Ferdinand von Attems |
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Geb. 22. Jänner 1746 in Graz (Steiermark), gest. 23. Mai 1820 in Graz. Ferdinand Maria Graf von Attems wurde als Sohn des Geheimen Rates, Kämmerers und ständischen Verordneten Ignaz von Attems und der Maria Josepha geb. Khuen geboren. Ausgebildet wurde er durch einen Hofmeister und zwei Professoren. 1771 erhielt er eine Stelle beim steirischen Landrecht. Mit Erreichung der Volljährigkeit wurde er als geborener Graf automatisch auch Mitglied des Landtages. Ab 1778 hatte er Sitz und Stimme im Ausschussrat, 1782 wurde er Verordneter mit einer Wohnung im Landhaus. 1774 wurde er Direktor des kurz zuvor erbauten Ständischen Theaters, des heutigen Schauspielhauses. Attems war ein entschiedener Gegner der Maria Theresianischen und Josefinischen Reformen, wobei besonders die 'Rektifikation' und die 'Perequation', das heißt die gleichmäßige Verteilung der öffentlichen Steuerlasten auf Gutsherren und Untertanen, sein Missfallen erregten. Als Mitglied einer ständischen Abordnung legte er diese Vorbehalte Kaiser Leopold II. (1747–1792), dem jüngeren Bruder und Nachfolger von Josef II. (1741–1790) und Vater von Erzherzog Johann (1782–1859), vor. Zwar wurden nicht alle Forderungen erfüllt, aber immerhin die Rückgabe des steirischen Herzogshutes sowie die Ernennung eines Landeshauptmannes erreicht. Im März 1797 zog die kaiserliche Regierung wegen des drohenden Einfalls der Franzosen alle Ämter und Behörden aus der Steiermark ab und setzte eine provisorische Landes-Kommission ein, zu der u.a. der Bürgermeister von Graz sowie der Landeshauptmann Karl Thomas Graf Breuner (1719–1800) gehörten, welcher auch Attems in die Kommission berief. Die Hauptaufgabe der Kommission war die Beschaffung der von den Franzosen geforderten Kontributionen und Requisitionen, d.h. die Beschlagnahmung von Geld und zivilen Sachgütern für das französische Heer. Nach dem Tod Breuners wurde Attems am 28. Jänner 1801 vom Landtag mit großer Mehrheit zu dessen Nachfolger gewählt und von Kaiser Franz II./I. (1768–1835) bestätigt. Im Zuge des Zweiten Koalitionskrieges (1799–1802) kam es 1800/01 zur Besetzung weiter Teile der Obersteiermark durch die Franzosen. Auch der Dritte Koalitionskrieg (1805) verlief ungünstig für Österreich und Graz wurde 1805 zum zweiten Mal von französischen Truppen besetzt. Wieder übernahm eine vom Landeshauptmann geleitete Kommission die Verwaltung des Landes. Attems stand vor der schwierigen Aufgabe, die Mittel für die hohen Kontributionsforderungen der Besatzer aufzubringen. Hinzu kamen noch die Requisitionen, die zahlreiche Bewohner des Landes in ihrer Existenz bedrohten. Ähnliches wiederholte sich 1809, als Attems neuerlich von Franz II./I. mit der Administration des von den Franzosen besetzten Landes betraut wurde. Napoleon (1769–1821) hatte der Steiermark eine Kriegskontribution auferlegt, deren Summe angeblich fast die Hälfte des gesamten Territorialwertes und Privatvermögens in der Steiermark ausmachte. Außerdem musste die Stadt Graz täglich 10.000 bis 12.000 Gulden für die Verpflegung des französischen Heeres aufbringen. 44.880.000 Francs sollten in zehn Raten mit Zwischenräumen von je zehn Tagen bezahlt werden. Als der Betrag nicht aufgebracht werden konnte, nahmen die Franzosen die angesehensten Männer des Landes als Geiseln und inhaftierten sie am 4. September 1809 in der Festung auf dem Grazer Schlossberg. Auch Ferdinand von Attems sollte unter den Geiseln sein, doch trat sein Sohn Ignaz Maria (1774–1861) an seine Stelle. Mit großer Mühe konnte eine erste Rate aufgebracht werden und die Gefangenen wurden am 27. September wieder freigelassen. Da jedoch aus dem ausgebluteten Land keine weiteren Mittel herauszuholen waren, sprang Attems persönlich ein und stellte einen Wechsel über 700.000 Gulden aus, wofür er sein Privatvermögen und seine Person verpfändete. Damit konnte er zwar das Land vor der totalen Plünderung, nicht aber die Festung auf dem Schlossberg retten, die von den Franzosen vor ihrem Abzug gesprengt wurde. Nur der Glockenturm und der Uhrturm konnten von den Bürgern der Stadt freigekauft und auf diese Weise bewahrt werden. 1818 montierte man auf dem unteren Schlossbergturm eine Uhr, die der Landeshauptmann eigenhändig in Gang setzte. Der 'Uhrturm' wurde später zum Wahrzeichen von Graz. Nach dem Frieden von Schönbrunn, dem Friedensschluss zwischen Kaiser Franz II./I. und Napoleon am 14. Oktober 1809, löste der Staat die offenen Wechsel des Landeshauptmannes ein. Damit hatte dieser jedoch nicht rechnen können, als er sie ausstellte. Hätte er bezahlen müssen, hätte das den wirtschaftlichen Ruin seiner Familie bedeutet. Attems wurde Vizepräsident der Steirischen Landwirtschaftsgesellschaft und erster Kurator des 1811 von Erzherzog Johann (1782–1859) in Graz als Museum und Lehranstalt gegründeten Joanneums. Er bewirkte die Errichtung einer Zeichenakademie ("Ständische Zeichnungsakademie", 1787) und auf seine Anregung hin gründeten die Stände auch eine Bildergalerie, an die er 160 Gemälde aus seinem Privatbesitz übergab. Attems blieb trotz seines fortgeschrittenen Alters und der im Land herrschenden, durch das Metternich'sche System ausgelösten Starre aufgeschlossen gegenüber den Fortschritten der Zeit. Er war Mitglied in mehreren Landwirtschaftsgesellschaften und Vereinen. In die Anfänge der Grundsteuerregulierung griff er ebenso bestimmend ein wie beim Ankauf der Heilquellen von Rohitsch-Sauerbrunn (Rogaška Slatina/Slowenien). Vom Kaiser wurde er in Anerkennung seiner Verdienste zum wirklichen Geheimen Rat mit dem Titel Exzellenz ernannt und durch die Verleihung des Großkreuzes des Leopoldordens und des goldenen Verdienstkreuzes ausgezeichnet.
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Literatur: NDB Bd. 1, S. 424f.
Autorin des Artikels: Birgit Scholz, April 2011 |
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Hintergrundbild: Ausschnitt: Lettau: Erzherzog Johann vor Landschaftshintergrund, 1844 |
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