Jakob Gschiel |
Flucht nach Ägypten, 1889 © Margarete Payer, 2011 |
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Geb. 6. Juli 1821 in Obersalberg (heute: Unterneuburg bei Pöllauberg, Steiermark), gest. 15. Jänner 1908 in Graz. Jakob Gschiel war Sohn des Landwirtehepaars Johann und Gertraud Gschiel. Aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Magdalena geb. Pichler hatte er noch zwei Halbschwestern, Maria (geb. 1836) und Franziska (geb. 1838). Schon früh wurde seine künstlerische Begabung gefördert, so dass er bei den Bildhauern Simon Glöhsl in Pischelsdorf und Michael Rosenberger (1816–1875) in Graz in die Lehre gehen und wegen eines Aufmerksamkeit erregenden Kruzifixes sogar 1853–1855 die Akademie der bildenden Künste Wien besuchen konnte. 1860 wurde Gschiel in Graz urkundlich eingebürgert, 1866 in den Verwaltungsrat des Steiermärkischen Gewerbevereins gewählt und war seit 1870 Mitglied des Christlichen Kunstvereins der Diözese Seckau. Bereits 1866 beschäftigte er einen Bildhauergehilfen und einen Lehrling. In seiner florierenden Werkstätte in der Ägydigasse Nr. 1116 (jetzt Lorbergasse Nr. 1) entstanden über 1000 neogotische sakrale Bildwerke. Dennoch konnte er sich kein Vermögen schaffen. 1854 heiratete er Magdalena geb. Meyer (geb. 1829), Tochter eines Nagelschmieds aus Schlackenwald (Schlaggenwald/Böhmen, Horní Slavkov/ Tschechien). Aus der Ehe gingen ein Sohn Hans (geb. 1855) und vier Töchter hervor. Sein Sohn ging bis zur Gründung eines eigenen Betriebs bei ihm in die Lehre. Schüler waren auch Hans Brandstetter (1854–1925, 1870–1879: Lehrling und Gehilfe), der sich später vor allem der Grab- und Denkmalplastik widmete, Peter Neuböck (1855–1928), der später die Domherrengruft auf dem Grazer Zentralfriedhof, die figurale Ausschmückung des Stiftes St. Lambrecht, der Herz-Jesu-Kirche und der Josefs-Kirche in Graz sowie die Ausgestaltung des Blasius-Münsters in Admontsich übernahm, und der wie sein Vater Hans Brandstetter künstlerisch überaus erfolgreiche Wilhelm Gösser (1881–1966). Besonders tat sich Gschiel mit Kruzifixdarstellungen (insgesamt 48) auf Friedhöfen und Kalvarienberg-Stationen hervor, weiters mit Darstellungen von Josef von Nazaret, dem Bräutigam Marias (davon erhalten: 18). (Dessen Kult erreichte im 19. Jahrhundert einen Höhepunkt, als Papst Pius IX. den Heiligen 1870 zum Schutzpatron der Kirche erhob.) Zahlreich sind auch seine Apostel- und Marienskulpturen (Maria Immaculata, Mater Dolorosa, Himmelskönigin, Pietà) sowie Statuetten mit Herz-Jesu- und Herz-Mariä-Motiven. Wegen seiner Massenproduktion und der vielen Werkstattrepliken nach Vorlagenkatalogen wurde Gschiel künstlerisch eher gering geschätzt. Jakob Gschiel starb an Altersschwäche und wurde am Steinfeldfriedhof in Graz begraben. Erst 1914 wurde der vom Schüler Hans Brandstetter entworfene und vom Steinmetzmeister Franz Eisner gefertigte Grabstein, eine Spende, aufgestellt. Das Grab wird als Ehrengrab der Stadt Graz geführt.
Werke (Auswahl): Grazer Dom: 4 Sandsteinfiguren (hl. Josef, hl. Johannes der Täufer, hl. Leopold und Maria immaculata) für das Hauptportal (1884) und Rosenkranzgruppe am Xaveriusaltar (1870); Franziskanerkirche in Graz: Kruzifix (1870), die Heiligen Bonaventura und Ludwig von Toulouse (1872), linker und rechter Seitenaltar (1874), Kreuzwegstationen (1885); Leonhardkirche in Graz: hl. Johannes, hl. Jakobus und hl. Andreas (1886), 4 Engel (1891), hl. Josef mit dem Jesuskind (1894); Herz-Jesu-Kirche in Graz: hl. Josef, hl. Theresia, Alfons von Liguori und Josefaltar (1889), Kruzifix (1891); Pfarrkirche St. Peter in Graz: Kruzifix (1880), Schmerzhafte Maria (1881); Stadtpfarrkirche in Graz: Kruzifix (1875), Kanzelrelief (1877), Kreuzwegstationen (1881), hl. Johannes Baptist, hl. Josef, Paulus und Petrus (1896); Kalvarienbergkirche in Graz: Sandsteinfiguren (1873); Pfarrkirche von Eibiswald: Statuen an den Seitenaltären (1870/1871); Pfarrkirche von Gamlitz: Tympanonrelief mit Pietà (1873); Pfarrkirche von Glashütten: Mittelstatue "Maria mit Kind" des Hochaltars (1859); Kapuzinerkirche von Leibnitz: Tabernakelengel (1867); Pfarrkirche von Niklasdorf: neugotischer Hochaltar (1871); Pfarrkirche von Paldau: 14 Statuen, u.a. Maria mit dem Kind, hl. Josef und Veit (1881), Kreuzwegstationen (1884); Pfarrkirche von Preding: Altar der Annakapelle (1893); Pfarrkirche St. Bartholomä an der Lieboch: Statuen der einheitlichen neugotischen Einrichtung (1867); Pfarrkirche St. Nikolai ob Draßling: Figuren des Hochaltars im Stil der Neorenaissance (1874); Dekanatskirche von St. Ruprecht an der Raab: Hochaltar (1867); Pfarrkirche von Selzthal: Hochaltarstatuen (1892); Filialkirche hl. Michael von Voitsberg: Hochaltarstatuen (1891).
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Literatur: GdSG Bd. 4, S. 176.
Autorin des Artikels: Margarete Payer, Juni 2011 |
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