Literatur- und kulturgeschichtliches Handbuch der Steiermark im 19. Jahrhundert online
Lexikon Joseph Ernst Tunner

"Mater dolorosa" von Joseph Ernst Tunner

"Mater dolorosa" des Nepomukaltars in der Grazer Barmherzigenkirche, 1860

© Margarete Payer, 2011

Impressum

Geb. 24. September 1792 in Obergraden bei Köflach (Steiermark), gest. 10. Oktober 1877 in Graz (Steiermark).
Historien- und Porträtmaler, Grafiker.

Joseph Ernst Tunner war der Sohn von Joseph Tunner, Besitzer des "Tunnerhammers", eines "Eisen-Berg-Schmelz- und Hammerwerks" in Obergraden bei Köflach (Steiermark). Er besuchte das Gymnasium und die Ständische Zeichnungsakademie in Graz, bevor er 1810 an die Akademie der bildenden Künste nach Wien ging, wo er sich mit Josef von Führich (1800–1876), Leopold Kupelwieser (1796–1862) und Wilhem August Rieder (1796–1880) anfreundete. Nach dem Tod seines Vaters musste er sich seinen Lebensunterhalt als Porträtmaler verdienen und kam dadurch nach Triest, Venedig, Florenz, Pisa und schließlich nach Rom, wo er mit zeitlichen Unterbrechungen 20 Jahre blieb. In Rom schloss er sich dem internationalen Nazarener-Künstlerkreis und Orden des Lukasbundes (1809 gegründet) um Friedrich Overbeck (1789–1869), Peter von Cornelius (1783–1867), Heinrich Hess (1798–1863) und Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) an.

Von Papst Gregor XVI. gemeinsam mit dem französischen Maler Jean-Auguste-Dominique Ingres (1780–1867) in den Künstlerverein "Virtuosi im Panthenon" aufgenommen, legte er damals das Gelübde ab, seine Kunst ganz der Kirche weihen zu wollen. 1838 malte er für die Antoniuskirche in Triest das Altarbild des "Erlösers am Kreuz", das Aufsehen erregte und auch in der "Wiener Zeitschrift für Kunst und Theater" positiv rezensiert wurde.

Tunner bewarb sich, erst auf Vermittlung von Gottfried Ritter von Leitner (1800–1890), dann auf persönlichen Wunsch des steirischen Gouverneurs Matthias Wickenburg-Capello (1797–1880), nach Joseph August Stark bei den steirischen Ständen um die doppelte Stelle als Direktor der Bildergalerie und der Ständischen Zeichenakademie in Graz. Er stellte mehrere Bedingungen, wie die einer vollständig eingerichteten und ausgebauten Akademie sowie die Schaffung eines Unterlehrerpostens. Er setzte sich gegen die 13 Mitbewerber durch und kehrte 1840 nach Graz zurück, wo er die Ständische Zeichenakademie zu einer mustergültigen Institution machte und den Bestand der Bildergalerie wesentlich erweitern und deren Ansehen entsprechend steigern konnte. 1870 trat er von diesem Amt zurück.

Neben seiner Tätigkeit als Direktor schuf er zahlreiche Gemälde religiösen Inhalts (allein 17 für Kirchen und Kapellen in Graz), Historienbilder und Porträts.

Tunner heiratete 1842 in zweiter Ehe Marie, die Tochter seines älteren Bruders Peter. Mit ihr hatte er vier Töchter. Tochter Silvia (geb. 19. April 1851 in Graz und gest. 18. Dezember 1907 in Tieschen bei Halbenrain in der Steiermark) wandte sich ebenso der Historienmalerei zu und schuf Gemälde christlichen Inhalts im Stil ihres Vaters.

Joseph Tunner wurde auf dem St.-Peter-Friedhof in Graz begraben.

 

Werke (Auswahl):

Schriften: Das Amt des landschaftlichen Galeriedirectors. In: Gratzer Tagespost vom 16. März 1870; Idealismus, Realismus und Materialismus in der Malerei. In: Gratzer Tagespost Nr. 102 und 107 vom 17. und 24. April 1870.
Gemälde: Altarbild "Erlöser am Kreuz" in San Antonio in Triest (1838); Hochaltarbild "Anbetung" in der Pfarrkirche in Bad Gleichenberg (Steiermark) mit der Familie des Stifters, des Grafen Wickenburg (1844); Altarblatt "Heiligste Dreifaltigkeit" in Hausmannstätten (Steiermark) (1852); Altarbild mit Johannes Grande in der Grazer Barmherzigenkirche (1854); "Mater dolorosa", Altarbild des Nepomukaltars in der Grazer Barmherzigenkirche (1860); Seitenaltarbilder in der Pfarrkirche Gabersdorf (1861); eines der ehemaligen Hochaltarblätter der Grabenkirche in Graz (1865).

 

Abkürzungsverzeichnis

Literatur:

ADB Bd. 39, S. 1.
GdSG Bd. 4, S. 492f.
Wurzbach Bd. 48, S. 115–124.
AEIOU.
List, Rudolf: Kunst und Künstler in der Steiermark. Ein Nachschlagewerk. Ried im Innkreis: OÖ Landesverlag 1967, S. 1017f.
Die Nazarener in Österreich. 1809–1939. Zeichnungen und Druckgrafik. Graz: Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum 1979. (= Ausstellungskataloge. Neue Galerie. 174.)

 

Autorin des Artikels:

Margarete Payer, Juni 2011

 
Zum Bereich: "Bildende und bauende Kunst   Zu den Projekten von LiTheS
 

Hintergrundbild:
Ausschnitt aus: Matthäus Loder: Erzherzog Johann und Anna Plochl,
Spaziergang bei Schloss Strechau, um 1826. Quelle: Wikipedia