VANILLE#
1922: Unter den Gewürzen erfreut sich die Vanille großer Beliebtheit. Ganz besonders bei den Eisliebhaber. Diese überaus wohlriechende, Schoten förmige Frucht zählt zur Orchideen Familie, welche vielfach an Kakaobäumen gezogen wird, hat ihre ursprüngliche Heimat in den feuchten und heißen Wäldern Mexikos, wurde aber auch in Peru, Venezuela, Brasilien, auf Java, Mauritius, Fidschi Inseln, Seychellen angebaut.
Der Hauptort der mexikanischen Vanille Erzeugung ist Payanila, ein zwischen Kreideinseln eingebetteter Ort.
Die Vanille enthält Fett, Wachs, Harz, Gummi und einen an Peru Balsam erinnernden balsamischen Überzug und als Würzstoff wechselnde Mengen von Vanillin.
Die Kultur des Vanille Strauches ist äußerst mühsam da sie mittels Stecklingen und Setzranken an Bäume gesteckt und während des Wachstums immer wieder angeheftet werden muss, bis sie an dem Stamm fest gewurzelt sind. Die Blätter der duftenden Köstlichkeit sind dunkelgrün, fleischig und glatt, die Blüten groß, schön gefärbt, und angenehmen Geruch. Daraus entwickelt sich die ungefähr 30 Zentimeter lange schotenförmige Kapsel – vainillas Hülse spanisch, welche ein schwarzes, schmieriges Mus umschließt. Die Befruchtung erfolgt in den Plantagen künstlich, indem mit dünnen Bambusstäbchen die Übertragung des Pollen auf die weiblichen Teilen vorgenommen wird. Einen Monat nach der Befruchtung erreicht die Vanilleschote ihre volle Größe. Die Ernte, welche in den Monaten April bis Juni vor der völligen Reife erfolgt, beginnt in dem Moment, wo die Früchte gelb werden. Sie sind in diesem Zustand geruchlos, werden zuerst an die Sonne und dann zum Schwitzen in wollene Tücher gelegt. Dieser Vorgang erfordert große Sachkenntnis und Aufmerksamkeit. Das Abbrühen der Schoten in heißem Wasser hat den Zweck, vorhandene Insekteneier zu töten. Durch das Schwitzen welches in großen Betrieben mittels eigener, genau erwärmter Dörrvorrichtungen geschieht, erhält die Vanille die braune oder grauschwarze Farbe. Bei dieser Prozedur bildet sich an der Oberfläche ein Belag von feinen weißen Kristallnadeln, das Vanillin, welches der Vanille den feinen, höchst aromatischen Geruch verleiht.
Die halbreifen Früchte enthalten einen scharfen Milchsaft, der beim Reifen die Würze der Vanille ausmacht. Da die Früchte beim Reifen aufspringen und sich entleere, ist man gezwungen, sie vorher abzuschneiden und künstlich zu trocknen. Die getrockneten Schoten werden sorgfältig nach der Länge, Stärke und Feinheit des Geruches sortiert und in Bündeln zu 50 Stück in Blechdosen verpackt.
Im fertigen Zustand bildet die Vanille gefurchte, Fett glänzende, flach gedrückte, braunrote oder schwarze oft mit farblosen, glänzenden Kristallen überzogene Schoten. Ist für den Handel sehr wichtig, obwohl auch kristallarme Ware von guter Qualität sein kann. Von besonderer Güte ist die Vanille aus Mexiko. Mindere Qualitäten weisen aus anderen Gegenden die neu dazu gekommen sind, auf.
Eine gute Vanille zeichnet sich von Länge, Biegsamkeit ohne brüchig zu werden, reichliche Füllung, dünnschalig, Farbe, Fettglanz ohne auf Papier Flecken zu hinterlassen, kaum runzelig.
In Mexiko wird die Kultur der Vanille entweder in Urwäldern oder auf freiem Feld betrieben. Bäume mit Milchsaft werden bevorzugt.
1904: In der Drogisten Zeitung wird geklagt, dass die Kenner für das feine Vanille immer seltener werden. Schuld sei das Vanillin das zunehmend konsumiert wird und aus Eugenol hergestellt wird. Besonders Köchinnen wissen, dass Vanille zu ersetzen ist. Nur bei ganz feinen Speisen wird noch das Original verwendet.
