Ottokar Kernstock |
Ausschnitt aus: Kriegerdenkmal im Schwarzenbergpark in Hernals, 1920 Quelle: Wikipedia |
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Geb. 25. Juli 1848 in Marburg an der Drau/Untersteiermark (Maribor/Slowenien), gest. 5. November 1928 auf der Festenburg (Gemeinde St. Lorenzen am Wechsel, Steiermark). Otto Kernstock – so lautet sein Taufname – kam als Sohn des Kameralbezirkskommissärs und kaiserlichen Rates Johann Kernstock (1806–1890) und dessen Frau Marie geb. Bindlechner (1820–1887) in Marburg an der Drau zur Welt. Er selbst legte Wert darauf zu betonen, dass er von einer altdeutschen Familie aus Steyr abstamme. Nach dem Besuch des von Admonter Benediktinern geleiteten Gymnasiums in Graz (Matura 1866) begann Kernstock ein Studium der Rechtswissenschaften. 1867 trat er ins Vorauer Chorherrenstift ein. Während seines Theologiestudiums in Graz beschäftigte er sich unter der Leitung von Joseph von Zahn (1831–1916), dem ersten steirischen Landesarchivar, auch mit Urkundenlehre und Paläografie. 1871 wurde er zum Priester geweiht, 1872–1875 war er in Vorau als Stiftsarchivar tätig. Aus dieser Zeit stammt seine Begeisterung für das Mittelalter, mit dem er sich nicht nur biografisch und editorisch, sondern auch dichterisch befasste. Angeregt durch die Archivarbeit, schrieb er dem Mittelhochdeutschen nachempfundene Minnelyrik. Erste Gedichte im Märenstil erschienen ab 1878 in den Münchner "Fliegenden Blättern". Kernstock war 1877–1883 in St. Lorenzen am Wechsel und 1883–1887 in Dechantskirchen als Kooperator tätig. 1889 wurde er Pfarrvikar auf der Festenburg, wo er knapp vierzig Jahre bis zu seinem Tod blieb. Als sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Nationalitätenkampf in der Monarchie verschärfte, wurde Kernstock, selbst aus einer Sprachgrenzregion stammend, zum vehementen Verfechter des Deutschtums, für das er in der Monarchie eine ähnliche Sonderstellung einforderte wie im deutschen Mittelalter. So blieb er, im Gegensatz zu den Anhängern der Alldeutschen, nicht nur kirchen-, sondern auch kaisertreu. Patriotismus und Kaisertreue ließen ihn im Ersten Weltkrieg zum Kriegshetzer und Heldenverklärer werden. 1916 verfasste er gemeinsam mit Peter Rosegger (1843–1918) den "Steirischen Waffensegen". Mit seiner Deutschtümelei war er, wenn auch nicht unbedingt beabsichtigt, ein Wegbereiter des nationalsozialistischen Gedankenguts. Als "Deutsch-Österreicher" verfasste er sein wohl bekanntestes Werk, die "Österreichische Volkshymne" (1919), die ab 1930 (also zwei Jahre nach seinem Tod) bis 1938, gesungen nach der Melodie der alten Kaiserhymne, zur gültigen Staatshymne der Ersten Republik wurde: "Sei gesegnet ohne Ende, Heimaterde, wunderhold". Im Auftrag von Leopold Kunschak (1871–1953), damals Landesrat von Niederösterreich, berief der niederösterreichische Landesausschuss Kernstock 1916 als Leiter des Germanistischen Seminars und Lehrer der Poetik an die Lehrerakademie des Pädagogiums in Wien, woraufhin Karl Kraus (1874–1936) am 31. Oktober 1916 in der "Fackel" einige Kriegsgedichte Kernstocks, die mehr von streitbarem Blut denn von priesterlichem Geist zeugten, scharf kritisierte. Kernstock hielt im Dezember 1916 eine Antrittsvorlesung über österreichische Kriegslyrik, blieb jedoch, obwohl er im Mai 1917 die Lehrtätigkeit zunächst zusagte, letztlich auf der Festenburg. 1919 wurde Kernstock mit dem Ehrendoktorat der Universität Graz ausgezeichnet.
Werke (Auswahl): Trauungsreden (1872–88); Chronikalisches aus dem Stifte Vorau (1877); Das Protocollum Voraviense antiquissimum (1887); Verloren und wiedergefunden (dram. Weihnachtsmärchen) (1894); Die wehrhaft Nachtigall (altdt. Weisen) (1900); Aus dem Zwingergärtlein (Ged.) (1901); J. Cyriakus Hackhofers Festenburger Gemälde (1902); Unter der Linde (Ged.) (1905); Turmschwalben (Ged.) (1908); Aus der Festenburg (Ges. Aufs. und Reden) (1911); Tageweisen (1912); Schwertlilien aus dem Zwingergärtlein (1915); Steirischer Waffensegen (gemeinsam mit Peter Rosegger, 1916); Der redende Born (Ged.) (1922); Christkindleins Trost (Weihnachtssp.) (1928); Ausgewählte Feuilletons und Gedichte (1933).
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Literatur: Kosch Bd. 8, Sp. 1093.
Autorin des Artikels: Birgit Scholz, April 2011 |
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Hintergrundbild: Dank von Carla Gräfin Attems im Auftrag von Erzherzogin Maria Josepha an Katharina Prato für das 200.000 Exemplar der "Süddeutschen Küche", 1899 |
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