Karl Gottfried von Leitner |
Aus der Sammlung von Leopold Bude © Mit freundlicher Genehmigung des Steiermärkischen Landesarchivs |
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Geb. 18. November 1800 in Graz (Steiermark), gest. 20. Juni 1890 in Graz. Karl Gottfried Leopold kam als Sohn des Cajetan Franz Ritter von Leitner (1768–1805) und dessen Frau Therese geb. Walter zur Welt. Nach dem frühen Tod des Vaters vermählte sich die Mutter 1807 mit dem Kameralanwalt Johann Pokorny und lebte mit ihm in Oberwölz (Steiermark). Seine Jugend verbrachte Leitner teils auf Schloss Rothenfels bei Oberwölz, teils in Graz. 1818 begann er an der Universität Graz zunächst mit den philosophischen Studien und entschied sich dann für die Rechtswissenschaften. 1824 schloss er sein Rechtsstudium ab, jedoch ohne das Ziel, einen Beruf in diesem Bereich auszuüben. 1825 nahm er eine provisorische Lehrerstelle in Cilli/Untersteiermark (Celje/Slowenien) an, 1826 eine in Graz. 1827 trat er in den Dienst der Stände ein. 1836 wurde er vom Landtag zum zweiten, 1837 zum ersten landständischen Sekretär ernannt, eine Funktion, die er bis 1854 ausübte. Im Vormärz war er Redaktionsmitglied der "Steiermärkischen Zeitschrift" (1834–1848) und Mitarbeiter der "Wiener Zeitung". Ab 1850 gehörte er der rechts- und staatswissenschaftlichen Prüfungskommission für allgemeine und österreichische Geschichte an. Er war Mitbegründer des innerösterreichischen Geschichtsvereins, aus dem 1850 der Geschichtsverein für die Steiermark (später: Historischer Verein für Steiermark) hervorging, und regte 1859 die Gründung einer Zweigstelle der Deutschen Schillerstiftung in Graz an. 1858–1864 war Leitner einer der drei von Erzherzog Johann (1782–1859) ernannten Kuratoren des 1811 von diesem in Graz als Museum und Lehranstalt gegründeten Joanneums. Zu Leitners literarischem und musikalischem Freundeskreis gehörten neben den Steirern Robert Hamerling (1830–1889), Anselm Hüttenbrenner (1794–1868), Jakob Lorber (1800–1864), Anton von Prokesch-Osten (1795–1876) und Anastasius Grün (1806–1876) auch Franz Grillparzer (1791–1872), Ignaz Franz Castelli (1781–1862), Johann Gabriel Seidl (1804–1875) und Joseph Christian von Zedlitz (1790–1862). Seine Förderer waren der Orientalist Joseph von Hammer-Purgstall (1774–1856) und Johann von Kalchberg (1765–1827), Direktor der ständischen Kanzlei, auf dessen Empfehlung hin Leitner in den Dienst der steirischen Stände getreten war. Leitner gründete und förderte zahlreiche Bildungsanstalten und war daneben auch schriftstellerisch sowie als Heimatforscher tätig. Schon in seiner Studienzeit hatte der Dichter, zu dessen literarischen Vorbildern die schwäbischen Romantiker Ludwig Uhland (1787–1862) und Justinus Kerner (1786–1862) gehörten und der auch als "österreichischer Uhland" bezeichnet wurde, lyrische Dichtungen verfasst und war als Mitherausgeber einer Studentenzeitschrift ("Monatsrosen") tätig gewesen. Sein erster Gedichtband erschien 1825 und wurde von der Kritik gefeiert. Die Veröffentlichung weiterer Gedichte und Novellen scheiterte zunächst an der Zensur im Vormärz. Zu einer erweiterten Neuauflage seiner Gedichte kam es erst 1857. Seine Novelle "Meister Kunbert" gilt als Abrechnung mit dem Klima geistiger Enge im Vormärz. In zahlreichen Balladen und Romanzen bearbeitete Leitner vor allem historische Stoffe. Einige seiner Gedichte wurden von Franz Schubert (1797–1828) vertont. Anlässlich der Wiedereröffnung des Ständischen Theaters in Graz Anfang Oktober 1825 – es war 1823 abgebrannt und konnte bereits nach einer Bauzeit von nur zwei Jahren wiedereröffnet werden – wurde Leitners Schauspiel "Styria und die Kunst" aufgeführt. Insgesamt übte Leitner als Dramatiker jedoch keinen großen Einfluss aus. Als Prosaschriftsteller hingegen bewährte er sich sowohl mit Novellen und historischen und topografischen Aufsätzen als auch als Biograf. Er verfasste die erste fundierte Lebensgeschichte Erzherzog Johanns (1782–1859) ("Johann Baptist, kaiserlicher Prinz und Erzherzog von Oesterreich", 1860), wofür dieser ihm auch persönliche Aufzeichnungen zur Verfügung stellte, sowie eine Biografie Jakob Lorbers ("Jakob Lorber. Ein Lebensbild nach langjährigem persönlichen Umgange"), die allerdings erst 1924, also 34 Jahre nach seinem Tod, erschien. Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Karoline geb. Beyer (Hochzeit: 1846), den er als schweren Schicksalsschlag empfand, und unter dem Einfluss des Musikers und Mystikers Jakob Lorber wandte sich Leitner spiritistisch-theosophischen Themen zu. 1880 wurde er zum Ehrendoktor der Universität Graz ernannt; anlässlich seines 100. Geburtstages (1900) wurde ihm zu Ehren eine Tafel im Grazer Landhaushof angebracht.
Werke (Auswahl): Gedichte (1825; 2., sehr vermehrte Aufl. 1857); Styria und die Kunst (Festspiel) (1825); Styrias Huldigung bei der beglückenden Anwesenheit Allerhöchst ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserinn in der Hauptstadt Grätz (1830); König Tordo (Drama) (1830); Leonore (Oper; Musik: Anselm Hüttenbrenner) (1835); Johann Baptist, kaiserlicher Prinz und Erzherzog von Oesterreich. Eine biographische Skizze. In: Ein treues Bild des Herzogthumes Steiermark (1860); Anselm Hüttenbrenner. Eine nekrologische Skizze (1868); Herbstblumen. Neue Gedichte (1870); Novellen und Gedichte (1880); Gedichte. Ausgew., hrsg. und mit einer lebensgeschichtl. Skizze von Anton Schlossar (1906); Jakob Lorber. Ein Lebensbild nach langjährigem persönlichen Umgange (1924); Gedichte und Abhandlungen in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien.
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Literatur: Kosch Bd. 9, Sp. 1188f.
Autorin des Artikels: Birgit Scholz, April 2011 |
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Hintergrundbild: Dank von Carla Gräfin Attems im Auftrag von Erzherzogin Maria Josepha an Katharina Prato für das 200.000 Exemplar der "Süddeutschen Küche", 1899 |
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