RICHARD ESRIEL#
Architekt Richard Esriel, dessen Name in Baukreisen vorzüglichen Klang besitzt, wird durch seine in zahlreichen Fachblättern gewürdigten Entwürfe im Renommee gefestigt, ist mehrfach prämiiert und verdanken ihm bereits verschiedene Stadtteile Wiens, zahlreiche Villen- und Cottage Anlagen, Tempel- und Schulbauten ihre Entstehung. Der genial veranlagte Künstler hat sich ferner auf dem Gebiet der einschlägigen Literatur, und zwar als Mitarbeiter technischer Fachblätter Anerkennung zu verschaffen gewusst, und haben die „Wiener Bauindustrie Zeitung“, „Der Bautechniker“ sowie diverse Bauzeitungen im Ausland seine ausgeführten Arbeiten lobend besprochen. Alle Werke des Architekten Richard Esriel sind von vornehmer Auffassung getragen, gehen dem vielfach üblichen Überladen sorgsam aus dem Weg und erfreuen durch gefällige Formen wohltuend das Auge. Als klassische Beispiele aus neuerer Zeit gelten in Bezug auf moderne Villenbauten die Cottage Anlagen in Währing, Döbling und Hietzing, deren Entwürfe zum großen Teil aus seinem Atelier stammen. Mustergültig erscheint auch die Grundrissteilung, welche einem Wohnhaus für zwei Familien bestimmt wurde.....Es folgt die Beschreibung der Räumlichkeiten. Wie man an der Schilderung erkennen kann, war das adelige Blatt „Sport und Salon“ von den Leistungen des Architekten begeistert.
Das gleiche Blatt einige Monate später: Die Bedürfnisse der Menschheit richtig einzuschätzen, ist die erste Grundbedingung des erfolgreichen Schaffens des Architekten.
Architekt Richard Esriel, dessen Name unseren Lesern, dem Wiener Publikum und Fachkreisen geläufig, wird mit Bezug auf sein künstlerisches Wirken besonders gerühmt und seine in letzten Jahren ausgeführten Bauten als Kunstwerke ersten Ranges behandelt....
Diesmal wurde der Artikel mit dem Bild des Archítekten in seinem Arbeitszimmer versehen, anbei dann noch Bildansichten seiner Villen und anderer Bauten.
Am 31. März 1906 fand im Dreher Park eine Frühjahrsausstellung für wohltätige Zwecke statt, und damit wurde dieses große Etablissement mit seinem riesigen Park zum ersten Mal als Ausstellungsboden benützt. Die Probe wird zweifellos sehr günstig ausfallen, um so mehr, als ein tüchtiger Architekt dem Ganzen das richtige Gesicht gegeben hat. Das gesamte technische und künstlerische Arrangement oblag nämlich dem Architekten Richard Esriel, dessen Name im Bau- und Künstlerkreisen guten Klang besitzt. Architekt Esriel, der sich dem Werk höchst uneigennützig widmete, ist auch Mitglied des Ehrenkomitees und war Chefarchitekt der Ausstellung, in welcher Eigenschaft er Gelegenheit fand, seine Schaffenskraft in höchst gelungener und besondere Würdigung verdienender Weise zu betätigen. Es sei noch erwähnt, dass auch schon eine stattliche Zahl von Wiener Geschäftshäusern, Villen dgl., dem Architekten Esriel ihre Entstehung verdankt.
Mürzzuschlag nächste Eilzugsstation vom Semmering liegt zwei Stunden von Wien entfernt, besitzt ein Kurhaus, Bade- und Kaltwasserheilanstalt, 8 Hotels. Theater Rosegger Bühne, Apotheke, 5 Ärzte, Feuerwehr, Post, Telegraf, Telefon und diverse Vereine. Es sind dort alle Geschäfts- und Gewerbsleute vertreten, und der Lebensunterhalt dort verhältnismäßig billig ist, so im Jahr 1907.
Zu den schönsten Objekten gehört offenbar die dem Wiener Architekten Richard Esriel gehörende „Villa Steirerhof“, welche am Waldesrand in denkbar geschützter Lage, 10 Minuten vom Bahnhof entfernt, auf einer Anhöhe situiert ist. An der Stelle , wo sich heute diese prächtige Villa erhebt, befand sich früher ein „Guck ins Land“ genanntes Aussichtsplateau, von dem man, so wie heute von der Villa, einen herrlichen Fernblick in das liebliche Mürztal genoss.
