WESTMARK#

Afrika
Theodor Westmark

Der bekannte Afrika-Reisende Theodor Westmark, war in Europa unterwegs um in den Hauptstädten Vorträge über seine Afrika Erlebnisse zu halten. Da dieser Erdteil zu dieser Zeit für viele Menschen noch etwas Geheimnisvolles darstellte, hatten seine Vorträge großen Zulauf und strahlten Faszination aus.. So war er auch nach Wien gekommen um im Wissenschaftlichen Club über seine Reisen im dunklen Weltteil zu berichten.

Ein schlanker, blonder, sehr jugendlich aussehender Herr aus Schweden war es der die Zuhörer sofort in seinen Bann zog.

Er verließ, nachdem er seine Studien absolviert hatte, die Heimat und ging von England aus nach Afrika, wo er sich die Erforschung der Kongo Länder zur Aufgabe machte. Fünfzehn Monate weilte Westmark unter Völkern, die noch der wilden Sitte huldigten, die Leichen der im Kampfe Gefallenen zu verzehren. In Boungela war er anwesend, als nach dem Tode eines Häuptlings Hunderten von Sklaven die Köpfe abgeschlagen wurden und er erlernte mit Leichtigkeit während seines weiteren durchstreifen des Landes unter den entsetzlichen Gefahren drei Negersprachen, Westmark erstes Buch erschien in spanischer Sprache, dem Publikationen in schwedischer, französischer und deutscher Sprache folgten. Mit Stanley traf er wiederholt zusammen und der berühmte Forscher spricht in den Ausdrücken größter Achtung von dem schwedischen Kollegen, der mit viel geringeren Mitteln gleichfalls Großes geleistet hat. Trotz der vielen Gefahren, die Herrn Westmark bedrohten und denen er immer glücklich entrann, ist er doch geneigt in Europa zu verbleiben. Sobald seine Tournee zu Ende ist, kehr er zurück in den Kongo, denn er will in Afrika sterben, wie er sagt. Hoffentlich wird ihn auch ferner ein gütiges Schicksal davor bewahren, ein Opfer seines Forschungstriebes zu werden.

Kronprinzessin Stephanie verstand es immer wieder interessante Persönlichkeiten nach Abbazia zu locken. Im März 1892 war es ihr gelungen den Afrikareisenden, den königlich-schwedischen Premier-Leutnant Theodor Westmark zu einem Vortrag über seinen Aufenthalt unter den Menschenfresser in Afrika zu gewinnen.

Er hatte sich der Expedition des Journalisten und Afrikareisenden Henry Morton Stanley angeschlossen, der dadurch Berühmtheit erlangte, dass er den verschollen geglaubten David Livingston am 29. Oktober 1871 in Ujiji entdecken konnte. Sein Buch über dieses afrikanische Erlebnis wurde ein Bestseller.

Eine weitere Expedition in den Jahren 1887 bis 1889 führte zur Rettung Emin Paschas, den er zur Aufgabe seines Postens bewog, der jedoch 1892 von den Arabern durch Kopf abschlagen ermordet wurde.

Westmark hatte über den Charakter des „großen Retters“ Stanley nichts Gutes zu berichten, er hielt ihn für sehr hartherzig, denn er hatte sich gegen die Mitglieder seiner Expedition in der rücksichtslosesten Weise benommen. Zwei derselben, ehemalige österreichische Offiziere, wurden Opfer seiner grausamen Handlungsweise.

Der erste, Leutnant Schumann aus Budapest, war unterwegs erkrankt und von Stanley für unbrauchbar und überflüssig erklärt, in einem elenden, hilflosen Zustand zurückgelassen worden. Wie Westmark erzählte war der Husaren-Offizier ein Bild unsäglichen Jammers, seine Kleidung befand sich in einem undefinierbaren Zustand und die Hilfe die er angedeihen ließ kam zu spät, nach einigen Tagen erlöste ihn der Tod von seinem Leiden. Das zweite Opfer war Leutnant Kallina, ein noch junger, rüstiger Mann, Stanley ließ ihn in den Katarakten am Kongo hilflos ertrinken. Die Unglücksstelle führt seither den Namen „Kallina-Point“

Geradezu verbrecherisch soll Stanley gegen den Forscher Dr. Eduard Pechuel-Loesche, seinem Stellvertreter im Kongogebiet vorgegangen sein.

