ROBERT HAMERLING#
Es war der 13. Juli 1889 als bekannt wurde, dass der Dichter Robert Hamerling gestorben sei.
Die Zeitungsblätter der gesamten Monarchie brachten daher ausführliche Berichte über den großen österreichischen Dichter und schrieben: „Auf des Blitzes geflügelten Schwingen flog dieser Tage die erschütternde Kunde in alle Lande und versetzte nicht nur das deutsche Volk, sondern die ganze gebildete Welt in tiefe Trauer. Mit Robert Hamerling ist einer der größten und bedeutendsten deutschen Dichter aus der Welt geschieden – ein Dichter, der seinen idealen Beruf voll und ganz erfasst hatte und der auf seiner hohen Denkerstirne das Kainszeichen des Genies trug.
Wenn es – wie ein deutscher Schriftsteller sagt - Momente gibt, in denen die Geschichte Halt macht, um einen Denkstein aufzurichten am Weg der rastlos dahinrollenden Jahrhunderts: dann war die Todesstunde Hamerlings ein solch bedeutungsvoller Moment. Zwar ist die Mitwelt noch viel zu befangen, um die poetische Größe des verstorbenen Dichters voll und ganz zu erfassen und der Nachwelt muss es vorbehalten bleiben, aus diesem dichterischen Schaffen endgültig das kritische Fazit zu ziehen...“
….“Was sterblich war an ihm, dem herrlichen Poeten, wir haben es verloren. Aber erhaben und unbezwingbar herrscht sein Geist, und die Spuren seines Erdendaseins werden dauern drch die Jahrhunderte. Robert Hamerlings Schaffen bedeutet einen Höhepunkt in der Geschichte unserer Literatur. Er war einer unserer idealsten und größten Dichter. Die Schönheit galt ihm als oberstes Gesetz, sie war die Göttin, der er sein Leben geweiht hatte.....“
Schon aua dem „Sangesgruss vom Strande der Adria“, einem kleinen, bescheidenen Heftchen, das im Jahr 1857 erschien klingt dieser Schönheitskultus vernehmbar hervor.
Robert Hamerling wurde als Sohn armer Eltern am 24. März 1830 zu Kirchberg am Walde geboren. Sein Vater war Kammerdiener beim Grafen Chambord. Die Bourbonen bewohnten damals das herrliche Schloss das nun im Besitz des Gutsinhabers Anton Fischer Ritter von Ankern ist. Als Knabe kam er als Sänger ins Stift Zwettl und später nach Wien, wo er das Schottengymnasium und die Universität besuchte. Er studierte vor allem Humaniora und wurde dann Gymnasiallehrer in Graz und Triest. Aber seine immer mehr zunehmende Kränklichkeit ließen ihn nur 11 Jahre im Amt verbleiben; 1866 musste er seine Entlassung nehmen.
Ab 1866 lebte Robert Hamerling bis zu seinem Tod in Graz. Hamerling der in seinen Werken die schönen Länder der Erde mit poetischem Schwung geschildert hat, ist auf diesem Erdenrund nicht viel herumgekommen. Er hat außer den österreichischen Gebirgsländer nur einige oberitalienische Städte gesehen. In Griechenland ist er nie gewesen, und wie herrlich tritt uns das Land der Hellenen in seiner „Aspasia“ entgegen! Und er war auch nie in Frankreich und hat in seinem Trauerspiel „Danton und Robespierre“ das französische Wesen so scharf und treu gezeichnet. Auch hatte er das Münsterland nie kennen gelernt ud hat trotz allem in seinem „König von Sion“ - nach unserer Überzeugung seinem größten und bedeutendsten Werk - den Schauplatz der Wiedertäuferbewegung in geradezu bewundernswerter Naturwahrheit geschildert.
Wenn er auch nur wenig von der weiten Welt gesehen, so hat er sie in seinem Geist und Herzen mitempfunden. Hamerling war ein deutscher Dichter in seinem ganzen Wesen und Empfinden. Ersichtlich in seinem „Schwanenlied der Romantik“ und dem „Germanenzug“. Fürst Bismarck, der harte Realpolitiker und Staatsmann, ohne moralische Bedenken, ist nie poetischer verherrlicht worden als in den klangvollen Nibelungenstrophen, die Hamerling diesem Staatsmann zum 70. Geburtstag geweiht hatte. Sein Satyrspiel „Teut“ in zwei Akten, das so manchen harten Hieb auf die unausrottbare Eigenart der germanischen Völker enthält, klingt die Liebe zum deutschen Volk mächtig durch.