Das Hauptgebäude der Villa Steirerhof besteht aus einem Parterre, einem Stock und Mansardengeschoss, enthält komplett eingerichtete Wohnungen, Hochquellenwasser, und eignet sich sowohl als herrschaftlicher Landsitz, Jagdschloss. Zum Alleinbewohnen, oder aber auch als Fremdenpension. Das Areal beträgt 12.000 m² und umfasst Wald, Wiesen. Gemüse-,.Obst- und Ziergarten, Wirtschafts- und Stallgebäude sowie Veranden vervollständigen den schönen Besitz. Später wurde der Steirerhof Gemeindeschule, ab 1943 Gauschule für Gemeindebedienstete und Gemeindesekretäre wurden in Haushaltsrecht, Sozialwesen in Seminaren geschult. Die Wirtschafts- und Gemeindeschule wurde bis Mitte der 1950er Jahre betrieben. Nach 1945 wurde die Gemeindeschule von den damaligen Vizebürgermeister Dr. Hans Ferbar geleitet. Dann Wohnobjekt für Mieter bis der Steirerhof im Jahr 2005 demoliert wurde.
Der Niederösterreichische Gewerbeverband im April 1907, dabei ging es um die neue Bauordnung der Stadt Wien. Das nächste Thema die Kaiser Franz Joseph Jubiläumsausstellung. Dann begann die Abstimmung um Aufnahme neuer Mitglieder für den Gewerbeverband. Architekt Richard Esriel erhielt von 36 abgegebenen Stimmen nur 12. und wurde abgelehnt.
„Die Zeit“ im April 1908 berichtete folgendes: „Architekt Richard Esriel, von dem es kürzlich hieß, er sei wegen einer wider ihn erstatteten Betrugsanzeige geflohen, der aber mittlerweile wieder nach Wien zurückgekehrt ist, hat um die Verhängung des Konkurses über sein Vermögen gebeten, welchem Ansuchen, wie wir erfahren heute vom Landesgericht statt gegeben wurde. Nach dem vom Architekten Esriel aufgestellten Status setzen sich seine Passiven aus Waren- und Wechselschulden im Betrag von 100.000 Kronen und aus Hypothekarschulden per 108.000 Kronen, zusammen, denen Aktiven in der Höhe von 220.000 Kronen entgegen stehen sollen, und zwar Ausstände von 30.000 Kronen und eine im 13. Bezirk gelegene Realität im Schätzwert von 190.000 Kronen.
Das Konkursgesuch sei hauptsächlich notwendig geworden, da die Nachricht von einer Flucht Esriels unter dessen Gläubiger lebhafte Beunruhigung getragen hatte, so dass sie noch lange nicht fällige Forderungen sofort einbringen wollten. Die Geldschwierigkeiten des Architekten überhaupt können auf seine Verluste zurück geführt werden, die ihm aus Solidarhaftungen für Baukredite erwuchsen; weiter hatte sich Architekt Esriel durch zwei Jahre hindurch, ohne hierfür eine Entschädigung erhalten zu haben, mit den Vorarbeiten für die Abteilung „Armee und Marine“ der Jubiläumsausstellung befasst, die dann scheiterte. Möglicherweise wird das Konkursverfahren durch einen außergerichtlichen Vergleich zum Abschluss gelangen; es schweben in dieser Hinsicht Verhandlungen, bei denen seitens der Gläubiger weitgehendes Entgegenkommen bekundet wird. Zum Konkurskommissär wurde Oberlandesgerichtsrat Mitscherling, zum einstweiligen Masseverwalter Dr. Richard Brichta ernannt. Die Termine wurden für den 24. d., den 19., und 22. Mai festgesetzt.
