ZUCKMANTEL#

Schlesien
Zuckmantel

An den Ausläufern der Sudeten, in Österreichisch-Schlesien, am Fuße der 890 m hohen Bischofskoppe, liegt in einer Seehöhe von 500 m sehr malerisch die von Naturschönheiten verschiedenster Art umgebene alte Stadt Zuckmantel; dieselbe ist seit 1879 in die Reihe der Kurorte getreten, und seitdem die Touristik sich immer mehr Bahn gebrochen hat, bilden Zuckmantel und seine herrliche Umgebung einen sehr beliebten Anziehungspunkt. Es bieten auch nicht viele Gegenden so viel des Schönen wie die Berge bei Zuckmantel. Im Osten tritt der Rochusberg, auf welchem sich ein schmuckes Kirchlein befindet, dicht an die Stadt heran. Von drei Seiten wird Zuckmantel in einer Entfernung von 1 bis 10 km von Bergen begrenzt nach Norden zu ist der Ausblick auf die Landschaft von Preussisch-Schlesien frei, Reine höchst belebende und ozonreiche Hochgebirgs- und Waldluft gewähren die von kristallhellen Waldbächen durchströmten Fichten- und Tannenwaldungen der Berge.

Die von Petermann aufgestellten Bedingungen für die Existenzberechtigung eines Luftkurortes treffen bei Zuckmantel in jeder Beziehung; die Stadt wird auch schon seit vielen Jahren als Sommerfrische aufgesucht. Bereits in den Jahren 1846 bis 1849 hat damals ein Kiefernnadelbad bestanden, welches von Kurgästen nicht nur aus Europa, sondern auch von solchen aus Amerika besucht war. Als diese Anstalt, welche zu großen Hoffnungen berechtigte, den Besitzer wechselte, wurde sie leider in eine Mühle umgewandelt. Später errichtete man eine kleinere Badeanstalt, welche noch heute besteht, alljährlich frequentiert wird und nunmehr im Besitz des Franz Schreiber ist.

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Von der Stadt 1 km entfernt, liegt in wundervoller Lage am Fuß des Schlossberges die im Jahr 1879 von weiland Dr. Carl Anjel erbaute Wasserheilanstalt, seit 1889 im Besitz des Dr. Ludwig Schweinburg. Das Sanatorium und die Wasserheilanstalt, wie Dr. Scweinburg die Anstalt bezeichnet hat, bestehen aus einem großen Kurhaus mit zirka 70 Wohnzimmern, aus dem „Herminenhof“ mit 35 Zimmern, aus einem mit dem Kurhaus verbundenen Badehaus und einem Saal für Gymnastik. Die Einrichtungen der Anstalt entsprechen allen Anforderungen. Dicht an dieselbe treten die prächtigen Waldungen heran, in denen sich wohl erhaltene Spaziergänge in reichster und ausgedehnter Weise befinden; sie gestatten Distanzen von vielen Stunden auf Pirschwegen ohne viel Steigung zurückzulegen, beständig innerhalb des Waldes mit den schönsten Gebirgs- und Talansichten. Unweit der Kuranstalt befinden sich westlich der Kahlenberg 669 m, südlich der Schlossberg 659 m mit der Ruine Edelstein, am Fuß desselben in äußerst romantischen Lage der Schwarze Teich, dann der Zitterhügel und hinter diesen drei vorgelagerten Bergen von Osten nach Westen der 972 m hohe Althackelsberg oder Querberg.

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Am östlichen Abhang des Querberges, nahezu eine und eine halbe von Zuckmantel entfernt, liegt idyllische, zur Andacht stimmend wie selten ein Ort, inmitten hochstämmiger alter Bäume der viel besuchte, im Jahr 1745 gegründete Wallfahrtsort „Mariahilf“. An einem schroffen Felsenabhang ist die Wallfahrtskirche zwar einfach erbaut, doch im edlen Stil gehalten. Ebenso wie dieser Wallfahrtsort alljährlich von vielen Tausenden besucht wird, so wird auch die östlich von Zuckmantel liegende Bischofkoppe gewürdigt. Der mährisch-schlesische Sudetengebirgsverein ließ auf derselben im Jahr 1891 eine Aussichtspyramide erbauen, auf welcher sich dem Besteiger entzückende Bilder nach allen Richtungen hin entrollen; Auge und Geist werden nicht müde, das reizende Panorama zu beschauen und die schöne Welt zu bewundern, wie sie sich auf jener Stelle zeigt.