Als Westmark ebenfalls sehr erkrankte und von Stanley etwas Wein erbat, der in Kisten Sherry und Madeira mit sich führte, meinte der erboste Amerikaner „aber glauben denn diese Schafsköpfe, dass ich deshalb Wein hier führe, um ihn ganz einfach an die Europäer zu verteilen?“ und seine Empfehlung lautete: „Westmark kann Tee oder Wasser trinken. Ich habe nichts für ihn.“

Stanley, dem das Mitgefühl fremd war, der 200 Sklaven kaufte, um sie für sich arbeiten zu lassen, dieser Mann, der die unglücklichen Sklaven, die mit Ketten aneinander geschmiedet waren, mit sich schleppte und schlug, dieser Mann war jedoch gekommen, um Afrika zu zivilisieren und wollte in Europa Triumphe einheimsen, obwohl er bei jenen die ihn kannten, nur Hass und Abscheu hervorrufen konnte.

Merkmale seines miesen Charakters widerspiegeln auch seine Geschäfts Gebarungen. Stanley hatte für seine Freunde in Innerafrika Frauen erworben, eine davon verkaufte er dann an den belgischen Offizier van Gele um 200 Gulden, ihn hatte die Frau nur einen billigen Ballen Kattuns gekostet. Als Stanley sich der Küste genähert hatte, warf er alle Lebensmittel Vorräte über Bord, um den Schein zu erwecken, welche Mühseligkeiten und Entbehrungen er auf seinen Reisen auszustehen gehabt hätte, doch eine Ladung von 90 Stück Elefantenzähnen brachte er trotz allem in Sicherheit.

Nach diesen bitteren Anklagen kehrte Westmark zum eigentlichen Thema zurück und schilderte sodann die Sitten und den Charakter der schwarzen Völker in Afrika ziemlich eingehend und brachte so manches zu Gehör, das in den bekannten Afrika Schriften weniger bekannt war.

Besonders fesselnd war seine Schilderung der Gebräuche in Bangala, wo er 15 Monate verweilte. Es wurde von einem schönen intelligenten Negerstamm, den in vier Kasten geteilten Magolas, bewohnt. Dort herrschte nun die Vielweiberei in großartigem Maßstabe; Wer in Bangala viele Frauen erwarb, legte sein Geld vorteilhaft an., denn die Frau, welche keinerlei Ausgaben verursachte, vermehrte durch ihre Arbeit – sie säte, bebaute den Boden, fischte – die Einkünfte des Mannes, der nur dem Essen, Trinken und Schlafen huldigte.

Die Bekleidung der Eingeborenen war höchst einfach, die Männer begnügten sich mit einem Gürtel, die Mädchen mit einer Halskette aus Glasperlen. Ihre Religion kannte zwei Götter, den Gott der Reichen „Ibanca“, und den Gott der Armen „Anfango“. Der Mangola glaubte, dass er nach dem Tod weiß werde, daher erklärt sich seine Furcht vor den Weißen, die er für Gespenster, Teufel hielt. Der Mangola ist sehr streitsüchtig und rauflustig; er besitzt eine sehr große Meinung zum Krieg, zum Plündern, Morden und Brennen. Überfielen die Mangolas ein Dorf, so töten sie, was sich ihnen widersetzt. Die Leichen nahmen sie mit nach Hause, wo dann ein großer Schmaus von Menschenfleisch veranstaltet wurde. Der Genuss von Menschen Fleisch war ihre größte Leidenschaft. Meist entgingen die Frauen wegen ihres hohen inneren Wertes diesem scheußlichen Opfer. Und doch fraß einmal ein Häuptling von seinen zehn Frauen deren sieben aus Leidenschaft auf, nachdem er sie auf Grund falscher Beschuldigungen hatte töten lassen. Starb ein Mangola, so musste sein Gefolge von Sklaven und Weibern ebenfalls sterben. Die jungen Frauen wurden am Tage des Begräbnisses beim Leichenschmaus verspeist, die alten Frauen und Männer wurden begraben.

Der Tod eines Mangola gab Anlass zu den sonderbarsten Zeremonien; die Frauen klagten im Chor, man führte Totentänze um den Verstorbenen auf, der für die große Reise geschmückt und ausstaffiert wie ein dicker Muff auf dem Paradebett lag, man betäubte sich in sinnlosen Rausch mit Zuckerrohrbier, Matufu und aß Maniok Mehlkuchen dazu.

Zum Schluss seines Vortrages unterrichtete Westmark seine Zuhörer über die Bestrebungen der Befreiung der Sklaverei und bat um Mitarbeit. Rauschenden Beifall beendete den Vortrag.

Quelle: Zeitungen der ÖNB

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