November 1909 erfuhren die Leser über den bekannten Architekten Neuigkeiten.: Der „Architekt“ , Richard Esriel, mit dem wir uns wiederholt zu befassen Gelegenheit hatten, wurde von dem Wiener Landesgericht zu 500 Kronen Geldstrafe und 200 Kronen Schadenersatz verurteilt, weil er zusammen gestohlene Entwürfe als seine Schöpfungen in einem von ihm herausgegebenen Werk „Gesammelte Skizzen, Fassaden und ausgeführte Bauwerke vom Architekten Richard Esriel“ ausgegeben hatte. Bei diesem Anlass erfuhr man, daß Esriel gewöhnlicher Bauzeichner ohne jede akademische Bildung ist; er ist übrigens nicht der einzige, der sich den Titel „Architekt“ angemaßt. Es gibt in Wien sehr viele „Architekten“, die als einzige Vorbildung einige Klassen Gewerbeschulen aufweisen können und ohne praktische Laufbahn als Maurerpoliere begonnen haben. Heute lassen sie sich mit Behagen „Herr Architekt“ oder „Herr Rath“, wenn sie etwa Bauaufsichtsrat sind, nennen.
Endlich, im Dezember 1922 , eine erfreuliche Nachricht, die das Salonblatt zu bieten hatte. Fräulein Olga Esriel, Tochter des Architekten Richard Esriel, vermählte sich mit dem Juwelengroßhändler Hermann Kauftheil. Dazu eine Meldung: Laut Erkenntnis der Sammelstelle A im Jahr 1961 waren nach 1945 keine Rückstellungsansprüche bezüglich des Eigentums von Olga und Hermann Kauftheil geltend gemacht worden. Wegen der an die Fachgruppe abgelieferten Warenbestände von Kauftheil & Müller wurden, soweit beim aktuellen Forschungsstand ersichtlich, keine Untersuchungen eingeleitet.
Über den Architekten Richard Esriel ist wieder im Februar 1925 im „Neuen Wiener Journal“ zu lesen: „Vor einigen Tagen ist, wie wir gestern berichtet haben, der Lenaugasse 2 wohnhafte Kaufmann Josef Fürst verschwunden, nachdem er seine Angehörigen verständigt hatte, dass er einen Selbstmord begehen werde. Gegen Fürst hatte bekanntlich der Architekt Richard Esriel vor ungefähr einem Jahr eine Strafanzeige wegen Betrugs erstattet. Auf Grund dieser Anzeige wurde damals Fürst zusammen mit 10 anderen Kaufleuten verhaftet. Sie verbrachten sechs Monate im Untersuchungsgefängnis, worauf sie gegen eine größere Kaution auf freien Fuß gesetzt wurden. Das Strafverfahren ist jedoch in dem äußerst komplizierten Fall noch anhängig. Fürst hat nämlich angeblich von der Firma Otto Mansfeld & Co., im Arsenal sechseinhalb Waggons Bohrer und Schmiergelplatten gekauft. Mit der Faktura der Firma Otto Mansfeld & Co., behob er bei dem ihm bekannten Architekten Esriel eine Lombardanleihe in Höhe von ungefähr 700 Millionen Kronen. Zum festgesetzten Termin konnte Fürst die fälligen Zahlungen nicht leisten, worauf Architekt Esriel durch einen Sachverständigen, Ingenieur Bayer, eine Schätzung vornehmen ließ. Diese fiel für Fürst äußerst ungünstig aus, da der Sachverständige behauptete, dass die Waren insgesamt nicht mehr als 30 Millionen Kronen wert seien, aber mit diesem Preis nur im Orient abgesetzt werden könnten. Demgegenüber lautete die durch Fürst bei Esriel vorgewiesene Faktura der Firma Mansfeld, die vom Prokuristen Duisberg dieser Firma unterzeichnet war, auf einen Kaufpreis von zwei Milliarden. Esriel forderte nun Fürst auf, die Anleihe zu bezahlen oder die Ware zurück zu nehmen und drohte mit der Strafanzeige. Fürst strebte zunächst einen Ausgleich an und bat um eine neuerlichen Zahlungstermin, den er jedoch ebenfalls nicht einhalten konnte. Nun erstattet Esriel die Anzeige bei der Polizei und behauptete, dass ihm Fürst die Lombardanleihe auf Grund einer im Einvernehmen mit Duisberg gefälschten Faktura herausgelockt habe. Der Untersuchungsrichter Dr Hegyedüs befasste sich mit dieser Angelegenheit seit Monaten sehr eingehend und vernahm wiederholt sowohl den Kläger wie auch die Geklagten. Wie nun von den Angehörigen Fürsts behauptet wird, soll sich der Untersuchungsrichter bei dieser Gelegenheit geäußert haben, dass er gezwungen sein werde, Fürst neuerdings in Haft zu nehmen, da die Schadenssumme gegenüber der Kaution, auf Grund deren Fürst auf freien Fuß gesetzt wurde, viel zu groß sei. Nun war aber Fürst in eine ganze Reihe anderer Transaktionen verwickelt und erhielt dieser Tage, wie bereits bekannt eine Vorladung zur Wirtschaftspolizei, um in einer dieser Angelegenheiten eine Zeugenaussage zu machen. Er glaubte, dass man ihn neuerdings verhaften wolle und scheint sich aus Furcht das Leben genommen zu haben. Nach Angabe seiner Angehörigen hatte er keinen Heller Geld bei sich, als er sich vom Hause entfernte.
