ORCHIDEENZAUBER#
Unter der Farbenpracht der Blumen leuchtet ein Hauch von Luxus und Exotik, die Orchidee. Die elegante Welt zeichnete sie aus zur Modeblume der Saison von 1910. Neuerdings besteht der Tafelschmuck der Wiener Hofbälle ebenfalls aus Orchideen.
Die Vanille ist eine Orchideenart, wohl die älteste tropische Orchidee die bereits 1605 in Europa eingeführt wurde. Linné kannte im Jahr 1764 nur 102 Arten und 1830 schon 2000 Arten und seit dieser Zeit hat sich die Zahl der bekannten Arten beständig vermehrt..
Die erste Orchidee soll im botanischen Garten in London im Jahr 1705 geblüht haben. Der berühmte botanische Garten zu Kew bei London, besaß am Ende des achtzehnten Jahrhunderts nur elf Arten. Krongeld sagt in seinem Buch: „Park und Garten von Schönbrunn“, dass in dem Verzeichnis der in Schönbrunn 1799 kultivierten Pflanzen bereits eine Orchidee vorkommt. Man begann Orchideen zu züchten. Auch in Österreich. Graf Thun hatte im Jahr 1841 in seinen Gärtnereien auf Schloss Tetschen an der Elbe 43, im Jahr 1847 bereits 500 Arten. In diesem Jahr war auch schon Schönbrunn ausgiebiger mit Orchideenarten versorgt als ehedem. Durch Importe stieg fortwährend die Zahl der Arten in den botanischen Gärten und in den Glashäusern der reichen Gartenbesitzer. Orchideen zu besitzen war eine sehr kostspielige Sache. Anton Hefka, der früh verstorbene berühmte Schönbrunner Orchideenzüchter erwähnte, dass auf der Pariser Weltausstellung eine Laelio-Cattleya Hippolyta 56.000 Franken bezahlt wurden. Er erwähnt auch, dass noch im Jahr 1900 ein österreichischer Aristokrat 200 Pfund, also 5000 Goldkronen für seine Orchideen Kreuzung bezahlte.
Professor Molisch, der große Botaniker der Wiener Universität, bemühte sich jahrelang Orchideen in Wasserkultur zu ziehen, Doch ohne Erfolg. Besonders in England spielt die Orchidee eine außerordentliche Rolle und es gibt Leute die für eine einzige Orchidee, allerdings neuen Art, gern 1000 Pfund, also nicht viel weniger als einst die Tulpenliebhaber..
Das Geheimnis der Orchideensammlung wurde von dem französischen Botaniker Bernard im Jahr 1903 gelöst. Er stellte fest, dass die Wurzeln der Orchideen eine Lebensgemeinschaft mit einem Pilz bilden, Ohne diesen Pilz gibt es keine Orchideen, Diese Entdeckung kam in der Zeit der größten züchterischen Erfolge Hefkas. Aus der Entdeckung Bernard entstand eine neue Wissenschaft der Orchideenkultur, Sie wurde von Hans Burgeff weiter ausgebaut. Des gelang ihm ein neues Verfahren ausfindig zu machen. Die neue Züchtungsmethode hatte vollen Erfolg.. Auch in Wien.
An der Wende des vergangenen Jahrhunderts trug die Tochter des amerikanischen Milliardärs Astor bei ihrer Trauung eine Orchideenstrauss, der 1600 Mark kostete.
Als im Dezember 1900 der Inhalt des Orchideenhauses eines Majors Mason in Warwickshire in England zur Auktion kam, brachten seine Orchideen den Ertrag von 77.750 Mark.
Kein Wunder also wenn sich große englische Gärtnereien nur mit dem Handel von Orchideen befassen, und die bedeutendste unter ihnen, ist Sander & Co., in London, welche bestens ausgerüstete Orchideenjäger, nach Mexiko, Madagaskar, nach Brasilien, Sierra Leone um neue Arten dieser Kostbarkeiten zu erkunden. Es kann vorkommen, dass so manche Arten wieder verloren gehen, wie die im Jahr 1854 verschwundene Art bis jetzt nicht wieder aufzufinden war. Eine Länia konnte glücklicher Weise nach 20 Jahren in den Tropen wieder entdeckt werden. Vor drei Jahren fand man auf einem Schutthaufen im zoologischen Garten in London zwei blühende Orchideen. Es stellte sich heraus, dass Samen dieser Pflanze in einem Affenkäfig, in dem man lebende Affen nach Endland transportierte. Die Orchideenhändler speziell Sander & Co., boten sogleich Unsummen für das Auffinden dieser beiden Arten.
