Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Lexikon Peter Rosegger
eigentlich: Rossegger
Pseudonyme: u.a. P.K., Petri Kettenfeier, Hans Malser

Peter Rosegger

Ca. 1900
Foto von Franz Josef Böhm

Quelle: Wikipedia

Impressum

Geb. 31. Juli 1843 in Alpl (Steiermark), gest. 26. Juni 1918 in Krieglach (Steiermark).
Erzähler, aber auch Lyriker und Dramatiker.

Rosegger war der erste Sohn des Waldbauern Lorenz Roßegger vulgo Unter-Klupenegger (1814–1896) und dessen Frau Maria (1818–1872), einer Köhlerstochter.

1873 heiratete er in Graz Anna Pichler (1851–1875), die Tochter des Grazer Gemeinderats und Hutfabrikanten Josef Pichler. Mit ihr hatte er einen Sohn, den Komponisten und Arzt Sepp (Josef Peter, 1874–1948) sowie eine Tochter, Anna (geb. 1875), deren Geburt die Mutter das Leben kostete. Nach dem frühen Tod seiner ersten Frau heiratete Rosegger 1879 in Krieglach Anna Knaur (gest. 1932), die Tochter des Wiener Bauunternehmers Wenzel Knaur. Aus dieser zweiten Ehe stammen der Sohn Hans Ludwig (1880–1929), der Schriftsteller wurde, sowie die Töchter Margarete (geb. 1883) und Martha (geb. 1890).

Rosegger wuchs als ältester Sohn eines verarmten Bauern auf und erhielt nur eine mangelhafte Schulbildung durch kurze Schulbesuche bei dem Wanderlehrer Michael Patterer. Nachdem Versuche, ein Priesterstudium in Graz aufzunehmen, gescheitert waren, absolvierte er 1860–1863 eine Lehre bei einem so genannten Störschneider, einem von Hof zu Hof wandernden Schneider. Zu dieser Zeit las er alles, was er bekommen konnte, und begann handschriftliche Nachahmungen zu verfassen. Während seiner Zeit als Schneiderlehrling stieß er bei einem Dorfwirt auf die Grazer Zeitung "Tagespost", die er regelmäßig las, bis er den Entschluss fasste, dem Redakteur Adalbert Viktor Svoboda (1828–1902) einige Aufsätze und kurz darauf seine bisher gesammelten literarischen Arbeiten zu schicken. Svoboda erkannte Roseggers Talent und veröffentlichte 1864 einen Aufruf zur Förderung des 'steirischen Volksdichters', auf den hin sich mehrere Wohltäter meldeten, insbesondere der Großindustrielle Johann Peter Reininghaus (1818–1901), der dem Dichter einen Aufenthalt in Graz ermöglichte. Nach einer bald abgebrochenen Buchhandelslehre in Laibach (Ljubljana/Slowenien) bei Johann Giontini erhielt Rosegger einen Freiplatz an der Grazer Handelsakademie, die er 1869 abschloss. Zu dieser Zeit lernte er den Grazer Dichter Robert Hamerling (1830–1889) kennen, der ihm bei seinen ersten Veröffentlichungen ("Tannenharz und Fichtennadeln", 1870, und "Zither und Hackbrett", 1870) behilflich war. Die Schriften wurden von Kritik und Publikum wohlwollend aufgenommen und Rosegger erhielt ein dreijähriges Stipendium des steiermärkischen Landesausschusses, das es ihm ermöglichte, auf einen geregelten Broterwerb zu verzichten und ausschließlich seiner literarischen Tätigkeit nachzugehen sowie 1870 Reisen nach Norddeutschland, Holland und in die Schweiz zu unternehmen. 1872 reiste er, gemeinsam mit Svoboda, nach Italien.

Der ungarische Verleger Gustav Heckenast (1811–1878) förderte Roseggers Karriere entscheidend: Zwischen 1871 und 1878 erschien jährlich mindestens ein Band mit Erzählungen, Dorfgeschichten und Reiseskizzen. Sein erster Roman "In der Einöde" (1872), später erweitert und umgearbeitet unter dem Titel "Heidepeters Gabriel" (1882), erschien ebenso bei Heckenast wie die bekannten "Schriften des Waldschulmeisters" (1875) und die Urfassung seiner autobiografischen Erzählungen "Waldheimat" (1877), die zu seinem Markenzeichen wurden. Mit seinem Talent für episodisch-pointierte Geschichten fand Rosegger rasch überregionale Anerkennung. Er veröffentlichte nicht nur in den Feuilletons der Wiener Zeitungen, sondern auch in den (Familien-)Zeitschriften Deutschlands.