Im August 1925 kam es, wie die Arbeiter Zeitung berichtete zum Prozess. Bei dem Schöffengericht unter dem Vorsitz des Hofrates Dr. Karnert eine für sechs Tage anberaumte Verhandlung gegen nicht weniger als neunzehn Angeklagte.
Es wird ihnen zur Last gelegt, dass sie Waren, die sie einfach nicht besaßen oder die so minderwertig waren, Schleifsteine oder Metallgegenstände, für hohe Summen verpfändet haben. Diese Verpfändungen brachten sie zustande, ohne dass die Geldgeber die Ware gesehen haben. Eine Faktura, die gewöhnlich als Gefälligkeit ausgestellt, oder gefälscht war, ein Lagerschein, der ebenfalls gefälscht war, dass die Schwindler große Darlehen bekamen. Die Anklageschrift ist äußerst umfangreich. Seltsam war, dasssich die Geldgeber auf derlei Geschäfte eingelassen haben, scheinbar nur wegen der hohen Zinsen die ihnen .versprochen wurden.
Als durch den Darlehensschwindel geschädigt führt die Anklageschrift fünfzehn Personen oder Firmen an. Die gesamte Schadenssumme beträgt 255.000 Schilling, also mehr als zweieinhalb Milliarden. Am meisten geschädigt, nämlich um mindestens 93.000 Schilling, ist der Architekt Richard Esriel. Die anderen Geschädigten erlitten Einbußen von 5.000 bis 14.000 Schilling. Typisch für alle Betrügereien sind die Vorgänge, durch die Esriel zu dem großen Schaden kam, weshalb die Geschäfte mit Esriel näher geschildert werden sollen.
Während der Einvernahme des um fast eine Milliarde Kronen geschädigten Geldgebers Richard Esriel, den die Angeklagten tüchtig hineingelegt haben, kam es zu einem heiteren Zwischenfall. Als nämlich der Verteidiger den Zeugen Esriel befragte, welchen Eindruck der Angeklagte Dewald auf ihn gemacht habe, entgegnete Esriel eifrig: „Auf mich hat er den Eindruck eines höchstgewiegten Kaufmannes gemacht“, Der Verteidiger fragte Wieso?
Esriel: “Weil schon viel dazu gehört, einen Esriel hineinzulegen“ Große Heiterkeit folgte.
Die Angeklagten wurden jeweils zu verschiedenen hohen Strafen von Monaten verurteilt. Dewald, dem die Untersuchungshaft angerechnet wurde, ging frei.
Über das weitere Leben des Architekten Richard Esriel war im Blätterwald nichts mehr zu erfahren, doch möchte ich auf das Architekturlexikon hinweisen, das über Richard Esriel Auskunft gibt.
QUELLE: Arbeiter Zeitung 17. August 1925 S 5, Sport und Salon 28. Oktober 1905 S 8, 24, Juni S 10, 10. März 1906, S 10 sowie Bilder, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
HINWEIS: Möchte mich bei den beiden Herren aus Mürzzuschlag Dir. DI. Drexler und Vize-Bgmst Heinz Veitschegger sehr herzlich bedanken, die mir das Farbfoto und weitere Informationen über den Steirerhof zukommen ließen.
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