Robert Hamerling hat als Epiker, Dramatiker und als Lyriker einen Weltruf gewonnen. Seine lyrischen Gedichte zählen zu den edelsten Blüten der deutschen Dichtkunst.
Ein vierbändiges großes philosophysches Werk, an dem er sein Leben lang gearbeitet hat, wird noch so manches Geheimnis aus seinem Leben lüften.
Hamerling war sein ganzes Leben leidend, darum auch der frühe Ruhestand. Da er nichts von den Ärzten hielt, durfte auch kein Arzt in seine Nähe kommen. Er wusste selbst wie er mit seiner Krankheit, Darmtuberkulose umgehen musste.
Seit dem 12. Juli, 10 Uhr abends war Hamerling bereits bewusstlos. Er befand sich wie jeden Sommer im Stiftingtal. Die Angehörigen sandten nach dem Arzt Dr. Petry und dem Rechtsanwalt Dr. Holzinger. Seine 84jährige Mutter, sowie die alte treue Freundin Hamerlings Frau Gstirner und sein Mündel Bertha waren bei dem Sterbenden zugegen gewesen.
Was die Frauen anbelangte, gab Robert Hamerling später zu, dass er ungeliebt durchs Leben gegangen sei. Obwohl so manche Schönheit seinen Weg kreuzte, darunter auch die spanische Tänzerin Pepita de Oliva für die er sich mit großer Wärme einsetzte. Und ihr die Ode „Einer Tänzerin“ widmete. Er liebte es mit der Damenwelt schriftlich zu verkehren, wünschte diese jedoch ein persönliches Treffen so war sofort Schluss.
Peter Rosegger ein Freund Hamerlings setzte sich in einem Feuilleton mit dessen Antisemitismus auseinander: „Es ist trotz aller Vorsätze heute unmöglich, der Bewegung, die sich Antisemitismus nennt, ganz aus dem Weg zu gehen. Ich für meine Person habe mit dieser Art von Antisemitismus ganz abgerechnet und mir vorgenommen, weiter kein Wort mehr darüber zu verlieren. Nun gilt es aber einzutreten für meinen großen Freund, der sich selber nicht mehr wehren kann, weil er im Grab ruht.
Die Antisemiten machen in ihren Organen heftige Anstrengungen, der Welt weiß zu machen, dass der Dichter Robert Hamerling einer der Ihren wäre. Nun weiß ich es aber, dass Hamerling kein „Deutschnationaler“ und kein „Antisemit“ im Sinne der sattsam bekannten Partei war. Er war es nie und es lag ihm sehr daran, zu manifestieren, dass er das nie war, nie sein wollte, nie sein konnte. Die Beweise dafür aber habe ich nicht kümmerlich gesammelt, auch nicht spitzfindig ausgeklügelt, nur das, was mir zur Zeit klar und greifbar nahe liegt, führe ich nur an, um meine Behauptung zu begründen.
Als im Jahr 1886 das Schorer Familienblatt in Berlin ein Gedicht von Hamerling, „Kornblumen“ überschrieben, veröffentlicht hatte, brachten ihn die „Deutschnationalen“, des Titels wegen, begeisterte Beifallssalven. Hierauf ließ Hamerling das Gedicht im „Heimgarten“ abdrucken und schrieb mir am 18. September 1886 darüber die folgenden Zeilen: „Als Titel bitte ich anstatt Kornblumen: „Ich liebe mein Österreich“ darüber zu setzen. Schon im Schorer Blatt wollte ich dies so geändert haben, kam aber mit meiner Willensäußerung schon zu spät. Ihr Hamerling.
Wie es der deutsch: Österreicher Robert Hamerling mit seinem Patriotismus hielt, das zeigte er auch in seinem schönen Gelegenheitsgedicht zur Feier der silbernen Hochzeit unseres Kaiserpaares, sowie in dem edlen Poem zur sechshundertjährigen Habsburger Feier in Graz, welch letzteres im „Heimgarten“, August Heft 1883, zu finden ist, und besonders in seinem berühmten Gedicht „Deutschland ist mein Vaterland und Österreich mein Mutterland“, welches er dem Deutschen Schulvereins Kalender widmete.
