Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Lexikon Gottfried Wenzel von Purgstall

Gottfried Wenzel von Purgstall

Miniaturenporträt von Friedrich Ludwig Vieth, um 1800

Quelle: Kunsthandel Stephan Andréewitch

Impressum

Geb. 12. Februar 1773 in Graz (Steiermark), gest. 22. März 1812 in Florenz.
Staatsmann; Militär.

Gottfried Wenzel von Purgstall war der einzige Sohn des Grafen Johann Wenzel (1724–1785). Seine Mutter Julie, eine geborene Gräfin Rindsmaul, verwitwete Gondola (gest. 1802) war die Nichte seines Vaters; 1771 konnte aufgrund einer päpstlichen Dispens geheiratet werden.

Purgstall verlor seinen Vater bereits im Alter von zwölf Jahren. Seine Mutter sorgte jedoch für eine gute Erziehung mit fähigen Lehrern. 1790 unternahm er eine Reise an verschiedene deutsche Höfe sowie zur Kaiserkrönung von Leopold II. (1747–1792) nach Frankfurt. Nach seiner Rückkehr übernahm er die Verwaltung seiner drei Herrschaften Hainfeld, Riegersburg und Radkersburg (alle in der Steiermark) und begann ein Studium am Grazer Lyzeum, der vormaligen Grazer Universität, die unter Josef II. (1741–1790) herabgestuft worden war und erst 1827 wieder zur Universität erhoben wurde. 1793 setzte er seine Studien bei dem großen Kant-Spezialisten Karl Leonhard Reinhold (1757–1823) in Jena fort, folgte diesem nach Kiel und reiste auch nach Königsberg (Kaliningrad), um Immanuel Kant (1724–1804) persönlich kennen zu lernen. In Göttingen studierte er Rechtswissenschaften. Während seines mehrjährigen Aufenthalts in Deutschland befreundete er sich u.a. mit Christoph Martin Wieland (1733–1813) und den Grafen Schimmelmann und Stolberg.

Nach seinen deutschen Lehrjahren reiste er in die Niederlande und nach Frankreich sowie nach England und Schottland, wo er seine Frau Jane Anne Baronin Cranstoun, später bekannt als Johanna Anna von Purgstall kennen lernte.

Zurück in Österreich trat Purgstall zunächst als Volontär bei der niederösterreichischen Regierung in den Staatsdienst und war anschließend mehrere Jahre lang Hofsekretär bei der Finanzhofstelle. Sein Haus in Wien wurde zum Treffpunkt "all dessen, was auf höhere Bildung, auf gediegenes schriftstellerisches Streben und vaterländisches Gefühl Anspruch machte". Der Offizier und Hofbeamte Graf Moritz Dietrichstein (1775–1864), der General und Dichter August Ernst von Steigentesch (1774–1826), der Schriftsteller Heinrich Joseph von Collin (1771–1811), der Orientalist Joseph von Hammer (1774–1856), der Historiker Joseph von Hormayr (1782–1848), der Schriftsteller und Politiker Friedrich von Gentz (1764–1832) sowie der Geschichtsschreiber und Staatsmann Johannes von Müller (1752–1809) waren unter seinen Gästen.

1807 wurde Purgstall Gubernialrat in der Steiermark. In dieser Funktion nahm er an den Vorbereitungen zum Befreiungskampf des Jahres 1809 teil und engagierte sich mit Eifer für die Errichtung der Landwehr. Zur Generalintendanz des Heeres von Innerösterreich berufen, zog er mit ins Feld. Er wurde in Padua gefangen genommen, in den Kasematten von Mantua inhaftiert und kam erst durch die Intervention seiner Frau bei Napoleon Bonaparte (1769–1821) wieder frei. Durch diese Gefangenschaft wurde seine Gesundheit stark angegriffen und er starb in der Folge, noch nicht vierzigjährig, unterwegs zu den Kurbädern in Pisa, am 22. März 1812 in Florenz. Sein einziger Sohn Wenzel Raphael (1798–1817) überlebte ihn nur fünf Jahre: Dieser starb, knapp neunzehnjährig, am 7. Jänner 1817. Damit erlosch die Linie der Grafen von Purgstall. Als die verwitwete Gräfin am 23. März 1835 starb, hinterließ sie dem Orientalisten und Freund der Familie sowie Verfasser des biografischen Denkmals ihres Ehemannes und ihres Sohnes, Joseph von Hammer, das ihr zugefallene Allodialgut Hainfeld. Daran geknüpft war die Bedingung, dass Hammer den Namen und das Wappen des Hauses Purgstall mit dem seinen vereinige. Am 11. Mai 1836 wurde Hammer in den Freiherrenstand erhoben, womit die Voraussetzungen dafür geschaffen waren.

 

Abkürzungsverzeichnis

Literatur:

ADB Bd. 26, S. 715–717.
Wurzbach Bd. 24, S. 90–92.
DBE.

 

Autorin des Artikels:

Birgit Scholz, April 2011

 
Zum Bereich Technik und Wissenschaft   Zu den Projekten von LiTheS
  Hintergrundbild:
Ausschnitt: Lettau: Erzherzog Johann vor Landschaftshintergrund, 1844