1876 gründete er die Monatszeitschrift "Heimgarten", die er bis zur Übernahme durch seinen Sohn Hans Ludwig 1910 herausgab und die bis 1935 existierte, zuletzt zum nationalsozialistischen Kampfblatt verkommen. Mit den darin publizierten Arbeiten bezog er Stellung zu aktuellen Streitfragen wie Nationalitätenkampf, Antisemitismus, Bauernsterben und Kirchenpolitik und positionierte sich mit einem deutschnationalistischen Liberalismus. Ab 1881 erschienen seine Bücher im Wiener Verlag Hartleben, und zwar in Form einer jährlich um mindestens einen Band erweiterten Ausgabe seiner "Ausgewählten Schriften". Sein Roman "Jakob der Letzte" (1888), der den wirtschaftlichen und moralischen Niedergang der Bergbauern in Österreich behandelt, ist zweifellos das wichtigste Werk dieser Schaffensperiode. Sein Briefroman "Erdsegen" (1900) war ein in Wien und Berlin viel diskutierter Beitrag zur modischen Zivilisationskritik. Roseggers kulturkritischer Antimodernismus wirkte beispielgebend auf die Heimatkunstbewegung der Jahrhundertwende.

Roseggers Beliebtheit lässt sich an steigenden Auflagenzahlen und Übersetzungen seiner Werke ablesen, an umfangreichen Feierlichkeiten anlässlich seines 60. sowie 70. Geburtstages sowie an zahlreichen Ehrungen, z.B. Ehrendoktoraten der Universitäten Heidelberg (1903), Wien (1913) und Graz (1917). Überaus erfolgreich war sein Aufruf für den "Deutschen Schulverein Südmark" (1909) mit dem Ziel, in den gemischtsprachigen Gebieten der Monarchie deutschsprachige Schulen zu errichten, wodurch er sich aber in dem sich verschärfenden Nationalitätenkonflikt exponierte. Dieser Einsatz verhinderte wahrscheinlich 1913 die Verleihung des Literaturnobelpreises an ihn. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges engagierte sich Rosegger, der in den 1890er Jahren noch Bertha von Suttners (1843–1914) "Verein der Friedensfreunde" angehört hatte, für die 'deutsch-österreichische Waffenbrüderschaft'. Gemeinsam mit dem Priesterdichter Ottokar Kernstock (1848–1928) verfasste er den "Steirischen Waffensegen" (1916). So eignete sich Roseggers Werk dafür, (nach seinem Tod) von den Nationalsozialisten vereinnahmt zu werden. Den diesbezüglichen Höhepunkt bildeten 1943 die Feierlichkeiten anlässlich seines 100. Geburtstages.

Neben Erzherzog Johann (1782–1859) gehört Peter Rosegger sicherlich zu den bedeutendsten Symbolträgern steirischer Identität.

 

Werke (Auswahl):