Seit der Errichtung dieser Aussichtspyramide mehrten sich die Besucher der Bischofkoppe, und es wurde dem immer fühlbar werdenden Mangel einer Unterkunft von Franz Rudolf aus dem benachbarten Petersdorf durch Errichtung des Schutzhauses „Rudolfsheim“ abgeholfen.

Die wichtigsten Mineralien, welche in den einst so ergiebigen Gruben von Althackelsberg gefunden wurden, sind: Gold in Quarz und in Schwefelkiesen, Silber in Bleiglanz, Magnetkies, Magneteisenstein, Kupferkies, Buntkupfererz, Bleiglanz, Weißbleierz, Zinkblende, der seltene Allophan, Roteisenstein, Brauneisenstein, Schwefel- und Arsenikkies, ferner Stilpnometan mit Kalkspat in Tonschiefer. Die Einfälle der Mongolen 1241, bei welchen Zuckmantel in Asche gelegt wurde und 600 Bergknappen ihr Leben einbüßten, dann die Hussitenkriege 1428 hemmten den Bergbau, doch wurde derselbe nicht eingestellt, sondern bis zum Jahr 1740 mit Erfolg betrieben. Der österreichische Erbfolgekrieg wurde für Zuckmantel und den Bergbau verhängnisvoll; da sich die Einwohner dem Einrücken der preußischen Truppen widersetzten, wurde Zuckmantel in Brand gesteckt; durch den Wiederaufbau der Stadt geriet das Bergwerk in Stockung, und in Folge dessen wurde 1765 die Stadt Zuckmantel ihrer Privilegien und der Steuerfreiheit für verlustig erklärt. Alle dagegen unternommenen Schritte waren fruchtlos.

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Der Bergbau wurde unter verschiedenen Besitzern zwar fortgesetzt, gelangte jedoch nicht mehr zur einstigen Blüte. Zuckermantel nannte sich bis zu Anfang dieses Jahrhunderts „freie Bergstadt Edelstadt“ vulgo Zuckmantel ;letztere Benennung wurde beibehalten, doch blieb die erstere in Folge der verlustig gewordenen Steuerfreiheit aus.

Auf dem dem Althackelsberg vorgelagerten Schlossberg schließen Ruinen und ein Wallgraben die ganze Kuppel des Berges ein; die Besteigung derselben wird belohnt durch den landschaftlichen Reiz, welcher sich vor den Augen des Ersteigers entfaltet. Bis zum Jahr 1467 stand hier die mächtige Burg „Edelstein“, welche jedenfalls eine der ältesten und großartigsten Bauten Schlesiens war. Menschenhände, erzählt die Sage, waren nicht imstande, ein so ungeheures Gebäude aufzuführen wie diese Burg gewesen. Gewaltig große Riesen, die von Menschenfleisch lebten, türmten einst die Feste auf, damit sie von dieser auf die vorbeiziehenden Reisenden und Bewohner des Tales besser Jagd machen konnten. Hunderte von Jahren hausten diese Ungetüme dort, dann verschwanden sie, ohne dass jemand erfuhr, wohin sie gekommen.