In den „Hamburger Nachrichten“ wurde nun kürzlich ein Aufsatz veröffentlicht, in dem unter der Überschrift „Vanille, die Königin der Gewürze“ der Versuch gemacht wird, das Publikum über diesen Artikel aufzuklären. Es wäre wünschenswert wenn man wieder der Vanille den Vorrang gibt, wo sie doch gegen früher billiger geworden ist.
Wie zu erfahren war, wurde Vanillin chemisch aus Nelkenöl hergestellt. Große Konkurrentin war die Tahiti Vanille geworden, die jedoch nur die Äußerlichkeit der Schoten gemein hat. Von dem Alkaloid Vanillin ist in dem Produkt nichts enthalten. Sie ist auch nicht fähig zu kristallisieren. Auch hier wird künstlich nachgeholfen. Trotzdem wundert man sich, dass die deutsche Hausfrau sich so täuschen lässt, scheinbar ist der Geschmack für das Feine verloren gegangen. Da sind die Franzosen ganz anders, Tahiti ist ja eine französische Kolonie und die Vanille Ernte betrug 1903 nur 130.000 Kilogramm, davon in Frankreich nur 5000 kg verkauft, alles übrige ging nach Amerika und Deutschland.
Der Hauptsitz der Vanillekultur in Mexiko sind die Küstengegend des Staates Veracruz, sowie die Insel Reunion wo die Vanille 1817 eingeführt wurde.
1906: Mit der Frage des Entstehens von Vanillin in der Vanillepflanze beschäftigte sich auch Behrens. Dieser fand, dass die mit verdünnten Säuren in der Wärme behandelten Blätter der Vanillepflanze, welche ursprünglich geruchlos waren, daraufhin den Geruch nach Vanillin aufwiesen. Busse ließ den Saft der noch grünen Vanilleschoten Emulsin einwirken und beobachtete neben dem Auftreten des Vanillegeruches den des Merkaptans. Wurde der Saft 40 Stunden hindurch bei 37 Grad C gehalten, dann konnte man ein Zurückgehen des Merkaptangeruches und eine Verstärkung des Vanillearomas bemerken. Busse nahm daraufhin die Existenz eines Glykosides in der unreifen Vanillefrucht an. Guignard endlich, welcher bei einer Prüfung verschiedener Orchideen auf die Anwesenheit von Emulsin letzteres in der Vanillepflanze nicht nachweisen konnte, machte mit frischen Vanilleschoten, welche im Treibhaus im August und September zur Entwicklung gekommen waren, folgende Beobachtung: Wiewohl die Samenkörner schon schwärzlich waren, hatten diese Früchte bei einer Länge von 15 cm ihre volle Entwicklung noch nicht erreicht und zeigten eine frische grüne Farbe. Beim Zerschneiden wiesen sie noch keinen Vanillegeruch auf, dieser trat jedoch hervor, sobald die Gewebe gequetscht und zerdrückt wurden.
Der Vanille ist durch die künstliche Darstellung des Vanillins, welche im Jahr 1876 Tiemann und Haarmann gelang ein ernster Konkurrent erstanden. Ein Kilogramm dieses aus dem frischen Saft des Koniferenholzes durch Oxydation mit Chromsäuregemisch gewonnenen 3-Methyläther des Protokatechualdehydes wurde damals mit 6000 Mark bezahlt, seither wurden mehr als ein Dutzend Patente auf neue Darstellungsweisen dieses Körpers genommen und dessen Preis ist auf 1/100 des früheren herabgegangen. Dem Schicksal, verfälscht zu werden, konnte aber auch das Vanillin nicht entgehen.
Aus Schimmels Berichten entnehmen wir, dass bis jetzt Acetisoeugenol, Antifebrin, Benzoesäure, Zucker und Kumarin als Fälschungsmittel dieses Stoffes nachgewiesen wurden.
In Wiens großen Gewächshäusern von Schönbrunn, und Rothschilds Glashäuser auf der Hohen Warte, wird die Vanillepflanze wie jede andere Orchidee gezogen und produziert wie in den Tropen das geschätzte Gewürz.
QUELLEN: Drogisten Zeitung, 30. September 1922, S 6, 22. Juli 1904, S 5, Österr. Zeitschrift für Pharmazie. 17. März 1906, S 2. ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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