Im Jahr 1884 ging eine Rundschrift zu den bedeutenden Geistern der Gegenwart mit der Bitte um ihre Meinung über die Judenfrage. Die gesammelten Aussprüche wurden dann veröffentlicht in einem Buch; „Briefe berühmter christlicher Zeitgenossen über die Judenfrage“.(Wien, 1885) Robert Hamerling Meinung im Angesicht der Tatsachen war, das die Judenfrag: vom Standpunkt de modernen Völker-. Bürger- und Menschenrechtes bereits endgültig gelöst sei. Gäbe es wirklich ein Parlament, das die bürgerliche oder soziale Rechtsverkürzung der Juden dekretierte, so hieße das: eine unterdrückte Rasse schaffen, damit die nächste Generation dieser eine zu befreien finde. Die größte Unklugheit wäre es, im Zeitalter der Humanität die Juden neuerdings zu interessanten Märtyrern zu machen. Denselben Gedanken hat der Dichter vier Jahre später noch schärfer im „Homunkulus“ ausgesprochen.
Bei einem Gespräch zwischen uns im Sommer 1884 auf einem Spaziergang im Garten des Stiftinghauses war die Rede davon, inwieferne der Dichter den Fragen und Parteien der Zeit Rechnung tragen soll. Da tat Hamerling folgende Bemerkung; Der wahre Dichter ist keine Windfahne, die um Luftzüge und Wetterstürme sich kümmert. Er ist Sonnenschein für alle Blumen und Menschen. Aber wer Sonnenschein haben will, muss aus der Höhle kriechen.
Als ich mich im Jahr 1885 gegen rohe und verlogene Antisemiten Angriffe um meine persönliche Ehre zu wehren hatte, stand Hamerling an meiner Seite als guter Kamerad „Was Sie erleben“ schrieb er mir damals nach Krieglach, „das ist ein Zeichen der im Parteileben üerhandnehmenden Gemütsroheit. - Auf Ehrenerklärung und Widerruf von Seiten Ihrer Stelle nicht sonderlich bringen. Wer solche Dinge gegen Sie vorzubringen fähig ist, wie dass Sie Ihres „Judenzeitruhmes“ wegen die Juden nicht stark genug angreifen und dass Sie „vom jüdischen Schachergeist angekränkelt, tief gesunken“ sind, der kann Ihre Ehre nicht rauben, folglich auch nicht zurückgeben,“
Er hat damit der Sippe die Satisfaktionsfähigkeit abgesprochen.
Als der Geifer der Antisemiten damals seinen für den Augenblick scheinbar siegreichen Höhepunkt erreicht hatte, schrieb mir Hamerling die folgenden Worte: „Die Geschichte Ihrer Leiden seit Monaten ist ein interessanter Beitrag zur Leidensgeschichte der Deutschen in Österreich. Ich hörte bisher nur von Misshandlungen der Deutschen durch die Tschechen, nun sieht man , wie Deutsche von Deutschen behandelt werden. Aber nun dürfen Sie erst nicht verzagen. Nur sage ich: Wenn Deutsche so handeln, so rufe ich mit Tumelikus „Ich bin kein Deutscher, will kein Deutscher sein!“ und wenn das Deutsch gehandelt ist, so ist's besser, dass wi tschechisch werden. Ich kaufe mir morgen eine böhmische Grammatik. Ihr Hamerling.
Graz am 27. September 1885
Seither hat er mir einmal gestanden, dass er damals Nächte lang nicht habe schlafen können vor Aufregung über meinen Fall. Was mir widerfahren, könne unter solchen Zuständen ja gerade so gut einem Gustav Freytag, Paul Heyse, Anzengruber oder ihm selbst geschehen.
Hamerling kannte die Schattenseiten des Judentums, die besonderen Fehler und Widerlichkeiten Einzelner recht genau, er hat sie persönlich genug erfahren! Das konnte ihn aber nicht bewegen, seine hohe Weltanschauung zu ändern, einseitig, ungerecht, rassentoll zu werden. Als ich im Heimgarten X. Jahrgang, Seite 58 mein Bekenntnis über den Antisemitismus ablegte, welches den Antisewiten zu judenfreundlich und den Juden zu antisemitisch vorkam, sagte Hamerling „Hier verstehe ich Sie das erste Mal nicht. Sie sprechen da von einer natürlichen Abneigung gegen semitisches Blut! Lassen Sie sich von der Modetorheit des Antisemitismus nicht anstecken! Oder glauben Sie wirklich, dass der Jude so viel schlechter ist als der Christ? Ich habe mit manchen Juden sehr guteund mit manche Christen sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Ging es Ihnen mit den letzteren besser, so ist nur zu gratulieren“, - Ich pflege die wichtigen Aussprüche, die er mir getan, nachher in mein Tagebüchlein einzutragen, obige Bemerkung finde ich unter dem 1. November 1885.
