamte Bibliothek vernichtet worden. Nach und nach verschwanden allmählich die Spuren die die Feuersbrunst hinterlassen. Ihr Augenmerk galt nun der Kirche selbst die eine gewaltige Veränderung erfuhr. Bisher im gotischen Stil wurde sie nun in eine Renaissancekirche verwandelt. Und aus ihr, der Basilika wurde ein Meisterwerk der Stukkaturkunst
Unter ihrer Herrschaft wurde das Jubiläum der Entstehung des Gnadenortes in den Jahren 1713, 1813 und 1913 festlich begangen, unter reger Beteiligung der Bewohner des Lesachtales.
Das Hauptfest der Marienverehrung ist das Erntedankfest am 4. Sonntag im September, mit Blumenteppich und Erntekrone. Zu dieser stimmungsvollen Feier kommen sie in Scharen aus der Umgebung aber auch aus fernen Gegenden in ihren bunten Trachten, mit Musikkapellen, in Prozessionen, mit Fahnenschmuck, Gnadenbilder mit sich führend, feierliche Festmessen all das zur Ehre der Himmelskönigin Maria.
QUELLE: Kärntner Zeitung, 9. März 1913, S 1, Kärntner Zeitung, 16. September 1923 S 1,ANNO Österreichische Nationalbiblothek Bildmaterial: I.Ch. Graupp
HINWEIS: Lesachtal
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