Anton Schlossar |
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Geb. 27. Juni 1849 in Troppau/Österreichisch-Schlesien (Opava/Tschechien), gest. 1. August 1942 in Graz (Steiermark). Schlossar wurde im schlesischen Troppau als Sohn eines Finanzbeamten geboren. Seine Familie übersiedelte bald nach Siebenbürgen und später nach Graz, wo er 1867–1871 Rechtswissenschaften studierte und 1873 promovierte. Ab 1871 arbeitete er als Jurist: zunächst als Auskultant (= unbezahlte erste gerichtliche Ausbildungsstufe für Juristen nach der Universität) am Grazer Landesgericht (bis 1872) sowie anschließend an den Bezirksgerichten Leoben (Steiermark) (bis 1873) und Cilli (Celje/Slowenien) (bis 1875). Seine Tätigkeit im Justizwesen gefiel ihm jedoch nicht. 1875 fand er eine Anstellung als Amanuensis (= Sekretär, Schreibgehilfe) an der Grazer Universitätsbibliothek, wo er ab 1881 die Stelle eines Scriptors und schließlich 1904–1910 die des Bibliotheksdirektors (ab 1885: Direktorstellvertreter) innehatte. Neben seiner beruflichen entfaltete Schlossar eine rege publizistische Tätigkeit. Ab den 1880ern wurde er zu einer Schlüsselfigur des steirischen Kulturlebens. Er publizierte als Kulturwissenschaftler und Kunsthistoriker, wobei sein besonderes Interesse der Steiermark zur Zeit Erzherzog Johanns (1782–1859) galt. Er verfasste vor allem Beiträge zur Kultur- und Literaturgeschichte sowie zur Volkskunde des Landes ab dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Für das von ihm herausgegebene Werk "Erzherzog Johann von Oesterreich und sein Einfluß auf das Culturleben der Steiermark" (1878) erhielt er die Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft. Schlossar begründete die steirische Bibliographie, die mit Erscheinen seiner Studie "Bibliotheca historico-geographica Stiriaca. Die Literatur der Steiermark in historischer, geographischer und ethnographischer Beziehung. Ein Beitrag zur österreichischen Bibliographie" (1886) eine erste umfassende Zusammenschau erfuhr. Daneben war Schlossar als Mitarbeiter und Korrespondent renommierter ausländischer Zeitschriften wie des "Literarischen Echos" (Stuttgart) und der "Bühne und Welt" (Berlin) tätig. Als quellenkundiger Fachschriftsteller hoch geschätzt, war er mit seinen eigenen literarischen Werken weniger erfolgreich. Für sein wissenschaftliches Wirken erhielt Schlossar mehrfach Auszeichnungen und Würdigungen. 1879 erhielt er die bereits erwähnte Goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft, 1890 wurde er Ehrenmitglied im historischen Verein für Mähren und Schlesien, 1896 wurde er zum Kaiserlichen Rat, 1925 zum Hofrat und 1928 schließlich zum Ehrenbürger der Stadt Graz ernannt.
