Arnold Luschin von Ebengreuth |
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Geb. 26. August 1841 in Lemberg/Galizien (Lwíw/Ukraine), gest. 6. Dezember 1932 in Graz (Steiermark). Luschin wurde als Sohn der Therese geb. Kudesch (geb. 1824) und des späteren Landesgerichtspräsidenten in Laibach/Krain (Ljubljana/Slowenien) Andreas Luschin von Ebengreuth (1807–1879) geboren. Der Vater wechselte mehrfach den Dienstort, sodass der Sohn schon in jungen Jahren verschiedene Gebiete des Habsburgerstaates kennen lernte. Verheiratet war er seit 1870 mit Bertha Macovic (1846–1905). Nach der Reifeprüfung 1860 in Laibach begann er ein Studium der Rechtswissenschaften in Wien bei Heinrich Siegel (1830–1899), Joseph Unger (1828–1913), Theodor von Pachmann (1801–1881) und Lorenz von Stein (1815–1890). Seine Förderer in der Münzkunde waren Eduard Forchheimer (1819–1889), Josef von Bergmann (1796–1872) und Joseph Calasanza von Arneth (1791–1863). Am Institut für österreichische Geschichtsforschung studierte er außerdem bei Albert Jäger (1801–1891) und Theodor von Sickel (1826–1908). 1864 trat Luschin als Rechtspraktikant in den Gerichtsdienst in Graz. Daneben arbeitete er unter der Leitung von Joseph Georg von Zahn (1831–1916) im Münzkabinett am 1811 von Erzherzog Johann (1782–1859) in Graz als Museum und Lehranstalt gegründeten Joanneum. 1866, im Jahr seiner Promotion, trat er ganz in den Dienst des Münz- und Antikenkabinetts über, 1867 schließlich ins Steiermärkische Landesarchiv. Außerdem war er als Konservator der k.k. Central-Commission für Kunst und historische Denkmale tätig. Angeregt durch von Zahn wandte er sich immer mehr der österreichischen Reichs- und Rechtsgeschichte zu. 1869 habilitierte er sich und wurde an der Universität Graz Privatdozent für Geschichte des Deutschen Rechts in Österreich, 1873 ao. Professor der Deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte, 1881–1912 war er schließlich Ordinarius für Deutsche und Österreichische Reichs- und Rechtsgeschichte. Trotz mehrfacher Berufungen an andere Universitäten blieb Luschin der Grazer Universität treu, wo er 1889/90 und 1898/99 das Amt des Dekans, 1905/06 das des Rektors ausübte. 1882 wurde er korrespondierendes, 1892 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien. Ab 1898 war er Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica. Er gehörte der Akademie der Wissenschaften in Berlin und München sowie dem Istituto Veneto di Szienze an, ab 1887 war er Präsident im Kuratorium des Joanneum. Außerdem war der Rechtsgelehrte lebenslängliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses. Dominierte zu Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit noch die Münzgeschichte, so galt sein späteres Interesse vor allem den österreichischen Rechtsquellen des Mittelalters, denen er sich in seiner "Geschichte des älteren Gerichtswesens in Österreich ob und unter der Enns" (1879) widmete. Nachdem er 1893 sein Ziel – die Einführung der österreichischen Rechtsgeschichte als Pflichtfach – erreicht hatte, verfasste er mit seiner "Österreichischen Reichsgeschichte" (1895–96) ein Lehrbuch dafür. Luschin gilt als Schöpfer einer neuen akademischen Disziplin: der österreichischen Reichsgeschichte, die, 1935 umbenannt in "Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte", noch heute gelehrt wird. Die Summe seiner numismatischen Arbeit bildet seine "Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit" (1904). Ein Teilnachlass befindet sich an der Abteilung für Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Graz, andere Nachlassteile im Kunsthistorischen Museum Wien in der Sammlung von Münzen, Medaillen und Geldzeichen.