Als später der Homunkus mit der bekannten Satyre auf die Juden und die Antisemiten erschienen war, übersahen und verschwiegen Letztere den Stachel, der ihnen galt, und wollten mit Ausrufung der sich auf die Juden beziehenden Stellen den Dichter für sich, ja schier zu ihrem Leibdichter proklamieren. Wüssten sie, welchen Ärger, welche Aufregung solche Machinationen dem kranken Dichter bereitet haben! Er wehrte sich dagegen, deutete in einem Gedicht „Persönliche Bitte“ an, dass er kein Judenfresser sei, und machte in mehreren Privatbriefen seinen Standpunkt klar. Besonders aber schrieb er in Folge einer Adresse, die ihm schmeichelte, ihn locken wollte, an den Vorstand eines bekannten antisemitischen Clubs in Wien einen längeren Brief, in welchem folgende Stelle vorkommt: „Dass der übergreifende Einfluss einer in der Minderheit befindlichen Rasse innerhalb einer großen Nation etwas bedenkliches hat, schon deshalb, weil er eine Demütigung für diese in sich schließt, bedarf keines Beweises. Nur das Problem der zweckmässígsten Abwehr scheint mir für einen solchen Fall noch keineswegs gelöst. Wie viel Sie, verehrter Herr, und ihre Parteigenossen mit Ihren Bestrebungen bisher erreicht oder noch weiterhin zu erreichen hoffen dürfen, werden Sie nach langjährigen Kämpfen nun wohl bald endgültig zu ermessen oder zu erproben in der Lage sein. Mir persönlich scheint, da moderne Rassenkämpfe sich doch nur durch geistige Überlegenheit und positive Leistungen entscheiden lassen, das Nächstliegende zu sein, dass wir alle zusammen und jeder Einzelne in seinem Bereiche auf allen Gebieten des geistigen und materiellen Lebens die ursprüngliche Tüchtigkeit des deutschen Stammes in einer Weise zu erproben und zu betätigen suchen, dass das Übergewicht auf unserer Seite bleiben oder wieder dahin zurückkehren muss. Möge unter den aufgewendeten Kampfmitteln dieses, ohne welches alle anderen kaum einen wesentlichen und dauernden, rechtlich und sittlich unanfechtbaren Erfolg versprechen nicht übersehen oder vernachlässigt werden. Dem Dichter wird man es verzeihen, wenn er besonders Gewicht legt auf das Wesentliche und Dauernde, wie es ja überhaupt seine Sache ist, von Zeit zu Zeit daran zu erinnern, dass man das Bleibende, Ideale, Allgemeingültige ungestraft in einem Kampf nie ganz aus den Augen verlieren dürfe, weil es außerhalb der Strömung desselben einen sicheren, festen Halt nicht gibt:“
Damit sagte Hamerling der Hauptsache nach Folgendes: Antisemiten! Wenn eure Bestrebungen gut und praktisch wären, so müsstet ihr nun bald einen Erfolg sehen. Mit scheint aber, euer Vorgehen ist nicht das richtige! Handelt ihr immer nach Recht und Sittlichkeit? Ihr müsstet mit den Juden an Tüchtigkeit wetteifern, was euch als Deutsche ja nicht schwer sein kann, ihr müsstet durch Fleiß, Sparsamkeit, Familiensinn und Einigkeit den Sieg erringen das sind die modernen Rassekämpfe.
Ganz derselben Meinung waren auch andere gewesen, die deswegen aber von den Antisemiten als „Judenknechte“ verhöhnt und verfolgt worden sind. Warum hat man nur Hamerling allerdings als Antwort auf eine Huldigung sehr höflichen Brief nicht verstanden? Weil man ihn nicht verstehen wollt. Warum hat man sich aber doch gehütet, den Brief zu veröffentlichen? Weil man von den bedeutendsten deutschen Dichtern wenigstens einen auf die Parteifahne hängen wollte, wozu die Homunkulus-Satyre momentan das richtige Häkchen schien.