Sittenbilder aus dem steirischen Oberlande (1870); Tannenharz und Fichtennadeln (Geschichten, Schwänke, Skizzen, Lieder in obersteirischer Mundart) (1870); Zither und Hackbrett (Ged. in obersteirischer Mundart) (1870); Geschichten aus Steiermark (1871); Wanderleben. Skizzen (1871); Das Buch der Novellen. 2 Reihen (1872–86); In der Einöde (Roman; später umgearbeitet unter dem Titel: Heidepeters Gabriel) (1872); Gestalten aus dem Volke der österreichischen Alpenwelt (1872); Geschichten aus den Alpen. 2 Bde. (1873); Aus dem Walde. Ausgewählte Geschichten (1874); Die Schriften des Waldschulmeisters (1875); Sonderlinge aus dem Volke der Alpen. 3 Bde. (1875); Das Volksleben in Steiermark in Charakter- und Sittenbildern dargestellt. 2 Bde. (1875); Aus Wäldern und Bergen. Stille Geschichten (1875); Streit und Sieg. 2 Bde. (Novellen) (1876); Waldheimat. Erinnerungen aus der Jugendzeit (1877); Wie sie lieben und hassen (Erzählung) (1878); Lustige Geschichten (1879); Mann und Weib. Liebesgeschichten. 2 Bde. (1879); Bilder von Defregger. Geschichten von Rosegger (1880); Aus meinem Handwerkerleben. Beitrag zur Charakteristik der Älpler (1880); Die Älpler, in ihren Wald- und Dorftypen geschildert (1881); Vom Kreuzweg des Lebens. Novellistische Studien (1881); Ausgewählte Schriften. 115 Lieferungen. (1881–91); Feierabende. Lustige und finstere Geschichten (1882); Heidepeters Gabriel. Eine Geschichte in 2 Büchern (1882); Am Wanderstab (1882); Der Gottsucher. 2 Bde. (Roman) (1883); Neue Waldgeschichten (1884); Bergpredigten. Gehalten auf der Höhe der Zeit unter freiem Himmel und zu Schimpf und Spott unseren Feinden, den Schwächen, Lastern und Irrthümern der Kultur gewidmet (1885); Das Geschichtenbuch des Wanderers. Neue Erzählungen aus Dorf und Birg [!], aus Wald und Welt. 2 Bde. (1885); Sterben im Wald. Eine Erinnerung aus Kindertagen (1885); Stoansteirisch. Vorlesungen in steirischer Mundart. 3 Bde. (1885–1907); Der Winkel- und der Wunderdoktor. Ein Bildchen aus dem Volke der Alpen (um 1880); "Auf der Alm giebt's ka Sünd". Der letzte Schuß. Eine Geschichte aus dem Gebirge (1885); Defregger-Album (Text) (1886); Dorfsünden (1887); Höhenfeuer. Neue Geschichten aus den Alpen (1887); Sonntagsruhe. Ein Unterhaltungs- und Erbauungsbuch ... (1887); Waldferien. Ländliche Geschichten für die Jugend gewählt (1887); Jakob der Letzte. Eine Waldbauerngeschichte aus unseren Tagen (1888); Allerhand Leute (1888); Martin der Mann (Erz.) (1889); Deutsches Geschichtenbuch. Für die reifere Jugend gewählt (1890); Der Schelm aus den Alpen. Allerlei Geschichten und Gestalten, Schwänke und Schnurren. 2 Bde. (1890); Persönliche Erinnerungen an Robert Hamerling (1891); Gedichte (1891); Hoch vom Dachstein. Geschichten und Schildereien aus Steiermark (1891); Ernst und heiter und so weiter. Für die reifere Jugend gewählt (1892); Allerlei Menschliches (1892); Am Tage des Gerichts. Volksschauspiel (1892); Aus dem Walde. Ausgewählte Geschichten für die reifere Jugend (1892); Gute Kameraden. Persönliche Erinnerungen an berühmte und beliebte Zeitgenossen (1893); Peter Mayr, der Wirt an der Mahr. Eine Geschichte aus deutscher Heldenzeit (1893); Spaziergänge in der Heimat. Nebst einem Anhang: Ausflüge in die Fremde (1894); Als ich noch jung war. Neue Geschichten aus der Waldheimat (1895); Aus Stadt und Land. 4 Erzählungen (gemeinsam mit Hermine Möbius, 1895); Alpengeschichten (1896); Der Waldvogel. Neue Geschichten aus Berg und Thal (1896); Durch! und andere Geschichten aus den Alpen (1897); Das ewige Licht. Erzählung aus den Schriften eines Waldpfarrers (1897); Waldjugend (Jugendbuch) (1898); Das ewig Weibliche. Die Königssucher (1898); Mein Weltleben oder Wie es dem Waldbauernbuben bei den Stadtleuten erging. 2 Folgen (1898–1914); Geschichten und Gestalten aus den Alpen (1899); Idyllen aus einer untergehenden Welt (1899); Erdsegen. Vertrauliche Sonntagsbriefe eines Bauernknechts. Kulturroman (1900); Mein Himmelreich. Bekenntnisse, Geständnisse und Erfahrungen aus dem religiösen Leben (1900); Das zu Grunde gegangene Dorf (Erz.) (1901); Sonnenschein (1901); Als ich noch der Waldbauernbub' war. Für die Jugend ausgewählt aus den Schriften. 3 Tle. (1902); Von meiner Mutter (publiziert gemeinsam mit J. Dose: Der Feueranbeter, 1902); Eine Standrede an die Deutschen (1902); Steirische Geschichten (1903); Der Höllbart (Erz.) (1903); Arme Sünder und andere Geschichten (1903); Weltgift (Roman) (1903); Geschichten (1904); Das Sünderglöckel (1904); Das Ereignis in der Schrun. 's Gunderl. Die Nottaufe (1905); I.N.R.I. Frohe Botschaft eines armen Sünders (1905); Wildlinge (1906); Der Adlerwirt von Kirchbrunn (1907); Die Abelsberger Chronik. Den Schriften entnommene Sonderausgabe (1907); Nixnutzig Volk. Eine Bande paßloser Leute (1907); Die Försterbuben. Roman aus den steirischen Alpen (1908); Volksreden über Fragen und Klagen, Zagen und Wagen der Zeit (1908); Alpensommer (1909); Lasset uns von Liebe reden. Letzte Geschichten (1909); Das Buch von den Kleinen ... Ein Auszug aus seinen Schriften (1910); Die Ehestandspredigt (1910); Mein Kind. Tagebuch der Mutter. Eine Anregung (1911); Mein Lied (1911); Die beiden Hänse. Roman aus unserer Zeit (1912); Heimgärtners Tagebuch. 2 Folgen. (1913–17); Erinnerungen eines Siebzigjährigen (1914), Steirischer Waffensegen (gemeinsam mit Ottokar Kernstock, 1916); Als ich den Kaiser Josef suchte. Für die Jugend hrsg. von Bernhard Merth (1917); Das lichte Land und allerhand. Eine späte Nachlese aus Friedenszeiten (1917); Abenddämmerung. Rückblicke auf den Schauplatz des Lebens (1919); Der Liebste ist mein Glaube! (Roman) (1920); Frohe Vergangenheiten. Launige Geschichten (1921); Der Herrensepp und andere Erzählungen (1925); Schneiderpeterl erzählt. Aus P.K.R.s unveröffentlichten Jugendschriften. Hrsg. von Moritz Mayer (1936); als Herausgeber: Volkslieder aus Steiermark mit Melodien. Hrsg. gemeinsam mit R. Heuberger (1872); Das neue Jahr. Deutscher Volkskalender für Österreich-Ungarn 1-8 (1873–80); Heimgarten. Eine Monatsschrift 1-35 (1876–1910).

