Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Lexikon Franz Ferdinand, Erzherzog von Österreich

Franz Ferdinand Erzherzog von Österreich

Quelle: Wikipedia

Impressum

Geb. 18. Dezember 1863 in Graz (Steiermark); gest. 28. Juni 1914 in Sarajevo (Bosnien und Herzegowina) (ermordet).
Thronfolger.

Franz Ferdinand von Österreich wurde als Sohn des Erzherzogs Karl Ludwig (1833–1896), des zweitältesten Bruders von Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916), und der Prinzessin Maria Annunciata von Neapel-Sizilien (1843–1871) geboren. Er wurde von Franz V. (1819–1875), dem letzten Herzog von Modena, zum Erben eingesetzt und führte nach dessen Tod den Namen Österreich-Este. An das Erbe geknüpft war die Bedingung, innerhalb von zwölf Monaten Italienisch zu lernen, was Franz Ferdinand nicht leicht fiel und eine Abneigung nicht nur gegen die Sprache, sondern auch gegen die Italiener nach sich zog, weshalb er seine Besitzungen in Oberitalien nie auch nur besichtigte.

Unterrichtet wurde er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Otto Franz Joseph (1865–1906) zunächst von Oberst Ferdinand Graf Degenfeld, später von dem Historiker Onno Klopp (1822–1903) und dem Propst Godfried Marschall (1840–1911).

Seine militärische Ausbildung erhielt Franz Ferdinand bei der böhmischen Infanterie, den ungarischen Husaren sowie den oberösterreichischen Dragonern. Ab 1890 befehligte er als Oberst das 9. Husarenregiment, 1899 wurde er General der Kavallerie. Schon während seiner Militärzeit erkrankte er an Lungentuberkulose, an der seine Mutter im Alter von 28 Jahren gestorben war.

1892/1893 unternahm Franz Ferdinand auf dem Kreuzer SMS Kaiserin Elisabeth eine Weltreise, die ihn von Triest nach Indien, Indonesien, Australien, Japan, Kanada und Nordamerika führte. Diese wurde als wissenschaftliche Expedition deklariert, sollte in Wahrheit jedoch zur Verbesserung seines Gesundheitszustandes beitragen. Seine Reiseerlebnisse beschrieb er im "Tagebuch meiner Reise um die Erde" (1895). Weitere Kuraufenthalte folgten und Franz Ferdinand erholte sich von seiner Krankheit.

Nach dem Suizid des Kronprinzen Rudolf (1858–1889), mit dem er eng befreundet war, und dem Tod seines Vaters 1896 wurde Franz Ferdinand am 29. März 1898 offiziell österreichischer Thronfolger.

Am 1. Juli 1900 heiratete er die Hofdame Sophie Chotek von Chotkowa (1868–1914). Trotz ihrer Herkunft aus altem böhmischem Adel galt sie den Habsburgern als nicht ebenbürtig und Kaiser Franz Joseph I. erlaubte nach langem Widerstreben nur eine morganatische Ehe. Anlässlich der Hochzeit wurde Sophie zur Fürstin von Hohenberg, 1909 schließlich zur Herzogin von Hohenberg erhoben. Die Kinder des Paares, Sophie (1901–1990), Maximilian (1902–1962) und Ernst (1904–1954), sollten den Familiennamen "von Hohenberg" tragen und waren von der Thronfolge ausgeschlossen.

Franz Ferdinand beschäftigte sich intensiv mit dem Wehrwesen der Monarchie und förderte besonders die Kriegsmarine. Er war zwar nie offiziell an der Führung der Doppelmonarchie beteiligt und hatte auch keinen großen Einfluss auf die kaiserliche Politik, schmiedete jedoch Pläne für die Zeit nach seiner Regierungsübernahme. Zunächst plante er die Stärkung der Zentralmacht und die Schwächung des Dualismus, indem er einen Zusammenschluss von Kroatien, Bosnien und Dalmatien zu einem eigenen Reichsteil (Südslawien) vorsah. Dies stand zu dem Interesse Serbiens, ein südslawisches Königreich unter serbischer Führung zu gründen, in Widerspruch und schürte den Hass der serbischen Nationalisten gegen Franz Ferdinand und die Habsburger. Der angestrebte "Trialismus" (Österreich-Ungarn-Südslawien) hätte zur Auflösung der Union von Ungarn und Kroatien geführt, was ihm auch die Feindschaft der Ungarn zugezogen hätte. Als nächstes dachte er an eine Aufgliederung des Reiches nach Sprachgrenzen, schließlich plante er eine Föderation der Kronländer, jedes in sich durch einen Ausgleich befriedet, bevor er wieder zum Konzept des Dualismus zurückkehrte.

Außenpolitisch neigte Franz Ferdinand einem Dreikaiserbündnis zu, pflegte seine Freundschaft mit Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) und trat gegen einen von General Franz Conrad von Hötzendorf (1852–1925) propagierten "Vorbeugungskrieg" gegen Serbien ein.

Im Juni 1914 reiste Franz Ferdinand in seiner Eigenschaft als Generalinspektor der gesamten bewaffneten Macht – diese Funktion hatte er seit August 1913 inne – gemeinsam mit seiner Frau Sophie zu Manöver-Besuchen nach Bosnien-Herzegowina. Am 28. Juni 1914 statteten die beiden Sarajevo einen offiziellen Besuch ab, wo sie Opfer eines von der Untergrundorganisation "Mlada Bosna" gemeinsam mit Mitgliedern der serbischen Geheimorganisation "Schwarze Hand" geplanten Attentats wurden: Nach einem zunächst fehlschlagenden Anschlag mit einer Handgranate tötete der 19-jährige Gavrilo Princip (1894–1918) wenig später den Erzherzog und seine Frau mit zwei Pistolenschüssen. Österreich-Ungarn reagierte darauf am 23. Juli 1914 mit einem äußerst harten, auf 48 Stunden befristeten Ultimatum an die serbische Regierung, das so verfasst war, dass ein souveräner Staat es nicht akzeptieren konnte. Serbien antwortete innerhalb der vorgegebenen Frist, akzeptierte jedoch nicht bedingungslos. Daraufhin erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg, wodurch der Erste Weltkrieg ausgelöst wurde.

 

Werk:
Tagebuch meiner Reise um die Erde 1892–93. 2 Bde. (1895–96).

 

Abkürzungsverzeichnis

Literatur:

NDB Bd. 5, S. 364f.
ÖBL Bd. 1, S. 350f.
AEIOU.
DBE.
Aichelburg, Wladimir: Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este und Artstetten. Wien: Verlagsbüro Lehner 2000. [EA 1983]
Bestenreiner, Erika: Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg. Verbotene Liebe am Kaiserhof. München, Zürich: Piper 2004.
Hammond, Beate: Habsburgs größte Liebesgeschichte. Franz Ferdinand und Sophie. Wien: Ueberreuter 2001.
Meysels, Lucian O.: Die verhinderte Dynastie. Erzherzog Franz Ferdinand und das Haus Hohenberg. Wien: Molden 2000.
Weissensteiner, Friedrich: Franz Ferdinand, der verhinderte Herrscher. Wien: Kremayr & Scheriau 2007. [EA 1983]

 

Autorin des Artikels:

Birgit Scholz, April 2011

 
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