Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Lexikon Wilhelm Fischer

Wilhelm Fischer

Nagl-Zeidler-Castle
Bd. 4, S. 1213.

 

Impressum

Geb. 18. April 1846 in Csakathurn (Čakovec/Kroatien), gest. 30. Mai 1932 in Graz (Steiermark).
Erzähler, Epiker, Dramatiker; Bibliothekar, Direktor der Steiermärkischen Landesbibliothek.

Fischer, der auch der 'Grazer Stadtpoet' genannt wurde und sich selbst als Autor auch 'Fischer-Graz' sowie 'Fischer in Graz' nannte, erblickte als Sohn des jüdischen Kaufmanns Karl Fischer (gest. 1902) und dessen Ehefrau Johanna Heinrich (gest. 1886) in Csakathurn im heutigen Kroatien das Licht der Welt.

Fischer absolvierte das Gymnasium in Warasdin (Varaždin/Kroatien) und Stuhlweißenburg (Székesfehérvár/Ungarn) und studierte ab 1865 in Graz, anfangs Rechtswissenschaften, Medizin und Naturwissenschaften, danach an der philosophischen Fakultät Geschichte und klassische Philologie. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. 1870 wurde er Beamter der Steiermärkischen Landesbibliothek, die er 1901–1919 leitete. Er gehörte der Burschenschaft Stiria an und war Obmann des Steirischen Schriftstellerbundes.

1922 heiratete er Maria Wiesler.

Mit seiner Novelle "Eine Sommernachtstragödie" (später veröffentlich im Band "Sommernachtserzählungen", 1882) trat Fischer erstmals an die Öffentlichkeit. Er schildert darin das Liebesdrama eines jungen Mädchens, verknüpft mit dem Problem nationaler Identitäten. Trotz positiver Kritik fand sie wenig Beachtung, ebenso wie das bald darauf folgende und von Robert Hamerling (1830–1898) beeinflusste Epos "Atlantis" (1880) und die Novellensammlung "Der Mediceer" (1894). Der Durchbruch gelang mit den von Fischer als Gegenstück zu Gottfried Kellers (1819–1890) "Züricher Novellen" angelegten "Grazer Novellen" (1898). Besonders die Novelle "Das Licht im Elendhause", die das Schicksal des aufopferungsvollen Mädchens Dietmut während der Pestzeit erzählt, erfreute sich großer Beliebtheit. Mit dem Entwicklungsroman "Die Freude am Licht" (1902) gelang es Fischer, seinen Ruf als 'Grazer Stadtpoet' zu festigen. Seine Erzählung "Hans Heinzlin" (1905) wurde von Hermann Hesse (1877–1962) geschätzt.

Der aus jüdischer Familie stammende Fischer konvertierte 1922 zum Christentum und fand sogar während der Zeit des Nationalsozialismus als 'artfremder Assimilationsliterat' Beachtung. Eine Gedenktafel befindet sich im Haus Attemsgasse 5 in Graz.

 

Werke (Auswahl):

Der König braucht Geld (Lustsp.; UA 1877); Atlantis. Ein Epos (1880); Sommernachtserzählungen (1882); Anakreon. Ein Frühlingsidyll (1883); Lieder und Romanzen (1884); Unter altem Himmel (Erz.) (1891); Der Mediceer und andere Novellen (1894); Grazer Novellen (1898); Die Freude am Licht (Rom.) (1902); Das Licht im Elendhause (1903); Poetenphilosophie. Eine Weltanschauung (1904); Hans Heinzlin (Erz.) (1905); Königin Hekabe (Tr.) (1905); Lebensmorgen (Erz.) (1906); Von der Einfühlung (1907); Sonne und Wolke (Aphorismen) (1907); Amselsang – Das Licht im Elendhause (1908); Der Greifenprinz. – Die himmelblaue Stadt. (2 Nov.) (1908); Sonnenopfer (Rom.) (1908); Der Kaiser von Byzanz. Eine Romanze (1909); Murwellen (Erz.) (1910); Friedrich Nietzsches Bild (1910); Das Haus der Wichtel und andere Erzählungen (1911); Die steiermärkische Landesbibliothek des steiermärkischen Landesmuseums Joanneum (1911); Das Regenbogenschüsselchen und andere Märchen (1911); Schicksalsweg. Ein Märchen vom Glück (1911); Der Traum vom Golde (Rom.) (1911); Aus der Tiefe (Erz.) (1912); Alltagszauber (Nov.) (1913); Die Fahrt der Liebesgöttin. Roman aus dem steirischen Weinlande (1914); Kriegsbuch (1915); Wagemut. Erzählung aus dem Kriege (1917); Der König im Bade (Nov.) (1920); Märchen und Geschichten (1921); Die Hochzeit des Baglionen (Erz.) (1922); Tragik des Glücks (Rom.) (1922); Das Burgkleinod (Erz.) (1924); Der Stern der Liebe (Erz.) (1924); Das Licht im Schatten (Rom.) (1925); Beethoven als Mensch (1928); Der Wichtelbrunnen (1929).

 

Abkürzungsverzeichnis

Literatur:

Kosch Bd. 5, Sp. 153f.
Nagl-Zeidler-Castle Bd. 4, S. 1214.
Killy Bd. 3, S. 402f.
NDB Bd. 5, S. 208f.
ÖBL Bd. 1, S. 324.
GdSG Bd. 4, S. 124.
AEIOU.
DBE.
Schlossar, Anton: Hundert Jahre deutsche Dichtung in Steiermark. 1775–1875. Wien: Graeser 1893. (= Österreichische Bibliothek. 2.) S. 162–165.

 

Autorin des Artikels:

Birgit Scholz, April 2011

 
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  Hintergrundbild:
Dank von Carla Gräfin Attems im Auftrag von Erzherzogin Maria Josepha an Katharina Prato
für das 200.000 Exemplar der "Süddeutschen Küche", 1899