Im dreizehnten Jahrhundert befand sich „Edelstein“ im Besitz des Breslauer Bischofs Thomas; diesem wurde die Burg von dem Ritter Otto von Linau und dessen Brüdern entrissen, welche nun mit ihren Raubgenossen schrecklich hausten; groß waren die Greue, die sie in der ganzen Gegend verübten. Häufig unternahmen sie mit ihren Banden Raubzüge in das bischöfliche Gebiet der Gegend von Neisse. Kein Wunder, dass von allen Seiten Klagen, über die Raubritter auf Edelstein einliefen. Der Bischof wandte sich an Nicolaus I., von Troppau mit der Bitte, das Raubnest zu zerstören; dieser zog denn auch am 6. September 1281 zum Sturm gegen Edelstein aus und übergab die genommene Burg nebst Zuckmantel als Entschädigung für die durch die Linauer erlittenen Verluste dem Bischof Thomas zum Eigentum. Während der späteren politischen Wirren sah es in Folge der fortwährenden Raubeinfälle im Neisser Lande traurig aus. Die Dörfer waren niedergebrannt, die Äcker verwilderten, da der Landmann aus Furcht vor dem Feind sie nicht mehr bebaute, aller Handel und Wandel lag darnieder. Am 13. Juli 1467 wurde die Feste geschleift. Die Mitte des 17. Jahrhunderts brachte für Zuckmantel Hexenprozesse, welche viele Opfer forderten und 1646 die Errichtung eines Hexengerichtes zur Folge hatten. In der Zeit vom 5. Juli bis 29. September 1651 wurden 30 Personen der „Hexerei“ beschuldigt und hingerichtet.

An diese Zeit erinnert uns das „Rochuskirchlein, welches auf dem unmittelbar von der Stadt aufsteigenden Rochusberg zum Andenken an den dreißigjährigen Krieg. Und an die Pest der Jahre 1632 und 1633 erbaut wurde und eine der schönsten Aussichtspunkte bei Zuckmantel ist. Auch der Wallfahrtsort „Mariahilf“ bei Zuckmantel hat seinen Ursprung in jenen Jahren, wenngleich die ersten Schritte zur Gründung des Wallfahrtsortes ein Jahrhundert später erfolgten. Im Jahr 1745 wurde die erste hölzerne Kapelle gebaut, musste jedoch unter der Regierung Kaiser Josefs II., gesperrt werden. Auf Bitten der Einwohner von Zuckmantel wurde 1819 die Eröffnung derselben wieder gestattet und sie selbst unter die Aufsicht des Pfarrers von Zuckmantel gestellt. Im Jahr 1834 wurde der Grundstein zu der jetzigen Kirche gelegt, welche in den letzten Jahren bedeutend renoviert, verschönert und mit einem neuen Turm versehen wurde.

Wie der Wallfahrtsort Mariahilf, so ist auch die Pfarrkirche von Zuckmantel sehenswürdig. An und für sich auf einer Erhöhung erbaut, ragt dieselbe durch ihre Größe mit ihren drei im Rundbogenstil gebauten schön geformten Türmen hoch über die Stadt empor. Das Innere der Kirche hat eine gute Einteilung und das Schiff eine bedeutende Höhe; zahlreiche geschmackvolle Altäre, Bilder und Fahnen schmücken dieselbe prächtig aus. Auf dem Kirchplatz befindet sich inmitten einer Gruppe Kugelakazien die Johannesstatue.

Die 5000 Einwohner zählende Stadt Zuckmantel ist nicht wie andere Städte zusammengebaut, enthält auch keinen sogenannten Ring, sondern ist in bedeutender Ausdehnung vom Fuß des Rochusberges an nach Süden bis in die Berge hinein gebaut.

Bisher war Zuckmantel vom Weltverkehr ausgeschlossen, doch dürfte es vom Jahr 1896 angefangen anders werden, da anschließend an die Lokalbahn Hannsdorf – Ziegenhals der Bau einer Lokalbahn von Niklasdorf nach Zuckmantel in den nächsten Wochen in Angriff genommen wird und die Verbidung dieser Lokalbahn mit der mährisch-schlesischen Zentralbahn in Aussicht steht. J. C. Hoffmann

QUELLE: Dillinger Reise Zeitung, 10. März 1895, S 5 und 7, BILDER: aus derselben, S 1,5, 6, 15. Juni 1910, S 2, 3, 4 ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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