Werke (Auswahl): Zur österreichischen Münzkunde des 13. und 14. Jahrhunderts. In: Archiv für österreichische Geschichte 41 (1869); Österreichische Münzwerte des 13. und 14. Jahrhunderts. In: Numismatische Zeitschrift 1 (1869); Münzgeschichtliche Vorstudien. In: Archiv für österreichische Geschichte 47 (1871); Die Entstehungszeit des österreichischen Landesrechtes (1872); Die steirischen Landhandfesten. In: Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen 9 (1872); Vorschläge und Erfordernisse für eine Geschichte der Preise in Österreich (1874); Studien zur Geschichte des steirischen Adels im 16. Jahrhundert. In: Mitteilungen des historischen Vereins für Steiermark, H. 23 (1875); Die Wiener Pfennige. In: Numismatische Zeitschrift 6/7–9 (1876–77); Geschichte des älteren Gerichtswesens in Österreich ob und unter der Enns (1879); Beiträge zur Münzgeschichte der Steiermark im Mittelalter. In: Numismatische Zeitschrift 11 (1879); Österreicher an den italienischen Universitäten zur Zeit der Reception des römischen Rechts. 3 Abt. In: Blätter des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 14-19 (1880–85); Münzwesen in Österreich zur Zeit König Rudolfs I. von Habsburg. In: Blätter des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 16 (1882) und in: Numismatische Zeitschrift 14 (1882); Die historischen Vereine Wiens (1882); Die Wiener Pfennige zu Zeiten König Ottokars. In: Numismatische Zeitschrift 16 (1884); Quellen zur Geschichte deutscher Rechtshörer in Italien. In: Österreichische Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte Bd. 113 (1886), Bd. 124 (1891), Bd. 127 (1892); Kleine Beiträge zur österreichischen Münzkunde des 15. Jahrhunderts. In: Numismatische Zeitschrift 21 (1889); Die Handelspolitik der österreichischen Herrscher im Mittelalter. In: Almanach Wien (1893); Österreichische Reichsgeschichte. 2 Tle. (1895–96); Materialien zur Geschichte des Behördenwesens und der Verwaltung in Steiermark, Tl. 1: Das Landschreiberamt in Steiermark. In: Beiträge zur Kunde Steiermark. Geschichtsquellen 29 (1898) und Veröffentlichungen der historischen Landes-Commission 1 für Steiermark 8 (1898); Grundriß der österreichischen Reichsgeschichte (1899); Chronologie der Wiener Pfennige des 13. und 14. Jahrhunderts. In: Österreichische Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte Bd. 140 (1899); Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit. In: Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte. Hrsg. von G. v. Below und F. Meinecke. Abt. 5. (1904); Die Münze als historisches Denkmal, sowie in ihrer Bedeutung im Rechts- und Wirtschaftsleben. In: Aus Natur und Geisteswelt. Bd. 91. (1906); Der Denar der Lex Salica. In: Österreichische Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte Bd. 163 (1909); Umrisse einer Münzgeschichte der altösterreichischen Lande vor 1500. In: Numismatische Zeitschrift, N. F., Bd. 2 (1909); Zur Geschichte des Denars der Lex Salica. In: Historische Aufsätze. Karl Zeumer zum sechzigsten Geburtstag als Festgabe dargebracht von Freunden und Schülern (1910); Das Joanneum, dessen Gründung, Entwicklung und Ausbau zum Steiermärkischen Landesmuseum (1811–1911). In: Das Steiermärkische Landesmuseum und seine Sammlung (1911); Wiener Münzwesen im Mittelalter (1913); Das Münzwesen in Österreich ob und unter der Enns im ausgehenden Mittelalter. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 13/14-15/16 (1915–17); Österreichische Anfänge in der Adria. In: Almanach Wien (1916); Beiträge zur Münzkunde und Münzgeschichte Tirols im Mittelalter. 7 Tle. In: Numismatische Zeitschrift N. F. 11-13b (1918–20); Die Zerreißung der Steiermark. Zwei Denkschriften (1921); Häuser- und Gassenbuch der inneren Stadt Graz. In: F. Popelka: Geschichte der Stadt Graz. Bd. 1 (1928); Friesacher Pfennige. In: Numismatische Zeitschrift N. F. 15-17 (1922–24), 20 (1927); Goldgeschäfte Meinhards II., Graf von Tirol und seiner Söhne. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum in Innsbruck (1928), H. 8.
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Literatur: NDB Bd. 15, S. 529–531.
Autorin des Artikels: Birgit Scholz, April 2011 |
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Hintergrundbild: Eine Kaplan-Turbine im Walchenseekraftwerk |