Die Blumenschönheit entwickelt sich aus Knollen, oder sie haben, lange waagrecht in der Erde sich verbreitende Kriechwurzeln. Viele Orchideen lieben die Höhe und wachsen auf Bäumen.
Die Orchideenjäger sind raffiniert und geschäftstüchtig genug um mit unbekannten Gewürzen nebenbei beachtliche Summen einzustreifen.
Auch mit den Farben der Blüten kann man Geschäfte machen, denn die neuen Farbpflanzen sind ideenreich für Farbenfabrikanten und Färbereien, neue schöne Gras- und Palmenarten mit Wedeln und Dolden wiederum liefern für Dekorationszwecken und Ausschmückung von Theater und Ballsälen.
Nur um den Wünschen ihrer Auftraggeber gerecht zu werden setzen die Orchideenjäger oft ihr Leben aufs Spiel. Groß ist jedenfalls die Freude, wenn sie in der Wildnis endlich wieder eine unbekannte Art entdecken, rodden förmlich die Umgebung aus um alles Auffindbare mitzunehmen, dazu dienen Kisten die mit Blech ausgeschlagen sind und von Eingeborenen oder Maultieren getragen werden, bis sie zu einem Fluss geraden, dort werden die Kisten auf Kähnen oder Flößen weiter befördert. Die langen Transporte dann mit Schiffen oder Eisenbahnen überleben so manche Pflanzenart nicht. Die Orchideenknollen werden gehandelt wie Aktien, Gewinn und Absturz
Auch in Wien konnte man seltene Arten von Orchideen bewundern – in den Rothschildgärten.
Bekannt war, dass Mr. Chamberlain, lange bevor er noch durch den Burenkrieg zu so internationaler Berühmtheit gelangte, in den Kreisen der Gartenliebhaber als Kapazität galt. Mr. Chamberlain versuchte sich erfolgreich als Züchter von Abarten und erzielte die schönsten Preise seiner Gartenerzeugnisse. Der Minister erschien oft mit einer Orchidee im Knopfloch und erzählte, dass ihn dieses Vergnügen von Schmuck täglich 200 bis 300 Kronen kosten würde. Mr. Sander galt als Orchideenkönig.
Die größte Orchideenausstellung die je abgehalten wurde, fand 1904 in Düsseldorf statt. Dem Historienmaler Prof. Kolber waren die Züchter gefolgt und stellten ihre herrlichsten Arten von Orchideen zur Verfügung. Über 5000 dieser außergewöhnlichen Pflanzen durfte das Publikum dann bestaunen.
Eine der beliebtesten Orchideen im Handel ist die geruchlose „Alexandra-Orchidee“, eine im Frühling blühende Pflanze. Benannt wurde die Orchidee nach Prinzessin . Alexandra von Wales.
Im Jahr 1921 wurde eine Orchidee die von den Preisrichtern der Londoner Horticultural für das wundervollste je ausgestellte Exemplar erklärt wurde, ist von zwei englischen Züchtern Armstrong und Brown, nach 30 jähriger Arbeit erzielt worden. Die beiden hatten sich die Aufgabe gestellt, eine weiße Orchidee mit gelber Zeichnung hervorzubringen, und es ihnen dies in Form. Größe und Farbe vollkommen gelungen. Die Blume, die den Namen Odontoglossum Armstrongii erhalten hat, ähnelt einem weiß leuchtenden Stern. In dessen Mitte sich ein goldenes Herz befindet. Bisher gelang es noch nicht, die neue Art durch Samen zu züchten, so dass sie also nicht fertig gepflanzt werden kann.
Der Preis dieser schönsten Orchidee beträgt 300 Guineen, also nach unserer Währung ungefähr 8 Millionen Kronen. Mit dieser Blume könnte so manchem Österreicher geholfen werden.
Die Wissenschaft hat die Urwälder besiegt. Sie eroberten ihre Orchideen für Europa.
QUELLEN: Illustrierte Welt 1903 H 22 , S 15, Neues Wiener Journal 25. August 1904, S 5, Arbeiter Zeitung, 19. Juli 1926 , S 4, Wiener Sonn- und Montags Zeitung 24. Jänner 1921, S 4,. ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Foto: Graupp
https://austria.forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/ORCHIDEENZAUBER