„Ich sehe wohl“ äußerte mir Hamerling am 8. Oktober 1888, „dass man mit diesen Leuten deutlicher sprechen muss“. Und deutlicher sprach er am 19. April. Ich traf ihn an diesem Tag sehr aufgeregt am Krankenlager, „Da muss ich Ihnen noch etwas zeigen“, sagte er und gab mir einen Brief, in welchem sich ein Antisemit in heftigen und zynischen Schimpfworten gegen die Abstammung von Hamerlings Verleger ausließ. „Diese Antisemiten sind sonderbare Käuze!“ rief der Dichter hernach aus. „Man ist wahrlich manchmal versucht, sie für von einer Zeitkrankheit erfasste Tollhäusler zu halten. Die meisten dieser Leute sind auch schon von Haus aus exzentrisch. Man kann vielleicht den praktischen Antisemitismus eines durch Juden überholten Geschäftsmannes begreifen, selbst auch den Antisemitismus eines von jüdischen Journalisten tot geschriebenen oder tot geschwiegenen Poeten, aber aus der Rassenhetze sich eine Tugend und ein Vergnügen, ja geradezu sie zur Lebensaufgabe zu machen, das ist mir unverständlich. - Lieber Gott, wie viel hätte man da zu sagen! Leider kann ich kranker Mann mir eine Polemik nicht auf den Hals laden, der ich am Ende zwar noch gewachsen, sein dürfte, die mich aber viel zu sehr aufregen würde:“
Hamerlings persönliche Meinung über diesen Punkt war den ihm näherstehenden Menschen seit Jahren gar wohl bekannt und auch weiteren Kreisen nicht fremd. Zuschriften, die er darob manchmal erhielt und die an Frechheit nichts zu wünschen übrig ließen, beweisen, dass viele um seinen Standpunkt recht gut wussten. So das Schreiben eines jungen Mannes im März 1888.in welchem Robert Hamerling aufgefordert wird, nationaler zu sein, als er es sei „Diese Herren“, sagte er damals zu mir „wollen, dass ein Dichter täglich ein paar deutschnationale Gedichte mit Ausfällen gegen Juden und Tschechen schreibe“.
Ungefähr um dieselbe Zeit schrieb Hamerling einem Wiener Universitätsstudenten, der nach Italien ging und unterwegs bei dem Dichter um ein Autograph zusprach,
Mit beliebig herausgerissenen Zitaten kann man ja aus jedem Dichter machen was man will, das soll gar nicht schwer sein. Und so dürfte es Menschen gelingen, unsern Dichter, den er bei Lebzeiten etwa als „liberalen Poeten, der mit Vorliebe nicht deutsche Stoffe behandelt“, oder als „Humanitätsdusler“ verhöhnte, heute durch frische Zusammenstellung von Strophen und Typen zu einem anderen zu machen. Die Toten sind zwar unsterblich, aber rechtfertigen können sie sich doch nicht mehr, außer nur solchen gegenüber, die des Dichters Werke alle lesen, um ein ganzes Bild von ihm zu gewinnen.
Als eine Freundespflicht gegen den geliebten Toten habe ich es betrachtet, durch die wenigen hier angeführten Beispiele (deren schriftliche Dokumente man bei mir finden kann) klar zu legen, dass die Antisemiten in einem großen Irrtum sind, wenn sie Robert Hamerling für einen Dichter ihrer Richtung halten. Er war nicht deutschnational in ihrem Sinne und nicht Antisemit nach ihrem Herzen. Er verabscheute ihr Treiben und nannte es undeutsch. Wer mehr Beispiele dafür wünscht, dem kann gelegentlich damit gedient werden. Krieglach, am 28. August 1889 „Deutsche Zeitung“
Robert Hamerling ist ohne Zweifel der, wenn nicht bedeutendste, so doch eigenartigste Dichter, nicht bloß deutsch-österreichischer, sondern überhaupt deutscher Zunge gewesen, und einer der vornehmsten, die seit dem Tod Grillparzers unter den Lebenden gewandelt.
Welch außerordentliche Teilnahme sich in der Bevölkerung aus Anlass des Ablebens Robert Hamerlings kundgibt, bewiesen die Scharen von Menschen, welche im Laufe des Sonntags in das Stiftinghaus kamen, um den Dahingeschiedenen noch einmal zu sehen. Eine Fülle prächtiger Kränze füllte das Sterbezimmer.
