Leopold Theyer |
Joanneumring 2-4, Graz; 1895 © Margarete Payer, 2011 |
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Geb. 14. Oktober 1851 in Wien, gest. 7. Juli 1937 in Graz (Steiermark). Leopold Theyer war Sohn des Papierindustriellen Franz Seraphin (1809–1871) und dessen Ehefrau Maria geb. Tschida (1814–1877). Er hatte noch vier Geschwister: Maria (geb. 1839, später verheiratete Hardtmuth); Gregor (geb. 1841); Theodor (1842–1905) und Josef (1849–1871). Als Leopolds ältere Schwester den Kaufmann Eduard Hardtmuth heiratete, wurde die bereits seit 1733 existierende Papierfabrik mit der Firma des Schwagers, die Bleistifte herstellte, zum international erfolgreichen Betrieb "Theyer-Hardtmuth" zusammengelegt; dessen Leitung wurde vom älteren Bruder übernommen. Theyer besuchte 1869–1873 das Polytechnikum an der Technischen Hochschule in Wien, wo Heinrich von Ferstel (1828–1883) einer seiner Lehrer war. 1873–1876 studierte er an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Friedrich von Schmidt, bei dem er 1876 auch ein Praktikum absolvierte, Architektur. Um 1875 belegte er auch Aquarellkurse bei Eduard von Lichtenfels (1883–1913). Nach dem Studium war er 1877–1883 als Lehrer für technisches Zeichnen am damaligen Österreichischen Museum für Kunst und Industrie angestellt, 1884–1887 leitete er die Fachschule für Holzindustrie in Bozen. Danach ging er nach Graz und war 1887–1906 als Professor der kunstgewerblichen Abteilung an der Grazer Gewerbeschule tätig. Seit 1906 unterrichtete er an der Technischen Hochschule in Graz technisches Zeichnen und Freihandzeichnen und hatte dort seit 1910 einen ordentlichen Lehrstuhl inne. 1913–1923 lehrte er an der Technischen Hochschule auch Hoch- und Eisenbetonbau. Zweimal wurde er dort auch zum Dekan gewählt. Theyer war Mitglied des Kunstbeirats des Stadtbauamts in Graz, Mitglied des Vereins der Bildenden Künstler Wiens und Steiermarks. Über sein Architekturbüro realisierte Theyer zahlreiche Bauten im Salzkammergut, in Klagenfurt, Radkersburg, im heutigen Slowenien und in Graz, wo er u.a. einen Generalplan für die Verbauung des Joanneumsgartens im Joanneumsviertel entwarf. Viele der geplanten Wohnhäuser – seit 1900 wohnte er in einem selbst geplanten Haus, Joanneumring 3 –, aber auch öffentliche Bauten wurden in historisierenden Stilformen errichtet. Für das imposante Amtshaus in der Schmiedgasse 26 in Graz mit Durchgang zur Kalchberggasse wurden mehrere kleine Häuser abgetragen. Zusammen mit Friedrich Sigmundt (1856–1917) wurden der Bau der Grazer Wechselseitigen Versicherung, Herrengasse/Jungferngasse, sowie die Vergrößerung des Stefaniensaals im heutigen Congress-Gebäude mit einem repräsentativen Stiegenhaus geplant. Theyer spezialisierte sich auch auf die Planung von Lungenheilstätten und Sanatorien in Alland (Niederösterreich), Hörgas-Enzenbach (Steiermark), Hofacker (Steiermark), Rudolfswerth bei Krain (Novomesto/Slowenien) und Palmschoß bei Brixen (Südtirol). Theyer war ein typischer Vertreter des Späthistorismus, der die verschiedensten Stilrichtungen übernahm (italienische Renaissance ebenso wie altdeutschen Stil). Er richtete sich nach den Wünschen von Auftraggebern und nach den Örtlichkeiten und entwickelte so ständig neue Ausdrucksformen bis hin zum reduzierten sezessionistischen Stil bei Warenhäusern. Häufig umfassten Theyers Planungen auch die Innenräume, wobei ihm sein kunstgewerbliches Wissen zu Nutze kam. Daneben entwarf er an die 1000 Bucheinbände, von denen viele der Hofbuchbinder Gustav Fritzsche in Leipzig ausführte. Theyer erhielt zahlreiche Preise: 1874 die Große Goldene Fügermedaille, 1874 und 1876 den Gundel-Preis der Akademie der bildenden Künste Wien, 1878 die Goldmedaille bei der Weltausstellung in Paris, 1880 und 1889 die Große Goldene Medaille der Wiener Gewerbeausstellung. 1899 wurde ihm der Titel eines Baurats, dann eines Hofrats und schließlich Oberbaurats, 1931 die Grazer Ehrenbürgerschaft verliehen. Mit seiner Frau Luise Elisabeth geb. Erhardt (1853–1923, verheiratet seit 1876), hatte er zwei Kinder, Theodora (1878–1910) und Erwin (1880–1957). Leopold Theyer wurde auf dem evangelischen St.-Peter-Friedhof beigesetzt.
Werke (Auswahl): Altdeutsche Fassade des Hauses Sporgasse 10, Graz (1890); Umbau des Palais Khuenberg, Sackstraße 18, Graz (1892); Wohn- und Miethäuser in Graz: Tummelplatz 6 (1893–1895); Neutorgasse 57 (1895); Joanneumring 2–4 (1895); Grazbachgasse 38 (1896); Schmiedgasse 29 (1897); Joanneumring 3 (1898); "Tuchhaus Rendi" Joanneumring 5 (1906–1908); "Warenhaus Kraft", Jakominiplatz 8 (1908–1909, Fassade nicht mehr erhalten).
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Literatur: GdSG Bd. 3, S. 496–498, und Bd. 4, S. 483f.
Autorin des Artikels: Margarete Payer, Juni 2011 |
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