Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Lexikon Heinrich von Herzogenberg

Heinrich von Herzogenberg

Vor 1900

Quelle: Wikipedia

Impressum

Geb. 10. Juni 1843 in Graz (Steiermark), gest. 9. Oktober 1900 in Wiesbaden (Hessen).
Komponist.

Leopold Heinrich Picot de Peccaduc, Freiherr von Herzogenberg wurde als Sohn des Kämmerers und Gubernialsekretärs August (1815–1846) und dessen Frau Natalie von Rothkirch und Panthen (1816–1863) geboren. Die Familie väterlicherseits entstammte dem aus Frankreich emigrierten Adelsgeschlecht "de Peccaduc". Großvater August (1767–1834), ursprünglich französischer Offizier, später in österreichischen Diensten, führte ab 1811 den Titel eines Freiherrn von Herzogenberg.

Herzogenberg erhielt seine Erziehung in Feldkirch (Vorarlberg) sowie an den Gymnasien in München, Dresden und Graz, wo er 1862 maturierte. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaften sowie Philosophie an der Universität Wien und Komposition bei dem Hofopernkapellmeister und Dirigenten Felix Otto Dessoff (1835–1892) am Wiener Konservatorium. Dort lernte er auch Johannes Brahms (1833–1897) kennen, dessen Kreis er sich anschloss. Brahms war es auch, der ihm zu seiner ersten Publikation, den Liedern op. 1 und op. 2, verhalf. 1864 beendete Herzogenberg sein Musikstudium und widmete sich ganz dem Komponieren. 1865/66 unternahm er Studienreisen nach Dresden, Leipzig und Berlin, durch die er wertvolle Kontakte mit wichtigen Persönlichkeiten des Musikbetriebs sowie der Musikverlagsbranche knüpfte. 1866 kehrte er nach Wien zurück.

1868 heiratete er die Brahms-Schülerin Elisabeth von Stockhausen (1847–1892) und zog nach Graz, wo er mit seiner dramatischen Kantate "Columbus" (op. 11) und der Symphonie "Odysseus" (op. 16) Erfolge feierte. Außerdem war er als Dirigent und in verschiedenen offiziellen Funktionen im Grazer Singverein und dem Steyermärkischen Musikverein (heute: Musikverein für Steiermark) intensiv am lokalen Musikleben beteiligt.

1872 Umzug nach Leipzig, wo Herzogenberg gemeinsam mit dem Musikwissenschaftler Philipp Spitta (1841–1894), dem Dirigenten und Pianisten Alfred Volkland (1841–1905) und dem Komponisten Franz von Holstein (1826–1878) den Bach-Verein gründete, dessen Leitung er 1875 übernahm und für den er zehn Jahre als Dirigent tätig war. 1885 wurde er als Nachfolger Friedrich Kiels (1821–1885) zum Professor und Leiter der Abteilung für Komposition an die königliche Hochschule für Musik berufen. Als Mitglied des Senates der königlichen Akademie der Künste leitete er ab 1889 auch deren Meisterschule für Komposition sowie die von ihm gegründete Musikalische Gesellschaft. Bereits 1887 musste er zwischendurch aus gesundheitlichen Gründen seine Lehrtätigkeit unterbrechen und seine Ämter niederlegen, doch konnte er von 1892 bis ins Frühjahr 1900 wieder seinen Aufgaben nachgehen. Nach dem Tod von Woldemar Bargiel (1828–1897) leitete er zusätzlich auch dessen Kompositionsklasse.

Herzogenbergs musikalisches Schaffen umfasst mit Ausnahme der Oper alle Gattungen. Stilistisch bewegte er sich als Komponist anfangs zwischen den konservativen und den progressiven Strömungen seiner Zeit. Seine Klaviermusik war von Robert Schumann (1810–1856) beeinflusst, seine dramatische Kantate "Columbus" und die Symphonie "Odysseus" an Richard Wagner (1813–1883) orientiert. In späteren Jahren wandte er sich von Wagner und der Neudeutschen Schule ab und Johannes Brahms wurde zu seinem größten Vorbild. Nach dem Tod seiner Frau 1892 widmete sich Herzogenberg der geistlichen Vokalmusik. Auf Anregung seines Freundes und Vertrauten, des Straßburger Professors für evangelische Theologie Friedrich Spitta (1852–1924), schrieb er Kompositionen für die Straßburger akademischen Gottesdienste: "Liturgische Gesänge" op. 81, 92, 99 (1893–97) und die Kirchenoratorien "Die Geburt Christi" op. 90 (1894), "Die Passion" op. 93 (1895/96) und "Erntefeier" op. 104 (1897/98). Herzogenberg, der übrigens selbst katholisch war, beschritt neue Wege, indem er den Gemeindegesang in seine Kompositionen integrierte, und hatte so entscheidenden Anteil an der evangelischen kirchenmusikalischen Bewegung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

 

Werke (Auswahl):

Werke mit Opuszahl (op. 1–109) und Werke ohne Opuszahl (WoO 1–55), die Instrumental- und Vokalmusik, Klavier- und Kammermusik umfassen.
Ein sehr ausführliches Werkverzeichnis befindet sich in "Musik in Geschichte und Gegenwart" (MGG) Bd. 6, S. 305f.

 

Abkürzungsverzeichnis

Literatur:

oeml Bd. 2, S. 746f.
MGG Bd. 6, S. 302–306.
NDB Bd. 8, S. 743f.
ÖBL Bd. 2, S. 302.
GdSG Bd. 4, S. 380. [s.v. Picot de Peccaduc]
DBE.

 

Autorin des Artikels:

Birgit Scholz, Juni 2011

 
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