 

Abkürzungsverzeichnis

Literatur:

Kosch Bd. 13, Sp. 276–282.
Nagl-Zeidler-Castle Bd. 4, s. Register.
Killy Bd. 10, S. 9–11.
NDB Bd. 22, S. 45–47.
Wurzbach Bd. 26, S. 355–359.
ÖBL Bd. 9, S. 245f.
GdSG Bd. 4, S. 414f.
AEIOU.
DBE.
Anderle, Charlotte (Hrsg.): Der andere Peter Rosegger. Polemik, Zeitkritik und Vision im Spiegel des "Heimgarten" 1876–1918. Hrsg. aus Anlaß des 140. Geburtstages von Peter Rosegger mit Unterstützung des Kulturreferates der Steiermärkischen Landesregierung. Wien: Österr. Agrarverlag 1983.
Baur, Uwe; Schöpfer, Gerald; Pail, Gerhard (Hrsg.): Fremd gemacht? Der Volksschriftsteller Peter Rosegger. Wien: Böhlau 1988.
Fröhlich, Renate: Peter Rosegger. Ein Bild seines Lebens und Schaffens als Herausgeber und Journalist der Zeitschrift "Heimgarten". Wien, Univ., Diss., 1993.
Philippoff, Eva: Peter Rosegger. Dichter der verlorenen Scholle. Eine Biographie. Graz, Wien: Styria 1993.
Schlossar, Anton: Hundert Jahre deutsche Dichtung in Steiermark. 1775–1875. Wien: Graeser 1893. (= Österreichische Bibliothek. 2.) S. 174–188.
Schmidt-Dengler, Wendelin; Wagner, Karl (Hrsg.): Peter Rosegger im Kontext. Wien: Böhlau 1999.
Schöpfer, Gerald (Hrsg.): Peter Rosegger 1843–1918. [Katalog zur Steirischen Landesausstellung "Waldheimat", 8. Mai bis 31. Oktober 1993.] Hrsg. im Auftrag der Kulturabteilung der Steiermärkischen Landesregierung. Graz: Kulturreferat der Steiermärkischen Landesregierung 1993.
Wagner, Karl: Die literarische Öffentlichkeit der Provinzliteratur. Der Volksschriftsteller Peter Rosegger. Tübingen: Niemeyer 1991. (= Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur. 36.) [zugleich: Wien, Univ., Habil.-Schrift, 1989.]

 

Autorin des Artikels:

Birgit Scholz, April 2011

 
Zum Bereich: "Literatur und Theater"   Zu den Projekten von LiTheS
  Hintergrundbild:
Dank von Carla Gräfin Attems im Auftrag von Erzherzogin Maria Josepha an Katharina Prato
für das 200.000 Exemplar der "Süddeutschen Küche", 1899