Werke (Auswahl): Innerösterreichisches Stadtleben vor hundert Jahren. Eine Schilderung der Verhältnisse in der Hauptstadt Steiermarks im 18. Jahrhundert, zugleich Beiträge zur Literatur- und Culturgeschichte der Aufklärungsperiode (1877); Speise und Trank vergangener Zeiten in Deutschland. Culturgeschichtlicher Vortrag (1877); Cornelia. Eine Herzensgeschichte in Versen (1878); Österreichische Cultur- und Literaturbilder mit besonderer Berücksichtigung der Steiermark (1879); Steiermark im deutschen Liede. Eine poetische Anthologie (mit biografisch-literarhistorischem Anhang). 2 Tle. (1880); Die letzten zehn Jahre deutsch-österreichischer Lyrik. In: Unsere Zeit 1 (1882); Steiermärkische Bäder und Luft-Curorte. Topographisch-historische Skizzen (1883); Cultur- und Sittenbilder aus Steiermark. Skizzen, Studien und Beiträge zur Volkskunde (1885); Die Grazer Zeitung. Eine Festgabe zu deren 100-jährigem Bestande (1885); Bibliotheca historico-geographica Stiriaca. Die Literatur der Steiermark in historischer, geographischer und ethnographischer Beziehung. Ein Beitrag zur österreichischen Bibliographie (1886); Styrias Huldigung. Ein allegorisches Festspiel zur Feier der höchsten Anwesenheit Ihrer k. und k. Hoheiten des durchlauchtigsten Kronprinzen Herrn Erzherzog Rudolf und der durchlauchtigsten Kronprinzessin Frau Erzherzogin Stephanie in der Landeshauptstadt Graz im October 1887 (1887); Der steiermärkische Gewerbeverein von 1837 bis 1887. Eine historische Festschrift (1887); 100 Jahre deutscher Dichtung in Steiermark 1775–1875 (1893); Ein Märtyrer des Lebens. Erzählung aus dem 17. Jahrhundert (1899); A. Grün. Sein Leben und Schaffen (1907); Vier Jahrhunderte deutschen Kulturlebens in Steiermark. Gesammelte Aufsätze (1908); Erzherzog Johann von Oesterreich. Sein edles Leben und segensreiches Wirken. Mit Benutzung des handschriftlichen und künstlerischen Nachlasses des Erzherzogs dargestellt (1908); Peter Rosegger (1921); Mein Lebenslauf (1923); als Herausgeber: Erzherzog Johann von Oesterreich und sein Einfluß auf das Culturleben der Steiermark. Originalbriefe des Erzherzogs aus den Jahren 1810–1825, mit einer Einleitung, Erläuterungen, Anmerkungen und einem Anhange urkundlicher Beilagen zur Zeitgeschichte (1878); Johann Ritter von Kalchberg. Gesammelte Schriften. Ausgewählt, mit Einleitung, Anmerkungen und der Biographie Kalchberg’s (1878–80); Deutsche Volkslieder aus Steiermark. Zugleich Beiträge zur Kenntniß der Mundart und der Volkspoesie auf bairisch-österreichischem Sprachgebiete, mit Einleitung, Anmerkungen und ausgewählten Melodien (1881); Deutsche Volksschauspiele. In Steiermark gesammelt. Mit Anmerkungen und Erläuterungen nebst einem Anhang: Das Leiden Christi-Spiel aus dem Gurkthale in Kärnten. 2 Bde. (1891); Johann Gabriel Seidl und Carl Gottfried R. von Leitner. Mit ungedruckten Briefen Seidls an Leitner (1893); N. Lenau. Briefe an Emilie von Reinbeck und deren Gatten G. von Reinbeck 1832–1844 (1896); Briefwechsel zwischen Erzherzog Johann Baptist von Oesterreich und Anton Graf von Prokesch-Osten. Nebst Tagebuchblättern des Erzherzogs Johann über seinen Aufenthalt in Athen im November 1837. Mit Anmerkungen, Erläuterungen, Aktenstücken (1898); Anastasius Grün (Graf Anton Alexander Auersperg). Sämtliche Werke. 10 Bde. (1907); Franz Gräffer. Kleine Wiener Memoiren und Wiener Dosenstücke in Auswahl. Eingeleitet und mit Anmerkungen und alphabetischem Register versehen (1918); Pezzl. Skizze von Wien. Ein Kultur- und Sittenbild aus der josefinischen Zeit. Mit Einleitung, Anmerkungen und Register (gemeinsam mit G. Gugitz) (1923).
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Literatur: Kosch Bd. 15, Sp. 208f.
Autorin des Artikels: Birgit Scholz, April 2011 |
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Hintergrundbild: Dank von Carla Gräfin Attems im Auftrag von Erzherzogin Maria Josepha an Katharina Prato für das 200.000 Exemplar der "Süddeutschen Küche", 1899 |
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