VORSTADT ALSERGRUND#
1874: Die Vorstadt Alsergrund, gewöhnlich als Alservorstadt genannt, ist gegenwärtig einer unserer belebtesten Gründe und erkannte ehedem, als die Wiener Vorstädte rückschauend ihres Abhängigkeitsverhältnisses in drei Kategorien zerfielen, den Magistrat als Grundherrschaft.
Zur ersten Kategorie waren nämlich die bürgerlichen (zum Burgfrieden der Stadt gehörigen) Vorstädte, zur zweiten die Freigründe (welche dem Magistrat als ihre Herrschaft erkannten), und zur dritten die herrschaftlichen Gründe (welche unter der Herrschaft des Metropolitankapitels, des Schottenstiftes und anderer Privatbesitzer standen) zu rechnen.
Die Alservorstädter Pfarre umfasst die Vorstädte Alsergrund, Breitenfeld und Michelbeuerngrund, sämtliche jedoch nur teilweise.
An der Stelle der Vorstadt Alsergrund, die gegenwärtig 450 Häuser zählt und eine Elster im Wappen führt, befand sich in den ältesten Zeiten ein Wald der bis ins Lerchenfeld hinüber reichte; er bestand größtenteils aus Lärchen und diese sollen der letztgenannten Vorstadt den Namen gegeben haben. Später als der Wald nach und nach gelichtet, wurde daraus ein Weinbaugebiet.
Während die anderen Anpflanzungen im Jahr 1335 von den Heuschrecken, welche in ungeheurer Anzahl in Österreich einfielen, vernichtet wurden, verschonten diese geflügelten Ungeheuer gerade die Weingärten.
Dennoch verödete die Gegend, und lange dauerte es bis sich dort wieder einige Ansiedelungen, und zwar am Goztosberg, erhoben. Als jedoch die Türken 1529 Wien belagerten, wurden die von ihren Bewohnern verlassenen Gebäude wieder zerstört.
In der Alservorstadt befanden sich ehedem auch das Kloster der Schwarzspanier und jenes der Trinitarier oder Weißspanier.
Das Kloster der Schwarzspanier in der Alservorstadt wurde im Jahr 1633 von Kaiser Ferdinand II., gestiftet; es befand sich an dieser Stelle des heutigen Abgeordnetenhauses.
Umsonst machte der Wiener Stadtkommandant dem Kaiser Vorstellungen, dass das Kloster den Wällen zu nahe liege und dem Feind bei einer Belagerung ein der Stadt verderbliches Bollwerk bieten würde. Die Antwort des Kaisers lautete, dass es kein besseres Verteidigungsmittel wider die Feinde gäbe, als die Erbauung von Kirchen. Er verspreche sich von der heiligen Jungfrau mehr Schutz, als von seinen Soldaten. Und es blieb beim Bau.
Das Kloster wurde von Benediktinern von Montherat bewohnt, welche ihrer schwarzen Kleidung wegen vom Volk „Schwarzspanier“ genannt wurden. Das „Schwarzspanierkloster“ wurde im Jahr 1683, also vierzig Jahre nach seiner Gründung, von den Türken zerstört.
Später wurde den Schwarzspaniern in der Nähe des Esterhazy Miethaus „Rothes Haus“ ein neues Kloster erbaut; Kaiser Joseph II., hob dasselbe im Jahr 1788 auf.
Die Räume des Schwarzspanierklosters wurden bis zum Jahr 1861 als militärisches Bettenmagazin verwendet und aus dieser Ursache ward es vom Volksmund mit dem Spitznamen „Flohmagazin“ belegt. Am 22. Dezember des letzten Jahres wurde die einstige Schwarzspanierkirche feierlich als evangelische Garnisonskirche eingeweiht.
Die ersten in Wien angekommenen Trinitarier oder Weißspanier wohnten in der Naglergasse ; unterm 19. November 1688 erhielten sie die Erlaubnis, außerhalb der Stadt ein Kloster zu bauen. Im Jahr 1689 kauften sie in der heutigen Alserstraße ein Haus und einen Garten, und an dieser Stelle wurde das staatliche Kloster und die Kirche der Weißspanier erbaut. Der Orden der Weißspanier wurde Kraft Verordnung vom 21. November 1788 aufgehoben und das Kloster von den Minoriten bezogen, welche früher das 1224 von Leopold dem Glorreichen gegründete Minoritenkloster in der Stadt inne hatten.
Denkwürdig ist, dass zur Zeit der Römer Wien durch zwei Quellwasserleitungen mit Wasser versorgt wurde, wovon die eine über Hernals, durch die heutige Alservorstadt nach Vindobona führte.
In der Alservorstadt ist ferner noch die große Anzahl der Humanitätsanstalten und der öffentlichen Gebäude bemerkenswert.
Wir wollen nur erwähnen: Das allgemeine Krankenhaus mit sieben Höfen, von Kaiser Joseph II., im Jahr 1783 gegründet, das von demselben Monarchen 1784 gestiftete Findelhaus; das Waisenhaus gegründet im Jahr 1792 durch den Domherrn Marxer; den Narrenturm, im Volksmund Gugelhupf genannt; die Votivkirche, die ein bleibendes Denkmal der Erinnerung an die im Jahr 1853 stattgefundene Errettung des Kaisers Franz Joseph I:, aus Mörderhand sein soll.
Die Alservorstadt besaß auch einen Kunsttempel, das Harmonietheater, welches gegenwärtig als „Orpheum“ viel von seinen früheren Renommé eingebüßt hat.
Die ehemals den Schotten gehörige Vorstadt Breitenfeld, welche das Stiftssiegel als Wappen führt, besitzt regelmäßig angelegte Gassen und zählt zirka hundert Häuser. Zum städtischen, freien Grund Michelbeuern, dass der St. Gebhard im Siegel führt und beinahe 60 Häuser zählt. Re..o
QUELLE: Neues Wiener Blatt, 20. April 1874, S 3, ANNO Österreichische Nationalbibliothek
Siehe auch: 115 Alser Straße
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