Geb. 27. November 1876 in Mürzzuschlag (Steiermark), gest. 23. August 1934 in Unterach am Attersee (Oberösterreich).
Maschinenbauingenieur, Erfinder der nach ihm benannten Kaplan-Turbine.
Kaplan kam als drittes Kind des Wiener Neustädter Zentralinspektors der Österreichischen Eisenbahn Alfred Kaplan (1849–1921) und dessen Ehefrau Jenny geb. Wust (1843–1899) zur Welt.
Er heiratete 1909 die gebürtige Wienerin Margarete Straßer (geb. 1884) und hatte zwei Töchter, Gertraud und Margarete.
Nach der Reifeprüfung an einer Wiener Realschule studierte Kaplan 1895–1900 an der Technischen Hochschule Wien Maschinenbau bei Leopold von Hauffe (1840–1912) und Johann von Radinger (1842–1901) und schloss sein Studium mit dem Ingenieurdiplom ab. Anschließend leistete er als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst bei der k.k. Kriegsmarine in Pola (Pula/Kroatien). 1901 trat er in den Dienst der Leobersdorfer Maschinenfabrik, die zur Budapester Firma Ganz & Co. gehörte und in der hauptsächlich Dieselmotoren gebaut wurden. Kaplan beschäftigte sich mit der Wärmebilanz der damals bestehenden Explosionsmotoren, worüber er auch in einem öffentlichen Vortrag berichtete. Dieser ohne Absprache mit seinem Chef gehaltene Vortrag führte zu seiner Kündigung, die jedoch wieder zurückgezogen wurde. Kaplan verließ trotzdem die Firma und nahm 1903 eine Stellung als Konstrukteur an der Deutschen Technischen Hochschule Brünn (Brno/Tschechien) an, wo er seinen Dienst an der Lehrkanzel für Maschinenlehre und Maschinenbau bei Alfred Musil (1846–1924), dem Vater Robert Musils (1880–1942), antrat. In Brünn verbrachte Kaplan rund drei Jahrzehnte. Nach seiner Promotion zum Doktor der Technik (1908) an der Technischen Hochschule Wien wurde er 1909 in Brünn Privatdozent, 1913 wurde er ao. Professor und Leiter des "Instituts für Theorie und Bau von Wasserturbinen", 1918 erhielt er die ordentliche Professur.
Die Aufnahme der Lehrtätigkeit an der Brünner Hochschule sowie der damals dringende Bedarf der Elektrizitätswirtschaft an schnell laufenden Wasserturbinen sowie an Wasserturbinen, die auch die Ausnutzung mittlerer und kleinerer Gefälle ermöglichen, führten dazu, dass er seine Arbeit an der Schaffung eines verbesserten Explosionsmotors aufgab, um sich ganz dem Lehrberuf und der Entwicklung von an die Erfordernisse der Zeit angepassten Wasserturbinen zu widmen. Er gelangte zur Überzeugung, dass mit einer bloßen Abänderung der Francis-Turbine sein Ziel nicht erreichbar sei. So konstruierte er 1912 eine neue Turbine, wobei ihm das 1910 errichtete Wasserturbinenlaboratorium der Brünner Hochschule gute Dienste leistete. 1917 wurde die erste Kaplan-Turbine (Gefällshöhe: 2,33 m; Wassermenge: 1000 Liter/Sekunde; Drehzahl: 420/Minute; Leistung: 25 PS) – eine Wasserturbine mit einstellbaren Laufschaufeln, die für Flüsse mit großen Wassermengen und geringen bis mittleren Gefällen bestimmt ist – von der Brünner Stahlhütte Ignaz Storek gebaut und 1919 in Velm bei Gramatneusiedl (Niederösterreich) in der Börtel- und Strickgarnfabrik M. Hofbauers Witwe in Betrieb genommen, wo sie bis 1955 genutzt wurde.
Nach weiteren Verbesserungen gelang 1922 eine Turbine, die sich für Schweden mit seinem stark schwankenden Wasserstand als die geeignete Wasserkraftmaschine erwies. Bis dahin war die Kaplan-Turbine noch nie als Großturbine gebaut worden. Nun jedoch wurde sie für die Errichtung des staatlichen Kraftwerkes Lilla Edet verwendet, wobei Kaplan-Turbinen mit einer Leistung von 11.000 PS – damals die größten Turbinen der Welt – zum Einsatz kamen und von dort aus ihren Siegeszug antraten. Dank der Möglichkeit der Ausnützung niedriger Gefälle, der Erreichung hoher Drehzahlen und eines ausgezeichneten Wirkungsgrades über einem großen Belastungsbereich erreichte die Kaplan-Turbine eine einzigartige Stellung und gehört zu den wichtigsten Fortschritten auf dem Gebiet der Wasserkraftmaschinen. Auch heute noch sind Tausende von Kaplan-Turbinen in Verwendung. Ihr Anteil an der weltweiten Wasserkrafterzeugung wird auf rund 10 % geschätzt.
Kaplan, der bereits 1922 schwer erkrankt war, trat 1932 in den zeitlichen und 1934, im Jahr seines Todes, schließlich in den dauernden Ruhestand. Er erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter 1926 das Ehrendoktorat der Technischen Hochschule Prag. 1930 wurde ihm die Goldene Ehrenmünze des Österreichischen Ingenieurs- und Architektenverbandes verliehen. Eine Büste Kaplans ist in der Steirischen Ehrengalerie ('Skulpturengarten') im zweiten Burghof der Grazer Burg aufgestellt.
Werke (Auswahl):
Theoretische Untersuchungen und deren praktische Verwertung zur Berechnung rationeller Schaufelformen für Schnelläufer (1906); Bau rationeller Francisturbinen-Laufräder und deren Schaufelformen für Schnell-, Normal- und Langsam-Läufer (1908) [2. Aufl. gemeinsam mit Alfred Lechner u.d.T.: Theorie und Bau von Turbinen-Schnelläufern (1931)]; Entwicklung und Versuchsergebnisse einer Wasserturbine (Vortrag, gehalten in der Versammlung der Fachgruppe der Maschinen-Ingenieure des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines) (1917); Wie die Kaplan-Turbine entstand. In: Wasserkraft-Jahrbuch (1925/26); Die künftige Entwicklung des Wasserturbinenbaues. In: Elektrische Arbeit 11, Nr. 12 (1929).
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