„Privatbriefe sind unsere besten Lebenszeugen. Niemanden glaubt man als den Privatbriefen. Solche können nach unserem Tod zum Ankläger, aber auch zum Verteidiger werden“. So äußerte sich Robert Hamerling am 23. Dezember 1885 gegenüber seinem Freund Rosegger.
Hamerling hatte nicht sehr viele Freunde, doch mit den wahren Freunden stand er im regen Briefverkehr. Noch war der interessante Briefwechsel mit Frau Ottilie Ehlen in Prag unveröffentlicht. Albert Moeser, Dichter, fühlte sich besonders zu Robert Hamerling hingezogen und veröffentlichte Hamerlings Briefe ein Jahr nach dessen Tod unter dem Titel: „Meine Beziehungen zu Robert Hamerling und dessen Briefe an mich“. Durch die Herausgabe desselben hat Moeser ein wahres und bleibendes Verdienst erworben, denn sie sind ein wichtiges Dokument über einen Dichter dem man verschiedene Unwahrheiten andichtet die nicht stimmen. Die Mutter des Dichters Hamerling, Franziska Hamerling verstarb am 27. Februar 1892.
Am Donnerstag den 24. Oktober 1901 um 8 Uhr morgens wurde der Sarg mit den irdischen Resten des Dichters aus dem provisorische Grab auf dem St. Leonhard Friedhof, gehoben und in das Ehrengrab gelegt.
Von der Ausgrabung der Leiche des Dichters erfuhren die Redaktionen der Zeitungen nur zufällig durch die Leichenbestattungsanstalt „Concordia“. Dabei waren nur Fräulein Bertha Seeger und Frau Klotilde Gstirner, die beiden treuen Hüterinnen des Sterbehauses Hamerlings.
Der Holzsarg wurde in eine Totenkammer gebracht wo angeblich noch eine Vermessung des Schädels vorgenommen wurde, und dann kam der Dichter in einen Metallsarg und in das Ehrengrab versenkt. Als die Berichterstatter von einer Vermessung des Schädels hörten, die in äußerst kurzer Zeit stattgefunden hätte, war es ihnen sofort klar, dass hier etwas nicht stimmte. In drei Minuten konnte keine Vermessung durchgeführt werden, aber eine Schädelabtrennung. So scheint in die ehemals Dumreicher Familiengruft einen Torso begraben zu haben. Des Rätsels Lösung der Schädel wurde die Ehre zuteil an die Universität gebracht zu werden um in Gips abgegossen zu werden.
Wochenlang war der Schädel Hamerlings an der Universität in Graz, und es wurde vermutet, nachträglich die Genehmigung der Angehörigen des Dichters einzuholen und den Schädel im anatomischen Institut der Universität aufzustellen. Doch das Institut gab es dort überhaupt nicht.
Inzwischen ist diese merkwürdige Affäre in Graz ruchbar geworden. In allen literarischen Kreisen hat sie Aufsehen erregt. Hamerlings Freunde waren empört und die Erbin des Dichters Berta Seeger wandte sich mit einem Schreiben an die Herren der Universität um Aufklärung. Außerdem muss das Messingschild auf dem Sarg entfernt werden, denn es ist eine Lüge von den Gebeinen zu sprechen, wenn der wichtigste Teil fehlt, und fordern die Rückgabe.
Außerdem war man auf die Universität Graz sowieso nicht gut zu sprechen, hat sie doch verabsäumt zu seinem 50. Geburtstag die größte Auszeichnung zu verleihen, die sie verleihen kann. Die philosophische Fakultät hat es außerdem unterlassen, den großen Denke und Dichter zu ihrem Ehrendoktor zu ernennen.
1920 wurde in Horn, Niederösterreich eine Robert Hamerling Gesellschaft gegründet.
Groß und festlich wurde der 100. Geburtstag Robert Hamerling im März 1930 gefeiert. Die Feier fand in Graz im Stephaniensaal statt.
QUELLEN: Ostdeutsche Rundschau, 7. Jänner 1902, S 1. Grazer Volksblatt, 24. Februar 1892, S 2, Villacher Zeitung 20. Dezember 1890, S 1, Klagenfurter Zeitung 17. Juli 1889, S 1, Mährisches Tagblatt 16. Juli 1889, S 1, 4. September 1889, S 1, Klagenfurter Zeitung 17 Juli 1889, S 1, Neue Ill Zeitung 28. Juni 1874, S 1 Bild, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
Hinweis: Hamerling Robert (AEIOU)
…........Hamerling Robert (AustriaWiki)
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